OGH 7Ob652/86

OGH7Ob652/862.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatpräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ulrike W***, Hausfrau, Linz, In der Stockwiesen 3 b, vertreten durch Dr.Georg Hawlik, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Antragsgegner Erwin L***, Angestellter, Linz, Kaplanhofstraße 18, vertreten durch Dr.Helmut Valenta, Rechtsanwalt in Linz, wegen Bestellung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 2. Juli 1986, GZ.13 R 274/86-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 6.März 1986, GZ.1 Nc 168/85-13, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die von der Antragstellerin erstattete Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 6.3.1986, ON 13, verpflichtete das Erstgericht den Antragsgegner antragsgemäß, der Antragstellerin - seine uneheliche Tochter - ein Heiratsgut von S 60.000 zu bestellen. Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Die Parteien haben 25 Jahre lang - die Antragstellerin ist am 4.3.1960 geboren - keinen Kontakt miteinander gehabt. Am 9.8.1985 hat die Antragstellerin ohne Wissen des Antragsgegners geheiratet. Der Mann der Antragstellerin ist Betriebsschlosser und hat ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 13.400. Die Antragstellerin ist als kaufmännische Angestellte beschäftigt; ihr Einkommen beträgt im Monat durchschnittlich S 13.500 netto. Derzeit bezieht die Antragstellerin, die am 25.12.1985 ein Kind geboren hat, ein Karenzgeld von S 4.000 monatlich.

Der Antragsgegner bezieht als Verkaufsleiter ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 23.000. Er ist Eigentümer einer lastenfreien Eigentumswohnung in Linz im Ausmaß von 86 m 2 sowie eines Gasthauses, durch dessen Verpachtung er monatlich S 10.000 brutto erzielt. Zur Sanierung dieses Gasthauses hat der Antragsgegner vor zwei Jahren ein Darlehen von S 200.000 aufgenommen, das er in Raten von S 4.900 monatlich zurückzahlt. Der Antragsgegner ist verheiratet und hat zwei Kinder, von denen eines bereits selbsterhaltungsfähig ist. Die Frau des Antragsgegners ist berufstätig, ihr monatliches Durchschnittsnettoeinkommen beträgt S 9.000.

Die Antragstellerin bewohnt mit ihrer Familie eine 50 m 2 große Mietwohnung. Weder sie noch ihr Mann verfügen über Ersparnisse. In seiner rechtlichen Beurteilung bezeichnete das Erstgericht das zugesprochene Heiratsgut als angemessen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Antragstellerin habe den geltend gemachten Anspruch nicht dadurch verwirkt, daß sie ohne Wissen des Antragsgegners geheiratet habe. Der Antragsgegner habe zwar vorgebracht, daß er die Heirat der Antragstellerin mißbillige, habe aber keinen Grund hiefür angegeben. Ein solcher Grund sei nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich. § 1220 ABGB begründe keine Solidarverpflichtung der dotationspflichtigen Eltern. Der Ausstattungsberechtigte könne sich daher getrennt an jeden seiner beiden Elternteile wenden und von ihm einen angemessenen Teil für seine Ausstattung begehren. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter der Antragstellerin wären deshalb für das Verfahren nur von Bedeutung, wenn sie von jenen des Antragsgegners so erheblich abwichen, daß sie die Beurteilung der gemeinsamen Lebensverhältnisse der Eltern beeinflußten. Dies sei jedoch nicht der Fall. Ersparnisse der Antragstellerin seien nicht erwiesen. Das Vorhandensein einer etwa 50 m 2 großen Mietwohnung beseitige noch nicht die Bedürftigkeit der Antragstellerin in Bezug auf die Ausstattung, deren Zweck eine angemessene Starthilfe für die Gründung einer eigenen Familie sei. Eine Anrechnung des eigenen Einkommens der Antragstellerin käme nur in Betracht, wenn dieses weit überdurchschnittlich wäre. Davon aber könne keine Rede sein.

Der Antragsgegner bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs aus den Gründen der Nichtigkeit sowie der offenbaren Gesetz- und Aktenwidrigkeit und begehrt, den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragstellerin hat eine Rekursbeantwortung erstattet. Eine Rekursbeantwortung ist jedoch im gegenständlichen Verfahren im Gesetz nicht vorgesehen. Sie war deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

Auch das Rechtsmittel des Antragsgegners erweist sich als unzulässig.

Eine Nichtigkeit erblickt der Antragsgegner in dem (im Rekurs gegen die Entscheidung der ersten Instanz als Mangelhaftigkeit gerügten) Umstand, daß das Erstgericht ihm (bzw. seinem Vertreter) die Ergebnisse des Beweisverfahrens und die Eingaben der Antragstellerin nicht zugestellt habe. Dem Antragsgegner seien daher auch keine Möglichkeiten einer weiteren Äußerung und zusätzlicher Beweisanbote eingeräumt worden.

Der Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 477 Abs.1 Z 4 ZPO liegt nur bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, nicht schon dann, wenn ein Beteiligter zu einzelnen Beweisergebnissen nicht gehört wurde. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs erfordert nur, daß der Partei ein Weg eröffnet werde, auf dem sie ihre Argumente sowie überhaupt alles vorbringen kann, was der Abwehr eines gegen sie erhobenen Anspruches dienlich ist. Der Antragsgegner hat nicht nur von der ihm eingeräumten Möglichkeit, zum Antrag der Antragstellerin eine Stellungnahme zu erstatten, in ausführlicher Weise Gebrauch gemacht (ON 3), er wurde zum beiderseitigen Vorbringen auch eingehend befragt (ON 5). Die Unterlassung der Zustellung der Vernehmungsprotokolle ON 5 und ON 12 (die Äußerungen der Antragstellerin ON 6 und ON 8 wurden dem Antragsgegner zugestellt; weitere Eingaben hat die Antragstellerin nicht erstattet) vermag daher nicht eine Nichtigkeit, sondern lediglich allenfalls einen Verfahrensmangel zu begründen; auch eine solcher aber wurde bereits vom Rekursgericht verneint.

Eine Aktenwidrigkeit, die dann gegeben ist, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und solcherart ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat, wird vom Antragsgegner nicht aufgezeigt. Zwar trifft es zu, daß es nicht der Antragsgegner selbst war, der angegeben hat, die Mutter der Antragstellerin verdiene monatlich S 15.000 netto. Die vom Rekursgericht zitierte Angabe wurde vielmehr von der Antragstellerin gemacht. Da es allerdings für die Entscheidung des Rekursgerichtes durchaus unmaßgeblich war, wer die genannte Aussage gemacht hat, kann in dem dargelegten Umstand eine Aktenwidrigkeit im beschriebenen Sinn nicht gefunden werden.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird. Nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung bildet daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit kann schon begrifflich nicht vorliegen, wenn es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, es sei denn, die Entscheidung verstößt gegen Grundprinzipien des Rechts oder sie ist ganz willkürlich oder mißbräuchlich. Die Frage, wie die Höhe einer Ausstattung im Einzelfall zu ermitteln ist, ist in den Vorschriften der §§ 1220 ff.ABGB nicht ausdrücklich geregelt. Die im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu treffende Lösung dieser Rechtsfrage durch die Vorinstanzen kann daher nicht offenbar gesetzwidrig sein (EFSlg.47.237). Die Frage, ob die Vorinstanzen jeden einzelnen Umstand bei der Bemessung des Heiratsgutes entsprechend berücksichtigt haben, kann unter dem Rekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht geltend gemacht werden.

Da sohin keiner der im § 16 AußStrG genannten Rekursgründe vorliegt, war der Revisionsrekurs des Antragsgegners zurückzuweisen.

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