OGH 6Ob519/85

OGH6Ob519/8516.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Hule und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang R***, Handelsvertreter, Salzburg, Bayerhamerstraße 33, vertreten durch Dr. Franz Kreibich und Dr. Alois Bixner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Edelbert S***, Prokurist, Salzburg, Scherzhauserfeldstraße 38, vertreten durch Dr. Helmut Grazer und Dr. Herbert Harlander, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 100.000 S, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. Oktober 1984, GZ. 1 R 259/84-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 26. Juli 1984, GZ. 8 Cg 65/84-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung des Betrages von S 100.000 s.A. Er behauptete, er habe im Juli 1983 Herbert K*** ein Darlehen in der Höhe von S 90.000 gegeben. Zur Bezahlung dieser Schuld habe ihm Herbert K*** drei von ihm ausgestellte und vom Beklagten als Bezogenem unterfertigte, am 1. Oktober 1983 fällige Wechsel, und zwar je zwei über S 30.000 und einen weiteren über S 40.000, übergeben. Der Beklagte habe seine Zahlungspflicht aus den drei Wechseln anerkannt und zwecks Prolongation sich bereit erklärt, die drei Wechsel durch einen über S 100.000 zu ersetzen. Der Beklagte habe in seiner Firma vor dem Kläger eigenhändig ein Wechselformular mit Fälligkeit 1. Oktober 1983 und einer Schuldsumme von S 100.000 ausgefüllt und dieses Formular dem Kläger gegen Ausfolgung der drei Wechsel übergeben. "In der Eile" habe der Kläger übersehen, daß der Beklagte das von ihm ausgefüllte Wechselformular nicht als Bezogener unterfertigt habe. Als der Kläger noch am selben Tag vom Beklagten die fehlende Unterschrift habe einholen wollen, habe der Beklagte dies mit der Bemerkung abgelehnt, er habe die drei Wechsel bereits vernichtet. Der Beklagte habe sich listigerweise in den Besitz der drei Wechsel gesetzt. Es liege ein konstitutives Anerkenntnis vor. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, er habe im November 1982 während eines Kartenspieles mit Herbert K*** mehrere Wechsel unterfertigt. Einige seien in seiner Gegenwart wieder zerrissen worden. Am Ende des Spieles habe der Beklagte S 20.000 verloren gehabt. Erst im Juni 1983 habe der Kläger beim Beklagten angerufen und ihm mitgeteilt, daß er zwei Wechsel über je S 30.000 und einen Wechsel über S 40.000 in seinen Händen habe. Bei einem Zusammentreffen in einem Lokal habe der Kläger dem Beklagten die Wechsel gezeigt, welche tatsächlich die Unterschrift des Beklagten aufgewiesen hätten. Der Beklagte habe dem Kläger erklärt, "daß dies nicht richtig sei", er habe beim Kartenspiel nur S 20.000 verloren. Der Kläger habe erwidert, dies interessiere ihn nicht, Herbert K*** habe bei ihm ein Auto gekauft und dafür die Wechsel übergeben. Einige Tage später sei der Kläger am Arbeitsplatz des Beklagten erschienen, habe dem Beklagten die drei Wechsel übergeben und verlangt, daß der Beklagte einen Wechsel über S 100.000 akzeptieren solle. Der Beklagte habe ein Wechselformular ausgefüllt, ohne es zu unterfertigen. Irgendwelche Vereinbarungen seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen gewesen. Der Beklagte habe sich vor Unterfertigung des Wechsels noch mit einem Rechtsanwalt besprechen wollen. Während der Besprechung zwischen den Streitteilen habe das Telefon geläutet, sodaß das Gespräch unterbrochen worden sei. Der Kläger sei plötzlich aufgesprungen, habe den noch nicht unterfertigten Wechsel an sich genommen und sich ohne weitere Erklärung entfernt. Der Beklagte habe nie ein konstitutives Anerkenntnis abgegeben. Der Kläger habe "den Wechsel" bewußt zum Nachteil des Beklagten von Herbert K*** übernommen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte spielte im November 1982 mit Herbert K*** in dessen Lokal P*** das Kartenspiel "Schnapsen". Das Spiel dauerte eine ganze Nacht und den darauffolgenden Tag bis in die Nacht hinein. Der Beklagte verlor größere Geldbeträge und akzeptierte über den jeweiligen Schuldbetrag gegenüber Herbert K***

Wechsel. Am Ende des Spieles schuldete der Beklagte nach seiner Meinung Herbert K*** nur mehr etwa S 20.000.

Herbert K*** übergab im ersten Halbjahr 1983 vom Beklagten akzeptierte Wechsel, und zwar zwei über je S 30.000 und einen über S 40.000, an den Kläger, um damit sowohl Spielschulden gegenüber diesem wie auch ein gewährtes Darlehen abzudecken. Ob Herbert K*** dabei dem Kläger erklärte, es handle sich bei den Wechseln um solche aus Spielschulden, konnte "nicht ausreichend geklärt werden". Der Kläger teilte um die Jahresmitte 1983 dem Beklagten mit, er habe von Herbert K*** vom Beklagten akzeptierte Wechsel über insgesamt S 100.000. Er traf sich mit dem Beklagten im Restaurant "A***" in Salzburg, um die Angelegenheit mit dem Beklagten zu besprechen. Dabei behauptete der Kläger wahrheitswidrig, er habe die Wechsel von Herbert K*** erhalten, weil dieser bei ihm ein Auto gekauft habe. Der Beklagte erklärte dem Kläger, Herbert K*** aus einem Kartenspiel nur S 20.000 zu schulden, war damals aber der Meinung, er müsse bezahlen, wenn er einen Wechsel unterschrieben habe. Der Kläger bot dem Beklagten an, sich wegen einer Prolongierung der Wechsel zu erkundigen. Der Beklagte war damit einverstanden. Der Leiter der Volksbank G***, Josef S***, riet dem Kläger, der sich wegen einer Prolongation erkundigte, anstelle der drei Wechsel einen einzigen über die Gesamtsumme von S 100.000 zu bringen. Der Kläger begab sich deshalb zum Beklagten und übergab ihm die drei Wechsel, während der Beklagte ein Wechselformular über S 100.000 mit Ausstellungsdatum 1. Juli 1983 und Fälligkeitsdatum 1. Oktober 1983

ausfüllte. Er setzte sich selbst als Bezogenen ein, der Platz des Ausstellers blieb frei. Als der Beklagte das Wechselformular ausfüllte, erklärte er dem Kläger, er werde sich noch erkundigen, ob er rechtlich zur Bezahlung verpflichtet sei, und werde bezahlen, wenn dies der Fall sei. Die Annahmeunterschrift leistete der Beklagte damals absichtlich nicht. Während der Besprechung der Streitteile mußte der Beklagte ein längeres Telefongespräch führen, in dessen Verlauf der Kläger das Wechselformular an sich nahm und wegging. Erst bei der Volksbank G*** wurde der Kläger darauf aufmerksam gemacht, daß auf dem Wechsel über S 100.000 das Akzept des Beklagten fehlte. Der Kläger rief daraufhin den Beklagten an und vereinbarte mit ihm ein Treffen in der Volksbank G***. Dort erklärte der Beklagte, er sei nicht bereit, den Wechsel zu akzeptieren. In der Zwischenzeit hatte der Beklagte bereits die drei Wechsel, die seine Annahmeunterschrift trugen, vernichtet.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, eine wechselrechtliche Verbindlichkeit des Beklagten bestehe nicht, weil die drei ursprünglichen Wechselurkunden nicht mehr vorhanden seien und dem mit dem Ausstellungsdatum 1. Juli 1983 versehenen Wechselformular die Annahmeunterschrift des Beklagten fehle, ein rechtswirksamer Wechsel daher nicht vorliege. Eine Zahlungspflicht des Beklagten könnte daher nur dann bestehen, wenn der Beklagte ein konstitutives Anerkenntnis abgegeben hätte. Ein solches liege nach dem festgestellten Sachverhalt aber nicht vor.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Klagsstattgebung ab und sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der negativen Feststellung, es habe nicht geklärt werden können, ob der Kläger von Herbert K*** beim Erwerb der Wechsel informiert worden sei, daß ihnen Spielschulden zugrunde lägen. Das Berufungsgericht führte aus, das Erstgericht hätte in der rechtlichen Beurteilung den Unterschied zwischen konstitutivem und deklarativem Anerkenntnis nicht herausgearbeitet, wenn es nicht davon ausgegangen wäre, der Beklagte habe zumindest seine Bereitschaft bekundet, einen Prolongationswechsel über S 100.000 auszustellen, und der Kläger ihn aus diesem Grunde die drei alten Wechsel übergeben habe. So sei wohl die Feststellung zu verstehen, daß der Kläger dem Beklagten die drei alten Wechsel zurückgegeben habe, während der Beklagte einen Wechsel über S 100.000 ausgefüllt habe. Trotzdem sei auf Grund der Beweisergebnisse und des inneren Zusammenhanges der erstgerichtlichen Feststellungen davon auszugehen, daß beide Parteien auf ihren Vorteil bedacht, sich aber ihres Standpunktes nicht ganz sicher gewesen seien und danach getrachtet hätten, im gegebenen Moment das Beste aus der Situation für sich herauszuholen.

Dem Beklagten habe klar sein müssen, daß ohne seine bekundete Bereitschaft, einen Prolongationswechsel auszustellen, der Kläger ihm die alten Wechsel nicht zurückgeben würde, der Kläger habe auf Grund der Empfehlung des Kreditinstitutes zum Eskompt einen Wechsel über einen Gesamtbetrag von S 100.000 verwenden wollen, habe aber andererseits zumindest nach dem Gespräch mit dem Beklagten gewußt, daß die Wechselverbindlichkeiten aus Spielschulden stammten. Er sei sich "allenfalls nicht ganz sicher" gewesen, ob er die Wechsel unter diesen Umständen werde realisieren können. Der Kläger habe selbst den Wechsel an sich genommen, ehe er vollständig ausgefüllt gewesen sei. Das Erstgericht sei aber auch davon ausgegangen, der Beklagte habe gar nicht die Absicht gehabt, den Wechsel zu unterfertigen. Damit habe der Kläger aber selbst nach der Parteienaussage des Beklagten bei der Herausgabe der alten Wechsel nicht rechnen können. Der Beklagte habe vielmehr zugegeben, nicht etwa von vornherein dem Kläger erklärt zu haben, er werde den Wechsel nicht unterschreiben. Demnach habe also auch nach den erstgerichtlichen Feststellungen, wie sie bei der Erledigung der Tatsachenrüge ausgelegt worden seien, der Beklagte zunächst den Anschein erweckt, einen Prolongationswechsel auszustellen und zu akzeptieren, sei aber letztlich dazu nicht mehr bereit gewesen, nachdem er die alten Wechsel in Besitz gehabt habe. Dieses Vorgehen verpflichte den Beklagte zur Vergütung der Wechselsumme als des Gegenwertes der ihm übergebenen Wechsel, unabhängig davon, ob, "isoliert betrachtet" aus einem allfälligen Anerkenntnis zur Ausstellung eines Prolongationswechsels, also gewissermaßen aus dem Wechselbegebungsvertrag, der dann letztlich nicht zur Ausstellung des Wechsels geführt habe, der Beklagte in Anspruch genommen werden könnte oder ihm nicht der Grundsatz zugutekommen müßte, daß eine wegen eines Formmangels unwirksame Wechselverpflichtungserklärung bestehen bleibe, wenn den Parteien unterstellt werden könne, sie hätten für den Fall einer Unwirksamkeit des Wechsels auch wirklich eine zivilrechtliche Verbindlichkeit begründen wollen, wobei beispielsweise auch eine abstrakte Wechselbürgschaft im Zweifel nicht die gemeine Bürgschaft in sich schließe. Um den Anspruch des Klägers auf den Gegenwert der drei Wechsel zu bejahen, sei es gar nicht erforderlich, anzunehmen, daß "er" (sollte wohl richtig "der Beklagte" heißen) sich zur Ausstellung des Prolongationswechsels verpflichtet habe, um durch ein konstitutives Anerkenntnis eine zweifelhafte Rechtslage zu bereinigen. Dies habe er gewiß nicht gewollt. Er habe aber den Wert der alten Wechsel zu vergüten, wenn er keinen Prolongationswechsel ausgestellt habe (vgl. GlU 14.181). Diese Wechsel repräsentierten allerdings in erster Linie dann einen selbständigen Wert, wenn der Kläger anders seine Ansprüche gegen Herbert K*** nicht durchsetzen könnte. Gerade deshalb, weil sich die vorliegende Auseinandersetzung nicht allein auf der Grundlage des Wechselrechtes abspiele, komme es auch darauf an, ob es überhaupt zulässig sei, für Spielschulden einen Wechsel auszustellen. Nur dann sei der Kläger in jedem Fall in Anbetracht des von ihm für die vernichteten Wechsel verlangten Ersatzes schutzwürdig. Sei es zulässig, über eine Spielschuld einen Wechsel auszustellen, könne der Kläger auch dann nicht bewußt zum Nachteil des Beklagten gehandelt haben, wenn er beim Erwerb der Wechsel angenommen habe, diesen liege eine Spielschuld des Beklagten gegenüber Herbert K*** als Wechselaussteller zugrunde. In den §§ 1271 und 1272 ABGB seien Spiel und Wette gleich geregelt. Ohne Einsatz bleibe die Schuld aus der Wette eine bloße Naturalobligation. Die Zahlung einer Spielschuld könne nur dann zurückgefordert werden, wenn es sich um ein verbotenes Spiel gehandelt habe. Trotzdem bestehe in diesem Zusammenhang in Lehre und Rechtsprechung darüber Streit, ob die Ausstellung eines Wechsels über eine Naturalobligation als Zahlung oder als bloß qualifiziertes Zahlungsversprechen zu verstehen sei. Daraus, daß zwischen den Parteien des Grundgeschäftes auch im Wechselprozeß auf das Kausalverhältnis, welches sich als bloße Naturalobligation darstelle, zurückgegriffen werden könne, folge noch nicht, daß der Erwerber des Wechsels, also der Indossatar, im Sinne des Art. 17 WG bewußt zum Nachteil des Wechselschuldners handle, wenn er in Kenntnis der Tatsache, daß dem Wechsel eine Spielschuld zugrunde liege, diesen Wechsel erwerbe. Denn wenn der Schuldner den Wechsel nicht gerade als Deckungswechsel ausgestellt habe, rechne er sogar damit, daß der Aussteller den Wechsel weitergeben und der Erwerber den Wechsel gegen den Schuldner geltend machen werde. Der Erwerber schädige also nicht den Schuldner, wenn er den Anspruch aus dem Wechsel als einer abstrakten Verpflichtungserklärung geltend mache, womit der Schuldner von Anfang an zu rechnen gehabt habe. Dies sei wohl auch der Grund, warum in diesem Zusammenhang verschiedentlich ein Unterschied zwischen einem Deckungs- und einem Zahlungswechsel gemacht werde. Selbst die Kenntnis eines Erwerbers, daß es sich bei dem Wechsel um einen Deckungs- oder Gefälligkeitswechsel handle, begründe noch nicht seine Bösgläubigkeit. Daraus folge aber im vorliegenden Fall, daß die beiden Wechsel über je S 30.000 und der Wechsel über S 40.000 einen selbständigen Wert gehabt hätten, da nach ihrer Vernichtung Herbert K*** sich gegenüber dem Beklagten nur mehr auf die Spielschuld, eine Naturalobligation, habe berufen und als Partner des Klägers im Rahmen des Begebungsvertrages darauf habe Bezug nehmen können, daß es sich bei seinen Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger zumindest zum Teil nur um Spielschulden gehandelt habe, der Kläger sich aber der Wechsel, welche von sich aus rechtsverbindlich gewesen wären, begeben habe. Es liege ein ähnlicher Sachverhalt vor, wie dann, wenn als Wetteinsatz Wertpapiere ins Depot gegeben würden. Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn die Wechsel aus einem verbotenen Spiel gestammt hätten, da selbst Zahlungen aus einem verbotenen Spiel zurückverlangt werden könnten. Von einem verbotenen Spiel im Sinne des § 168 StGB könne aber nur dann gesprochen werden, wenn der Gewinn zumindest vorwiegend vom Zufall und nicht von der Geschicklichkeit des Spielers abhänge. Die Höhe des Einsatzes sei kein Kriterium für ein verbotenes Spiel, sondern es sei selbst ein verbotenes Spiel dann nicht strafbar, wenn es nur um des Vergnügens Willen mit geringen Einsätzen gespielt werde. Schnapsen sei ein Geschicklichkeitsspiel. Nach der geschilderten Vorgeschichte sei es auch nicht möglich, den Kläger in dem Umfang, in dem er Herbert K*** ein Darlehen gewährt habe, auf die Durchsetzung seines Anspruches aus diesem Rechtsgrund zu verweisen, weil ihm Herbert K*** entgegenhalten könnte, der Kläger hätte sich der Wechsel nicht begeben dürfen, Herbert K*** könne gegen den Beklagten aus dem Kausalverhältnis (Spielschuld) nicht vorgehen. Damit zeige sich wiederum der selbständige Wert der Wechsel, sodaß das Verhalten des Beklagten, der diese Wechsel ohne Gegenleistung an sich gebracht habe, nicht sanktioniert werden könne.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Es ist davon auszugehen, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Beklagte dem Kläger gegenüber zumindest seine Bereitschaft bekundet hat, einen Prolongationswechsel über S 100.000,-- auszustellen, und der Kläger ihm aus diesem Grunde die drei alten Wechsel übergeben hat. Da der Beklagte sich in der Folge weigerte, den Prolongationswechsel anzunehmen, durfte er die ihm übergebenen drei alten Wechsel nicht vernichten. Die Vernichtung dieser Wechsel war daher sowohl rechtswidrig als auch schuldhaft. Auf eine Kraftloserklärung der Wechsel - wie dies in der Revision vorgebracht wird - kann der Kläger schon deshalb nicht verwiesen werden, weil die Wechsel mit Willen des Klägers in den Besitz des Beklagten gelangt sind und von diesem nicht etwa versehentlich, sondern absichtlich vernichtet wurden (Bachmayer, Die Kraftloserklärung von Urkunden, 44; Zedtwitz, Kraftloserklärung von Urkunden, Juridica Kurzkommentar 13 f.).

Ob ein Schaden für den Kläger durch die Vernichtung der Wechsel eingetreten ist, allenfalls in welcher Höhe, hängt zunächst davon ab, od der Kläger die Wechsel von Herbert K*** mittels Wechselskripturaktes, also durch Indossament erworben hat, oder ob ihm Herbert K*** seine Forderung gegen den Beklagten nur abgetreten und in diesem Zusammenhang die Wechsel übergeben hat. Darüber fehlen bisher Feststellungen. Wurden die Wechselrechte lediglich durch Zession übertragen, dann hätte der Kläger nur die volle Rechtsstellung des Zedenten erhalten (Ertl in Rummel, ABGB II Rz 2 zu § 1392; Wolff in Klang 2 VI 300 f.; Kapfer, Handkommentar zum Wechselgesetz 72; SZ 44/23). Der Beklagte hätte ihm daher alle Einwendungen entgegensetzen können, die ihm gegenüber Herbert K*** zustanden. Diesem gegenüber hätte er aber - wie noch ausgeführt werden wird - die Unverbindlichkeit des Grundgeschäftes und der für die Schuld angenommenen Wechsel einwenden können.

Wurden die Wechsel aber von Herbert K*** an den Kläger durch Indossament übertragen, dann ist von Bedeutung, ob der Kläger beim Erwerb der Wechsel wußte, daß ihrer Annahme durch den Beklagten Spielschulden zu grunde lagen.

Nach § 1271 ABGB ist jedes Spiel eine Art Wette. Redliche und sonst erlaubte Wetten sind gemäß § 1271 ABGB insoweit verbindlich, als der bedungende Preis nicht bloß versprochen, sondern wirklich entrichtet oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden. Die Spielschuld begründet also eine bloße Naturalobligation. Nach Lehre und Rechtsprechung (Wolff in Klang 2 V 992 und 1000; Krecji in Rummel, ABGB, II Rz 71 zu §§ 1267 bis 1274; Ehrenzweig System 2 II/1, 614 f.; Stubenrauch 8 II 583;

Kapfer, Handkommentar zum Wechselgesetz, 98; Krasnopolski Lehrbuch des österr. Privatrechts III Obligationenrecht 451; SZ 48/115;

GlUNF 7.444, 1.538; GlU 15.141, 2973) wird auch durch die Übernahme einer Wechselverbindlichkeit eine Spielschuld nicht klagbar. Auch die deutsche Lehre und Rechtsprechung vertreten zu der vergleichbaren Bestimmung des § 762 BGB dieselbe Ansicht (Pecher in Münchner Kommentar zum BGB 2 III/2 Rz 20 zu § 762; Vollkommner in Jauernig BGB 3 791 f; Palandt BGB 45 Rz 2 c zu § 762; RGZ 52, 11 ua.). Ist aber die Übernahme einer Wechselverbindlichkeit für eine Spielschuld nicht klagbar, dann handelt auch derjenige, der einen Wechsel in Kenntnis des Umstandes erwirbt, daß es sich um eine Verbindlichkeit für eine Spielschuld handelt, bewußt zum Nachteil des Schuldners im Sinne des Art. 17 WG. Wechselmäßige Ansprüche gegen den Beklagten hätte daher der Kläger nur gehabt, wenn er beim Erwerb der Wechsel nicht gewußt hätte, daß diese für Spielschulden angenommen wurden.

Wußte der Kläger beim Erwerb der Wechsel, daß sie vom Beklagten für Spielschulden angenommen wurden, dann konnte er durch die Vernichtung der Wechsel nur insofern einen vom Beklagten zu ersetzenden Schaden erlitten haben, als er hiedurch seine Regreßansprüche gegenüber Herbert K*** verloren hätte. Hier ist zu beachten, daß der Kläger die Wechsel sowohl zur Begleichung von Spielschulden des Herbert K*** ihm gegenüber, als auch für ein Darlehen erhalten hat, wobei allerdings weder die Höhe der Spielschulden noch jene des Darlehens festgestellt wurde. Soweit er die Wechsel für Spielschulden des Herbert K*** erhalten hat, gilt das eben Gesagte: Der Kläger hätte die Wechselforderung auch gegen den Aussteller Herbert K*** nicht mit Erfolg geltend machen können. Auch im Verhältnis zwischen dem Kläger und Herbert K*** kann nämlich nicht gesagt werden, daß durch die Indossierung eines Wechsels, dessen bisher einziger Verpflichteter, nämlich der Akzeptant, die Wechselverbindlichkeit für eine Spielschuld eingegangen war, Herbert K*** seine eigene Spielschuld wirklich entrichtet hätte. Soweit allerdings die Wechsel von Herbert K*** auch zur Abdeckung eines ihm vom Kläger zugezählten Darlehens indossiert wurden, hätte Herbert K*** als Aussteller und Indossant dem Kläger wechselmäßig gehaftet. Durch die Vernichtung der Wechsel kann der Kläger die wechselmäßige Haftung des Herbert K*** nicht mehr geltend machen. Ob er dadurch bereits einen Schaden erleidet, kann allerdings noch nicht gesagt werden. Dem Kläger stünde nämlich noch immer der Anspruch aus dem Grundgeschäft, nämlich der Darlehenszuzählung zu. Es wäre daher Sache des Klägers, zu behaupten und zu beweisen, daß er auch seine Ansprüche aus dem Grundgeschäft gegen Herbert K*** wegen der Vernichtung der Wechsel nicht mit Erfolg geltend machen kann.

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger von Herbert K*** beim Erwerb der Wechsel informiert wurde, daß ihm Spielschulden zugrundeliegen, offengelassen, die negative Feststellung des Erstgerichtes allerdings ausdrücklich nicht übernommen. Eine Feststellung darüber ist aber nach den obigen Ausführungen für die Entscheidung wesentlich. Sollte auch das Berufungsgericht - ebenso wie das Erstgericht - diese Frage nicht klären können, müßte wegen der Beweispflicht des Beklagten für das Vorliegen eines bewußt zu seinem Nachteil erfolgten Wechselerwerbes davon ausgegangen werden, daß der Kläger die Wechselforderung gegen den Beklagten mit Erfolg hätte geltend machen können und der Beklagte daher für die Wechselsumme aus dem Titel des Schadenersatzes haftet. In Stattgebung der Revision war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Berufungsgericht war eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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