OGH 10Os128/86

OGH10Os128/8628.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Werner Wilhelm B*** wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 17.Juli 1986, GZ 23 a Vr 45/86-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Vertreters des Zollamtes Feldkirch, Hofrat Dr. Mätzler, und des Verteidigers Dr. Hein, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beide Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wilhelm B*** von der Anklage wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG (idF vor BGBl 1985/571),

- begangen dadurch, daß er in Feldkirch-Tisis eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen habe, wobei es ihm darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1) in den Jahren 1973 und 1974 Ersatzteile seines PKW, die im Zuge von Reparaturen in Buchs eingebaut worden waren (strafbestimmender Wertbetrag 2.572 S);

2) in der Zeit vom 18.Jänner 1973 bis 18.März 1975 insgesamt 25 Pakete mit Stoff im Gesamtwert von 371.179 S, die er von dem abgesondert verfolgten Hugo M*** in Buchs übernommen und nach der Einfuhr nach Österreich weiterversendet hatte (strafbestimmender Wertbetrag 122.822 S) -

wegen Unzuständigkeit der Gerichte gemäß § 214 Abs. 1 FinStrG freigesprochen.

Das Erstgericht hielt eine vom öffentlichen Ankläger unterstellte, der Annahme gerichtlicher Strafbarkeit (§ 53 Abs. 1 lit a und Abs. 3 FinStrG idF vor BGBl 1985/571) zugrunde gelegte gewerbsmäßige Begehung des Schmuggels in Ansehung der 25 Stoffpakete nicht für erwiesen, weil es dem Angeklagten nicht darauf angekommen sei, durch diese Transporte eine fortlaufende Einnahme zu erzielen und weil außerdem das von ihm für jeden einzelnen Schmuggel empfangene Geld, von dem er noch das Porto für die Weiterversendung der Ware in Österreich zu zahlen hatte, die Bagatellgrenze nicht überschritten habe.

Die Staatsanwaltschaft und das Zollamt bekämpfen dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, erstere aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a, letzteres aus jenen der Z "9 und 10" - sachlich (nur) Z 9 lit a - des § 281 Abs. 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes:

Diese läßt eine der Prozeßordnung gemäße Darstellung der geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe, zu der ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt erforderlich wäre, vermissen. Indem der Beschwerdeführer davon ausgeht, es sei "evident, daß seitens des Angeklagten bei allen ... Schmuggelfahrten der qualifizierte Vorsatz auf Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme vorhanden" gewesen sei, setzt er sich nämlich über jene gegenteiligen Urteilsfeststellungen hinweg, nach denen es nicht letzterem darauf ankam, sich durch den Schmuggel eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sondern vielmehr eine Äußerung des Hugo M***, er werde der Arbeitgeberfirma des Angeklagten keine weiteren Aufträge mehr erteilen, wenn dieser sich weigern sollte, die Transporte durchzuführen, ausschlaggebend für dessen Tatentschluß war. Mit den für die in Rede stehende urteilsfremde Prämisse ins Treffen geführten Argumenten bekämpft die Finanzstrafbehörde lediglich nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Davon, daß das Schöffengericht "die gewerbsmäßige Begehung ... dem Grunde nach selbst bejaht" hätte, kann sohin keine Rede sein.

Eine Erörterung des übrigen Vorbringens in der Nichtigkeitsbeschwerde, das sich gegen jene zusätzliche Begründung des Erstgerichtes wendet, derzufolge das vom Angeklagten erzielte kriminelle Nebeneinkommen die Bagatellgrenze nicht überschritten habe und auch deshalb gewerbsmäßige Begehung nicht anzunehmen sei, ist demnach entbehrlich, da das Schöffengericht jedenfalls von der tatsachenmäßigen Voraussetzung ausgegangen ist, daß der Angeklagte nicht in der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) gehandelt hat, sich durch die wiederkehrende Begehung der Schmuggelfahrten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Diese Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Das Erstgericht stützte die zuletzt relevierte Feststellung auf die (für glaubwürdig befundene) Verantwortung des Angeklagten, wonach für dessen Tatentschluß die zuvor konstatierte Ankündigung des Hugo M*** maßgebend gewesen sei (S 44 f d.A). Der in der Mängelrüge (Z 5) vertretenen Auffassung zuwider besteht zwischen dieser Verantwortung und den weiteren Angaben des Angeklagten, daß er von seinem (am Schmuggel nicht beteiligten) Dienstgeber fristlos entlassen worden sei, nachdem jener von den Vorgängen (gemeint: dem Schmuggel) erfahren hatte (S 45), kein erörterungsbedürftiger Widerspruch (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), weil beide Bekundungen miteinander zwanglos vereinbar sind. Soweit die Beschwerde der Anklagebehörde aus der Darstellung des Angeklagten andere Schlußfolgerungen abzuleiten versucht, läuft sie in diesem Punkt bloß auf eine unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) hinaus.

Feststellungen darüber aber, ob dem Angeklagten "unmittelbar oder mittelbar" Vermögensvorteile dadurch zugeflossen sind, daß Hugo M*** dessen Dienstgeber "für die Schmuggeltätigkeit Transportaufträge zukommen hat lassen" (Z 9 lit a), waren nicht indiziert. Denn für irgendeine finanzielle Beteiligung des Angeklagten am Unternehmen seines (an den Taten nicht beteiligten) Dienstgebers in der Weise, daß ein dem letzteren (allenfalls) zugeflossener Vorteil auf diesem Umweg, aber doch als unmittelbare wirtschaftliche Folge der Tat (vgl EvBl 1980/89, JBl 1980, 436 ua) auch ihm selbst zugute gekommen wäre, oder für speziell des Schmuggels wegen erbrachte Leistungen seines Dienstgebers an ihn bieten die Verfahrensergebnisse keinerlei Anhaltspunkt; falls aber der Angeklagte angestrebt haben sollte, durch die Fortsetzung des Schmuggels sein Beschäftigungsverhältnis zu sichern, würde dieser Umstand allein für die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit seines Handelns nicht ausreichen, weil ein derartiger Erfolg wirtschaftlich nicht unmittelbar dem Finanzvergehen entspränge und demgemäß ein solches Vorhaben seinerseits nicht darauf abzielen würde, sich selbst durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl abermals EvBl 1980/89).

Fehlt es jedoch solcherart nach den mängelfreien und zur rechtlichen Beurteilung ausreichenden erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen am qualifizierten Vorsatz (§ 5 Abs. 2 StGB) des Angeklagten, den Schmuggel gewerbsmäßig auszuführen, dann braucht, wie schon zur Beschwerde des Zollamtes dargetan, auf die weitere Mängel- (Z 5) und Rechtsrüge (Z 9 lit a) gegen die zusätzliche Begründung des Erstgerichtes, derzufolge das vom Angeklagten erzielte kriminelle Nebeneinkommen aus dem Schmuggel die Bagatellgrenze nicht überschritten habe und auch deshalb gewerbsmäßige Begehung nicht anzunehmen sei, nicht eingegangen werden.

Angesichts der 200.000 S nicht übersteigenden Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge (§ 53 Abs. 1 lit b, Abs. 2 lit a FinStrG idF vor BGBl 1985/571) hat demnach das Schöffengericht zutreffend die Annahme einer gerichtlichen Strafbarkeit des Schmuggels (nach § 53 Abs. 1 lit a und Abs. 3 iVm § 38 Abs. 1 lit a FinStrG idF vor BGBl 1985/571; Art VII § 3 Abs. 1 FinStrGNov 1975; Art II § 3 Abs. 2 FinStrGNov 1985) abgelehnt, sodaß es sich erübrigt, auf die von der Anklagebehörde (ohne nähere Stellungnahme) angeschnittene Verjährungs-Frage einzugehen.

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist daher nicht begründet.

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