Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden und gefährdeten Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien und Gegnerinnen der gefährdeten Parteien die mit S 8.464,74 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten S 769,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung
Die erstklagende und gefährdete Partei (im folgenden: Erstkläger) ist Komplementär der zweitklagenden und gefährdeten Partei (im folgenden: zweitklagende Partei). Unternehmensgegenstand der zweitklagenden Partei ist die Vermittlung von Krediten und die Vermögensberatung. Seit 24.5.1982 ist bei der zweitklagenden Partei Wolfgang G*** als Sachbearbeiter beschäftigt. Gegen Wolfgang G***, der früher bei der Filiale Eisenstadt der B*** beschäftigt war, wurde in einem der beim Landesgericht Eisenstadt anhängigen WBO-Prozesse Anklage wegen strafbarer Handlungen, die er als Angestellter der B*** begangen haben soll, erhoben. Die zweitbeklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien (im folgenden: zweitbeklagte Partei) ist Herausgeberin, Verlegerin und Herstellerin der Wochenzeitung "Die Neue" vereint mit der "Neunkirchner Volkspost". In der Ausgabe Nr.14 dieser Zeitung vom 2.4.1986 wurde auf Seite 15 ein vom Erstbeklagten und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden: Erstbeklagter) verfaßter und gezeichneter Artikel gebracht, in dem auf das beim Landesgericht Eisenstadt anhängige Strafverfahren gegen Wolfgang G*** hingewiesen wurde. Der Artikel hat folgenden Wortlaut:
"K***-Manager: Millionenbetrug!
Noch einmal wird Neunkirchen Nebenfront in einem WBO-Prozeß: Ab 5. Mai muß sich der frühere "K***"-Kreditvermittler Wolfgang G*** vor WBO-Richter Mag. E*** verantworten: Er hatte seinerzeit als Leiter der B***-Filiale in Eisenstadt 15 Mill. S an WBO-Geldern in "dunkle Kanäle" verschoben.
Wolfgang G***, der nach seinem Rausschmiß bei der B*** von "K***"-Besitzer Werner L*** angeheuert wurde und in dessen Firma als Manager werkte, saß bereits im September 1983 in Untersuchungshaft, nachdem er behauptete, die Hälfte der 15 "Mille" an Ex-WBO-Geschäftsführer Horst T***, den Rest an einen "unbekannten Steirer" ausbezahlt zu haben. Die 22 Schecks, die G*** in der B*** entgegennahm, trugen mitunter abenteuerliche Unterschriften von "Kreisky" bis "C***" (früherer US-Präsident, Anm.d.Red.).
Ganz geklärt konnten die Machenschaften rund um Wolfgang G*** bis heute nicht werden. Mit dem geschaßten Banker drücken noch sattsam bekannte Figuren die Anklagebank in Eisenstadt: Ernst R***, Horst T*** und der Neudörfler ÖVP-Sekretär Rudolf H***."
Die klagenden Parteien begehren die Fällung des Urteiles, die beklagten Parteien seien gegenüber den klagenden Parteien schuldig, ab sofort die Nennung des Namens des Erstklägers und der Firma der zweitklagenden Partei im Zusammenhang mit Wolfgang G*** und dem gegen diesen vor dem Landesgericht Eisenstadt anhängigen Strafverfahren und der seit dem 5.5.1986 angesetzten Hauptverhandlung vor dessen Schöffensenat zu unterlassen. Sie stellen weiters ein Veröffentlichungsbegehren. Die Nennung der Namen der klagenden Parteien sei rechtswidrig, weil sie ohne jede Notwendigkeit für den erkennbaren Informationszweck, über das Verfahren gegen Wolfgang G*** zu berichten, den Namen der klagenden Parteien in einem Zusammenhang mit einem Millionenbetrug und einem Strafverfahren brächten, das seit Ende 1981 zum Gegenstand der medialen Aufbereitung geworden sei und noch immer werde, vor allem aber als Thema einer innen- und parteipolitischen Auseinandersetzung mit behaupteten kriminellem Hintergrund, wobei Macht der Medien und deren Mißbrauch durch sie an sich, aber auch im Verhältnis zur Justiz und deren normierter Unabhängigkeit in einer bisher wahrscheinlich einmaligen Weise in Erscheinung getreten sei. Da weder der Erstkläger noch die zweitklagende Partei mit dem strafrechtlichen oder politischen Aspekt des WBO-Skandals für die Vorgänge in der und rund um die WBO in der Öffentlichkeit bezeichnet worden seien und noch immer würden, das geringste zu tun hätten, sei die Nennung des Namens der klagenden Parteien im Zusammenhang mit Wolfgang G*** und/oder der WBO in dem gerade durch die Medien zum typischen Sensationsprozeß gemachten Ereignis unzulässig und rechtswidrig. Durch die Formulierung und Namensnennung werde ein nicht bestehender Zusammenhang mit der WBO und dem damit im Zusammenhang stehenden Strafverfahren hergestellt, wodurch bei einem durchschnittlichen Leser die Vorstellung eines möglichen oder bestehenden Zusammenhanges zwischen den klagenden Parteien, dem Millionenbetrug und dem WBO-Skandal hergestellt werde. Die negative Bedeutung der WBO und deren strafrechtlicher und politischer Aspekte begründeten daher die Schutzwürdigkeit gegen die unzulässige Namensnennung. Am 5.5.1986 beginne vor dem Landesgericht Eisenstadt das angekündigte Verfahren gegen Wolfgang G*** und andere Angeklagte, das aufgrund der Ausschreibung des Gerichtes bis Mitte Juli 1986 dauern werde. Da Wolfgang G*** aus Neunkirchen stamme, sein Vater früher Bürgermeister der Stadt Neunkirchen gewesen sei, müsse damit gerechnet werden, daß die beklagten Parteien wöchentlich über dieses Verfahren berichteten. Da aus dem Raume Neunkirchen nur Wolfgang G*** stamme, werde jeder Bericht sich vor allem mit der Person des Wolfgang G*** befassen. Im Zusammenhang mit dieser zu erwartenden laufenden Berichterstattung bestehe daher immer wieder die Gefahr, daß die Namen der klagenden Parteien in Verbindung mit Wolfgang G*** gebracht würden. Aus diesem Grunde beantragten die klagenden Parteien auch die Erlassung der einstweiligen Verfügung des Inhaltes, den Antragsgegnern werde verboten, ab sofort den Namen der klagenden Parteien im Zusammenhang mit Wolfgang G*** und dem gegen diesen vor dem Landesgericht Eisenstadt anhängigen Strafverfahren, in welchem seit dem 5.5.1986 die Hauptverhandlung vor dem Schöffensenat durchgeführt werde, zu nennen. Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Zu Recht erblickten die klagenden Parteien in dem Inhalt der Veröffentlichung ein rechtswidriges Verhalten, werde doch unzulässigerweise und ohne jede sachliche Begründung ein Zusammenhang zwischen dem in das WBO-Verfahren nicht involvierten klagenden Parteien und den Straftaten hergestellt, die den Angeklagten des WBO-Verfahrens zur Last gelegt werde. Hier handle es sich ganz eindeutig dem Inhalte nach um eine unzulässige und rechtswidrige Veröffentlichung, die überdies geeignet sei, Krediterwerb und Fortkommen der klagenden Parteien beträchtlich zu schädigen. Es werde ein rechtswidriger Zusammenhang zwischen der geschäftlichen Tätigkeit der klagenden Parteien und dem WBO-Verfahren hergestellt, obwohl ein solcher Zusammenhang nicht vorliege und von den beklagten Parteien auch gar nicht behauptet werde. Zu Recht wiesen die Kläger darauf hin, daß wegen der voraussichtlichen Dauer des neuerlichen WBO-Verfahrens die Gefahr weiterer Einschaltungen mit Namensnennung der klagenden Parteien drohe.
Im Rekursverfahren stellten die klagenden Parteien klar, daß sie ihr Begehren nicht auf § 1330 ABGB stützten und den beklagten Parteien auch nicht unbefugter Namensgebrauch vorgeworfen werde. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Parteien Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige; den Revisionsrekurs erklärte es für zulässig. Bei der Mitteilung, daß Wolfgang G*** ein Mitarbeiter der zweitklagenden Partei sei und vom Erstkläger als Dienstnehmer aufgenommen worden sei, sei der Name der klagenden Parteien nicht gebraucht, sondern nur genannt worden. Nur eine Namensnennung liege nämlich vor, wenn Aussagen über den Namensträger gemacht würden wie z.B., daß die zweitklagende Partei Dienstgeber und der Erstkläger Vorgesetzter des Wolfgang G*** sei. Das Recht zur Namensnennung stehe im Spannungsfeld mehrerer Grundrechte, der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsäußerungsfreiheit und ihrer besonderen Ausformung in der Pressefreiheit, des Schutzes der Ehre, des Schutzes des Privatlebens und des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes. Es komme bei der Namensnennung auf eine Interessenabwägung an; im Einzelfall sei mangels einer positiv-rechtlichen Norm nach dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip vorzugehen. Die Berichterstattung einer Zeitung sei immer dann zulässig, wenn es sich um eine Person der Zeitgeschichte handle. Dazu gehörten auch Personen, die mit strafbaren Handlungen in Zusammenhang gebracht würden. Über Wolfgang G*** habe daher in den Medien berichtet werden dürfen. Sein Leben sei für die Öffentlichkeit auch insofern interessant, als sie erfahren wolle, wie der Betroffene in der Zeit vor der Hauptverhandlung sein Leben gestalte, ob er seinen Lebensunterhalt selbst verdiene, ob er aus Mitteln der Sozialversicherung oder der Allgemeinheit erhalten oder untestützt werde. Es dürfe daher auch über die derzeitige Beschäftigung des Wolfgang G*** berichtet und sein Dienstgeber genannt werden. Eine Namensnennung dürfe keine bloße Sensationsberichterstattung sein. Überdies dürften nicht willkürlich nur zufällige oder am Rande beteiligte Personen ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Die Überschrift des inkriminierten Artikels sei sicherlich keine seriöse Berichterstattung. Sie erwecke vielmehr den Anschein, daß Wolfgang G*** gerade als K***-Manager einen Millionenbetrug begangen hätte, wovon aber keine Rede sein könne. Möge auch ein allfälliges Verbot an die beklagten Parteien, die K*** mit einem Millionenbetrug in Zusammenhang zu bringen, gerechtfertigt sein, so fehle für die beantragte einstweilige Verfügung, die klagenden Parteien nicht im Zusammenhang mit Wolfgang G*** zu nennen, die Anspruchsgrundlage.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der klagenden Parteien ist nicht berechtigt. Sie stützen ihr Begehren ausschließlich auf die unbefugte Namensnennung (Verletzung ihres Anonymitätsinteresses) durch die beklagten Parteien. In der Lehre herrscht Einhelligkeit darüber, daß das Recht auf Namensanonymität ein aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitetes Recht darstellt und darin besteht, daß der Name von Dritten nicht in Zusammenhängen erwähnt werden darf, zu deren Erwähnung der Namensträger keinen sachlichen Anlaß gegeben hat (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 23 zu § 16; Raschauer, Namensrecht 296 f; Schwerdtner in Münchener Kommentar 2 Rz 115 zu § 12 BGB; Coing-Habermann in Staudinger 12 Rz 129 zu § 12 BGB; Neumann-Duesberg in DJZ 1970,566; vgl. § 78 UrhG); die Verletzung dieses Rechtes muß unbeschadet, ob auch Entschädigungsansprüche nach § 6 MedienG bestehen, ein Recht auf Erhebung eines zivilrechtlichen Unterlassungsanspruches zur Folge haben. Persönlichkeitsrechte genießen zwar grundsätzlich Schutz gegen Eingriffe Dritter, es ist aber nicht jedes Verhalten rechtswidrig, das diese Rechte berührt. Es bedarf vielmehr einer Wertung, bei welcher dem Interesse am gefährdeten Gut stets auch die Interessen der Handelnden und die der Allgemeinheit gegenüber gestellt werden müssen (SZ 56/124 mwN). Handelt es sich um eine Namensnennung in Medien, sind das in der Namensanonymität konkretisierte Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Privatsphäre mit dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und dem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit abzuwägen (Aicher aaO Rdz 12 zu § 43). Ist die Namensnennung nicht bereits rechtswidrig, weil sie gesetzlich verboten ist (Raschauer aaO 299), muß die Abwägung der Interessen zwischen den aufgezeigten Grundrechten für das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit den Ausschlag geben, wenn der Namensträger sachlichen Anlaß zur Nennung seines Namens gegeben hat (Aicher aaO Rdz 23 zu § 16; Schwerdtner aaO).
Ein von den klagenden Parteien geschaffener sachlicher Anlaß zur Namensnennung ist zu bejahen. Gegen Wolfgang G***, der bis 1981 Filialleiter der B*** in Eisenstadt war und dem ein in dieser Eigenschaft begangenes schweres Vermögensdelikt zur Last gelegt wird, wurde von der zweitklagenden Partei durch den Erstkläger als ihrem vertretungsbefugten Komplementär in ein Anstellungsverhältnis übernommen. Der Geschäftszweck der zweitklagenden Partei erstreckt sich auf die Vermittlung von Hypothekardarlehen und sonstigen Krediten, auf die Vermittlung von Realitäten und auf die Vermögensberatung. Es besteht ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit, in einer Lokalzeitung zu erfahren, daß jemand, dem ein als leitendem Angestellten eines Bankunternehmens begangenes schweres Vermögensdelikt vorgeworfen wird, nunmehr als Sachbearbeiter in dem höchst sensiblen Geschäftszweig der Vermittlung von Darlehen und Realitäten sowie der Vermögensberatung tätig ist. Zur Mitteilung dieser Tatsache gaben demnach die klagenden Parteien sachlichen Anlaß. Wertende Abwägung der Interessenlage führt daher zum Ergebnis, daß keine rechtswidrige Verletzung des Rechtes der klagenden Parteien auf Namensanonymität vorliegt.
Es mag sein, daß die Formulierung des Titels des Berichtes im Gegensatz zum folgenden Text im unbefangenen Leser den Eindruck erweckt, die Wolfgang G*** vorgeworfenen strafbaren Handlungen stünden mit seiner beruflichen Tätigkeit für die zweitklagende Partei im Zusammenhang. Dies hätte die klagenden Parteien allenfalls berechtigt, von den beklagten Parteien zu verlangen, die Herstellung eines solchen objektiv nicht gegebenen Zusammenhanges in Hinkunft zu unterlassen. Die klagenden Parteien, die auch in ihrer Rekursbeantwortung ausdrücklich erklärten, den Rechtsgrund des § 1330 ABGB nicht heranzuziehen und nach ihrem Vorbringen die aus dem Titel des Berichtes abzuleitende Unterstellung gar nicht annehmen, stellten aber nur das Begehren, die beklagten Parteien seien schuldig, jede Nennung der Namen der klagenden Parteien im Zusammenhang mit Wolfgang G*** und dem gegen diesen vor dem Landesgericht Eisenstadt anhängigen Strafverfahren zu unterlassen. Gegenüber diesen Anträgen stellte sich ein Begehren auf Unterlassung von unwahren Behauptungen, Wolfgang G*** habe als Angestellter der zweitklagenden Partei strafbare Handlungen gesetzt, als ein aliud dar.
Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, 41, 50 ZPO.
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