Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht teile aufgrund des Testamentes vom 4.2.1965 Regina S***, Leopold G***, Stefanie G***, Michael
R*** und Anna M*** im Streit um das Erbrecht die Klägerrolle gegen Alfred H***, Renate J***, Josef S***, Rosa S***, Franz S*** und Maria L*** als Beklagten, welche
Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes abgaben (ON 22) zu. Es sprach weiters aus, daß die Klage binnen 6 Wochen nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses einzubringen und die Klagseinbringung dem Erstgericht nachzuweisen sei, widrigenfalls die Nachlaßabhandlung ohne Berücksichtigung der auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprüche fortgesetzt werde.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der am 5.3.1985 verstorbene Franz Josef H*** hinterließ nachgenannte nach dem Gesetz erbberechtigte Personen:
Die Nachkommen der außerehelichen Tochter der erbl.Mutter, der Rosa S***, nämlich die erbl.halbbürtigen Neffen und Nichten Franz S***, Josef S***, Maria L*** und Rosa S***,
weiters den erbl.Bruder Alfred H*** und die uneheliche Tochter der verstorbenen erbl.Schwester Karoline H***, Renate J***. Die erbl.halbbürtigen Neffen und Nichten gaben zu je 1/24 und der erbl.Bruder sowie Renate J*** zu je 10/24-stel die bedingten Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes ab, die mit Beschluß vom 3.10.1985 zu Gericht angenommen wurden.
Franz Josef H*** setzte mit dem eigenhändigen und von ihm eigenhändig unterfertigten Testament vom 4.2.1965 seine Ehegattin Karoline H*** (im Testament bezeichnet mit Karoline K***, geborene R***) bzw. deren "Erben" als Erbin ein. Der Erblasser hatte die Genannte am 6.5.1965 geheiratet. Die Ehegatten Franz Josef und Karoline H*** errichteten am 22.3.1984 ein notarielles gemeinschaftliches Testament mit folgendem wesentlichen Inhalt: Die Ehegatten widerrufen sämtliche von ihnen früher errichteten letztwilligen Anordnungen "ihrem ganzen Inhalte" nach und berufen einander wechselseitig zu Alleinerben ihres gesamten Nachlaßvermögens; für den Fall, daß der überlebende Ehegatte die Erbschaft nicht annehmen kann oder will, bzw. nach dem letztversterbenden der Gatten, berufen die Genannten den Neffen und die Nichte der Karoline H***, nämlich Leopold G*** und Regina S***, zu ihren Erben.
Die erbl.Witwe Karoline H*** verstarb am 8.9.1984. Mit der Einantwortungsurkunde vom 14.1.1985, 2 A 519/84-8, wurde dem nunmehrigen Erblasser aufgrund des Testamentes vom 22.3.1984 der Nachlaß nach Karoline H*** zur Gänze eingeantwortet. Am 4.10.1984 verfaßte Franz Josef H*** das maschinschriftliche von ihm und 3 Zeugen unterfertigte notarielle Kodizill, mit dem er die im Testament vom 22.3.1984 getroffenen letztwilligen Anordnungen ihrem ganzen Inhalte nach widerruft. Das gemeinschaftliche Testament der Ehegatten H*** wurde am 10.9.1984 im Verfahren 2 A 519/84, die beiden letztwilligen Verfügung des Erblassers jeweils am 7.3.1985 kundgemacht. In keinem Fall bestehen gegen die äußere Form der vorgenannten letztwilligen Anordnungen des Erblassers Bedenken. Mit Beschluß vom 3.10.1985 wurde neben den Erbserklärungen der gesetzlichen Erben auch die vorläufig ohne Quote aufgrund des Testaments vom 4.2.1965 abgegebenen Erbserklärungen von Anna M*** und Michael R***, sowie die aufgrund des Testamentes vom 22.3.1984 von Leopold G*** und Regina S*** je zur Hälfte des Nachlasses abgegebenen bedingten Erbserklärungen zu Gericht angenommen. Mit dem in der Tagsatzung am 31.10.1985 verkündeten Beschluß wurde nachträglich die mit Schriftsatz vom 11.9.1985 schriftlich aufgrund des Testaments vom 4.2.1965 ohne Quote abgegebene Erbserklärung der Stefanie G*** zu Gericht angenommen. Erst in der Tagsatzung am 31.10.1985 präzisierten Stefanie G***, Anna M*** und Michael R*** ihre Erbserklärungen dahingehend, den Nachlaß aufgrund des Testamentes vom 4.2.1965 zu je 1/3 anzusprechen.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß keine Bedenken gegen die äußere Form aller diesem Verfahren zugrunde liegenden letztwilligen Verfügungen des Erblassers bestehen. Das Kodizill vom 4.10.1984 führe nicht zwangsläufig zu einem Aufleben des im Kodizill nicht erwähnten Testaments vom 4.2.1985. Ein derartiges Aufleben könne § 723 ABGB nicht entnommen werden. Die Aufhebung der späteren Verfügung habe in der Regel nicht das Wirksamwerden der früheren bereits widerrufenen zur Folge. Bei der Prüfung, welcher Erbrechtstitel als der stärkere zu beurteilen sei, wäre nur darauf abzustellen, für welchen Erbenanwärter die größere Wahrscheinlichkeit des Erbrechtes spreche. Aus dem Wortlaut, bzw. der äußeren Form der vorliegenden schriftlichen letztwilligen Verfügungen sei aber eindeutig zu entnehmen, daß der Erblasser mit dem Kodizill vom 4.10.1984 nur den Widerruf des gemeinschaftlichen Testamentes nicht aber ein Wiederaufleben früherer letztwilliger Anordnungen angestrebt habe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Michael R***, der Anna M*** sowie der Stefanie G*** Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß die Frage, ob der Erblasser mit dem Kodizill vom 4.10.1984 auch den Widerruf "laut Testament vom 22.3.1984" widerrufen und das Testament vom 4.2.1965 wieder aufleben lassen wollte, keine solche der äußeren Form der letztwilligen Verfügungen, von welcher nach § 126 AußStrG auszugehen sei, betreffe. Ob der Erblasser mit dem Kodizill vom 4.10.1984 das Testament vom 4.2.1965 wieder aufleben lassen wollte, werde erst im Erbrechtsstreit zu entscheiden sein. Nach § 126 Abs 1 AußStrG habe bei widersprechenden Erbserklärungen aufgrund eines Testamentes und aufgrund des Gesetzes derjenige Erbe als Kläger aufzutreten, dessen Anspruch auf der gesetzlichen Erbfolge beruht. Hier sei darauf abzustellen, daß einerseits Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes und andererseits solche aufgrund in gehöriger Form errichteter und ihrer Echtheit unbestrittener letztwilliger Verfügungen vorliegen. Bei der Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsstreit habe das Erstgericht offenbar übersehen, daß nicht nur die Erbserklärungen der aufgrund des Gesetzes erbserklärten Erben und die Erbserklärungen der aufgrund der beiden Testamente erbserklärten Erben untereinander im Widerspruch stehen, sondern sich auch die Erbserklärungen aufgrund des Testamentes vom 4.2.1965 und aufgrund des Testaments vom 22.3.1984 widersprechen. Dieses Problem sei in der vom Erstgericht gemäß § 126 Abs 2 AußStrG durchgeführten Vernehmung der Erbansprecher nicht erörtert worden. Das Erstgericht werde daher im ergänzenden Verfahren sämtliche beteiligten erbserklärten Erben im Sinne des § 126 Abs 2 AußStrG auch hinsichtlich der einander widersprechenden Erbserklärungen aufgrund des Testamentes vom 4.2.1965 und des Testamentes vom 22.3.1984 zu vernehmen und dann zunächst darüber zu entscheiden haben, welcher der beiden Erbengruppen aufgrund der beiden Testamente die Klägerrolle gegen die jeweils aufgrund des anderen Testamentes erbserklärten Erben zuzuweisen ist. Erst nach Abschluß dieses Erbrechtsstreites werden die Parteienrollen zwischen den im ersten Prozeß obsiegenden Testamentserben und den gesetzlichen Erben zu verteilen sein. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der durch ihren Kollisionskurator vertretenen Rosa S***, in welchem sie beantragt, die erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen oder dem Gericht zweiter Instanz eine neue Sachentscheidung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes ist zwar zulässig (AnwBl.1983,719 ua), aber nicht berechtigt. Die Rechtsmittelwerberin wendet sich zunächst gegen die vom Rekursgericht angeordnete Verfahrensergänzung. Der Oberste Gerichtshof kann aber auch im Außerstreitverfahren einem Erhebungsauftrag des Gerichtes zweiter Instanz nicht entgegentreten, wenn dies auf keiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht (EFSlg 34.965; 5 Ob 539/84 ua). Eine solche ist den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin nicht zu entnehmen: Im Zusammenhalt mit dem Rekursantrag können diese dahin verstanden werden, daß sie auf dem Standpunkt beharrt, ihr käme im Erbrechtsstreit als gesetzliche Erbin gegenüber den Testamentserben die günstigere Stellung einer Beklagten zu. Diese Ansicht steht jedoch - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - mit § 126 Abs 1 letzter Satz AußStrG im Widerspruch. Nach dieser Bestimmung hat bei widersprechenden Erbserklärungen aufgrund eines Testamentes und aufgrund des Gesetzes derjenige Erbe als Kläger aufzutreten, dessen Anspruch auf der gesetzlichen Erbfolge beruht (EvBl 1968/408 ua). Soweit sich die Rechtsmittelwerberin sinngemäß noch dagegen wendet, daß das Rekursgericht dem Erstgericht auftrug, im Zuge des nach § 126 Abs 2 AußStrG zu ergänzenden Verfahrens zunächst darüber zu entscheiden, welcher der beiden Erbansprechergruppen - ob jener aufgrund des Testamentes vom 4.2.1965 oder jener aufgrund der letztwilligen Verfügung vom 22.3.1984 - die Klägerrolle zuzuweisen ist, entspricht die Auffassung des Rekursgerichtes der Sach- und Rechtslage (vgl. GlUNF 15.554 ua).
Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen.
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