OGH 3Ob577/86 (3Ob578/86)

OGH3Ob577/86 (3Ob578/86)18.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. ehelichen Kinder T***, und zwar: Ronald, geb. 25. April 1972, Elvis, geb. 22. März 1973, und Thomas, geb. 26. Juli 1974, Schüler, 2630 Ternitz-Pottschach, Dr. Karl Rennerstraße 91/F/3, hier gesetzlich vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft, Neunkirchen, 2620 Neunkirchen, Peischingerstraße 17, als besonderen Sachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche, infolge Revisionsrekurses und Rekurses des besonderen Sachwalters gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 14. Mai 1986, GZ R 172,173/86-106, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 5. Dezember 1985, GZ P 36/83-96, abgeändert und der Beschluß desselben Bezirksgerichtes vom 1. April 1986, P 36/83-102, aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1) Soweit sich das Rechtsmittel als Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil (Punkt I) der Rekursentscheidung richtet, wird es zurückgewiesen.

2) Soweit sich das Rechtsmittel als Rekurs gegen den aufhebenden Teil (Punkt II) der Rekursentscheidung richtet, wird ihm nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Zu 1):

Mit Punkt I seiner Entscheidung änderte das Rekursgericht auf Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Punkt 2) des erstgerichtlichen Beschlusses vom 5. Dezember 1985, ON 96, womit den hier pflegebefohlenen minderjährigen Kindern auf Antrag des besonderen Sachwalters für die Zeit vom 1. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1988 Unterhaltsvorschüsse nach den §§ 4 Z 2 und 6 Abs 2 Z 2 und 3 UVG weitergewährt wurden, durch Abweisung des diesbezüglichen Antrags des besonderen Sachwalters ab. Soweit sich das Rechtsmittel des besonderen Sachwalters als Revisionsrekurs gegen diesen abändernden Teil der Rekursentscheidung richtet, ist es zurückzuweisen, weil nach § 15 Abs 3 UVG der Rekurs an den Obersten Gerichtshof unzulässig ist, und zwar nach ständiger Rechtsprechung unter allen Umständen (NZ 1986, 62; EFSlg. 43.853 und

43.854 u.v.a.).

Zu 2):

In der am 12. März 1986 beim Erstgericht eingelangten Eingabe des besonderen Sachwalters vom 7. März 1986 beantragte dieser, die vom ehelichen Vater, Felix Z***, zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeiträge von je 500,-- S ab 1.April 1986 auf je 1.000,-- S zu erhöhen. Zu den Lebensverhältnissen des Vaters behauptete der Antragsteller, der Unterhaltspflichtige sei in seinem Wohnort Leoben bei der Firma B***-F*** beschäftigt, beziehe einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld ein monatliches Durchschnitseinkommen von 6.300,-- S und habe noch für ein viertes Kind zu sorgen.

Mit am 13. März 1986 eigenhändig zugestelltem Beschluß vom 12. März 1986, ON 101, übermittelte das Erstgericht eine Kopie dieses Unterhaltserhöhungsantrages dem Vater zur allfälligen Stellungnahme bis 25. März 1986, sonst werde nach § 185 Abs 3 AußStrG angenommen, daß er dem Antrag Einwendungen nicht entgegensetze.

Der Vater gab keine Äußerung ab.

Mit Beschluß vom 1. April 1986, ON 102, erhöhte das Erstgericht die väterlichen Unterhaltsbeiträge, im Sinn des Antrags des besonderen Sachwalters. Dabei ging es nicht von dem im Erhöhungsantrag behaupteten monatlichen Durchschnittseinkommen von 6.300,-- S aus, sondern errechnete aus der dem Erhöhungsantrag angeschlossenen, dem Unterhaltspflichtigen aber anläßlich der Aufforderung nach § 185 Abs 3 AußStrG nicht mitgeteilten Auskunft des Leobener Schlachthofes B***-F*** vom 10. Februar 1986, daß Felix Z*** dort seit 7. Jänner 1986 als Arbeiter beschäftigt sei und vom 7.-31. Jänner 1986 einen Bruttobezug von 7.350,-- S, nach Abzug der abgerundeten Sozialversicherungsbeiträge von 1.220,-- S und der Lohnsteuer von 645,-- S einen Nettobezug von 5.485,-- S, aber keinerlei Zulagen erhalten habe, einen fiktiven Monatsbezug von 6.582,-- S und unter Einrechnung von angenommenen zwei weiteren Monatsbezügen als Urlaubs- und Weihnachtsgeld ein monatliches Durchschnittseinkommen von 7.679,-- S. Davon könne der Vater die erhöhten Unterhaltsbeiträge leisten.

In seinem gegen den Erhöhungsbeschluß gerichteten Rekurs vom 2. April 1986, ON 103, der im Protokoll vom 29. April 1986, ON 104, verbessert wurde, brachte der Vater zu seinen Einkommensverhältnissen im wesentlichen vor, daß er bei der Firma B*** im Monatsdurchschnitt nicht 6.300 S, sondern im Jänner nur 5.400 S und im Februar nur 4.400,-- S verdient habe. Da er davon nicht habe leben können, habe er diese Arbeit mit 7. März 1986 aufgeben müssen, sei anschließend drei Wochen arbeitslos gemeldet gewesen, habe in der ersten Aprilhälfte vorübergehend bei einer Fensterreinigungsfirma in Leoben gearbeitet und arbeite seit 22. April 1986 als Zeitungsausträger, wobei er ca. 5.500,-- S verdienen werde.

Mit Punkt II seiner Entscheidung gab das Rekursgericht dem Rekurs des Vaters Folge, hob den Erhöhungsbeschluß auf und trug dem Erstgericht auf, über den Erhöhungsantrag des besonderen Sachwalters nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden.

Das Rekursgericht führte unter anderem aus, daß es einem Beteiligten, der sich nicht im Sinn des § 185 Abs 3 AußStrG geäußert und daher keine eigenen Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, verwehrt sei, dem Sachverhalt, von dem das Erstgericht bei seiner Entscheidung im Hinblick auf die Nichtäußerung des Beteiligten auszugehen hatte, im Rekurs abweichende Tatsachenbehauptungen entgegenzusetzen. Da dem Vater in der Äußerungsaufforderung nur das im Erhöhungsantrag selbst behauptete monatliche Durchschnittseinkommen von 6.300,-- S bekanntgegeben worden sei, dürfe nur dieser Betrag als zugestanden angesehen werden. Schon die dem Erhöhungsantrag beigelegte Lohnauskunft für die Zeit vom 7.-31. Jänner 1986 habe gegen dieses dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbrignen des Antragstellers gesprochen, weil aus einer Auskunft über einen so kurzen Zeitraum nicht auf ein durchschnittliches Einkommen geschlossen werden könne. Spreche aber der Akteninhalt gegen das Tatsachenvorbringen des Antragstellers, dann fehlten ausreichende Entscheidungsgrundlagen und seien weitere Erhebungen erforderlich. Selbst wenn man deshalb, weil der Vater nur gelegentlich arbeite und häufig den Arbeitsplatz wechsle, der Auffassung wäre, daß eine Lohnauskunft über einen kurzen Zeitraum die Ermittlung eines monatlichen Nettoeinkommens rechtfertige, dürfe der Vater neue, aber vor der Beschlußfassung eingetretene, nicht den Sachverhalt betreffende Umstände, von denen das Erstgericht wegen der Nichtäußerung auszugehen gehabt habe, im Rekurs vorbringen, zum Beispiel, daß er im Februar 1986 nur 4.400,-- S verdient habe. Deshalb werde im fortgesetzten Verfahren eine Lohnauskunft über die gesamte Arbeitszeit des Vaters bei der Firma B***-F*** einzuholen sein. Sollte sich daraus ein monatliches Durchschnittseinkommen von 7.679,-- S ergeben oder im Sinn der Anspannungstheorie von einem solchen Einkommen ausgegangen werden können, werde eine Erhöhung der Unterhaltsbeiträge für die hier pflegebefohlenen Kinder vorgenommen werden können. Sollte sich eine 6.500,-- S nicht übersteigende Bemessungsgrundlage ergeben, wäre der Erhöhungsantrag abzuweisen.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der auch diesbezüglich als "Revisionsrekurs" bezeichnete Rekurs des besonderen Sachwalters mit dem Antrag, den Unterhaltserhöhungsbeschluß der ersten Instanz wiederherzustellen. Die Meinung des Rekursgerichtes, dieser erstgerichtliche Beschluß habe sich nicht auf das dem Vater bekanntgegebene Antragsvorbringen gegründet, sei unrichtig, ja aktenwidrig, weil das Erstgericht lediglich die keinen vollen Monat umfassende Einkommensunterlage auf eine monatliche Bemessungsgrundlage umgerechnet habe. Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche sind zwar nach § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig. Das Rechtsmittel des besonderen Sachwalters ist jedoch von diesem Rechtsmittelausschluß insoweit nicht betroffen, als ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 185 Abs 3 AußStrG geltend gemacht wird (SZ 52/155; EFSlg. 44.621 u.v.a.).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aber nicht begründet.

Wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, folgt aus der Nichtäußerung des Unterhaltspflichtigen trotz Aufforderung nach § 185 Abs 3 AußStrG lediglich, daß das tatsächliche Vorbringen des Antragstellers als zugestanden gilt und auch keine neuen Umstände nachgetragen werden können. Wenn aber der Akteninhalt gegen das dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbringen des Antragstellers spricht, oder wenn es keine ausreichende Entscheidungsgrundlage zu bieten vermag, dann kann nicht von der Berechtigung des Antrags ausgegangen werden, sondern sind die gemäß dem Akteninhalt zutreffenden Feststellungen zugrundezulegen bzw. die fehlenden Tatumstände durch entsprechende Ermittlungen festzustellen (EFSlg. 47.373, 42.453, 39.660, 35.131 u.v.a.).

Gegen diese verfahrensrechtlichen Grundsätze hat das Rekursgericht nicht verstoßen.

Schon das Erstgericht ist je offensichtlich davon ausgegangen, daß das im Antrag des besonderen Sachwalters behauptete und dem Vater in der Aufforderung nach § 185 Abs 3 AußStrG mitgeteilte monatliche Durchschnittseinkommen von 6.300 S (einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld) der mit dem Erhöhungsantrag vorgelegten Lohnauskunft für die Zeit vom 7.-31. Jänner 1986 nicht entspricht, und hat seinem Erhöhungsbeschluß daher nicht das unwidersprochen behauptete monatliche Durchschnittseinkommen von 6.300 S, sondern ein unabhängig davon aus einem anderen Aktenstück errechnetes monatliches Durchschnittseinkommen von rund 7.680,-- S zugrundegelegt.

Der Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes beruht daher nicht auf einer unrichtigen Beurteilung der Verfahrensvorschrift des § 185 Abs 3 AußStrG durch die zweite Instanz, weshalb dem Rekurs nicht Folge zu geben ist.

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