OGH 1Ob572/86

OGH1Ob572/863.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schubert, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** M*** R***-B*** AG, Berndorf, vertreten durch Dr. Othmar Schöniger-Hekele, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gerhard S***, Kaufmann, Wien 17., Kalvarienberggasse 48, vertreten durch Dr. Gunter Granner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 439.818 S samt Anhang infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5.Februar 1986, GZ 18 R 282/85-67, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 10. Juni 1985, GZ 40 b Cg 323/80-61, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 17.051,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.288,35 S Umsatzsteuer und 2.880 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei war beauftragt, bis 15. Mai 1978 für das Grinziger Bad, das auf einer dem Beklagten zur Hälfte gehörigen Liegenschaft betrieben wurde, ein Frei-Mehrzweckschwimmbecken aus Aluminium, einen Ausgleichsbehälter, eine Wasseraufbereitungsanlage, eine Chlorgasdosierungsanlage und eine Gasheizungsanlage zu errichten sowie damit im Zusammenhang stehende Elektro- und Wasserinstallations- sowie Baumeisterarbeiten durchzuführen. Der Beklagte hatte bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung ein tägliches Pauschale von 5.000 S vorgeschlagen. Die klagende Partei antwortete darauf, daß sie eine Vertragsstrafe nur bis 2 % des Auftragswertes, d. s. 54.543 S, anerkenne. Nach Durchführung der Bauverhandlung am 24. April 1978 wurde die Baubewilligung mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien MA 37, Zl. MA 37/19-Cobenzlgasse 35/3/78, vom 17.Juli 1978 erteilt. Trotz der Umbauarbeiten wurde das Grinzinger Bad auch im Jahr 1978 von einer Pächterin betrieben. Wegen der länger als vorgesehen andauernden Umbauarbeiten mußte der Beklagte den Pachtzins für das Jahr 1978 um 50.000 S mindern. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MBA für den 19. Bezirk, vom 6.September 1978, Zl. MBA 19-Ba 4841/3/78, wurde gemäß § 74 GewO unter anderem die Betriebsanlage des Betriebes eines Voll- und Schwimmbades genehmigt. Dieser Bescheid wurde von Anrainern wegen der Genehmigung des Betriebes der Chlorgasanlage bekämpft. Darauf wurde am 9.Jänner 1979 vereinbart, daß die klagende Partei die Chlorgasanlage auf eine Chlorlaugenanlage umstelle. Mit Berufungsbescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 19.April 1979, MA 63-St 204/78, wurde auf Grund der für die Errichtung der Chlorlaugenanlage vorgelegten Austauschpläne der Berufung insoweit Folge gegeben, die Betriebsbeschreibung im Sinn der geänderten Antragstellung neu gefaßt und entsprechende Auflagen erteilt. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Die klagende Partei begehrt die Zahlung des Restbetrages von 439.818 S samt Anhang an Werklohn. Der Beklagte habe persönlich den Auftrag zur Errichtung des Werkes erteilt. Das Werk sei betriebsbereit fertiggestellt worden.

Der Beklagte wendete ein, er habe nur zusammen mit seiner in der Zwischenzeit verstorbenen Stiefmutter Maria S*** den Auftrag erteilt. Das Werk sei bis jetzt noch nicht fertiggestellt worden. Seine Übergabe sei nicht erfolgt. Benützungsreife liege nicht vor. Die Anwendung von ÖNORMen sei nicht vereinbart worden. Als Gegenforderung wurde der Pachtentgang für zwei Badesaisonen in der Höhe von 700.000 S aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung in der Höhe von

439.818 S, die Gegenforderung mit 54.543 S zu Recht bestehe. Der Beklagte sei daher schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 385.725 S samt Anhang zu bezahlen. Es stellte fest, die Miteigentümerin Maria S*** sei als Vertragspartnerin nicht in Erscheinung getreten, der Beklagte habe auch nicht in ihrem Namen gehandelt. Der Beklagte habe die Vertragsverhandlungen und den Vertragsabschluß selbst abgewickelt. Er sei als alleiniger Auftraggeber der klagenden Partei in Erscheinung getreten. Bis zum 30. Oktober 1979 seien eine Reihe von Mängeln behoben worden. Anläßlich einer gemeinsamen Begehung an diesem Tag seien noch einige weitere kleine Mängel festgestellt und deren Behebung veranlaßt worden. Die von der klagenden Partei gelieferte Anlage sei betriebsbereit gewesen. Derzeit vorhandene Mängel seien (durch spätere Demontagen) nachträglich entstanden. Eine Reihe von Einrichtungen des Grinzinger Bades wie Umkleideeinrichtungen, Sanitäranlagen, Raum für Erste-Hilfe-Leistungen und Gehwege, die nicht Gegenstand des Auftrages an die klagende Partei gewesen seien, entsprächen nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften. Dies sei auch Ursache dafür gewesen, daß seit 1979 das Bad nicht mehr betrieben werde. Nach dem Tod der Maria S*** am 27.August 1979 habe die neue Miteigentümerin der Liegenschaft Helga S*** den Badebetrieb nicht mehr akzeptiert. Der genaue Zeitpunkt der Fertigstellung der Leistungen der klagenden Partei könne zwar nicht festgestellt werden, sei aber spätestens der 4.September 1979, der Verhandlungstag der Betriebsanlagengenehmigung, gewesen. Dieser Termin sei mangels anderer Vereinbarungen als Übergabstermin festzustellen. Die Planung der klagenden Partei selbst sei fachgerecht erfolgt; daß Anrainer gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid Berufung erhoben hätten, sei von der klagenden Partei nicht zu verantworten. Zufolge wenn auch nicht rechtzeitiger Fertigstellung des Werkes sei der Klagsbetrag fällig. Die vereinbarte Vertragsstrafe von 54.553 S sei als Gegenforderung berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht, der der klagenden Partei teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Gegenforderung nur mit dem Betrag von 50.000 S feststellte und den Beklagten daher zur Zahlung von 389.818 S samt Anhang verurteilte. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Gemäß § 1170 ABGB sei das Entgelt in der Regel nach vollendetem Werk zu entrichten. Von den Parteien werde nicht behauptet, daß hier Abweichendes vereinbart worden sei. Richtig sei allerdings, daß das Entgelt im allgemeinen nicht fällig werde, solange das Werk mangelhaft sei. Gehe man von den Feststellungen des Erstgerichtes aus, seien alle von der klagenden Partei zu vertretenden Mängel noch im Jahr 1979 behoben worden. Der Beklagte vertrete in seiner Berufung selbst die Ansicht, daß eine Vereinbarung über die Vertragsstrafe nicht zustandegekommen sei. Im Jahre 1978 sei ihm durch die verspätete Fertigstellung des Werkes ein Schaden in der Höhe von 50.000 S entstanden. Der Entgang des Pachtzinses für das Jahr 1979 sei nicht von der klagenden Partei verursacht worden, weil ab 1979 die Verpachtung aus Gründen unterblieben sei, die nicht auf das Verhalten der klagenden Partei zurückgingen. Die eingewendete Gegenforderung bestehe daher nur mit dem Betrag von 50.000 S zu Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Nach § 1170 ABGB ist in der Regel, wenn also nichts anderes vereinbart wurde oder verkehrsüblich ist (SZ 54/35), das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Das Werk muß also fertiggestellt sein. Die mängelfreie Fertigstellung des Werkes wurde aber von den Tatsacheninstanzen festgestellt. Daß neben der Fertigstellung des auf der dem Beklagten zur Hälfte gehörigen Liegenschaft errichteten Werkes noch eine formelle Übergabe und Übernahme (Abnahme) hätte erfolgen sollen, wurde weder behauptet noch festgestellt. Der Beklagte brachte vielmehr ausdrücklich vor, daß ÖNORMen nicht Inhalt des Vertrages gewesen seien. Der Hinweis der Revision auf die Ausführungen Krejcis in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1170, ist verfehlt, weil von einer der Natur der Sache entsprechenden Übergabe des Werkes etwa nur dann gesprochen werden könnte, wenn bewegliche Sachen in den Räumen des Unternehmers hergestellt oder repariert würden. Hier kam aber eine körperliche Übergabe des Werkes nicht in Betracht.

Soweit der Revisionswerber behauptet, es sei zu Unrecht festgestellt worden, die Mängel seien behoben worden, die Nichtinbetriebnahme des Bades im Jahr 1979 sei auf die Nichtfertigstellung des Werkes, nicht aber auf Umstände in seiner Person zurückzuführen - die Feststellung des Erstgerichtes, der Badebetrieb sei im Jahr 1979 deshalb nicht aufgenommen worden, weil eine Reihe von Badeeinrichtungen nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften entsprochen hätten, wurde vom Beklagten in der Berufung nicht einmal bekämpft - seine Stiefmutter Maria S*** sei sehr wohl Auftraggeberin gewesen, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof

prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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