Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller hat am 21.Juli 1983 die aus drei Zimmern, Kabinett, Küche, Vorzimmer, Bad und WC bestehende, 98 m 2 große Wohnung Nr. 7 in dem im Eigentum des Antragsgegners stehenden Haus Burggasse 60 im 7.Wiener Gemeindebezirk zu einem vereinbarten Mietzins von monatlich 5.400 S, wertgesichert, gemietet. Zur Zeit des Vertragsabschlusses wies die gesamte Wohnung - abgesehen von dem frisch ausgemalten Bad und dem WC - an den Wänden und Decken Feuchtigkeits- und Schimmelflecken auf; der Putz an den Decken und Wänden war teilweise abgebröckelt. Im Bereich der Ausgangstüre eines gassenseitigen Zimmers waren die Tapeten, der Putz und das Mauerwerk derart schadhaft, daß ein deutlicher Luftzug spürbar war. Einzelne Türen und Fenster waren nicht schließbar, ein Fenster war zerschlagen. Der Parkettboden wies teilweise Löcher, Aufwerfungen und Unebenheiten auf. Die Heizung in der ganzen Wohnung war nicht funktionstüchtig. Abgesehen von der Deckenbeleuchtung im Vorzimmer funktionierte die elektrische Anlage nicht; die elektrische Anlage entsprach außerdem nicht den Sicherheitsbestimmungen und bedeutete daher eine Gefahr für die Bewohner. Im WC und im Bad waren weder elektrische Leitungen, noch Steckdosen, noch Beleuchtungskörper vorhanden. Der Wannenablauf im Bad funktionierte nicht; weder die Dusche noch die Wasseranschlüsse lieferten Warmwasser. Die Wohnung roch bei ihrer Anmietung durch den Antragsteller stark nach Urin, weil der Vormieter einige Katzen gehalten hatte, die Urinmarkierungen auf den Boden gesetzt hatten. Im Mietvertrag vom 21. Juli 1983 nahm der Antragsteller zur Kenntnis, daß die gesamte Elektrik der Wohnung zu reparieren ist; hiebei wurde dem Mieter auch das Recht eingeräumt, einen Nachfolger zu nominieren. Mit dem am 27.Juli 1983 bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien erhobenen Antrag begehrte Erasmus Robert W*** die "Herabsetzung des derzeitigen Hauptmietzinses" für seine Wohnung "auf die Kategorieobergrenze einer unbrauchbaren Wohnung". Der Mietgegenstand sei ihm in stark renovierungsbedürftigem Zustand zur Selbstrenovierung und Reparatur übergeben worden. Der Mietgegenstand befinde sich in einem desolaten, unbrauchbaren Zustand. Die dringendsten Reparaturen erforderten Kosten von mindestens 100.000 S.
Die Schlichtungsstelle faßte diesen Antrag als Begehren auf Feststellung, der Antragsgegner habe durch Vorschreibung eines Hauptmietzinses von 5.400 S ab dem Zinstermin Juli 1983 gegenüber dem Antragsteller das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten, auf und wies den Antrag ab, weil der Antragsteller die für die sachliche Entscheidung erforderliche Begutachtung der Wohnung durch den Amtssachverständigen verweigert habe.
Der Antragsteller gab sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und beantragte rechtzeitig die Entscheidung des Gerichtes. Das Erstgericht stellte fest, daß der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses in der Höhe von 5.400 S ab dem Zinstermin Juli 1983 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß monatlich um einen Betrag von 3.244 S überschritten habe.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Wohnung nicht in ordnungsgemäßem Zustand übergeben worden sei, weshalb eine freie Mietzinsvereinbarung im Sinne des § 16 Abs 1 Z 5 MRG nicht rechtswirksam habe getroffen werden können. Für den ordnungsgemäßen Zustand sei nämlich erforderlich, daß ein so hoher Standard der Wohnung vorgelegen ist, daß in der Wohnung nicht einmal Schönheitsreparaturen erforderlich wären. Im gegenständlichen Fall könne es dahingestellt bleiben, ob sich die Wohnung überhaupt in brauchbarem Zustand im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 MRG befand, weil der Antagsteller ausdrücklich nur eine Reduzierung des frei vereinbarten Mietzinses auf den Kategorie A-Mietzins gemäß § 16 Abs 2 Z 1 MRG begehrt habe.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge und bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluß mit der Maßgabe, daß die erstgerichtliche Feststellung vorbehaltlich einer allfälligen Erhöhung des Zinsausmaßes gemäß § 16 Abs 4 MRG gelte, wobei es den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärte.
Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und gelangte nach Ablehnung der im Rekurs erhobenen Verfahrensrüge zu der der Tatsachengrundlage zuzuordnenden Annahme, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Antragsgegner bereits vor Abschluß des Mietvertrages die Behebung der noch vorhandenen Mängel angeboten hätte. Berufe sich der Hauseigentümer auf die Zulässigkeit einer freien Mietzinsvereinbarung gemäß § 16 Abs 1 Z 5 MRG, so sei ausschlaggebend,ob sich die Wohnung im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses in "ordnungsgemäßem" Zustand befunden habe. Im Gegensatz zum "brauchbaren" Zustand im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 - 3 MRG seien an den "ordnungsgemäßen" Zustand strengere Anforderungen zu stellen. "Ordnungsgemäß" sei der Zustand einer Wohnung wohl nur dann, wenn sich die Wohnung bei Mietvertragsabschluß in einem solchen Zustand befinde, der die sofortige Benützung im entsprechenden Standard ohne Adaptierungen oder Schönheitsreparaturen ermögliche (vgl. Schuppich 34; MietSlg.35.315/41, 36.309 f). Nach ständiger Rechtsprechung sei die in § 16 Abs 2 Z 4 MRG im Gesetz ausdrücklich nur für die Merkmale der Kategorie D angeführte Pflicht des Mieters zur Anzeige der mangelnden Brauchbarkeit im Wege der Analogie auch auf die im § 16 Abs 2 Z 1 - 3 MRG enthaltenen Ausstattungsmerkmale auszudehnen (vgl.OGH 19.3.1985, 5 Ob 14/85; 12.3.1985, 5 Ob 19/85; 4.6.1985, 5 Ob 45/85; 6.9.1985, 5 Ob 65/85). Diese Pflicht zur Anzeige einer Unbrauchbarkeit und zur Ermöglichung einer nachträglichen Brauchbarmachung durch den Vermieter könne aber nicht im Wege der Analogie auch auf den mangelnden ordnungsgemäßen Zustand einer Wohnung gemäß § 16 Abs 1 Z 5 (oder 6) MRG im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses ausgedehnt werden. Denn die Zulässigkeit einer freien Mietzinsvereinbarung nach dieser Gesetzesbestimmung setze neben dem brauchbaren Zustand im Zeitpunkt des Abschlusses sogar noch höhere Anforderungen voraus, die eine sofortige und uneingeschränkte Benützung der Wohnung ermöglichten. Seien - was unbestritten sei - die Stromleitungen und die Fußböden der Wohnung mangelhaft gewesen und hätten auch die Warmwasserversorgung, der Abfluß der Badewanne und die Etagenheizung Funktionsstörungen aufgewiesen, so habe sich die Wohnung nicht in ordnungsgemäßem Zustand befunden. Daher sei es aber unbeachtlich, ob der Mieter nach Anmietung der Wohnung die Reparaturen der gerügten Mängel durch den Hauseigentümer verweigert habe, die Wohnung bereits ab dem Zeitpunkt der Vermietung bewohnbar und in brauchbarem Zustand übernommen worden wäre und ob bzw. in welchem Ausmaß der Hauseigentümer erhebliche Mittel zur Sanierung und Standardanhebung der Wohnung vor Mietvertragsabschluß aufgewendet hätte. Dem Rekurs sei daher der Erfolg zu versagen und der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe der Berücksichtigung einer allfälligen Geltendmachung einer Wertsicherungsvereinbarung gemäß § 16 Abs 4 MRG zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Antrages des Mieters abzuändern.
Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf den Zulassungsausspruch des Rekursgerichtes zulässig (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG), er ist aber nicht berechtigt.
Der Antragsgegner räumt in seinem Rechtsmittel ein, die Rügepflicht sei zwar lediglich in § 16 Abs 2 Z 4 MRG ausdrücklich geregelt, jedoch von der Rechtsprechung auch auf die Kategorien A, B und C ausgedehnt worden, weil es unbillig wäre, wegen bloßer Funktionsstörungen eine dauernde Mietzinsherabsetzung anzuordnen, er meint aber, daß diese Erwägung im gleichen Ausmaß auch auf den Fall zutreffe, daß der Mieter die Anzeige bestehender Funktionsstörungen und des daraus folgenden nicht ordnungsgemäßen Zustandes der Wohnung unterlasse, denn auch in diesem Falle sei der Vermieter dadurch der Möglichkeit beraubt, mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand die Zinsvereinbarung wirksam zu machen. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Anwendung einer bestimmten gesetzlichen Regel über ihren Wortlaut hinaus auf einen anderen Sachverhalt hat nämlich nicht nur zur Voraussetzung, daß die Anwendung der Norm im Einklang mit ihrer ratio erfolgt, es muß sich vielmehr auch um einen "ähnlichen Fall" handeln, auf den die Norm angewendet werden soll. Diese Ähnlichkeit besteht in der "Gleichheit des Rechtsgrundes und des Schutzbedürfnisses" (Bydlinski in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 7 samt Rechtsprechungsnachweis). Die im § 16 Abs 2 Z 4 MRG normierte Anzeigepflicht gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für den Fall der Unbrauchbarkeit der Wasserentnahmestelle und des Klosetts, also von Einrichtungen, deren Fehlen oder Unbrauchbarkeit zur Einstufung der Wohnung in die Kategorie D führt. Diese Verpflichtung des Mieters dem Vermieter den Mangel dieser Einrichtungen anzuzeigen, wurde von der Rechtsprechung über den Gesetzeswortlaut hinaus allerdings auch hinsichtlich der unbrauchbaren Ausstattungsmerkmale sämtlicher Ausstattungskategorien angenommen (ImmZ 1985, 425), sodaß § 16 Abs 2 Z 4 MRG auf die Brauchbarmachung aller anderen gesetzlichen Ausstattungsmerkmale analog anzuwenden ist. Die analoge Anwendung der normierten Anzeigepflicht des Mieters betrifft somit nur Fälle, in welchen sich die zulässige Höhe des Hauptmietzinses nach Kategoriemerkmalen richtet, also auf die Höhe des Kategoriemietzinses (§ 16 Abs 2 Z 1 bis 3 MRG). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um die Frage der mangelnden Brauchbarkeit von Ausstattungsmerkmalen im Sinne des § 16 Abs 2 MRG und den daraus ableitbaren Kategoriemietzins, sondern um die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Vereinbarung des den Kategoriemietzins übersteigenden "angemessenen" Hauptmietzinses für den Fall der Vornahme einer Standardanhebung durch den Vermieter nach § 16 Abs 1 Z 5 MRG. Eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Vereinbarung eines solchen Mietzinses ist aber, daß sich der Bestandgegenstand an sich in "ordnungsgemäßem" Zustand befindet, ein Erfordernis, das von den Vorinstanzen verneint wurde. Die Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, daß der Begriff des ordnungsgemäßen Zustandes einer Wohnung einen besseren Erhaltungszustand erfordert, als jener der "Brauchbarkeit" iS des § 16 Abs 2 Z 1 bis 3 MRG für die Kategorien A bis C. Geht es aber nicht um die Frage des Fehlens von Ausstattungsmerkmalen für die Einstufung einer Wohnung in eine bestimmte Ausstattungskategorie, sondern um die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer dem Wert des Mietgegenstandes nach dessen individuellen Merkmalen (Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand) Rechnung tragenden Mietzinsvereinbarung, so fehlt es an der für die Zulässigkeit eines Analogieschlusses erforderlichen Gleichheit des Rechtsgrundes. Dazu kommt noch, daß es Sache des Vermieters ist, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zu veranlassen und darzutun, wenn er das Recht in Anspruch nimmt, für eine frei gewordene Wohnung unabhängig von ihrer Einordnung in eine bestimmte Kategorie den "angemessenen" Mietzins zu verlangen. Bei einem solchen, der Initiative des Vermieters überlassenen Tatbestand, der ihn für getätigte Investitionen belohnen soll, besteht auch kein sachlich zwingender Grund, die zur Verhinderung des Absinkens einer Wohnung in die Kategorie D gesetzlich normierte und auf die Unbrauchbarkeit aller Kategoriemerkmale analog angewendete Anzeigepflicht des Mieters auf Mängel auszudehnen, die der Anwendbarkeit des behaupteten "Belohnungstatbestandes" entgegenstehen. Die in § 16 Abs 2 Z 4 MRG normierte Anzeigepflicht des Mieters kann daher nicht auf das Fehlen von Tatbestandsmerkmalen ausgedehnt werden, die der Zulässigkeit der Vereinbarung des angemessenen Mietzinses iS des § 16 Abs 1 MRG entgegenstehen.
Nach der hier für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage wiesen die Wände und Decken der Wohnräume, des Vorzimmers und der Küche Feuchtigkeits- und Schimmelflecken auf; die Schäden an Putz und Mauerwerk gingen so weit, daß in der Wohnung deutlich Luftzug spürbar war; Fenster und Türen waren zum Teil nicht schließbar; der Parkettboden hatte Löcher; die vorhandene elektrische Anlage entsprach nicht den Sicherheitsvorschriften, stellte eine Gefahr für die Bewohner dar und funktionierte darüber hinaus teilweise auch gar nicht; auch die Sanitäreinrichtungen waren teilweise nicht funktionstüchtig. In der ganzen Wohnung war infolge Katzenhaltung starker Uringeruch spürbar. Unter diesen Umständen muß aber gesagt werden, daß der Bestandgegenstand sogar in an sich unbrauchbaren Zustand übergeben worden ist. Ist der Mietgegenstand an sich unbrauchbar, so besteht die dem Mieter in § 16 Abs 2 Z 4 MRG auferlegte Anzeigepflicht - wie der Oberste Gerichtshof bereits in einem ähnlichen Fall ausgesprochen hat (Entscheidung vom 10. Dezember 1985, 5 Ob 102/85) - nicht.
Der Oberste Gerichtshof billigt daher im vorliegenden Fall die Ablehnung der analogen Annahme einer Verpflichtung des Antragstellers, dem Vermieter über den Zustand der von ihm übernommenen Wohnung Anzeige zu erstatten, um sich das Recht zu erhalten, die Überprüfung des im Sinne des § 16 Abs 1 MRG vereinbarten Hauptmietzinses auf seine gesetzliche Zulässigkeit und die Einstufung der Wohnung in eine bestimmte Ausstattungskategorie zu begehren.
Die Feststellung der Überschreitung des vom Antragsgegner dem Antragsteller vorgeschriebenen Hauptmietzinses ausgehend von dem für Wohnungen geltenden Kategoriemietzins im Rahmen des Begehrens auf Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung über den Mietzins, insoweit er das für Wohnungen der Kategorie A maßgebliche Ausmaß übersteigt, durch die Vorinstanzen und unter Bedachtnahme auf die im Mietvertrag getroffene Wertsicherungsvereinbarung durch das Rekursgericht entspricht daher der Sach- und Rechtslage. Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein.
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