Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.812,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind 164,80 S an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die klagende Partei hat ihre Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Wohnhaus Graz, Elisabethstraße 32, steht im Alleineigentum des Dr. Franz S***. In diesem Haus befinden sich drei Geschäftslokale und sieben Wohnungen. Hauptmieter eines der Geschäftslokale ist die klagende Partei, deren Geschäftsführer Gunter L***, der Schwiegersohn des Alleineigentümers, ist. Die klagende Partei begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die im Parterre des Hofgebäudes des vorgenannten Hauses gelegene, aus Zimmer und Küche bestehende Wohnung der klagenden Partei geräumt zu übergeben. Zur Begründung bringt sie vor, sie sei Hausbesorgerin dieses Hauses und habe mit der Beklagten am 30.März 1984 einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, wonach die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die von der klagenden Partei gemieteten Räume als Raumpflegerin zu reinigen sowie in Vertretung der klagenden Partei die Hausbesorgerdienstverpflichtungen in diesem Haus wahrzunehmen. Die klagende Partei habe die Beklagte mit Schreiben vom 7.Oktober 1985 wegen gröblicher Verletzung der Dienstpflichten, als Raumpflegerin - nicht als Hausbesorgerin - insbesondere wegen einer Arbeitsverweigerung, entlassen. Die Beklagte sei der Aufforderung der klagenden Partei, die Dienstwohnung zu räumen, nicht nachgekommen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung sei ungerechtfertigt. Da die klagende Partei eine juristische Person sei, könne sie nicht Hausbesorgerin sein; sie sei daher zur Klageführung nicht legitimiert.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen mangelnder Aktivlegitimation der klagenden Partei ab.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinn der Klage ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 2.000 S übersteigt. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende wesentliche Feststellungen:
Dr. Franz S***, der Alleineigentümer des Hauses in Graz, Elisabethstraße 32, und die klagende Partei schlossen am 21. September 1983 einen als Hausbesorgerdienstvertrag bezeichneten Vertrag ab. Die klagende Partei verpflichtete sich in diesem Vertrag, ab 1.Oktober 1983 die Stelle eines Hausbesorgers in dem genannten Haus zu übernehmen. Für die Dauer des Dienstverhältnisses wurde ihr die im Hofgebäude dieses Hauses gelegene, den Gegenstand des Klagebegehrens bildende Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Am 30. März 1984 schloß die klagende Partei mit der Beklagten einen als Dienstvertrag bezeichneten Vertrag ab, in dem diese als "Raumpflegerin" für die von der klagenden Partei in diesem Haus gemieteten Büro- und Lagerräume bestellt und gleichzeitig beauftragt wurde, auch die Dienstobliegenheiten des Hausbesorgers für das ganze Haus Elisabethstraße 32 für die klagende Partei auszuüben. Die Beklagte erhielt als Gegenleistung einen monatlichen Betrag von 1.705 S sowie das unentgeltliche Wohnrecht in der als Dienstwohnung geltenden Wohnung im Erdgeschoß des Hofgebäudes des genannten Hauses. Die Wohnung sollte mit Beendigung des Dienstverhältnisses zu räumen sein.
Die Beklagte wurde mit Schreiben der klagenden Partei vom 4. Oktober 1985 entlassen. Die Entlassung wurde mit Schreiben vom 7. Oktober 1985, das die Beklagte erhielt, wiederholt. Diese erklärte sich mit Schreiben vom 9.Oktober 1985 arbeitsbereit und wies darauf hin, daß die Entlassung gemäß dem § 20 HBG rechtsunwirksam sei. Das Berufungsgericht ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß nur physische Personen Hausbesorger sein können. Da die klagende Partei eine juristische Person sei, könnten auf den zwischen ihr und dem Hauseigentümer abgeschlossenen "Hausbesorgerdienstvertrag" die Bestimmungen des HBG oder jene des 26. Hauptstückes des ABGB nicht angewendet werden. Zwischen dem Hauseigentümer und der klagenden Partei sei aber ein rechtswirksamer Vertrag zustandegekommen, in dem sich die klagende Partei verpflichtet habe, die Hausbesorgerarbeiter zu verrichten. Die klagende Partei sei vom Hauseigentümer nur ermächtigt worden, im Verhinderungsfall - aber nicht zur ständigen Vertretung - eine geeignete Ersatzperson zu stellen. Die Beklagte habe daher nicht "im Auftrage des Hauseigentümers" Arbeiten verrichtet, und die klagende Partei habe nicht in Vertretung des Hauseigentümers gehandelt. Vertragspartner des Hausbesorgerdienstvertrages könnten nur Hauseigentümer und Hausbesorger sein. Da die klagende Partei nur Mieterin eines Geschäftslokales im genannten Hause sei, könnten auch auf den zwischen ihr und der Beklagten abgeschlossenen Dienstvertrag nicht die Bestimmungen des Hausbesorgergesetzes Anwendung finden. Das Dienstverhältnis sei daher nach den Bestimmungen des 26. Hauptstückes des ABGB zu beurteilen. Daß die klagende Partei den Dienstvertrag mit der Beklagten zur Umgehung des Hausbesorgergesetzes in bewußtem Zusammenwirken mit dem Hauseigentümer abgeschlossen habe, sei nicht behauptet worden. Da mangels Anwendbarkeit des Hausbesorgergesetzes ein Bestandschutz für das Dienstverhältnis der Beklagten nicht bestehe, habe die Entlassung das Dienstverhältnis mit der Beklagten ohne Rücksicht darauf aufgelöst, ob sie gerechtfertigt sei. Die Beklagte sei daher zur Räumung der Dienstwohnung verpflichtet.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Vertragsparteien des Hausbesorgerdienstvertrages so wie eines jeden Arbeitsvertrages können auf Seite des Hausbesorgers (des Arbeitnehmers) nur physische Personen sein (Adler, Höller in Klang 2 V 171, Mayer-Maly, Österr. Arbeitsrecht 53, Aicher in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 26; Meinhart-Herzog, Kommentar zum HBG I/10). Der zwischen dem Hauseigentümer und der klagendedn Partei abgeschlossene "Hausbesorgerdienstvertrag" ist daher, soweit er die Verrichtung von Hausbesorgerarbeiten durch die klagende Partei zum Gegenstand hat, rechtsunwirksam. Diese Rechtslage schloß aber nicht aus, daß die klagende Partei in ihrer Eigenschaft als Mieterin des Hauses und Verfügungsberechtigte über die "Dienstwohnung" ihrerseits einen Vertrag über die Erbringung von Hausbesorgerarbeiten und die Einräumung einer Hausbesorgerdienstwohnung mit der Beklagten abschloß. Gemäß dem § 2 Z 1 HBG sind Hausbesorger Personen, die sowohl die Reinhaltung als auch die Wartung und Beaufsichtigung eines Hauses im Auftrag des Hauseigentümers gegen Entgelt zu verrichten haben. Zu diesen für einen Hausbesorgerdienstvertrag essentialen Tätigkeiten (Arb. 10.242 und Meinhart-Herzog aaO I/25) hat sich die Beklagte verpflichtet. Arbeitgeber eines Hausbesorgers im Sinne des HBG ist allerdings grundsätzlich nur der Eigentümer eines Hauses (Meinhart-Herzog aaO I/11, 25, 27 f; Arb. 9245, 10.307). Dies schließt aber eine analoge Anwendung der Bestimmungen des HBG in Fällen, in welchen eine andere Person als der Hauseigentümer Vertragspartner des Hausbesorgers ist, nicht aus, wie etwa im Fall mittelbarer Stellvertretung oder überhaupt in jenen Fällen, in denen die Schutzwürdigkeit des die Hausbesorgerarbeiten verrichtenden "freien" Arbeitnehmers gleich der des vom Gesetz erfaßten Hausbesorgers ist (Wilhelm in ZAS 1975, 180 ff [182]). Eine solche, die analoge Anwendung der Bestimmungen des HBG rechtfertigende gleiche Schutzwürdigkeit infolge der sich aus dem Vertrag ergebenden grundsätzlich gleichartigen Rechte und Pflichten kann vor allem auch dann vorliegen, wenn ein Mieter - mag er Mieter des gesamten Hauses oder Mieter nur eines Teiles des Hauses sein - auf Arbeitgeberseite einen Hausbesorgerdienstvertrag mit einem Arbeitnehmer abschließt, wie dies hier dem Inhalt nach geschehen ist.
Die Beklagte hat sich in dem mit der klagenden Partei abgeschlossenen Dienstvertrag verpflichtet, neben den die Mieträume betreffenden und für dieses Verfahren belanglosen Reinigungspflichten auch die Dienstobliegenheiten des Hausbesorgers für das ganze Haus Elisabethstraße 32 auszuüben. Sie hat damit alle Pflichten eines Hausbesorgers im Sinne der §§ 3 ff HBG übernommen; außerdem wurde ihr gleich einem Hausbesorger im Sinne des HBG eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Die Beklagte ist damit nicht etwa nur wie eine fremde Reinigungskraft verwendet worden. Die für die besondere Schutzwürdigkeit der Hausbesorger in arbeits- und wohnungsrechtlicher Hinsicht maßgebende Interessenlage ist daher bei ihr die gleiche wie bei einem Hausbesorger, auf den die Bestimmungen des HBG unmittelbar anzuwenden sind. Damit sind aber die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes auf das vorliegende Arbeitsverhältnis gegeben (in diesem Sinn Wilhelm aaO; vgl. zur gleichen Schutzbedürftigkeit und Interessenlage auch Arb. 9245; diese Entscheidung gründete sich im Hinblick auf eine entsprechende vertragliche Vereinbarung im wesentlichen nur auf die Rechtsfigur der mittelbaren Stellvertretung). Da ein konkludenter Vertrag zwischen dem Hauseigentümer und der Beklagten nicht behauptet wurde und in dieser Richtung keine Beweisergebnisse vorliegen, braucht auf diese Frage nicht eingegangen zu werden.
Bei dieser Rechtslage durfte die Klägerin jedoch nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 HBG entlassen werden. Ein solcher Entlassungsgrund wurde von der klagenden Partei selbst verneint (S 13) und nur ein mit der Tätigkeit als Raumpflegerin in Zusammenhang stehender Entlassungsgrund behauptet. Wohl kann bei gekoppelten Dienstverhältnissen ein sich nur in einem Dienstverhältnis ereignender Entlassungsgrund die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung auch bezüglich des anderen Dienstverhältnissen zur Folge haben (Meinhart-Herzog aaO, I 13 f). Diese Voraussetzungen liegen aber hier nicht vor, weil nach dem Inhalt des Entlassungsschreibens (Beilage ./C) die Entlassung nur auf eine Weigerung der Beklagten, einen Kokosläufer zu reinigen, gestützt wurde. Diese Weigerung - die Richtigkeit vorausgesetzt - hätte aber nicht die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Beklagten als Hausbesorgerin zur Folge. Andere Entlassunsggründe wurden nicht einmal behauptet.
Der Revision war daher Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40, 41 und 50 ZPO begründet. Die Beklagte hat in 2. Instanz keine Kosten verzeichnet, in 3. Instanz sind ihr gemäß Anm. 5 zu TP 3 GGG Barauslagen nicht entstanden.
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