OGH 7Ob660/86

OGH7Ob660/8623.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adolf O***, Landwirt, Seeboden, Unterhaus 6, vertreten durch Mag. DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Hans G***, Rechtsanwalt, Villach,

Moritschstraße 5, vertreten durch Dr. Anton, Dr. Peter und Dr. Gerhard Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, wegen S 1,746.916,50 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 6. Februar 1986, GZ 3 R 1/86-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. November 1985, GZ 25 Cg 225/85-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.960,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.723,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der beklagte Rechtsanwalt brachte am 23. November 1978 im Auftrag des Klägers beim Erstgericht eine Klage gegen Hubert K*** auf Zustimmung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers ob der dem Hubert K*** gehörigen Liegenschaft EZ 4 KG St. Peter am Karlsberg aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Kaufvertrages ein. Mit der Klage verband der Beklagte den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Form eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes. Dieser Antrag wurde mangels Gefahrenbescheinigung vom Erstgericht abgewiesen und diese Entscheidung vom Rekursgericht bestätigt. Erst am 5. Juli 1980 stellte der Kläger den Antrag auf Klagsanmerkung, die vom Erstgericht bewilligt wurde und in Rechtskraft erwuchs. In der Hauptsache obsiegte der Kläger.

Der Kläger behauptet, daß nach Klagseinbringung weitere Pfandrechte auf der Liegenschaft eingetragen worden seien, zu deren Löschung er S 1,746.916,50 aufwenden habe müssen. Er begehrt vom Beklagten den Ersatz dieses Aufwandes mit der Begründung, daß ihm der Beklagte durch die Unterlassung der sofortigen Antragstellung auf Klagsanmerkung diesen Schaden verursacht habe.

Nach dem Standpunkt des Beklagten könne ihm die Unterlassung der Antragstellung nicht als Versehen angelastet werden, weil eine Streitanmerkung unzulässig gewesen wäre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Vorinstanzen verneinten eine Sorgfaltsverletzung des Beklagten, weil nach ständiger Rechtsprechung eine Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen nicht bewilligt werde. Nur bei Geltendmachung eines Rechtes, das zufolge besonderer Bestimmungen einem dinglichen Recht gleichzuhalten sei, sei eine Streitanmerkung zulässig, ein solcher Fall sei aber hier nicht gegeben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargestellt haben, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Streitanmerkung bei Geltendmachung eines bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Anspruchs nicht zu bewilligen, selbst wenn der Anspruch auf den Erwerb eines bücherlichen Rechtes gerichtet ist (NZ 1985, 195; RZ 1977/27; EvBl. 1971/43; SZ 43/75 uva). Dies wird von der Revision grundsätzlich auch nicht bestritten. Sie beruft sich aber auf die Ausführungen Feils in Grundbuchsrecht, 262, daß die Praxis die Streitanmerkung auch aus Anlaß anderer als im Gesetz ausdrücklich bezeichneter Rechtsstreite zulasse; die Unkenntnis dieser Praxis habe der Beklagte zu vertreten.

Es ist zwar richtig, daß die Rechtsprechung die Streitanmerkung nach § 61 Abs. 1 GBG bisweilen auch damit begründet hat, daß die Einverleibung wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtstitels, auf dem sie beruhte, als ungültig angefochten wurde. Hiebei handelte es sich stets um Fälle der vertraglichen Rückabwicklung, die auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (ex tunc) zurückwirken sollten, oder um solche der Beseitigung rechtlich unzulässiger Eintragungen, sodaß der Anfechtende tatsächlich in einem bücherlichen Recht, das durch den nichtigen Rechtsvorgang scheinbar beendet oder eingeschränkt worden war, verletzt zu sein behauptete (NZ 1985, 195 mwN). Desgleichen wurde die Zulässigkeit der Streitanmerkung bejaht, bei Geltendmachung eines Rechtes, das zufolge besonderer Bestimmungen einem dinglichen Recht gleichzuhalten ist (EvBl. 1977/27; SZ 44/38). Die Streitanmerkung eines klageweise geltend gemachten, aus einem Kaufvertrag abgeleiteten Rechtes auf Einverleibung des Eigentumsrechtes wurde aber in der Rechtsprechung stets in Übereinstimmung mit der Literatur abgelehnt (NZ 1978, 29;

6 Ob 609/83 uva; Koziol-Welser 7 II 94; Klang in Klang 2 II 386;

Ehrenzweig 2 I/2 236; Hofmeister in NZ 1985, 198). Dem Beklagten, bei dem die Kenntnis der dargestellten einhelligen Lehre und Rechtsprechung vorauszusetzen war, mußte demnach ein Antrag auf Streitanmerkung aussichtslos erscheinen; dies umso mehr, als er sich gegen die ständige Rechtsprechung nicht einmal auf Gegenmeinungen im Schrifttum hätte berufen können. Die Unterlassung einer ganz offenkundig aussichtslosen Antragstellung durch den Rechtsanwalt stellt keine Sorgfaltsverletzung dar (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 17 zu § 1299; RZ 1977/27). Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß die Streitanmerkung später unzulässigerweise dennoch bewilligt wurde und wider Erwarten in Rechtskraft erwachsen ist (und daher zwangsläufig auch Rechtswirkungen entfaltete). Wollte man von einem Rechtsanwalt verlangen, in seine Erwägungen eine solche Entwicklung, mit der er nicht rechnen konnte, einzubeziehen, wäre der Sorgfaltsmaßstab unzulässig überspannt (vgl. Reischauer aaO Rdz 2).

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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