OGH 6Ob649/85

OGH6Ob649/8528.8.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Jensik, Dr.Schobel und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Walter V***, Rechtsanwalt in Salzburg, Mozartplatz 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der B*** & L***, Wasseraufbereitungstechnik Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Salzburg, wider die beklagte Partei W***-B*** Aktiengesellschaft, Wien 22., Stadlauerstraße 54, vertreten durch Dr.Wilhelm Grünauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher 1,029.421,86 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. Mai 1985, GZ 1 R 64/85-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31.Oktober 1984, GZ 11 Cg 2/82-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird stattgegeben. Das angefochtene Urteil und das Urteil erster Instanz werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind Kosten des zu ergänzenden Verfahrens.

Text

Begründung

Die Beklagte ist eine inländische Aktiengesellschaft. Sie hat am 7. Juli 1978 mit einer inländischen Gesellschaft m.b.H. einen Vertrag geschlossen, nach dem sich die Gesellschaft m.b.H. zur Lieferung einer für das im Ausland gelegene Werk eines ausländischen Bestellers der Beklagten bestimmten Wasseraufbereitungsanlage verpflichtete. Der Wert des von der Beklagten der Gesellschaft m. b.H. erteilten (Sub-)Auftrages (einschließlich der Zusatzaufträge) überstieg den Betrag von 20 Mio. S.

Über das Vermögen der Gesellschaft m.b.H. wurden am 7.November 1980 das Ausgleichsverfahren und am 4.Dezember 1980 der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Kläger ist Masseverwalter in diesem Konkurs.

Bis zur Eröffnung des Ausgleichsverfahrens hatte die nunmehrige Gemeinschuldnerin erst einen Teil ihrer vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht, die Beklagte dagegen Akontozahlungen im Gesamtbetrag von mehr als 13,7 Mio. S geleistet. Dazu behauptete die Beklagte, unter Berücksichtigung von Gegenverrechnungen für Lieferungen vor der Konkurseröffnung um über 3,4 Mio. S mehr bezahlt zu haben, als dem Wert der tatsächlich erhaltenen Vertragsleistungen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin entsprochen habe. Der Kläger vertrat dagegen den Standpunkt, daß die Zahlungen der Beklagten den tatsächlich erbrachten Leistungen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin wertmäßig entsprochen hätten.

Am 30. März 1981 traf die Beklagte mit dem Kläger eine Vereinbarung. Der Kläger war dabei durch einen von ihm bevollmächtigten Diplomkaufmann und die Beklagte durch einen Prokuristen vertreten. Nach dem Inhalt der über die Vereinbarung errichteten, als "Kaufvertrag" überschriebenen Urkunde übernahm die Beklagte die im Gebäude der Gemeinschuldnerin vorhandenen Unterlagen für das Projekt des ausländischen Auftraggebers zu einem Preis von 60.000 S zuzüglich 18 % Umsatzsteuer (exklusive Verpackungs- und Versandspesen); darüber hinaus wurde wörtlich festgehalten:

"Fahrnisse zu o.gen. Kommission, welche von ..." (der Gemeinschuldnerin) "bereits bezahlt sind und im Verfügungsbereich d. Masse sind, werden zum Einstandspreis ..." (der Gemeinschuldnerin) "(exkl. evtl. Lagergebühren) an die ..." (Beklagte) "abgegeben". Details hiezu sind erforderlichenfalls in einer gesonderten Vereinbarung, welche Bestandteil dieses Vertrages sind, festzulegen. Der Kläger behauptete Lieferungen im Rahmen der Vereinbarung vom 30. März 1981. Von diesen blieben nach Klagseinschränkung drei Positionen streitverfangen:

1. Gegenstände, die bei einem Münchner Verpackungsunternehmen

lagerten und Inhalt eines Übernahmsprotokolles wurden; diese

Lieferung war Grundlage der Rechnung vom 14.Juli 1981

(Rechnungssumme: 631.999,74 S), die der Kläger im Sinne der Rechnung

vom 7.Sepetmber 1981 auf den Betrag von 408.022,76 S

(darin enthalten an Umsatzsteuer

62.240,76 S) richtigstellte. Auf

diesen Rechnungsbetrag zahlte die

Beklagte am 1.2.1982 199.128,87 S;

strittig blieb der Teilbetrag von 208.893,89 S;

2. 15 Behälter eines jugoslawischen

Herstellers, von denen sich 12 zur

Bearbeitung bei einem nordrhein-

westfälischen Unternehmer befanden;

diese Behälter waren Gegenstand der

Rechnung vom 3.August 1981 mit einem

Rechnungsbetrag von 772.200,00 S;

3. Gegenstände, die sich bei einem

Wiener Verpackungsunternehmen befanden;

diese waren Gegenstand der Rechnung

vom 18.November 1981 mit einem Betrag

von 241.639,81 S;

auf diesen Betrag zahlte die Beklagte

am 26.Jänner 1982 193.311,84 S

strittig verblieb der Teilbetrag von 48.327,97 S.

Das eingeschränkte Klagebegehren setzt sich aus den drei dargestellten Teilbeträgen zusammen und ist demgemäß insgesamt auf Zahlung von 1,029.421,86 S samt gestaffelt geltend gemachter Zinsen von 5 % gerichtet.

Die Beklagte wendete punkteweise ein:

Zur ersten Klagspost: Die beim Münchner Verpackungsunternehmen

gelagerten Gegenstände seien nach der Vereinbarung des Klägers mit

der Beklagten an deren österreichisches Lager vertragsgemäß verpackt

und mit Dokumentationen versehen zu liefern gewesen. Die vom Kläger

vorgenommene Rechnungsrichtigstellung habe lediglich die gänzlich

fehlenden Posten berücksichtigt, nicht aber die Mängel der

tatsächlich ausgelieferten Gegenstände. Deren Kaufwert

habe netto 272.753,50 S

betragen. Preismindernde Abzüge seien

wegen folgender Mängel gerechtfertigt:

wegen Unbrauchbarkeit der Verpackung 5 %

wegen Fehlens der Lieferantengarantie 10 %

wegen Fehlens der Dokumentation 5 %, daher

20 % Preisminderung 54.550,71 S

Transportkosten 7.485,92 S

Verzollungsspesen 1.200,00 S

28 Arbeitsstunden 10.388,00 S

Preisminderung insgesamt 73.624,63 S.

Den Unterschiedsbetrag von 199.128,87 S

habe die Beklagte bereits bezahlt.

Der Kläger habe der Beklagten zu Unrecht die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, weil eine Lieferung im Vormerkverkehr aus der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei und wieder dorthin zu liefern gewesen wäre.

Zur zweiten Klagspost: Die Beklagte habe mit ihren Leistungen vor Konkurseröffnung die 15 Behälter bereits bezahlt gehabt. Diese 15 Behälter des jugoslawischen Herstellers seien nicht unter die Vereinbarung vom 30.März 1981 gefallen. Einerseits habe die Gemeinschuldnerin dem Hersteller den Kaufpreis noch nicht bezahlt gehabt, andererseits seien die Behälter nicht im Verfügungsbereich der Masse gestanden. Bei drei Behältern habe es sich um sogenannte Aktivkohlefilter gehandelt, die sich bereits seit Ende Oktober 1980 im Aufnahmelager der Beklagten befunden hätten. Auch die 12 zur Bearbeitung an ein Unternehmen in Nordrhein-Westfalen gesandten Behälter seien (zur Zeit der Vereinbarung vom 30.März 1981) bereits Eigentum der Beklagten gewesen, aber mit Wissen und Willen des Klägers in Erfüllung der Vertragspflichten der Gemeinschuldnerin aus dem 1978 geschlossenen Vertrag von der Beklagten übernommen worden. Der Höhe nach wendete die Beklagte zu dieser Klagspost ein, daß der Kläger den Einstandspreis der 15 Filter zu Unrecht mit 110.000 DM angenommen habe, da ein Teilbetrag von 30.000 DM aus einer anderen Verpflichtung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gegenüber dem jugoslawischen Erzeuger gestammt und mit der Bestellung der 15 Behälter nichts zu tun gehabt habe.

Zur dritten Klagspost: Die Beklagte habe auch die Waren, die

sich beim Wiener Verpackungsunternehmen befunden hätten, bereits vor

Konkurseröffnung bezahlt gehabt. Soweit es sich um Kiesfilter

gehandelt habe, seien sie der Beklagten schon vor Konkurseröffnung

übergeben worden. Dies habe der Kläger auch in seinem Schreiben vom

18. November 1981 anerkannt. Der Kläger habe die Rechnung vom

18. November 1981 über einen richtiggestellten Nettobetrag

von 204.779,50 S

zuzüglich 18 % Umsatzsteuer von 36.860,31 S

somit über den Betrag von 241.639,81 S

gelegt. Von diesem Betrag habe

die Beklagte 20 %, das seien 48.327,97 S

wegen Fehlens der Verpackung und

der Dokumentationen in Abzug

gebracht und den Restbetrag von 193.311,84 S

bezahlt.

Der Kläger hielt den Einwendungen der Beklagten punkteweise

entgegen:

Zur ersten Klagspost: Es treffe zu, daß auch die tatsächlich ausgelieferten Waren Mängel aufgewiesen hätten. Diese seien in einer gemeinsamen Liste festgehalten und vom Kläger auch in seiner richtiggestellten Rechnung voll berücksichtigt worden. Als Erfüllungsort für die Warenlieferung sei München und nicht ein in Österreich gelegenes Lager der Beklagten vereinbart worden; der Kläger habe daher weder für Fracht noch für Verzollung aufzukommen. Die Beigabe von Dokumentationen, insbesondere Betriebsvorschriften habe der Kläger nicht zugesagt, sie könne nicht als vereinbart gelten. Abzüge vom Betrag der richtiggestellten Rechnung seien daher nicht gerechtfertigt.

Zur zweiten Klagspost: Die drei Aktivkohlefilter habe die Beklagte eigenmächtig in ihre Gewahrsame genommen. Die 12 zur Bearbeitung nach Nordrhein-Westfalen gebrachten Behälter seien zur Zeit der Konkurseröffnung in der Gewahrsame der Masse gestanden; sie habe die unmittelbare Versendung der Werkstücke vom jugoslawischen Hersteller an den deutschen Bearbeiter veranlaßt. Der Einstandspreis der 15 Behälter habe 110.000 DM betragen, die von der Beklagten genannten 30.000 DM seien nicht abzuziehen.

Das Erstgericht wies das eingeschränkte Klagebegehren zur Gänze

ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Dabei übernahm es ungeachtet der Aktenwidrigkeits-, Beweis- und Feststellungsrüge des Klägers als tatsächliche Entscheidungsgrundlagen die erstrichterlichen Feststellungen. Daraus ist hervorzuheben:

Die spätere Gemeinschuldnerin hätte nach ihrem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag Zeugnisse, Betriebs- und Benützungsvorschriften, die sogenannte Dokumentation, zu ihren Lieferungen bei Abschluß ihrer Vertragsleistungen übergeben sollen. Dazu kam es infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr. Die spätere Gemeinschuldnerin schlug bei ihrer (internen) Kalkulation auf die von ihr zu zahlenden Ankaufspreise 50 % auf. In diesem Aufschlag sind kalkulatorisch insbesondere die mit der Lieferung der Dokumentation zusammenhängenden Leistungen eingeschlossen gewesen.

Vier Tage nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der späteren Gemeinschuldnerin erhielt die Beklagte mittels Fernschreibens die Mitteilung, daß wegen des Ausgleichsverfahrens keine Lieferungen mehr erfolgen könnten.

Nach der Eröffnung des Anschlußkonkurses nahm die Beklagte Kontakt mit dem Kläger auf. Sie formulierte ihre Vorstellungen und Wünsche zur Projektabwicklung in ihrem Schreiben vom 16.Januar 1981 (nach dem Inhalt dieser von der Beklagten vorgelegten Urkunde drückte die Beklagte ihre damaligen Vorstellungen in folgender Weise aus: "Wir sind uns klar und geben uns Rechenschaft darüber, daß wir erhebliche Beträge noch aufwenden müssen, um diesen Anlageteil so zu gestalten, daß er den Betriebserfordernissen entspricht. Auch werden noch beachtliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Dokumentation u.ä. auftreten. Die Haftung und die Garantie selbst wird unser Unternehmen allein zu tragen haben."). In der Folge kam es zur Vereinbarung vom 30.März 1981. Der Prokurist der Beklagten bezog dabei die Absprache über die vom Kläger zu den Einstandspreisen der Gemeinschuldnerin an die Beklagte abzugebenden Fahrnisse, welche von der Gemeinschuldnerin "bereits bezahlt sind und im Verfügungsbereich der Masse sind", auf solche Gegenstände, die von der Gemeinschuldnerin bereits (gegenüber deren Lieferanten) bezahlt waren, sich aber noch nicht im Besitz der Beklagten, sondern im Besitz der Gemeinschuldnerin oder des Klägers befanden. Über die Transportkosten, die nach der Vereinbarung aus dem Jahre 1978 von der späteren Gemeinschuldnerin zu tragen gewesen wären, wurde vor Abschluß der Vereinbarung vom 30.März 1981 nichts gesprochen. Der Kläger bot der Beklagten Ware an, die sich bei einem Münchner Verpackungsunternehmen befand. Die Beklagte kaufte diese Gegenstände. Vereinbart war dabei eine Lieferung an die Beklagte "frei Graz". Die Gegenstände wurden zur Untersuchung in das Grazer Werk der Beklagten geliefert und unter Errichtung einer Übernahmsliste übernommen. Diese Liste unterzeichnete auch der Vertreter des Klägers. Auf Grund dieser Ende Juli 1981 errichteten Liste berichtigte der Kläger seine am 14.Juli 1981 ausgestellte Rechnung im Sinne der Rechnung vom 7.September 1981. Bei der - in der Rechnung nicht aufgeschlüsselten - Gesamtwertermittlung berücksichtigte der Kläger zwar, daß eine Anzahl von Stücken bei der Übergabe fehlte, er veranschlagte aber nicht, daß einzelne Stücke beschädigt oder gar unbrauchbar waren. Tatsächlich waren auch die Verpackungen unbrauchbar, es fehlten die sogenannten Dokumentationen und ebenso Garantien. Die Beklagte hatte Transport- und Verzollungsspesen zu tragen. Im Zusammenhang mit den festgestellten Mängeln traf sie ein Arbeitsaufwand.

Das Erstgericht bezifferte in Anwendung des § 273 Abs. 1 ZPO nach den Erfahrungswerten der Angestellten der Beklagten die Preisminderung wegen Mangelhaftigkeit der Ware mit 135.269,26 S und die Preisminderung wegen Fehlens der Garantie, Fehlens der Dokumentation, wegen des der Beklagten erwachsenen zusätzlichen Arbeitsaufwandes und wegen der Verzollungs- und Transportkosten mit 73.624,63 S, insgesamt daher (im Sinne der Einwendungen der Beklagten) mit 208.893,89 S.

In ähnlicher Weise wie im Falle des Münchner Verpackungsunternehmens bezog die Beklagte Waren, die bei einem Wiener Verpackungsunternehmen lagerten. Auch in diesem Falle bezifferte das Erstgericht in Anwendung des § 273 Abs. 1 ZPO auf Grund der Erfahrungswerte der Angestellten der Beklagten den "berechtigten Abzug" (vom Rechnungsbetrag in der Höhe von 241.639,81 S) einschließlich der verrechneten Umsatzsteuer mit 48.327,97 S.

Die spätere Gemeinschuldnerin hatte bei einem jugoslawischen Hersteller 15 Filter bestellt, aber nicht bezahlt. Drei Filter waren Aktivkohlefilter. Diese wurden sofort an das Lager (der Beklagten) in Wien gesandt. Die weiteren 12 Filter wurden zur Bearbeitung an ein Werk in der Bundesrepublik Deutschland geschickt. Nach entsprechender Aufforderung des Klägers zahlte die Beklagte den Werklohn an den deutschen Bearbeiter. Daraus folgerte das Erstgericht, daß die Filter schon im Eigentum der Beklagten gestanden seien (gemeint offenbar: im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses am 4.Dezember 1980). Der Kläger setzte in seiner Rechnung den Einstandspreis für die 15 Filter (im Betrag von 110.000 DM) um 30.000 DM zu hoch an.

In rechtlicher Beurteilung folgerte das Erstgericht:

Grundlage der Vereinbarung vom 30.März 1981 sei mangels entgegenstehender Abreden mit Rücksicht auf das Schreiben vom 16. Januar 1981 "natürlich wieder jene des ursprünglichen Vertrages" (aus dem Jahre 1978) gewesen. Die Gewährleistung des Verkäufers sei nicht ausgeschlossen worden. Der vereinbarte Kaufpreis sei wegen Mängel der Ware und Unbrauchbarkeit der Verpackung aus dem Titel der Gewährleistung zu mindern. Transportkosten und Verzollungsspesen gingen vertraglich zu Lasten des Klägers, ebenso der der Beklagten tatsächlich entstandene Arbeitsaufwand. Zur ersten und dritten Klagspost seien daher Abzüge in genauer Höhe der strittig verbliebenen Beträge gerechtfertigt. Die 15 Filter seien nicht unter die Vereinbarung vom 30.März 1981 gefallen; diese Filter seien bereits im Eigentum der Beklagten gestanden, die sie auch schon bezahlt gehabt habe.

Das Berufungsgericht gelangte zu folgender rechtlicher Beurteilung:

Die - vom Kläger zur Anspruchsgrundlage erhobene - Vereinbarung vom 30.März 1981 sei im Sinne der Vertrauenstheorie auszulegen. Dabei sei des Sachzusammenhanges wegen der Inhalt der seinerzeitigen Absprachen zwischen der Beklagten und der nunmehrigen Gemeinschuldnerin keinesfalls zu vernachlässigen. Es sei eine Selbstverständlichkeit, daß zu den bei den Verpackungsunternehmen befindlichen Waren auch die erforderlichen Dokumentationen dazugehörten. Im beiderseits unterfertigten Übernahmsprotokoll seien hinsichtlich der aus München angelieferten Waren Mängel festgehalten worden. In diesem Zusammenhange habe das Erstgericht ohne Verfahrensmangel § 273 Abs. 1 ZPO angewendet und dabei eine Einschätzung ohne Rechtsirrtum vorgenommen. Gleiches gelte für die vom Wiener Verpackungsunternehmen angelieferten Waren. Die 15 Filter seien von der Gemeinschuldnerin noch nicht bezahlt gewesen. Im übrigen habe die Beklagte diese Anlagenbestandteile bereits bezahlt gehabt.

Der Kläger ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs. 1 Z 2 bis 4 ZPO mit einem Abänderungsantrag im Sinne des Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Die Revision ist im Sinne ihres Hilfsantrages berechtigt. Der Revisionswerber erachtet das angefochtene Urteil in sechs Punkten als aktenwidrig:

Rechtliche Beurteilung

Die Bewertung der von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin in Erfüllung des Vertrages vom 7.Juli 1978 und der Zusatzvereinbarungen bis zur Konkurseröffnung erbrachten Leistungen (sei es nach einem örtlich näher zu bestimmenden Verkehrswert, sei es im Verhältnis zum vertraglich vereinbarten Gesamtentgelt) ist für die Beurteilung der auf die Vereinbarung vom 30.März 1981 gestützten Kaufpreisforderungen unerheblich. Der Kläger hat sein Begehren in keinem Punkt auf eine in die Konkursmasse gefallene Forderung, die bereits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestanden hätte, gestützt, sondern auf Leistungen, die die Masse der Beklagten im Rahmen der Vereinbarung vom 30.März 1981 erbracht habe und die gemäß dieser Abrede zu bezahlen seien. Für den darüber anhängigen Rechtsstreit ist es unerheblich, ob und in welchem Ausmaß die Beklagte im Verhältnis zu den Vertragsleistungen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin Überzahlungen geleistet hat.

Die von der Beklagten verfaßte und auch von ihr vorgelegte Liste der von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin tatsächlich gelieferten Waren enthält auf Seite 2 als 7.Position unter der Kollo Nr. 03908...10 unter dem Datum der Kollo-Liste "29.9.80" "3 Aktivkohlefilter (DD)" mit einem ausgewiesenen Kollowert in öS von 321.790 und als letzte Post unter der Kollo Nr. 07806...07819 unter dem Datum der Kollo-Liste "12.8.81" "12 Filter inkl. Rohrleitungen (DD... S*** u. S***)" mit dem ausgewiesenen Kollowert in öS von 631.545. Die vom Revisionswerber als aktenwidrig gerügte Feststellung, daß in der Liste die klagsgegenständlichen 15 Filter enthalten seien, steht mit dem Urkundeninhalt in keinem unvereinbarlichen Widerspruch; im übrigen fand das Berufungsgericht die bekämpfte Feststellung auch in zwei Zeugenaussagen gedeckt. Daß die Vorinstanzen keine Übergabszeitpunkte feststellen, sondern sich diesbezüglich bei ihren rechtlichen Folgerungen mit nicht näher nachvollziehbaren Unterstellungen begnügten, ist keine Frage aktenwidriger Tatsachenannahme, sondern wird als Feststellungsmangel bei Behandlung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu erörtern sein.

Gleiches gilt für die berufungsgerichtliche Tatsachenannahme, auch die (vom Hersteller unmittelbar) zur Gummierung in die Bundesrepublik Deutschland gesandten 12 Filter seien von der Beklagten bezahlt und dieser übergeben gewesen. Das von der Beklagten selbst in ihre oben erwähnte Liste (Beilage 19) aufgenommene Datum der Kollo-Liste (12.8.81) liegt mehr als 8 Monate nach der Konkurseröffnung. Welchen vor dem 4.Dezember 1980 gelegenen Übergabsakt die Vorinstanzen bei ihrer rechtlichen Beurteilung unterstellten, ist nicht erkennbar. Auch dies stellt einen Feststellungsmangel dar, begründet aber keine Aktenwidrigkeit.

Das Berufungsgericht hat die Berufungsausführungen zu Punkt I

Z 1 Buchstabe b auf S 3 der Berufungsschrift, daß die Beklagte mit

ihrem Schreiben vom 2.November 1981 (Beilage 6) in der Stellungnahme

zur Rechnung vom 3.August 1981 eine Anerkennung dem Grunde nach

(unter Bestreitung der 333.450 S übersteigenden Forderung) abgegeben

habe, offenbar irrig auf die erste Klagspost bezogen. Darauf hat das

Berufungsgericht aber seine Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht

nicht gegründet. Der Irrtum führte lediglich dazu, daß sich das

Berufungsgericht mit der Tatsachen- und Beweisrüge zur zweiten

Klagspost nicht im vollen Umfange auseinandersetzte. Diesen Vorwurf

führt der Revisionswerber zutreffend als Mangelhaftigkeit des

Berufungsverfahrens aus. Eine Aktenwidrigkeit im Sinne des § 503

Abs. 1 Z 3 ZPO liegt aber mangels Erheblichkeit der unrichtigen

Wiedergabe des Berufungsvorbringens für die angefochtene

Entscheidung nicht vor.

Die Übernahmsliste (zur ersten Klagspost) enthält 21 Posten,

wobei jeweils in der letzten, zweigeteilten Spalte Bemerkungen zur

umfänglichen Übereinstimmung mit der Bestellung der nunmehrigen

Gemeinschuldnerin einerseits und zu Sachmängeln andererseits

festgehalten wurden. Abschließend findet sich der Vermerk, daß

sämtliche Teile nicht gemäß "SUEZ-Vorschrift" verpackt gewesen

seien. Wieweit der Kläger bei seiner zweiten Rechnung vom

7. September 1981 nicht nur das Fehlen einzelner Gegenstände, deren

Vorhandensein beim Münchner Verpackungsunternehmen angenommen worden

war, sondern auch die Mangelhaftigkeit einzelner Gegenstände sowie

der Verpackung rechnerisch vernachlässigte, läßt sich den

vorgelegten Urkunden ohne Anstellung von Schlußfolgerungen nicht

entnehmen. Das Schreiben des Klägers vom 18.November 1981 gestattete

lediglich einen Rückschluß darauf, daß der Kläger wegen Fehlens der

Verpackung, Garantie und Dokumentationsunterlagen keinen Abzug von

den von ihm angesetzten Einstandspreisen vorgenommen hatte, weil er

die Berechtigung darauf gestützter Preisminderung bestritt. Daß die

Beklagte (technische) Mängel der aus dem Münchner Verpackungswerk

übersandten Waren anläßlich der Übernahme geltend machte und der

Kläger durch seinen Vertreter das Vorliegen solcher Mängel auch

bestätigte, was der Kläger selbst mit seinem Prozeßvorbringen im

Sinne des Schriftsatzes vom 20.Juli 1982, ON 4, zugestand (AS 19),

ist aktenmäßig vollauf gedeckt. Ob und inwieweit der Kläger die im

Übernahmsprotokoll festgehaltenen oder etwa sogar darüber hinaus

geltend gemachten Mängel der vom Münchner Verpackungsunternehmen

angelieferten Gegenstände durch Abzüge von den vereingarungsgemäß

der Verrechnung zugrundezulegenden Einstandspreisen berücksichtigte,

kann mangels Feststellung der in Betracht kommenden Einstandspreise

nicht beurteilt werden. Auch das ist eine Frage des Vorliegens von

Feststellungsmängeln, begründet aber nicht die vom Revisionswerber

gerügte Aktenwidrigkeit.

Die Ausführung des Berufungsgerichtes über die fehlende

Berechtigung des Klägers zur Berechnung eines Aufschlages auf die Einstandspreise bleibt nach dem festgestellten Sachverhalt ohne eindeutigen Bezug auf einen konkreten Verrechnungsvorgang. Eine zur Begründung der angefochtenen Entscheidung erfolgte Tatsachenannahme in dieser Hinsicht ist nicht erkennbar. Auch darin kann keine Aktenwidrigkeit, unter Umständen aber ein Feststellungsmangel gelegen sein.

Zur Rüge von Mängeln des Berufungsverfahrens ist zunächst auf die bereits zur Aktenwidrigkeitsrüge dargestellte Unerheblichkeit der Anrechenbarkeit von Zahlungen der Beklagten vor Konkurseröffnung auf die von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin zu erbringende Lieferung von 15 Filtern hinzuweisen. Es wurde auch bereits bei der Behandlung der Aktenwidrigkeitsrüge erwähnt, daß das Berufungsgericht infolge eines offensichtlichen Irrtums über den Bezug und den sachlichen Inhalt der in der Berufung enthaltenen Beweisrüge diese zur zweiten Klagspost nicht vollständig beantwortet hat. Dieser Mangel wird aber dadurch gegenstandslos, daß, wie zur Rechtsrüge noch darzulegen sein wird, Feststellungsmängel vorliegen, die eine Ergänzung des Verfahrens erster Instanz erforderlich machen. Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge des Klägers zu dem mit 80.000 DM angenommenen Einstandspreis der insgesamt 15 verschiedenartigen Filter aus einer nachvollziehbaren, in sich schlüssigen Erwägung für unberechtigt erkannt. Die offengelegten Überlegungen des Berufungsgerichtes zu diesem Beweiswürdigungspunkt lassen keinen Verstoß gegen die Regeln der Logik erkennen. Die gerügte Mangelhaftigkeit haftet der berufungsgerichtlichen Erledigung nicht an.

Davon abgesehen, wird der für die verschiedenen, nach ihren

Funktionen in 6 Positionen aufgegliederten insgesamt 15 Elemente in

der Auftragsbestätigung des jugoslawischen Herstellers (Beilage 12)

ausgewiesene Gesamtpreis noch aufzuschlüsseln sein, wenn zwar die

drei Aktivkohlefilter bereits vor der Konkurseröffnung in das

Eigentum der Beklagten übergangen sein sollten, die übrigen 12

Anlagenbestandteile aber noch nicht, wozu, wie bereits dargelegt,

eindeutige Feststellungen über die jeweiligen Übergabszeitpunkte

derzeit fehlen. Im Zusammenhang mit einer derartigen

Aufschlüsselung, zu der der Kläger bei einer entsprechenden

Würdigung der Beweisergebnisse aufzufordern sein wird, könnte sich

auch zur Bedeutung der im Auftragsschreiben der nunmehrigen

Gemeinschuldnerin vom 9.April 1979 auf Seite 2 erwähnten

"Erledigung" der Verpflichtung zur Zahlung von öS 200.000 aus einem anderen Vertrag für den auf Seite 1 ausgewiesenen Gesamtpreis von DM 110.000 ein zusätzlicher Anhaltspunkt ergeben, so daß zum zweiten Klagspunkt nicht nur der Anspruchsgrund, sondern auch die Höhe des Anspruches noch nicht abschließend geklärt erscheint. Die vom Berufungsgericht verfahrensrechtlich gebilligte Vorgangsweise des Erstgerichtes, die wegen der festgestellten Mängel als berechtigt angesehene Preisminderung betragsmäßig gemäß § 273 Abs. 1 ZPO nach freier Überzeugung festzusetzen, ist nicht weiter nachprüfbar. Das Berufungsgericht hat die vom Rechtsmittelwerber bemängelte Vorgangsweise erkennbar geprüft und verfahrensrechtlich als zulässig angesehen. Die Betragsfestsetzung selbst ist allerdings eine vom Revisionsgericht nachprüfbare Beurteilung. Die vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Verfahrensmängel und Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor oder sind wegen der Notwendigkeit der Verfahrensergänzung zufolge vorliegender Feststellungsmängel als solche nicht aufzugreifen.

Die Rechtsrüge ist berechtigt.

Klagegrund für alle drei Klagsposten ist das Vorbringen des Klägers, er habe der Beklagten im Sinne der Vereinbarung vom 30.März 1981 die später verrechneten Waren zu Einstandspreisen verkauft und übergeben. Der Kläger ist dabei zunächst dafür behauptungs- und im Bestreitungsfall auch beweispflichtig, welche Waren er der Beklagten auf Grund der Vereinbarung vom 30.März 1981 übergeben hat und wie hoch jeweils der vertraglich zugrundezulegende Einstandspreis gewesen ist. Mangels ausdrücklicher Abrede wird die Vereinbarung vom 30. März 1981 samt allfälligen Ausführungsabsprachen gemäß § 914 ABGB danach auszulegen sein, was verständige und redliche Parteien in der festgestellten konkreten Lage bei ausdrücklicher Erörterung vereinbart hätten. Nur in diesem Sinne sind einerseits die für den Kläger offenbaren Interessen der Beklagten, wie sie im seinerzeit in dem mit der nunmehrigen Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Vertrag des Jahres 1978 zum Ausdruck kamen, andererseits aber auch die für die Beklagte erkennbar gewesenen, nur beschränkten Möglichkeiten, die dem Kläger nach der Leistungsfähigkeit der Masse zu Gebote standen, zu berücksichtigen.

Zu allen nach dem Parteivorbringen strittigen Punkten des Vertragsumfanges, der Leistungspflicht (insbesondere hinsichtlich Verpackung, Lieferung von sogenannten Dokumentationen und Weitergabe von Ansprüchen aus Garantien der Hersteller) und des Erfüllungsortes ist es erforderlich, mit eindeutiger Klarheit festzustellen, wer, wem, wann, auf welche Weise, welche Erklärung abgegeben oder auch welches zu Schlüssen auf bestimmte Erklärungen berechtigende Verhalten gesetzt hat.

Was die zweite Klagspost anlangt, wird nach Vorbringen der Parteien und Vorliegen von Beweisunterlagen zwischen den drei Aktivkohlefiltern und den weiteren 12 Anlagebestandteilen zu unterscheiden und jeweils festzustellen sein, wann, wo, wie und unter welcher Absprache diese Gegenstände der Beklagten übergeben wurden, wer dem deutschen Bearbeiter zunächst den Auftrag zur Aufbewahrung (sei es als Haupt- oder als Nebenleistung eines Vertrages) und später zur Bearbeitung erteilte, aus welchem Rechtsgrund die Beklagte sich zur Übernahme der Gegenstände in ihren Besitz für befugt ansah, aus welchen (zutreffenden oder irrigen) Vorstellungen sie die Erklärung zu c) auf Seite 4 ihres Schreibens vom 2.November 1981 (Beilage 6) und in der Folge die Erklärung zu Punkt 2 auf den Seiten 2 und 3 des Schreibens vom 4.Dezember 1981 (Beilage 5) abgab, aus welchem der Beklagten erkennbaren Rechtsgrund die nunmehrige Gemeinschuldnerin vor der Konkurseröffnung oder der Kläger nach der Konkurseröffnung in Ansehung der jugoslawischen Erzeugnisse einen Übergabsakt setzten, wenn beide Parteien anläßlich Übergabe und Übernahme von der bereits erfolgten Bezahlung des jugoslawischen Warenherstellers ausgegangen sein sollten, wie sie nach Aufdeckung eines etwa darüber bestandenen Irrtums handelten, wie der Kläger die Einstandspreise für die einzelnen Stücke des jugoslawischen Herstellers, falls diese im Zuge des Rechtsstreites keiner einheitlichen Beurteilung unterzogen werden sollten, ermittelte.

Was die erste und die dritte Klagspost betrifft, müssen Art und Umfang der Mängel im einzelnen festgestellt werden, wobei die Beklagte die Behauptungs- und Beweislast trifft. Soweit danach immer noch eine Ausmittlung der Preisminderung durch richterliche Betragsfestsetzung nach § 273 Abs. 1 ZPO als sachgerecht angesehen werden sollte, müßten alle richterlichen Erwägungen zur Betragsfestsetzung in nachvollziehbarer Weise dargelegt werden; eine globale Verweisung auf die nicht näher ausgeführten Erfahrungen der Beschäftigten eines Streitteiles reicht keinesfalls hin. Zur ersten Klagspost trifft die Beklagte auch die Beweislast für die Höhe der Transport- und Verzollungsspesen, sofern die Verpflichtung des Klägers zur Erfüllung in Graz als vereinbart angenommen werden sollte, vor allem aber auch die Behauptungs- und Beweislast für Grund und Ausmaß des geltend gemachten Arbeitskräfteeinsatzes. Zu den aufgezeigten Punkten fehlt es an hinlänglich klaren und eindeutigen Feststellungen. Das erfordert eine Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz.

In Stattgebung der Revision waren daher das Berufungsurteil und das Urteil erster Instanz aufzuheben, die Rechtssache war zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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