Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und Widerbeklagte (im folgenden: Klägerin) schloß mit dem Beklagten und Widerkläger (im folgenden: Beklagter) am 15.4.1972 vor dem Standesamt Neunkirchen die Ehe, der die Kinder Vanessa, geb. am 19.2.1976, Alice, geb. am 24.6.1978, und Elvis, geb. am 19.8.1980, entstammen.
Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe wegen schwerer Eheverfehlungen des Beklagten (§ 49 EheG). Der Beklagte habe von seinem Verdienst in den letzten Jahren nichts zum gemeinsamen Unterhalt beigetragen, so daß sie Unterstützungsleistungen ihrer Eltern habe erbitten müssen. Der Beklagte habe sein Einkommen als Lagerverwalter bei der Firma H*** dazu verwendet, eine Sammlung von mehreren tausend Elvis-Presley-Schallplatten anzulegen. Der Beklagte sei zu ihr grob gewesen, habe sie beschimpft und geschlagen. Im Hinblick auf Drohungen des Beklagten sei sie letztlich aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung ausgezogen.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. In seiner Widerklage machte er geltend, daß die Klägerin seit Mitte Juli 1984 ehebrecherische Beziehungen zu einem anderen Mann unterhalte. Der Erstrichter schied die Ehe aus dem Verschulden beider Streitteile und sprach aus, daß das Verschulden des Beklagten überwiegt. Er stellte fest:
Die Streitteile seien zunächst beide berufstätig gewesen, die Klägerin habe ihre Berufstätigkeit nach der Geburt des zweiten Kindes aufgegeben. Die Familie habe im wesentlichen vom Einkommen der Klägerin bzw. ihrem Karenzgeld gelebt. Der Beklagte habe das Einkommen aus seiner Berufstätigkeit zur Finanzierung seines Hobbys, der Anschaffung von Elvis-Presley-Schallplatten, verwendet. Er habe von der Klägerin verlangt, daß sie die notwendigen Geldmittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts der Familie von ihren Eltern erbitte. Die Mutter der Klägerin habe ihr zunächst ohne Wissen ihres Ehemannes Geld gegeben; schließlich habe die Klägerin auch mit Wissen ihres Vaters monatlich S 3.000 bis S 4.000 erhalten; die Eltern hätten der Klägerin auch Essen und Lebensmittel gebracht. Die Klägerin sei vom Beklagten geschlagen und mißhandelt worden. Sie habe sich das Verhalten des Beklagten gefallen lassen, weil sie ihm sexuell hörig gewesen sei. Nach einer Mißhandlung durch den Beklagten sei sie im Mai 1983 zu ihren Eltern gezogen. In der Folge habe der Beklagte seinen Arbeitsplatz bei der Firma H*** aufgegeben und sei seither, abgesehen von einer dreiwöchigen Arbeitsleistung bei der Fa. M***, arbeitslos. Im Sommer 1983 sei die Klägerin über Bitten des Beklagten wieder zu ihm zurückgekehrt. Nach kurzer Zeit habe der Beklagte der Klägerin von seiner Arbeitslosenunterstützung bzw. Notstandshilfe keine Beträge zur Finanzierung des gemeinsamen Haushalts gegeben, so daß die Klägerin wieder gezwungen gewesen sei, sich an ihre Eltern um Unterstützungsleistungen zu wenden. Die Klägerin sei auch weiterhin vom Beklagten geschlagen worden. Der Beklagte sei Schulden in der Höhe von S 300.000 eingegangen. Einen vom Land Niederösterreich erhaltenen Zuschuß zur Bestreitung der Wohnungskosten habe er für eigene Zwecke verwendet. Am 7.6.1984 habe der Beklagte der Klägerin Faustschläge in die Rippengegend versetzt, wodurch sie eine Brustkorbprellung erlitten habe. Am 8.6.1984 habe der Beklagte von der Klägerin verlangt, sie möge von ihrem Bruder Geld beschaffen. Die Klägerin habe dies versucht, jedoch ohne Ergebnis. Es sei dann auf der Straße zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf der Beklagte ihr mehrere Faustschläge versetzt habe, wodurch die Klägerin weitere Prellungen erlitten habe. Der Beklagte sei deshalb vom Bezirksgericht Neunkirchen zu U 656/84 wegen Gattenmißhandlung verurteilt worden. Nach einer Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen sei die Klägerin schließlich im Juni 1984 wieder zu ihren Eltern nach Pitten gezogen. In Schreiben, die der Beklagte an die Klägerin gerichtet habe, habe er sie mit Ausdrücken wie Schlampe, Hure, Drecksschwein beschimpft. Der Beklagte spreche auch übermäßig dem Alkohol zu, er sei wegen Alkohol- und Medikamentenmißbrauchs am 19.1.1985 in das NÖ. Landeskrankenhaus für Psychiatrie Klosterneuburg eingeliefert worden. Die Klägerin habe sich ab dem Sommer 1984 von ihrer Hörigkeit gegenüber dem Beklagten gelöst, Josef S*** sei ihr dabei beigestanden. Josef S*** sei seit Jänner 1983 geschieden. Er besuche die Klägerin häufig, teils schon in den frühen Morgenstunden, und verbringe einen Großteil seiner Freizeit mit der Klägerin und den Kindern. Die Klägerin habe Josef S*** in einem Schreiben als "ihr Leben" bezeichnet. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Beklagte habe dadurch, daß er die Klägerin mißhandelte, bedrohte und gröblich beschimpfte, sowie durch die Verletzung seiner Unterhaltspflicht schwere Eheverfehlungen iS des § 49 EheG begangen. Der Klägerin könne nur vorgeworfen werden, daß sie eine Bindung zu Josef S*** eingegangen sei, doch komme dieser Verfehlung bei der Verschuldensabwägung nur geringe Bedeutung zu. Die Klägerin sei durch die vom Beklagten erlittenen Mißhandlungen und Erniedrigungen nervlich zerrüttet gewesen und habe in Josef S*** einen Menschen gefunden, der ihr geholfen habe, weiterzuleben. Unter diesem Gesichtspunkt überwiege das Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und billigte unter Bedachtnahme darauf, daß die Ehe im Zeitpunkt der Aufnahme der ehewidrigen Beziehungen der Klägerin zu Josef S*** bereits zerrüttet war, die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).
Die Rechtsrüge wird dahin ausgeführt, daß das Verhalten der Klägerin, die ehewidrige Beziehungen zu Josef S*** aufgenommen habe, Ursache der Zerrüttung der Ehe gewesen oder doch dazu geführt habe, daß eine in Schwierigkeit befindliche Ehe schließlich gescheitert sei. Bei Bedachtnahme darauf hätte das Berufungsgericht zum Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe gelangen müssen. Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Nach dem vom Erstgericht festgestellten und vom Berufungsgericht übernommenen Sachverhalt war das ehewidrige Verhalten des Beklagten, der die Klägerin beschimpfte, mißhandelte und ihr nur unzureichend Unterhalt gewährte, Anlaß für die Zerrüttung der Ehe. Die Klägerin hat es, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob, auch nicht an der Bereitschaft fehlen lassen, die häusliche Gemeinschaft mit dem Beklagten fortzusetzen, doch scheiterte dieser Versuch am Verhalten des Beklagten, der es an der notwendigen ehelichen Gesinnung völlig fehlen ließ. Die Aufnahme ehewidriger Beziehungen der Klägerin zu Josef S*** erfolgte in einem Zeitpunkt, als die Ehe durch das Verhalten des Beklagten bereits unheilbar zerrüttet war. Bei dieser Sachlage ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß den Beklagten das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, zu billigen (vgl. EFSlg 46.249, 46.246, 43.688, 43.683 ua.).
Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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