Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 10.198,65 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 927,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Inhaberin der internationalen Wort-Bild-Marke Nr. 410.788, welche von der bildlichen Darstellung einer Stechmücke und dem Wort "Baygon" beherrscht wird (Beilage A), sowie der internationalen Wortmarke Nr. 370.774 "Baygon" (Beilage B); die erstgenannte Marke ist für Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel geschützt, die andere für chemische Produkte zur Vertilgung schädlicher Tiere im Haus. Der Schutz beider Marken erstreckt sich u. a. auf Österreich und einige arabische Staaten, nicht aber auch auf Saudiarabien.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Verwendung des Zeichens "Baygon" im geschäftlichen Verkehr zu untersagen. Die Klägerin habe das von ihr unter dieser Bezeichnung erzeugte und vertriebene Insektenvertilgungsmittel bis 1982 ua. auch in den arabischen Staaten verkauft. Nachdem diese den Import von "Baygon" aus politischen Gründen bis 1985 eingestellt hätten, würden die Erzeugnisses der Klägerin seither wieder im vollen Umfang von ihnen eingeführt. Zwischen 1982 und 1985 seien in den arabischen Ländern Piratprodukte verkauft worden, welche dem Erzeugnis der Klägerin äußerlich sklavisch nachgeahmt, inhaltlich aber minderwertig gewesen seien. Als Agentin und Herstellerin dieses "Baygon"-Erzeugnisse für die Nahost-Länder habe sich eine Firma I*** aus Valencia ausgegeben. Das dem Bayer-Erzeugnis "Baygon" sklavisch nachgeahmte Piratprodukt sei von der beklagten KG hergestellt und über die - gleichfalls in Wien ansässige - Peter W*** International Trading (im folgenden: W***-Trading) exportiert worden. Dieser Verstoß gegen wohlerworbene Rechte der Klägerin verpflichte die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung des Markennamens "Baygon".
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe das Zeichen "Baygon" nie verwendet und beabsichtige auch in Zukunft keinen Eingriff in fremde Markenrechte. Auch das von der Klägerin genannte Insektenvertilgungsmittel habe sie weder hergestellt, noch jemals angeboten.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung und nahm
folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Ing. Günther P*** ist Geschäftsführer der A***
Ing. Günther P*** GmbH (im folgenden: A***); außerdem steht er in einem Angestelltenverhältnis zur Beklagten, wo er für die Kontinuität der Produktion, die reibungslose Durchführung der Lieferungen, die Beschaffung des Rohmaterials und die Instandhaltung der Maschinen zu sorgen hat. Auf Visitenkarten bezeichnet er sich als Betriebsleiter der Beklagten.
Franz J*** - der geschäftsführende Gesellschafter einer KG mit dem Sitz in Schwechat - vermittelte der A*** einen Auftrag der W***-Trading zur Herstellung eines Insektizides in Spraydosen. Zu diesem Zweck gab er schon bei den einleitenden Gesprächen der A*** genaue Einzelheiten über die zu verwendende Wirkstoffkonzentration bekannt; die Einzelheiten bezüglich des Trägermaterials und des Gases wurden der A*** überlassen, deren Geschäftsführer Ing. Günther P*** hiefür eine neue, besonders geruchlose Zusammensetzung entwickelte. Nach dem der A*** gegebenen Informationen sollte die herzustellende Ware in Saudiarabien abgesetzt werden. Das Wirkstoffkonzentrat wurde bei der A*** erzeugt und dann in fertigem Zustand in 200 Liter-Fässern an die Beklagte zum Abfüllen geliefert. Mit der Herstellung selbst hatte die Beklagte nichts zu tun. Bei der Beklagten wurde das Insektenvertilgungsmittel in Weißblechdosen üblicher Art abgefüllt, welche von ihr selbst beigestellt wurden. Die Dosen wurden mit Etiketten wie Beilage C versehen, auf welchen neben der Aufschrift "Baygon spray" und einer weiteren Aufschrift in arabischen Schriftzeichen die bildliche Darstellung einer Stechmücke, wie sie auch in der internationalen Wort-Bild-Marke Nr. 410.788 enthalten ist, aufschien. Diese Etiketten wurden der Beklagten von der A*** zur Verfügung gestellt, welche die Vorlage dazu - oder die Etiketten selbst - von Franz J*** bekommen hatte. Auf Grund des Auftrages, den die A*** von der W***-Trading erhalten hatte, waren die Spraydosen nach Spanien, und zwar in die Zollfreizone Valencia, zu liefern, wo als Empfänger die Firma Algarra M*** (Antemar S.A.) aufschien. In der Zeit von Ende 1984 bis Juli 1985 kam es zu mehreren derartigen Lieferungen. Dabei wurden allerdings nur zu Beginn die erwähnten Etiketten verwendet, während bei den späteren Lieferungen das Produkt in Weißblechdosen mit lithographiertem Text abgefüllt war, welcher mit dem der früher verwendeten Etiketten übereinstimmte. Diese Weißblechdosen waren im Auftrag von A*** mit dem angeführten Text versehen und dann der Beklagten zur Verfügung gestellt worden. Dem Geschäftsführer der A*** waren die Markenrechte der Klägerin nicht bekannt. Mit Hertha H*** - der Vertreterin des häufig im Ausland befindlichen Geschäftsführers der Beklagten - hatte Ing. P*** nur über den Preis der Abfüllung gesprochen. Sie dürfte nicht gewußt haben, daß es sich bei dem abzufüllenden Wirkstoff um ein Insektizid handelte; auch die Etiketten dürfte sie nicht gesehen haben. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Beklagte die von ihr abgefüllten Spraydosen teilweise mit Etiketten versehen habe, welche die für die Klägerin geschützte Markenbezeichnung aufwiesen. Damit sei der Eingriff in die Markenrechte der Klägerin in Österreich begangen worden. Daß die Ware letztlich weder zum Vertrieb in Österreich noch in einem anderen Land, auf das sich der Markenschutz erstreckte, bestimmt war, sei unter diesen Umständen ebensowenig von Bedeutung wie die Frage, ob der Geschäftsführer der Beklagten oder sein Vertreter von der Verwendung der Marke der Klägerin Kenntnis hatten. Für das Verhalten Ing. P*** habe die Beklagte gemäß § 18 UWG in jedem Fall einzustehen.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Nach der hier anzuwendenden Kollisionsnorm des § 34 Abs 1 IPRG seien Immaterialgüterrechte nach dem Recht des Staates zu beurteilen, für dessen Gebiet der Schutz in Anspruch genommen wird; nach diesem Recht des "Schutzlandes" sei insbesondere auch die für den Verletzungsstreit wesentliche Frage zu beantworten, ob überhaupt eine Verletzungshandlung vorliegt. Soweit die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch daraus ableite, daß sich der Schutzbereich beider Marken auf Österreich erstrecke, sei daher nach inländischem Recht zu prüfen, ob der Beklagten ein im Inland begangener Markeneingriff zur Last liegt. Das sei entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichtes zu verneinen: Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes werde der Tatbestand des § 9 Abs 1 und 3 UWG nicht schon in jenem Land verwirklicht, wo etwa die Marke bloß an der Ware angebracht oder auf Umhüllungen sowie in Ankündigungen und Geschäftspapieren gebraucht wird (§ 13 MSchG), sondern erst dort, wo infolge der Möglichkeit einer Kenntnisnahme der solcherart verwendeten Bezeichnung durch die angesprochenen
Verkehrskreise - hier: die Käufer des Insektensprays - die Gefahr von Verwechslungen mit der Marke des Klägers entstehen kann. Da die von der Beklagten miterzeugten und von ihr - zumindest teilweise - mit der Bezeichnung "Baygon" versehenen Waren weder für den Absatz in Österreich bestimmt waren noch auch in Österreich abgesetzt wurden, sei diese Bezeichnung hier nicht in einer Weise benützt worden, die geeignet gewesen wäre, Verwechslungen mit den Marken der Klägerin herbeizuführen. Das beanstandete Insektenvertilgungsmittel sei ausschließlich nach Saudiarabien geliefert worden; daß es auch in weitere arabische Länder gelangt wäre, sei nicht bescheinigt. Nach den von der Klägerin in erster Instanz vorgelegten Urkunden seien die beiden "Baygon"-Marken zwar in verschiedenen arabischen Staaten (Algerien, Ägypten, Marokko, Tunesien) geschützt, nicht aber in Saudiarabien. Daß der Klägerin nach saudiarabischem Recht - oder nach dem Recht irgendeines anderen arabischen Staates - ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung ihrer Marken zustünde, habe sie nicht einmal behauptet. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung der ersten Instanz.
Die Beklagte beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 502 Abs 1 Z 4 ZPO, § 528 Abs 2 ZPO zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Wie das Rekursgericht in Übereinstimmung mit der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 56/107 = ÖBl. 1983, 162 = GRURInt. 1984, 453; ÖBl. 1986, 92) richtig erkannt hat, sind gemäß § 34 Abs 1 IPRG "das Bestehen, der Inhalt und das Erlöschen von Immaterialgüterrechten" - zu welchen unstreitig auch das Recht an einer registrierten Marke gehört - "nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem eine Benützungs- oder Verletzungshandlung gesetzt wird". Im Einklang mit der herrschenden Lehre (siehe insbesondere Ulmer, die Immaterialgüterrechte in IPR 12 ff) hat sich der Gesetzgeber hier den Grundsatz der Anknüpfung an das Recht des "Schutzlandes" zueigen gemacht. Über das Bestehen und den Schutz von Immaterialgüterrechten entscheidet daher das Recht jenes Staates, "dessen Schutz in Anspruch genommen wird" (so wörtlich die EB zu § 34 IPRG bei Duchek-Schwind, IPR 82 f in Anm. 2), richtiger: für dessen Gebiet der Schutz begehrt wird (Schwimann, Grundriß des IPR 196; Ulmer aaO; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 110 RN 907.3). Nach dem Recht dieses Schutzlandes ist insbesondere auch die für den Verletzungsstreit wesentliche Frage zu beurteilen, ob überhaupt eine Verletzungshandlung vorliegt; sie ist dann zu bejahen, wenn das beanstandete Verhalten nach dem Recht des Staates, für dessen Hoheitsgebiet der Schutz in Anspruch genommen wird, als Verletzung des (inländischen) Schutzrechtes anzusehen ist (Ulmer aaO; Schwimann aaO; ebenso die EB zu § 34 IPRG bei Duchek-Schwind aaO; vgl. auch Schönherr aaO 110 f RN 907.1 bis 907.4).
Im konkreten Fall leitet die Klägerin ihr Begehren auf Unterlassung der Verwendung des Zeichens "Baygon" im geschäftlichen Verkehr allein aus den beiden internationalen Marken Nr. 410.788 und Nr. 370.774 ab. Da diese Marken zwar in Österreich, nicht aber in Saudiarabien Schutz genießen und auch das Prozeßvorbringen der Klägerin ausschließlich Handlungen der Beklagten im Inland zum Gegenstand hat, nimmt die Klägerin - entsprechend dem das gesamte Immaterialgüterrecht beherrschenden Territorialitätsprinzip (siehe dazu insbesondere Schwimann aaO 194; Schönherr aaO 109 f RN 901.2, 907.1; Ulmer aaO 9) - den Markenschutz erkennbar (nur) für das Hoheitsgebiet der Republik Österreich in Anspruch; damit ist aber auch die behauptete Markenrechtsverletzung der Beklagten gemäß § 34 Abs 1 IPRG ausschließlich nach österreichischem Recht zu beurteilen. Nur dieses Recht entscheidet dann auch darüber, ob überhaupt ein im Inland begangener Markeneingriff vorliegt, mit anderen Worten: ob die der Beklagten angelasteten Handlungen, soweit sie in Österreich begangen worden sind, eine Verletzung des Ausschließungsrechtes der Klägerin an den mehrfach genannten internationalen Marken bedeuten. Das muß aber hier verneint werden:
Nach dem - mit dem Urteilsantrag wörtlich
übereinstimmenden - Sicherungsbegehren der Klägerin soll der Beklagten "die Verwendung des Zeichens 'Baygon' im geschäftlichen Verkehr" verboten werden, weil dadurch im Sinne des § 9 Abs 3 UWG Verwechslungen mit den beiden Marken der Klägerin herbeigeführt werden könnten. Ein solches Verhalten der Beklagten hat aber die Klägerin für das Gebiet der Republik Österreich nicht glaubhaft gemacht: Was ihr nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zur Last liegt, ist allein die Tatsache, daß sie beim Abfüllen des von der A*** im Auftrag der W***-Trading hergestellten Insektizides in Weißblechdosen, die ihr von der A*** zur Verfügung gestellt worden waren, (ua.) mit der Aufschrift "Baygon" und dem Bild einer Stechmücke versehene Etiketten - bzw. später die mit einem gleichartigen Text versehenen Dosen - verwendet hat. Die Beklagte hat damit zwar möglicherweise eine künftige Verletzung von Markenrechten der Klägerin vorbereitet; der Markeneingriff selbst hätte aber - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen des § 9 UWG - erst in Saudiarabien begangen werden können, wo die mit der Bezeichnung "Baygon" versehenen Waren tatsächlich auf den Markt gebracht wurden und damit Verwechslungen mit den Marken der Klägerin hervorgerufen werden konnten, nicht aber bereits in Österreich, wo die beanstandeten Erzeugnisse weder abgesetzt werden sollten noch tatsächlich abgesetzt wurden. Fehlt es damit aber an einer in Österreich begangenen Markenrechtsverletzung, dann muß das - allein zur Sicherung eines aus § 9 Abs 3 UWG abgeleiteten Unterlassungsanspruches bestimmte - Sicherungsbegehren der Klägerin schon aus diesem Grund erfolglos bleiben. Soweit die Klägerin demgegenüber in ihrem Revisionsrekurs die Auffassung vertritt, daß die Beklagte das beanstandete Insektenvertilgungsmittel (auch) auf dem österreichischen Markt angeboten habe und dadurch der Erfolg zunächst auch hier eingetreten sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Auslieferung des von der Beklagten hergestellten Produktes an die W***-Trading war schon deshalb nicht geeignet, Verwechslungen mit den Marken der Klägerin herbeizuführen, weil diese Gesellschaft als Bestellerin der Ware über deren Herkunft aus dem Betrieb der Beklagten selbstverständlich Bescheid wußte. Daß die Beklagte aber auch anderen in- oder ausländischen Nachfragern gegenüber als Anbieterin aufgetreten wäre und dadurch die Verhältnisse (auch) auf dem österreichischen Markt zu ihrem Vorteil und zum Nachteil der Klägerin beeinflußt hätte, hat die Klägerin in erster Instanz nicht einmal behauptet. Das erstmals im Rechtsmittelverfahren erstattete Vorbringen der Klägerin, die Bezeichnung "Baygon" sei seit 1980 nunmehr auch in Saudiarabien markenrechtlich geschützt, ist eine unzulässige Neuerung und deshalb mit Recht unbeachtet geblieben. Auf den im Revisionsrekurs abermals erhobenen Vorwurf eines Verstoßes gegen § 1 UWG durch sklavische Nachahmung ist aber schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil Gegenstand des Unterlassungsbegehrens der Klägerin nur die Verwendung des Zeichens "Baygon" im geschäftlichen Verkehr und damit nur ein (vermeintlicher) Markeneingriff der Beklagten ist. Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 ZPO in Verbindung mit §§ 78, 402 Abs 2 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)