OGH 4Ob346/86

OGH4Ob346/8618.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** D*** D*** M*** R*** -, F***- U***

S*** E***, Wien 14., Felbigergasse 79, vertreten durch DDr.Walter Barfuß, DDr.Hellwig Torggler, Dr.Christian Hauer, Dr.Lothar Wiltschek und Dr.Guido Kucsko, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M*** M*** TV-HiFi-Elektro Gesellschaft m.b.H., Rosenheim, Georg-Aicher-Straße 10, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Gunther Stemberger und Dr.Peter Zumtobel, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 380.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 11. März 1986, GZ.1 R 55/86-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 9.Jänner 1986, GZ.3 Cg 523/85-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten S 7.658,64 (darin S 696,24 USt.) an Kosten der Rekursbeantwortung ON 5 und die mit S 12.469,05 (darin S 1.133,55 USt.) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses ON 9 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beklagte GmbH betreibt in Rosenheim (Bundesrepublik Deutschland) einen Fachhandel für Elektrogeräte. Sie veröffentlichte in den "Salzburger Nachrichten" zahlreiche ganzseitige Inserate (Beilagen D, E, F), in welchen die Preise der dort angekündigten Geräte blickfangartig sowohl in österreichischer Währung als auch in DM angegeben waren. Beide Preisangaben waren jeweils gleich groß gedruckt, der Umrechnungskurs betrug ca. S 7,09 für eine D-Mark. Die Inserate waren mit "M***-Markt - Bayerns großer

Fachmarkt - Video-TV-HiFi-Elektro-Foto - München-Ingolstadt-Landshut-R osenheim" überschrieben. In der linken unteren Ecke wurde an Hand einer einfachen Skizze die Zufahrt zum Lokal der Beklagten in Rosenheim beschrieben; darunter waren die Adresse, die Telefonnummer und die Öffnungszeiten der Beklagten angeführt.

Oberhalb der Skizze fand sich in kleinem Druck der Hinweis: "Alle Preise beinhalten 14 %

MwSt., die zurückerstattet werden kann" und darunter - in etwas größerem Druck - die Warnung: "Bitte vergessen Sie nicht, die eingekauften Waren an der österreichischen Grenze zu verzollen."

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt der klagende Verband, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung (ua) zu untersagen, in Österreich, insbesondere in österreichischen Tageszeitungen, für Elektrogeräte unter Angabe von Preisen in österreichischen Schilling zu werben, welche die österreichische Umsatzsteuer und/oder den bei der Einfuhr nach Österreich zu zahlenden Zoll nicht enthalten, ohne darauf in unmißverständlicher Form, nämlich durch Angabe des Endpreises für den österreichischen Käufer einschließlich aller Abgaben oder durch Angabe aller Preisbestandteile (Einfuhrumsatzsteuer, allenfalls Zoll) unter Anführung der Höhe dieser Preisbestandteile unmittelbar neben der Preisangabe und in gleich auffälliger Schrift, hinzuweisen. Die beanstandeten Ankündigungen verstießen gegen die - bei einer Werbung in österreichischen Zeitschriften auch für ausländische Unternehmen geltenden - Bestimmungen der § 11 Abs 1, § 11 c Abs 2 PreisG und damit zugleich gegen § 1 UWG. Sie seien darüber hinaus zur Irreführung des angesprochenen Publikums geeignet (§ 2 UWG), weil in ihnen nicht ausreichend deutlich darauf hingewiesen werde, daß der österreichische Käufer außer den von der Beklagten angeführten Preisen jedenfalls noch die österreichische Umsatzsteuer von 20 % oder 32 % und bei vielen Geräten überdies auch Zoll zu zahlen hat. Da die einschlägigen abgabenrechtlichen Vorschriften und insbesondere die Höhe der jeweiligen Steuer- und Zollsätze der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt seien, erwecke ein Vergleich mit den in Österreich für gleichartige Geräte üblicherweise verlangten Preisen den irrigen Eindruck eines besonders preisgünstigen Angebotes der Beklagten.

Die Beklagte hat sich gegen die beantragte einstweilige Verfügung ausgesprochen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag aus rechtlichen Erwägungen ab. Die Ankündigungen der Beklagten entsprächen den Erfordernissen des § 11 c Abs 2 und 3 PreisG. Daß aber ein ausländischer Unternehmer bei einer Werbung in Österreich seinem Verkaufspreis auch noch die österreichischen Einfuhrabgaben hinzurechnen müßte, sei weder dem Preisgesetz zu entnehmen noch zur Vermeidung einer Irreführung österreichischer Kaufinteressenten geboten, zumal dem durchschnittlichen Käuferpublikum in Österreich hinlänglich bekannt sei, daß die bei einem Einkauf in der BRD gezahlten Preise durch Einfuhrabgaben und Zölle noch erhebliche Veränderungen erfahren könnten.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Gemäß § 48 Abs 2 IPRG sei die Beklagte bei ihrer Werbetätigkeit in Österreich an die Bestimmungen des österreichischen Preisgesetzes gebunden. Sie wäre daher gemäß § 11 c Abs 2 und 3 dieses Gesetzes verpflichtet gewesen, sowohl die Höhe der für die einzelnen beworbenen Geräte bei der Einfuhr nach Österreich zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer als auch die Höhe einer allfälligen Zollbelastung zu ermitteln und diese Beträge bei der Ankündigung ihrer Preise in den in Österreich veröffentlichten Inseraten entsprechend zu berücksichtigen (Bruttopreisauszeichnung). Die Mißachtung dieser Preisvorschriften begründe nicht nur einen Verstoß gegen § 1 UWG; sie sei auch zur Irreführung des angesprochenen Käuferpublikums iS des § 2 UWG geeignet, weil aus der vom Gesetz gewollten Gleichbehandlung aller Mitbewerber eines Marktes auch für die Beklagte die Verpflichtung folge, in den von ihr in Österreich veröffentlichten Werbeankündigungen jene Bruttopreise (in österreichischer Währung) anzugeben, den der österreichische Konsument letztlich unter Einbeziehung der gegebenenfalls zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer und des Zolles zu zahlen hat. Die von der Beklagten tatsächlich gewählte Form der Auspreisung ihrer Angebote könne hingegen angesichts der unterschiedlichen Höhe der deutschen und der österreichischen Umsatzsteuer sowie der jeweiligen Zollbelastung zu einer Marktverzerrung und damit zu einer Irreführung der Konsumenten führen, welche die beanstandeten Ankündigungen zumindest mehrdeutig erscheinen lasse.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des abweisenden Beschlusses der ersten Instanz. Der Kläger beantragt, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Da der Kläger ein Inserat in einer Salzburger Tageszeitung beanstandet, die von ihm als gesetz- und sittenwidrig bezeichnete Wettbewerbshandlung sich daher ausschließlich auf dem österreichischen Markt auswirkt, ist der zu sichernde Unterlassungsanspruch im Sinne der insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses nach österreichischem Recht zu beurteilen (§ 48 Abs 2 IPRG; siehe dazu insbesondere auch SZ 55/94 = ÖBl 1982,122; ÖBl 1983,70 ua.).

Gemäß § 11 c Abs 1 PreisG idF der Novelle BGBl.1982/311 müssen die auf Grund bundesrechtlicher Vorschriften ersichtlich gemachten Preise und die damit verbundenen sonstigen Angaben in jedem Fall gut und deutlich lesbar sein. § 11 c Abs 2 Satz 1 PreisG - gleichfalls idF der Novelle 1982 - normiert die Verpflichtung, in die gemäß Abs 1 oder freiwillig ersichtlich gemachten sowie in die öffentlich angekündigten Preise die Umsatzsteuer und sonstigen Abgaben einzubeziehen (Bruttopreise); wird auch der Nettopreis ersichtlich gemacht, dann ist nach dem dritten Satz dieser Bestimmung der Bruttopreis zumindest in der gleichen Schriftgröße wie der Nettopreis in dessen unmittelbarer Nähe anzugeben. Schließlich eröffnet § 11 c Abs 5 Satz 1 PreisG die Möglichkeit, bei der Ersichtlichmachung und öffentlichen Ankündigung von Preisen den Endpreis derart aufzugliedern, daß Zuschläge sowie die Umsatzsteuer und sonstige Abgaben als Teilposten des Endpreises aufscheinen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung - welche den Kaufinteressenten in die Lage versetzen soll, den von ihm tatsächlich zu entrichtenden (End-)Preis jedes einzelnen Angebotes ohne weitere Überlegungen und Rechenoperationen mit einem Blick festzustellen (vgl. dazu ÖBl 1979,119; ÖBl.1982,81 = GRURInt.1983,750) - ist aber die Beklagte in den beanstandeten Inseraten dadurch nachgekommen, daß sie die Preise der einzelnen Elektrogeräte einschließlich der (deutschen) Mehrwertsteuer, also brutto, angeführt hat. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Angabe auch der bei der Einfuhr nach Österreich zu zahlenden Einfuhrabgaben (Einfuhrumsatzsteuer, Zoll) - welche ja keinen Bestandteil des Kaufpreises bilden, sondern an die Republik Österreich zu entrichten sind - ist den Bestimmungen des Preisgesetzes nicht zu entnehmen; sie kann aber entgegen der Meinung des angefochtenen Beschlusses auch nicht aus dem Irreführungsverbot des § 2 UWG abgeleitet werden: Wie bereits das Erstgericht in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, wird zwar ein sehr erheblicher Teil der österreichischen Bevölkerung, wenn überhaupt, dann nur sehr unklare Vorstellungen darüber haben, ob und in welcher Höhe bei der Einfuhr eines Gegenstandes nach Österreich bestimmte Abgaben zu entrichten sind. Als allgemein bekannt muß aber doch vorausgesetzt werden, daß im Ausland erworbene Waren an der österreichischen Grenze den Zollbehörden zu deklarieren sind und daß dafür in der Regel auch ein bestimmter "Zoll" erhoben wird. Die Strafbarkeit des sogenannten "Schmuggelns" zeigt, daß auch der Gesetzgeber selbst ganz offensichtlich von der allgemeinen Kenntnis dieser Rechtslage ausgeht. Unter diesen Umständen ist aber eine Verpflichtung eines ausländischen Unternehmers zur Aufklärung des österreichischen Publikums über diese Umstände zu verneinen. Mit Recht hat das Erstgericht überdies auch darauf verwiesen, daß die Verpflichtung zur Entrichtung von Eingangsabgaben in jedem Einzelfall von einer Mehrzahl verschiedenster Umstände (unterschiedliche Umsatzsteuersätze, Höhe des Kaufpreises, Wohnsitz innerhalb oder außerhalb des sogenannten Zollgrenzbezirks, betragsbeschränkte Abgabenbefreiungen udgl.) abhängt, deren Berücksichtigung im Rahmen eines Zeitungsinserates dem werbenden ausländischen Unternehmen geradezu unmöglich, jedenfalls aber unzumutbar wäre. Daß aber der Hinweis auf die gegenüber den österreichischen Umsatzsteuersätzen (20 % bzw.32 %) wesentlich geringere Umsatzsteuerbelastung in der BRD (14 %) und auf die Möglichkeit einer Rückerstattung der letztgenannten Abgabe weder gegen § 2 UWG noch sonst gegen eine Bestimmung des österreichischen Rechtes verstößt, hat das Erstgericht gleichfalls richtig erkannt. Dem Revisionsrekurs der Beklagten war daher Folge zu geben und in Abänderung der angefochtenen Rekursentscheidung der abweisende Beschluß der ersten Instanz wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 43 Abs 1, §§ 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.

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