Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 5.12.1984 wurde über das Vermögen der P*** R*** KG der Anschlußkonkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt; das Ausgleichsverfahren war am 26.9.1984 eröffnet worden. Im Depot der Beklagten erlagen zu jener Zeit von der Gemeinschuldnerin angeschaffte Wertpapiere, die am 31.12.1984 unter Berücksichtigung ihres Kurswertes S 94.027,50 repräsentierten. Die Beklagte hat diese Wertpapiere in der Folge verkauft und den erzielten Erlös von S 98.720,- einbehalten. Die Beklagte hatte der Gemeinschuldnerin am 26.11.1974 einen Kontokorrentkredit von S 2 Mio. und einen Wechselkredit von S 1 Mio. eingeräumt. Dabei wurde die Anwendbarkeit und Gültigkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (AGB) vereinbart. Die Kreditschuld der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten wurde mit S 2,555.246,- rechtskräftig festgestellt.
Der Kläger begehrt die Zahlung von S 98.720,- s.A.
(Klagsänderung AS 31) und bringt vor, die Gemeinschuldnerin habe für ihre Dienstnehmer eine Abfertigungsrücklage in der Form gebildet, daß sie Wertpapiere bei der Beklagten angekauft und bei ihr im Depot gehalten habe. Die Beklagte habe die Herausgabe der Papiere mit der Begründung abgelehnt, sie seien zugunsten der Kreditausnützung gesperrt worden. Ein derartiges Zurückbehaltungsrecht bestehe jedoch nicht, weil die Beklagte in Kenntnis der besonderen Widmung der Wertpapiere gewesen sei, so daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zum Tragen kämen. Sollte - entgegen dem Standpunkt des Klägers - eine rechtswirksame Verpfändung angenommen werden, werde diese aus allen in Betracht kommenden Titeln, insbesondere nach den §§ 30 und 31 der KO, angefochten, da die Beklagte eine ihr nicht gebührende Sicherstellung erlangt habe und dadurch vor den anderen Gläubigern begünstigt worden sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, die Wertpapiere seien von der Gemeinschuldnerin der Beklagten ins Depot gegeben worden, ohne daß eine besondere Vereinbrung, ein Hinweis auf eine Abfertigungsrücklage oder eine gesonderte Widmung erfolgt sei. Da die eingeräumten Kredite notleidend geworden seien, sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Wertpapiere gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwerten.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es zitierte die Bestimmungen der Punkte 23 und 24 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (Beilage 2) und traf folgende weitere Feststellungen:
Die gegenständlichen Wertpapiere wurden von der Gemeinschuldnerin zur Abdeckung von Abfertigungen, also als Abfertigungsrücklagen, angekauft. Der Ankauf erfolgte jeweils durch die Buchhalterin der Gemeinschuldnerin, Luise S***. Sie hatte jeweils vom Steuerberater, Dkfm. Franz B***, mitgeteilt bekommen, zu welchem Nennwert Wertpapiere angekauft werden müssen; der Ankauf wurde dann telefonisch bei der Beklagten vorgenommen. Es kann nicht mehr festgestellt werden, ob dabei der Beklagten gegenüber bekannt gegeben wurde, daß die Wertpapiere zur Bildung einer Abfertigungsrücklage angekauft werden oder nicht. Eine besondere Vereinbarung der Streitteile, daß die Wertpapiere nicht den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen, besteht nicht. Die Wertpapiere wurden nicht in einem Zug angekauft, sondern jeweils zum Ende des Geschäftsjahres der Gemeinschuldnerin, das ist jeweils Ende April. Sämtliche Wertpapiere erlagen bei der Beklagten zu Depot. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Beklagte sei auf Grund der vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt gewesen, zunächst die Wertpapiere zurückzuhalten und sie in der Folge für ihre aushaftende Forderung zu verwerten. Die Vereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien auch für eine wirksame Verpfändung ausreichend. Wertpapiere, die als Abfertigungsrücklage gewidmet seien, unterlägen ebenfalls diesen Geschäftsbedingungen, deren Geltung nur durch eine gesonderte Vereinbarung ausgeschlossen werden könnte. Eine solche Vereinbarung sei nicht getroffen worden. Es habe auch nicht festgestellt werden können, ob die Beklagte überhaupt in Kenntnis der Widmung der Wertpapiere gewesen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte dessen rechtliche Beurteilung. Eine Anfechtung des Pfandrechtserwerbes nach der Konkursordnung könnte nur einen Betrag von S 1.000,- (Auftrag vom 25.4.1984) betreffen, alle anderen Anfechtungen wären verfristet. Eine Teilstattgebung scheitere jedoch auch in diesem Umfang daran, daß der Kläger ein Rechtsgestaltungsbegehren nicht gestellt habe. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht zutreffend damit, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den behandelten Fragen (mit Ausnahme der Konkursanfechtung) nicht vorliege.
Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Unter Punkt 1 der Revisionsausführungen macht der Kläger geltend, es sei auch dann, wenn die Geschäftsbedingungen der Beklagten eine allgemeine Verpfändungsvereinbarung enthielten, in jedem Einzelfall einer Verpfändung zu prüfen, ob diese für deren Rechtswirksamkeit vom Verfügungswillen beider Parteien getragen werde. Ein solcher Parteiwille habe jedoch im vorliegenden Fall auf beiden Seiten gefehlt.
Der Kläger hat ein derartiges Vorbringen im Verfahren vor dem Erstgericht nicht erstattet, so daß es schon aus diesen Grund gemäß § 504 Abs. 2 ZPO unbeachtlich ist. Darüber hinaus aber geht der Kläger damit an den getroffenen Feststellungen vorbei. Gemäß § 449 ABGB gründet sich der Titel zur Erwerbung des Pfandrechtes auf das Gesetz, auf einen richterlichen Ausspruch, auf einen Vertrag oder den letzten Willen des Eigentümers. Das Pfandrecht der Beklagten beruht auf der Bestimmung Punkt 23 Abs. 2 der AGB, wonach die in die Innehabung irgendeiner Stelle der Kreditunternehmung gelangten ..... Werte oder Wertgegenstände jeder Art ....., soweit gesetzlich zulässig, für alle gegenwärtigen und künftigen - auch bedingten, befristeten oder noch nicht fälligen - Ansprüche der Kreditunternehmung gegen den Kunden und seine Firma verpfändet sind, gleich viel, ob sie aus gewährten Krediten aller Art ..... oder sonst aus der Geschäftsverbindung entstanden oder sonst im Zusammenhang mit dieser auf die Kreditunternehmung übergegangen sind. Die AGB sind nicht Gesetz; sie erlangen nur im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen Bank und Kunden Geltung. Dies kann sowohl durch ausdrückliche Vereinbarung als auch durch stillschweigende Unterwerfung geschehen (BankArch. 1980, 69). Es ist unbestritten, daß die Anwendbarkeit und Gültigkeit der AGB zwischen den Parteien vereinbart wurde (AS 10). Daß im Kreditvertrag als Sicherheit ausdrücklich nur auf eine bestimmte Bürgschaft verwiesen wird, kann nicht bedeuten, daß die beklagte Partei auf ihre zusätzlichen Sicherheiten gemäß den in eben diesem Kreditvertrag angeführten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" verzichtet hätte. Der Kläger - den hiefür die Beweislast träfe (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 864 a) - hat nicht behauptet, daß es sich bei den Bestimmungen der Punkte 23 und 24 der AGB um solche ungewöhnlichen Inhalts iS des § 864 a ABGB handle. Auch sie sind daher zum Vertragsinhalt geworden.
Der Kläger hat allerdings geltend gemacht, die Beklagte sei in Kenntnis einer besonderen Widmung der Wertpapiere - die nur zum Zwecke der Bildung einer Abfertigungsrücklage angeschafft worden seien - gewesen. Der Kunde und die Bank haben nun zwar selbstverständlich die Möglichkeit, die Entstehung des Pfandrechtes durch eine entsprechende Vereinbarung auszuschließen. Der Kunde kann dies sogar einseitig erreichen, da die antizipierte Einigung bis zur Entstehung des Pfandrechtes frei widerruflich ist. Die Vereinbarung bzw. der Widerruf können auch konkludent erfolgen und sich insbesondere aus dem Zweck des betreffenden Geschäftes ergeben (Canaris in Großkomm. z. HGB, Rdz 1313 im Anh. nach § 357). Es wurde jedoch weder festgestellt, daß eine besondere Vereinbarung bestanden hätte, durch die die Entstehung des Pfandrechtes an den Wertpapieren ausgeschlossen worden wäre, noch auch, daß die Gemeinschuldnerin der Beklagten die Widmung der Wertpapiere bekanntgegeben habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof vermag der Ansicht des Klägers, die allein in den AGB enthaltene Verpfändungserklärung reiche für eine rechtswirksame Verpfändung insbesondere der gegenständlichen Wertpapiere nicht aus, weil sie zu allgemein gehalten sei und nicht dem Publizitätsprinzip entspreche, nicht beizupflichten. Gewiß erfordert "in Verwahrung nehmen" (§ 451 Abs. 1 ABGB) eine nach außen hin in Erscheinung tretende Ersetzung der Verfügungsgewalt des Verpfänders durch jene des Pfandnehmers; doch genügt zum Pfandrechtserwerb an beweglichen Sachen die Übergabe kurzer Hand mittels Erklärung an den bereits innehabenden Pfandnehmer gemäß § 428, zweiter Halbsatz, ABGB (Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 451; SZ 41/81). Der Anführung der einzelnen in der Innehabung der Bank befindlichen Wertpapiere bedurfte es nicht, da Punkt 23 Abs. 2 AGB keine Einschränkung des Umfanges des Pfandrechtes an den "in die Innehabung irgend einer Stelle der Kreditunternehmung gelangten Wertpapiere" vorsieht (vgl. SZ 41/81). Es bestand deshalb ein wirksames Pfandrecht der Beklagten an den in ihre Innehabung gelangten Wertpapieren der Klägerin. Zur Verwertung dieses Pfandrechtes war die Beklagte nach Punkt 24 Abs. 1 AGB ohne gerichtliches Verfahren - der handelsrechtliche Pfandverkauf bedeutet keine
Exekutionsführung - befugt. Daß die Beklagte hiebei die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten hätte
(vgl. Schinnerer-Avancini aaO 263 ff), hat der Kläger nicht behauptet. Ein vollstreckbarer Titel ist nicht Erfordernis des handelsrechtlichen Pfandverkaufes (vgl. Damrau in Münchener Kommentar, Rdz 2, 3 und 9 zu § 1228).
Es erübrigt sich unter diesen Umständen, darauf einzugehen, ob die Beklagte auch ein Zurückbehaltungsrecht (Punkt 23 Abs. 5 AGB) an den in ihre Innehabung gelangten Wertpapiere hatte. Die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zum Anfechtungsvorbringen des Klägers (AS 11) werden in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen.
Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen, so daß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)