Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Untergerichte werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt die Zahlung von S 157.000,- s.A. und bringt vor, der Beklagte sei Eigentümer des Hauses Wien 5, Diehlgasse 9. Mit Mietvertrag vom 20.3.1981 sei der Kläger mit dem Beklagten ein Bestandverhältnis hinsichtlich der Wohnung Top.Nr. 31 und 32 in diesem Haus eingegangen. Für den Abschluß dieses Mietvertrages habe der Beklagte ohne gleichwertige Gegenleistung eine Ablöse von S 157.000,- verlangt, die der Kläger in Unkenntnis der Rechtslage auch bezahlt habe. Der Kläger begehre die Rückzahlung dieses Betrages.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, der Mietzins für die Wohnung des Klägers habe bei Abschluß des Mietvertrages gemäß § 16 Abs 1 Z 2 MG frei vereinbart werden können. Die Wohnung sei aus zwei Substandardwohnungen geschaffen worden. Die Zusammenlegung der Wohnungen sei, nachdem sie von ihren Mietern Ende 1980 geräumt worden seien, Anfang 1981 erfolgt. Es seien Türdurchbrüche vorgenommen, ein Bad und ein WC eingebaut, eine Zentralheizung installiert, die Küche verfliest und die Gas-, Elektro- und Abflußleitungen erneuert worden. Der Beklagte habe für diese Arbeiten S 253.700,- bezahlt. Der Kläger habe sich bereit erklärt, für die vom Beklagten durchgeführten Arbeiten einen Baukostenzuschuß in der Höhe des Klagebetrages zu bezahlen. Der Rückforderungsanspruch des Klägers sei überdies gemäß § 17 MG verjährt, da der Kläger die Zahlung in Kenntnis der Rechtslage geleistet habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Mit Mietvertrag vom 20.3.1981 mietete der Kläger vom Beklagten die Wohnung Top.Nr. 31/32 in dem im Eigentum des Beklagten stehenden Haus Wien 5., Diehlgasse 9. Diese Wohnung wurde durch den Umbau und die Zusammenlegung der beiden Substandardwohnungen Top.Nr. 31 und 32 geschaffen. Der Beklagte begann mit den Umbauarbeiten ein bis zwei Monate nach dem Freiwerden durch die früheren Mieter. Der Beklagte ließ die beiden Wohnungen nicht nur zusammenlegen, sondern unter anderm auch ein WC und ein Bad einbauen und verfliesen sowie eine Zentralheizung installieren. Die Bauarbeiten dauerten acht bis zehn Monate. Spätestens zwei Monate nach Fertigstellung dieser Umbauarbeiten erfolgte die Vermietung an den Kläger. Während der Bauarbeiten war die Wohnung eine Baustelle und nicht bewohnbar. Zwischen den Streitteilen wurde ein wertgesicherter monatlicher Hauptmietzins von S 2.440,- vereinbart. Am 19.3.1981 leistete der Kläger an den Beklagten S 50.000,- und am 27.3.1981 S 107.000,-. bereits der Vermittler hatte dem Kläger mitgeteilt, daß für die Wohnung S 160.000,- zu bezahlen seien. Der letztlich bezahlte Betrag von S 157.000,- resultierte daraus, daß der Boden im Schlafzimmer nicht mehr neuwertig war. Bei Nennung des Betrages von s 160.000,-
durch den Vermittler war von einem dem Kläger einzuräumenden Weitergabe- und Vorkaufsrecht noch nicht die Rede. Der Kläger bestand erst später vor Unterfertigung des Mietvertrages auf der Einräumung dieser Rechte, um die Möglichkeit zu erhalten, für die von ihm getätigten Investitionen eine Ablöse zu bekommen. Es wurde dem Kläger auch tatsächlich ein Weitergaberecht auf 10 Jahre sowie das Vorkaufsrecht bei Umwandlung der Wohnung in eine Eigentumswohnung eingeräumt. Ferner wurde vertraglich festgehalten, daß der Mietzins durch eine § 7-Entscheidung nicht beeinflußt werde. Der Kläger wußte bei Abschluß des Mietvertrages bzw. bei Leistung der beiden Ablösezahlungen nicht, daß und unter welchen Voraussetzungen Ablösezahlungen für Wohnungen gesetzlich verboten sind. Erst später wurde ihm von seinem Rechtsvertreter mitgeteilt, daß die geleisteten Zahlungen unzulässig und gesetzlich verboten gewesen seien.
Der Beklagte hat am 29.3.1982 bei der Schlichtungsstelle unter Bezugnahme auf die Verfahren Schli 2/79, 5/79 und 3/81 einen Antrag gemäß den §§ 7, 28 Abs 3 MG gestellt. Auf Grund dieses Antrages wurden die Mietzinse für die Mietgegenstände des Hauses Wien 5, Diehlgasse 9, für die Zeit vom 1.1.1984 bis 31.5.1990 auf S 51,- je Friedenskrone und für die Zeit vom 1.6.1990 bis 31.12.1993 auf S 12,80 je Friedenskrone erhöht. Die Schlichtungsstelle legte dabei einen Jahresfriedenskronzenzins für das gesamte Haus von 14.256 und für die Wohnung des Klägers von 744 zugrunde.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, Voraussetzung für eine freie Zinsvereinbarung nach § 16 Abs 1 Z 2 MG sei, daß der Vermieter eine freiwerdende Wohnung innerhalb von 6 Monaten nach der Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber an nicht eintrittsberechtigte Personen des früheren Mieters vermiete. Die Räumung durch die früheren Mieter sei 9 bis 14 Monate vor der Vermietung an den Kläger erfolgt. Es sei daher zu beurteilen, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, daß der Beklagte in der Wohnung durch 8 bis 10 Monate umfangreiche Verbesserungs- und Umbauarbeiten habe durchführen lassen und daß die Wohnung während der Dauer dieser Arbeiten nicht bewohnbar gewesen, jedoch abgesehen von diesen Arbeiten nicht länger als 6 Monate leer gestanden sei. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei die Frist des § 16 Abs 1 Z 2 MG gewahrt. Zweck der genannten Bestimmung sei es gewesen, im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Mietrechtsänderungsgesetzes freistehende oder nach diesem Zeitpunkt freiwerdende Wohnungen unter dem Anreiz der Möglichkeit einer freien Zinsvereinbarung zur Vermeidung des vom Gesetzgeber verpönten Hortens innerhalb der als angemessen angesehenen Frist von 6 Monaten dem allgemeinen Wohnungsmarkt zuzuführen. Im Gegensatz zu § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG habe das Mietengesetz keine ausdrückliche Regelung für den Fall getroffen, daß der Vermieter nach Räumung durch den bisherigen Mieter oder Inhaber Arbeiten zur Anhebung des Wohnungsstandards durchführen läßt und diese Arbeiten nicht innerhalb von 6 Monaten beenden kann. Da der Gesetzgeber aber nicht die Durchführung derartiger Arbeiten, sondern nur das Leerstehenlassen von Wohnungen über die gesetzte Frist hinaus habe verhindern wollen, erscheine es gerechtfertigt, die Zeiten der Durchführung von Standardanhebungsarbeiten den in § 16 Abs 1 Z 2 MG angeführten Zeiten der Innehabung gleichzusetzen und die Frist von 6 Monaten erst nach Beendigung der Arbeiten beginnen zu lassen. Es habe daher im vorliegenden Fall die Zahlung eines einmaligen Betrages wirksam vereinbart werden können, so daß nicht geprüft zu werden brauche, ob der geleisteten Ablöse überdies eine gleichwertige Gegenleistung des Beklagten iS des § 17 Abs 1 lit a MG gegenüberstehe. Die Revision wurde vom Berufungsgericht mit Recht zugelassen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum behandelten Problem fehlt. Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die in § 16 Abs 1 Z 2 MG genannte Frist von 6 Monaten beginnt "nach der Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber". Die freie Zinsvereinbarung nach dieser Gesetzesstelle ist daher nicht nur nach Beendigung eines Mietverhältnisses, sondern nach jeder Innehabung zulässig. Die Innehabung kann auf einem beliebigen Rechtstitel beruhen, setzt aber gemäß § 309 ABGB voraus, daß der Inhaber die Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat. Unter Gewahrsame ist ein tatsächlicher Zustand ohne Rücksicht auf das Recht zum Gebrauch und die Art des Erwerbes zu verstehen (Schey-Klang in Klang 2 II, 59), also der bestimmungsgemäße Gebrauch des Mietobjektes (Zingher, Das Mietengesetz 18 , 69). Die Innehabung ist mehr als das bloße räumliche Naheverhältnis. Es muß die äußere Erscheinung einer Rechtslage vorhanden sein, die bei Hinzutreten der weiteren Voraussetzungen als Besitz oder Eigentum gekennzeichnet wäre (EvBl 1972/98). Innehabung ist die äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 309; iglS Koziol-Welser, Grundriß 7 II 17). Darauf, daß die Handwerker, die in der in der Folge dem Kläger vermieteten Wohnung Umbauarbeiten durchführten, aus den dargelegten Gründen entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht als Inhaber des Bestandobjektes angesehen werden können, hat bereits das Berufungsgericht in zutreffender Weise hingewiesen. Das Bestandobjekt befand sich nämlich nach der Verkehrsauffassung nicht in ihrem Herrschaftsbereich und daher nicht in ihrer Gewahrsame. Aus dem im angefochtenen Urteil aufgezeigten Zweck der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 2 MG, die Wohnung möglichst ungesäumt nach ihrer Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber weiterzuvermitteln (MietSlg. 22.301), kann aber auch nicht gefolgert werden, es seien Zeiträume, in denen der Vermieter nach der Räumung durch den Vormieter Arbeiten zur Anhebung des Wohnungsstandards durchführen läßt, wie in den Fällen des § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG in die in dieser Bestimmung genannten Frist nicht einzubeziehen. Der Wortlaut des § 16 Abs 1 Z 2 MG ist durchaus eindeutig und unmißverständlich und statuiert den Beginn des Laufes der Sechsmonatefrist mit der Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber. Die objektiv-teleologische Interpretation aber, die den Sinn einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung zu erfassen sucht, greift dann Platz, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes nach Wortinterpretation und logischer Auslegung zweifelhaft bleibt (EvBl 1976/53, Bydlinski in Rummel, ABGB, Rdz 20 zu § 6, iglS Koziol-Welser, Grundriß 7 I 22). Der Umstand, daß nach § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG die Sechsmonatefrist sich um ein Jahr erhöht, sofern der Vermieter Arbeiten zur Standardanhebung erst nach Räumung durch den Vormieter in Angriff genommen hat, vermag nichts daran zu ändern, daß § 16 Abs 1 Z 2 MG eine derartige oder ähnliche Regelung nicht enthält. Bemerkt sei, daß sich Anhaltspunkte für eine derartige Auslegung auch weder der Regierungsvorlage und dem Ausschußbericht zum MRÄG (BGBl. 1967/281; 500 und 607 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XI. GP), noch auch zum MRG (425 und 480 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XV. GP) entnehmen lassen.
Die Frist des § 16 Abs 1 Z 2 MG kann daher im vorliegenden Fall nicht als gewahrt angesehen werden. Es bedarf daher der Prüfung, ob der geleisteten Ablöse eine gleichwertige Gegenleistung des Beklagten iS des § 17 Abs 1 lit a MG gegenüberstand. Es war deshalb der Revision Folge zu geben. Die Urteile der Untergerichte waren daher aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)