OGH 3Ob46/86

OGH3Ob46/862.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei L*** B***,

7000 Eisenstadt, Neusiedler Straße 33, vertreten durch Dr. Günther Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, und beigetretener Gläubiger, wider die verpflichteten Parteien Stefan und Anna W***, 7301 Deutschkreutz, Hauptstraße 24-26, beide vertreten durch Dr. Anton Pokorny, Dr. Franz Withoff und Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,218.211,53 s.Ng., und beigetretener Forderungen, infolge Revisionsrekurses der M***

D***, 7301 Deutschkreutz, Rathaus, vertreten durch

Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 13. Dezember 1985, GZ. R 470/85-72, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 30. Oktober 1985, GZ. E 76/83-69, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 27. August 1984, ON 24, wurde der M*** D*** aufgrund ihrer vollstreckbaren Rückstandsausweise vom 2. August 1984, Steuer Nr. 1728/5 und 1727/7, gegen beide Verpflichteten zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 86.741,58 die Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ. 3738, 3739, 761, 1284, 1583, 2800 und 4074 je Katastralgemeinde Deutschkreutz und EZ. 239 Katastralgemeinde Girm als Beitritt bewilligt.

Mit Beschluß vom 13. Februar 1985, ON 41, wurde der genannten Gemeinde aufgrund ihres vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 14. November 1984, Steuer Nr. 1727/7, gegen den Erstverpflichteten zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 25.850,09 die Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ. 2800, 3738, 3739 und 4074 je Katastralgemeinde Deutschkreutz und der Hälften der Liegenschaften EZ. 761 und 1583 derselben Katastralgemeinde als Beitritt bewilligt.

Anläßlich der nach § 172 Abs. 1 EO am 25. Februar 1985 vorgenommenen Zustellung des Versteigerungsedikts an die M*** D*** wurde diese im Sinn des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle aufgefordert (ON 43).

Daraufhin machte die genannte Gemeinde mit Eingabe vom 29. März 1985, ON 45, "gemäß § 216 Abs. 1 Z. 2 EO nachstehende von den zu versteigernden Liegenschaften zu entrichtende Steuern samt Zuschlägen und öffentlichen Abgaben als gesetzliches Pfand- bzw. Vorzugsrecht geltend, wobei sämtliche aus den letzten drei Jahren vor dem Tag der Erteilung des Zuschlages rückständig sind:

1.) Kanalanschlußgebühren für das Haus

Hauptstraße Nr. 29 S 18.177,80

Kanalanschlußgebühren für das Haus

Hauptstraße Nr. 14 S 7.052,--

2.) Kanalbenützungsgebühr für 1982

bis 1984

a) für Haus Hauptstraße Nr. 29 S 13.013,36

b) für Haus Hauptstraße Nr. 14 S 40.132,11

3. Grundsteuer A für 1982 bis 1984 S 9.962,50

4. Grundsteuer B für Haus Haupt-

straße Nr. 29 für 1982 bis 1984 S 1.080,40

Grundsteuer B für Haus Haupt-

straße Nr. 14, Weinkeller und Försterhaus S 95.632,40

S 185.050,57".

Weil bei der öffentlichen Versteigerung am 2. April 1985 diesbezüglich keine Anbote gestellt wurden, wurde die Exekution hinsichtlich der Grundstücke 911/71 und 911/102 der EZ. 761, 911/2, 6301 und 6302 der EZ. 2800 und 6089/3 der EZ. 4074 je Katastralgemeinde Deutschkreutz nach § 151 EO eingestellt (ON 48). Anläßlich der Ladung zur Tagsatzung über die Verteilung der Meistbote der übrigen Grundstücke bzw. Liegenschaften am 29. Oktober 1985 wurde die M*** D*** im Sinn des § 210 EO aufgefordert (ON 66).

Daraufhin meldete die genannte Gemeinde mit Eingabe vom 24. Oktober 1985, ON 67, aufgrund zweier beigelegter Rückstandsausweise vom 3. Oktober 1985, Steuer Nr. 1727/0 über

S 8.626,59 (gegen den Erstverpflichteten) und Steuer Nr. 1728/0 über

S 889,53 (gegen die Zweitverpflichtete) im Sinn des § 216 Abs. 1 Z. 2 EO diese Forderungen als bevorrechtete an, "da sämtliche im Rückstand aufscheinende Forderungen aus den letzten drei Jahren vor dem Tag der Erteilung des Zuschlags rückständig sind und sich aufschlüsseln wie folgt:

1. Kanalanschlußgebühr für das Haus

Hauptstraße Nr. 14 für die Zeit vom 1.1.

bis 31.3.1985 S 882,--

2. Kanalbenützungsgebühr für das Haus

Hauptstraße Nr. 14 für die Zeit vom 1.1.

bis 31.3.1985 S 2.181,09

3. Grundsteuer B für den Panduren-

keller in der Elisabethgasse in der Zeit

vom 1.1. bis 31.3.1985 S 5.384,50

4. Säumniszuschlag und Mahngebühren

zu den vorbezeichneten Abgaben und Steuern S 179,--

S 8.626,59

5. Kanalbenützungsgebühr für das Haus

Hauptstraße Nr. 29 vom 1.1. bis 31.3.1985 S 862,33

6. diesbezügliche Säumniszuschläge und

Mahngebühren S 27,20

S 889,53".

Die genannte Gemeinde ersuchte in diesem Schriftsatz, "zusätzlich zum bereits am 29. März 1985 geltend gemachten Vorzugspfandrecht in Höhe von S 185.050,57 noch die hier geltend gemachten Vorzugspfandrechte von insgesamt S 9.516,12, insgesamt daher S 194.566,69 als Vorzugspfandrecht bei der Meistbotsverteilung zu berücksichtigen und ihr bar auszuzahlen."

Nach dem rekonstruierten Protokoll über die Verteilungstagsatzung vom 29. Oktober 1985, ON 68, wurde nach Verlesung der Schriftsätze der M*** D*** ON 45

und 67 diesbezüglich der Widerspruch erhoben "drei Jahre übersteigend".

Im ebenfalls rekonstruierten Verteilungsbeschluß vom

30. Oktober 1985, ON 69, wies das Erstgericht der M***

D*** aus den durch Versteigerung der Liegenschaften

EZ. 3738, 3739, 1284 und 1583, des Grundstückes 1401

und 2 Agraranteilen der EZ. 761 je Katastralgemeinde Deutschkreutz

und der Liegenschaft EZ. 239 Katastralgemeinde Girm von zusammen

S 8,960.556,- gemäß § 216 Abs. 1 Z. 2 EO zur Begleichung der

Forderungen

a) Kanalbenützungsgebühr für das Haus

Hauptstraße Nr. 29 S 889,53

b) Grundsteuer für den Pandurenkeller S 5.563,50

c) Kosten der Anmeldung gemäß § 172 Abs. 2

und 216 Abs. 1 Z. 2, ausgehend von den bei-

den Beträgen laut a) und b) S 249,92

insgesamt also S 6.702,95

zu, wodurch die Forderung zur Gänze berichtigt sei. Den Antrag der genannten Gemeinde auf Zuspruch von Kanal- und Kanalanschlußgebühren für das Haus Haupstraße Nr. 14 im Sinn des § 216 Abs. 1 Z. 2 EO wies das Erstgericht mit der Begründung ab, daß dieses Haus mangels Anbots nicht versteigert worden sei.

Dagegen, daß ihr nicht (weitere) "S 185.050,57" - bei Berücksichtigung des schon vom Rekursgericht erkannten, noch zu erwähnenden Rechenfehlers richtig nur S 137.866,46 - als bevorrechtete Forderung im Sinn des § 216 Abs. 1 Z. 2 EO zugewiesen wurden, erhob die M*** D*** Rekurs wegen

unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Es sei zwar richtig, daß die das nichtversteigerte Haus Hauptstraße Nr. 14 betreffenden Gebühren und Abgaben nicht als Vorzugspfandrecht geltend gemacht werden können, trotzdem stünden der Rechtsmittelwerberin nach der Forderungsanmeldung ON 45 zu:

1. Kanalanschlußgebühr für das Haus

Hauptstraße Nr. 29 S 18.177,80

2. Kanalbenützungsgebühr für dieses

Haus für die Jahre 1982 "und" - gemeint,

entsprechend ON 45, "bis" - 1984 S 13.013,36

3. Grundsteuer A für die versteigerten

Äcker bzw. Weingärten von 1982 bis 1984 S 9.962,50

4. Grundsteuer B für das Haus Haupt-

straße Nr. 29 für die Jahre 1982 bis 1984 S 1.080,40

5. Grundsteuer B für den Weinkeller

(Pandurenkeller) und Försterhaus S 95.632,40

"insgesamt sohin S 185.050,57"

(richtig wären S 137.866,46.)

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge.

Bei der Meistbotsverteilung sei gegen die Forderungsanmeldung der trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertretenen M*** D*** mit der Begründung Widerspruch erhoben worden, daß die Dreijahresfrist nicht erkennbar sei. Die im § 216 Abs. 1 Z. 2 EO genannten Steuern samt Zuschlägen, Gebühren und sonstigen von der Liegenschaft zu entrichtenden öffentlichen Abgaben und deren Verzugszinsen kämen bei der Meistbotsverteilung nur dann als Vorzugsposten zum Zug, wenn sie im Sinn des § 172 Abs. 2 EO rechtzeitig angemeldet und aus den letzten drei Jahren vor dem Tag der Erteilung des Zuschlags rückständig seien. Undeutliche und unvollständige Anmeldungen seien nicht von Amts wegen aufzuklären oder zu ergänzen, sondern gegebenenfalls bei der Verteilung überhaupt unberücksichtigt zu lassen. Bei der Forderungsanmeldung zum Versteigerungstermin sei zwar noch keine Spezifizierung erforderlich, diese müsse aber spätestens bei der Verteilungstagsatzung geschehen, sonst würden die im § 210 EO bezeichneten Folgen eintreten. Spätestens in der Verteilungstagsatzung müsse konkret und detailliert dargelegt werden, von welcher (welchen) Liegenschaft(en) und für welche Zeiträume die jeweiligen Abgaben zu entrichten sind und wann sie fällig wurden. Dies sei besonders dann nötig, wenn - wie im vorliegenden Fall - mehrere Liegenschaften mit jeweils mehreren Grundstücken von der Zwangsversteigerung betroffen seien und nur ein Teil dieser Liegenschaften bzw. Grundstücke versteigert worden sei. Die von der M*** D*** angemeldeten Forderungen

seien weder in ON 45 noch in ON 67 (hier, soweit nicht ohnedies zuerkannt) ausreichend präzisiert und spezifiziert worden. Die M*** D*** hätte diese Unvollständigkeiten und Unklarheiten spätestens in der Verteilungstagsatzung beheben können, habe diese Tagsatzung aber trotz gehöriger Ladung unbesucht gelassen. Die Nichtzuweisung weiterer Beträge als Vorzugsposten entspreche daher den zwingenden Verteilungsgrundsätzen. Nachdem der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 5. März 1986, 3 Ob 15/86, die Akten dem Rekursgericht zur amtswegigen Berichtigung seines Beschlusses durch Beisetzen des nach § 78 EO und den §§ 526 Abs. 3, 528 Abs. 2 und 500 Abs. 3 ZPO nötigen Ausspruchs, ob der Rekurs nach § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO zulässig ist, zurückgestellt hatte, ergänzte das Rekursgericht seine Entscheidung mit Beschluß vom 10. April 1986, R 470/85, dadurch, daß der Rekurs zulässig sei und begründete dies damit, daß aus § 239 Abs. 3 EO die Absicht des Gesetzgebers hervorleuchte, einen Revisionsrekurs auch gegen eine (den Verteilungsbeschluß) bestätigende Entscheidung zuzulassen, und daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der vom Rekursgericht entschiedenen - vom Rekursgericht allerdings nicht näher hervorgehobenen - Rechtsfrage nicht vorliege. Gegen die gesamte Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der M*** D*** mit dem Antrag,

"ihr den gesamten bevorrechteten Betrag von S 185.050,57 als bevorrechtete Forderung im Sinn des § 216 Abs. 1 Z. 2 EO zuzusprechen". In der nur aus sieben Zeilen (!) bestehenden Begründung des Rechtsmittels verweist die Rechtsmittelwerberin "zur Vermeidung von Wiederholungen" auf ihren auch nicht sehr eingehend begründeten Rekurs an die zweite Instanz und begnügt sich im übrigen mit dem Hinweis, daß sie ihre Forderung konkret und detailliert dargelegt und insbesondere ausgeführt habe, daß es sich um rückständige Gemeindeabgaben für die letzten drei Jahre handle. Die Forderung sei in den ON 45 und 67 dem Gesetz entsprechend spezifiziert worden.

Rechtliche Beurteilung

Wie schon im hiergerichtlichen Beschluß vom 5. März 1986 ausgeführt wurde, mach § 239 Abs. 3 EO, der auch gegen bestätigende Entscheidungen über Rekurse, die wider den Verteilungsbeschluß erhoben werden, einen weiteren Rekurs zuläßt, nach § 78 EO nur den in der allgemeinen Bestimmung des § 528 Abs. 1 Z. 1 ZPO enthaltenen Rechtsmittelausschluß unanwendbar. Die Z. 2 bis 5 des genannten Absatzes und der zweite Absatz dieser Gesetzesstelle sind daher nach § 78 EO auch im gesamten Exekutionsverfahrens, also auch bei Meistbotsverteilungsbeschlüssen, anzuwenden (Heller-Berger-Stix I 660, 669, II 1606; Fasching IV 456; EvBl. 1984/77; JBl. 1984, 94; EvBl. 1985/46 = JBl. 1985, 242 u.a.). Mit Rücksicht auf den S 300.000,- nicht übersteigenden Gegenstand der Entscheidung des Rekursgerichtes wäre der Revisionsrekurs daher nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO vorlägen, wenn die Entscheidung also von der Lösung einer Rechtsfrage abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen wäre oder eine solche Rechtsprechung fehlen würde oder uneinheitlich wäre.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Revisionsrekurses ist der Oberste Gerichtshof nach § 526 Abs. 2 ZPO an einen Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz. u.a. nach § 528 Abs. 2 ZPO nicht gebunden und kann daher auch einen vom Rekursgericht für zulässig erklärten Revisionsrekurs zurückweisen, wenn er die im § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen verneint (Fasching, ZPR Rz 2026).

Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die von der M*** D*** in ON 45 und 67

angemeldeten Ansprüche von zusammen S 185.050,57 konnten bei der

Verteilung schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die

Anmeldende trotz der mit der Ladung zur Verteilungstagsatzung

verbundenen diesbezüglichen Aufforderung es bei der bloßen

Behauptung ihrer Ansprüche beließ und keine zum Nachweis dieser

Ansprüche dienenden Urkunden, insbesondere keine entsprechenden

Rückstandsausweise vorlegte, obwohl sich solche nicht schon bei

Gericht befanden und die angemeldeten Ansprüche weder aus den

öffentlichen Büchern (Grundbuchsauszügen) noch aus den

Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur

Befriedigung geeignet erhellten (§ 210 EO).

Dies ist einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs

(so schon ZBl. 1929/51 und 350; SZ 53/118; 3 Ob 17/82, 3 Ob 93/85;

JBl. 1985, 418 u.a.).

Vermutlich devhalb hat das Erstgericht der M***

D*** nur in ON 67 angemeldete, durch Rückstandsausweise belegte Ansprüche als Vorzugsposten zugewiesen, nicht aber die in ON 45 angemeldeten, nicht belegten Ansprüche, die Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens sind.

Der unzulässige Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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