OGH 1Ob625/86

OGH1Ob625/863.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schubert, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst N***, Tankstellenpächter, Amstetten, Reichsstraße 92, vertreten durch Dr.Alfred Lukesch, Dr.Eduard Pranz und Dr.Oswin Lukesch, Rechtsanwälte in St.Pölten, wider die beklagte Partei Maria W***, Hausfrau, Amstetten, Hart Nr.3, vertreten durch Dr.Emmerich Welzl und Dr.Oskar Welzl, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 1,800.000,-- s. A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 8.April 1986, GZ. R 101/86-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Amstetten vom 4.September 1985, GZ. C 271/84 -13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.492,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.735,65 USt. und S 2.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger belieferte August W*** seit dem Jahre 1973 mit Treibstoffen. Bis zum Jahre 1979 bezahlte August W*** jeweils bar, ab diesem Zeitpunkt wurden auch Wechsel begeben. Im April 1981 schuldete August W*** dem Kläger einen Betrag von ca. S 2 Mio. Der Kläger erklärte August W***, daß er in Hinkunft nicht mehr in der Lage sei, ohne Einräumung einer Sicherheit weitere Lieferungen auszuführen. In der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 7.5.1981 bestätigten August W*** und die Beklagte, ein Darlehen in der Höhe von S 1,800.000,-- bar zugezählt erhalten zu haben; sie verpflichteten sich, dieses Darlehen mit 12 % Zinsen zu verzinsen, im Verzugsfall 14 % Verzugs- bzw. Zinseszinsen zu entrichten und den Darlehensbetrag in Monatsraten von je S 50.000,-- zurückzubezahlen; die erste Rate war spätestens bis 10.4.1981 zu entrichten. Zur Sicherstellung des Darlehens verpfändete Maria W*** u.a. die ihr gehörige Liegenschaft EZ 3 KG Leutzmannsdorf. Über das Vermögen des August W*** wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes St.Pölten vom 4.10.1982, 9 S 11/82, von Amts wegen der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Kläger meldete eine Forderung im Betrag von S 1,381.330,90 aus Treibstofflieferungen und eine Forderung von S 2,088.000,-- aus einem gewährten Darlehen an. Die Forderungen wurden nicht bestritten. Der Konkurs wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes St.Pölten vom 19.4.1984 gemäß § 139 KO aufgehoben.

Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, den Betrag von S 1,800.000,-- s.A. bei Exekution in die Liegenschaft EZ 3 KG Leutzmannsdorf zu bezahlen. Er habe die weitere Belieferung des August W*** mit Treibstoffen davon abhängig gemacht, daß ein Teil der Ende Mai 1981 aushaftenden Schuld in der Höhe von S 2,100.000,--, nämlich ein Betrag von S 1,800.000,--, in ein Darlehen umgewandelt und die Forderung auf der Liegenschaft der Beklagten sichergestellt werde. Die von August W*** ausgestellten Wechsel sollten weiterlaufen, eingehende Beträge sollten auf weitere Treibstofflieferungen angerechnet werden.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Ein Darlehen sei nie zugezählt worden. Die zur Besicherung der offenen Forderung von S 1,800.000,-- von August W*** gegebenen, vielfach prolongierten und vom Kläger zum Eskompt eingereichten Wechsel seien nicht zurückgestellt worden. Bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung habe August W*** dem Kläger ingesamt S 2,519.395,-- bezahlt und damit seine offenen Wechselverbindlichkeiten beglichen. Das Pfandrecht sei demnach nicht mehr forderungsbekleidet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest: Im Zeitpunkt der Unterfertigung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde sei den Streitteilen und August W*** klar gewesen, daß ein Darlehen effektiv nicht zugezählt, sondern die Verbindlichkeit des August W*** in der Höhe von S 1,800.000,-- in eine Darlehensschuld umgewandelt und durch Einräumung des Pfandrechtes auf Liegenschaften der Beklagten sichergestellt werden sollte. Eine Rückzahlung der Schuld sei nicht erfolgt. Die nach Errichtung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde getätigten Treibstofflieferungen sollten mit Dreimonatswechseln bezahlt werden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Darlehen hafte in der Höhe des Klagsbetrages aus, da Zahlungen auf die Darlehensschuld nicht erfolgt seien. Zahlungen des August W*** nach Errichtung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde seien vereinbarungsgemäß auf nachfolgende Treibstofflieferungen zu verrechnen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Die aus Treibstofflieferungen resultierende Verpflichtung zur Bezahlung des Kaufpreises sei vom Kläger und August W*** unter Schuldbeitritt der Beklagten in eine Darlehensschuld noviert worden. Die Rechtsnatur des Darlehensvertrages als eines Realvertrages stehe der Novation einer Kaufpreisschuld in eine Darlehensschuld nicht entgegen. Da Zahlungen auf die novierte Schuld nicht erfolgt seien - ausgestellte Wechsel sollten nicht der Besicherung oder Zahlung der novierten Schuld dienen, sondern auf neu entstehende Kaufpreisforderungen verrechnet werden -, sei das Pfandrecht forderungsbekleidet und das Klagebegehren gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).

Die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht ist zutreffend. Nach der aus § 1375 ABGB klar erkennbaren Systematik des Gesetzes kann eine einvernehmliche "Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten" entweder "ohne Hinzukunft einer dritten Person" oder aber "mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers oder eines neuen Schuldners" geschehen. Wird im erstgenannten Fall der Rechtsgrund oder der Hauptgegenstand der Forderung geändert, dann liegt ein Neuerungsvertrag iS der §§ 1376 ff ABGB vor; das Hinzutreten eines Dritten ist dagegen entweder - bei einem Gläubigerwechsel - eine Zession (§ 1392 ff ABGB) oder - beim Hinzutritt des Schuldners - eine Schuldübernahme (§§ 1405, 1406 ABGB). Ein Neuerungsvertrag setzt die Absicht der Parteien voraus, durch Begründung einer neuen Verbindlichkeit die alte Verbindlichkeit zu tilgen (animus novandi). Diese Absicht wird nicht vermutet, sondern muß nachgewiesen werden. Der Wille der Parteien muß erweislich dahin gegangen sein, daß auf das alte Schuldverhältnis nicht zurückgegriffen werden soll (SZ 55/132; Ehrenzweig, System 2 II/1,357; Koziol-Welser, Grundriß 7 I 258). Unter dem animus novandi ist nichts anderes zu verstehen als der - in der Regel schon aus den beiderzeitigen Erklärungen erkennbare - eindeutige Parteiwille, an die Stelle einer früheren Verbindlichkeit eine andere zu setzen (SZ 55/132; RZ 1978/88). Nach den getroffenen Feststellungen stand dem Kläger im Zeitpunkt der Ausstellung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde auf Treibstofflieferungen eine Forderung in der Höhe des Klagsbetrages zu. Den vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß es - entgegen dem Wortlaut der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde - übereinstimmende Parteienabsicht war, ein Darlehen nicht zuzuzählen, sondern die bereits aushaftende Schuld in eine Darlehensschuld zu verändern. Daß die Rechtsnatur des Darlehensvertrages als eines Realvertrages der Novation einer Kaufpreisschuld in eine Darlehensschuld nicht entgegensteht, hat das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben (1 Ob 623/76; Ertl in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1376; Stanzl in Klang, Komm. 2 IV/1,697). Auf die novierte Schuld wurde auch in der Folge keine Zahlung geleistet. Zahlungen aus den gegebenen Wechseln sollten vereinbarungsgemäß auf weitere Treibstofflieferungen angerechnet werden. Wenn die Beklagte in der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 7.5.1981 erklärte, gemeinsam mit ihrem Mann August W*** ein Darlehen in der Höhe des Klagsbetrages erhalten zu haben, und die Verpflichtung übernahm, dieses Darlehen in Monatsraten von je S 50.000,-- zurückzubezahlen, so liegt darin ein Schuldbeitritt zur novierten Darlehensschuld des August W***. Da die übernommene Verbindlichkeit in der Höhe des Klagsbetrages aushaftet, steht auch § 469 erster Satz ABGB der Berechtigung des Klagebegehrens nicht entgegen.

Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen.

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