OGH 13Os155/86

OGH13Os155/8630.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Hans T*** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146 f. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichts Leoben als Schöffengerichts vom 12.Juni 1986, GZ. 13 Vr 1999/85-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Die Staatsanwaltchaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen hierauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 5.März 1944 geborene Autohändler Hans T*** wurde des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er am 20.März 1985 in Schladming Angestellte der R*** S*** zur Gestattung einer

kurzfristigen Überziehung seines Kontos in Höhe von 247.060,75 S (richtig; 248.060,75 S, weil ein Summand nicht 162.865 S: S. 32, 37, 64, 73; sondern 163.865 S beträgt: S. 20) insbesondere durch die unrichtige Behauptung verleitet, dieser Zwischenkredit werde durch die direkte Überweisung von 250.500 S von der R***

Ges.m.b.H. Salzburg abgedeckt werden, das eingangs genannte Geldinstitut an dessen Vermögen in einem 100.000 S übersteigenden Betrag geschädigt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen wurde die

R*** S***, bei welcher der Angeklagte ein Konto

unterhält, am 20.März 1985 von der R*** Ges.m.b.H.

Salzburg telegraphisch davon informiert, daß sie die Finanzierung für den Weiterverkauf eines Kraftfahrzeugs an Peter K*** übernehme, das der Angeklagte zuvor vom Autohaus R*** erworben hatte. Noch am selben Tag erklärte der Angeklagte Angestellten der R*** S***, daß das Autohaus

R*** in Stainach entgegen sonstiger Übung den Typenschein des Fahrzeugs erst gegen Bezahlung von 250.500 S herausgeben wolle. Er ersuchte daher, ihm die kurzfristige Überziehung seines Kontos in Höhe dieses Betrags zu gestatten, damit er die Ausfolgung des Typenscheins durch Zahlung des geforderten Betrags erwirken könne; dieser Überziehungsbetrag werde sodann sofort von der R*** Ges.m.b.H. Salzburg an die R***

S*** direkt überwiesen werden. Auf Grund dieser Zusicherung wurde dem Angeklagten hierauf ein kurzfristiger Überziehungskredit eingeräumt, der letztlich eine Gesamthöhe von 247.060,75 S (richtig; 248.060,75 S; siehe oben) erreichte. "Entgegen der ausdrücklichen Zusage des Angeklagten auf Abdeckung des Zwischenkredits sofort mit der Leistung des Kaufpreises durch die R*** Ges.m.b.H., welche grundlegende Bedingung für die Gewährung des Zwischenkredits war, hat der Angeklagten den ihm persönlich letztlich ausgefolgten Verrechnungsscheck, datiert mit 21.2.1985, der R*** Ges.m.b.H. (jedoch) nicht zur Abdeckung seines Zwischenkredits bei der R*** S*** verwendet, sondern diesen Scheck auf

ein Konto der V*** (Paltental in Rottenmann), mit welcher ... (er) ebenfalls Geschäftsverbindungen unterhält, überwiesen" (S. 72, 73). Obwohl auf dem Scheckanhang der Leasingfirma der Zweck der Überweisung von 210.500 S eindeutig angeführt war, hat der Angeklagte ihn bei der V*** zur Bezahlung anderer Schulden eingelöst (S. 74). In den Urteilsgründen dazu wörtlich: "Der Angeklagte mußte aufgrund der Umstände auf jeden Fall wissen, daß die Eingänge aus dem gegenständlichen geleasten Geschäft auf jeden Fall an die R*** S*** zu überweisen gewesen wären"

(S. 75). Das Schöffengericht erachtete die Verantwortung des Angeklagten, "es sei die Überweisung des Verrechnungsschecks zu anderen Zwecken als zur Abdeckung des Überziehungskredits nur aus Schlamperei erfolgt", als "absolut unglaubwürdig". Das vorsätzlich betrügerische Verhalten des Angeklagten ergebe sich, abgesehen davon, daß der Zweck der Zahlung aus dem Scheckanhang eindeutig zu entnehmen war, "auch daraus, daß er noch im April 1985 dem die Geldüberweisung urgierenden Angestellten der R***

S*** in oftmaligen Telephongesprächen Glauben machte, das Geld sei noch nicht eingelangt, obzwar er den Verrechnungsscheck Ende März (1985) erhielt und mit diesem am 3.4.1985 bereits Zahlungen an die V*** Paltental in Rottenmann leistete" (S. 75, 76).

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus den Gründen des § 281 Abs. 1 Z. 4 und 9 lit. a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Schon die Rechtsrüge schlägt durch, soweit sie die Feststellung einer "Bereicherungsabsicht" des Angeklagten im Zeitpunkt der Täuschung bestreitet. Denn nach den Urteilskonstatierungen, die auch die Verpflichtung des Angeklagten erörtern, die an ihn direkt überwiesene Scheckvaluta der R*** S*** zugehen zu

lassen (S. 75), ist es zweifelhaft, ob der Angeklagte schon im Zeitpunkt der zur Einräumung des kurzfristigen Überziehungskredits führenden Täuschung den Vorsatz hatte, diesen Kredit trotz der durch den von der Leasingfirma erwarteten Geldeingang gegebenen Möglichkeit nicht abzudecken. Nach den Darlegungen im Ersturteil ist es nämlich nicht ausgeschlossen, daß er erst später, insbesondere erst bei oder nach der Empfangnahme des Verrechnungsschecks, den "betrügerischen" Entschluß faßte, die Scheckvaluta, statt sie korrekterweise zur Abdeckung des ihm von der R***

S*** eingeräumten Kredits zu verwenden, zur Begleichung anderer Verbindlichkeiten heranzuziehen. Da die unrechtmäßige Bereicherung zur Erfüllung des Tatbestands nach § 146 StGB. aber bereits im Zeitpunkt der Täuschung gewollt sein muß (Leukauf-Steininger 2 § 146 RN. 44), wäre diesfalls eine für die subjektive Tatseite essentielle Tatsache nicht zur Tatzeit vorgelegen, sondern erst später (dolus superveniens) hinzugetreten. Aus den nachfolgenden irreführenden Behauptungen des Angeklagten gegenüber einem die Geldüberweisung urgierenden Angestellten der R*** S*** (S. 75, 76) wurde vom Senat ein Rückschluß auf den Zeitpunkt des Schädigungsvorsatzes nicht gezogen. Daß der Angeklagte schon im Zeitpunkt der Täuschung zur Erlangung des Überziehungskredits auch mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat, ist allerdings angesichts der zeitlich alsbald nachfolgenden zusagewidrigen Verwendung der Scheckvaluta durchaus naheliegend. Ein auf die Vermeidung eines - jegliches Risiko für die nachfolgend geschädigte R*** S***

ausschließenden - unmittelbaren Geldflusses von der

R*** Ges.m.b.H. Salzburg über die R***

S*** an das Autohaus R***, also unter Umgehung des Angeklagten, abzielendes Verhalten desselben könnte, ebenso wie auch das (nur im Urteilsspruch S. 70, nicht aber in den Urteilsgründen festgestellte) Wissen des Angeklagten im Zeitpunkt der Erwirkung des Überziehungskredits, daß das Geld nicht direkt an die R***, sondern an ihn überwiesen werde, womit seine

gegenteilige Zusicherung falsch war, in dieser Beziehung von besonderer beweismäßiger Relevanz sein.

Der insoweit berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, auf deren weiteres Vorbringen nicht mehr einzugehen war, war daher sofort bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben (§ 285 e StPO.) und, weil die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst nicht einzutreten hat, die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit ihren Berufungen waren die beiden Prozeßparteien auf das kassatorische Erkenntnis zu verweisen.

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