OGH 4Ob329/86

OGH4Ob329/8613.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C. VAN DER L*** N.V., Weverskade 10, Maasland, Niederlande, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***

G*** M.B.H. & CO. KG, Salzburg-Grödig, vertreten durch Dr. Rudolf Jahn und Dr. Harald Jahn, Rechtsanwälte in Wien, wegen Patentverletzung (Streitwert S 1,000.000,-) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18. Februar 1986, GZ 3 R 270/85-45, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22. November 1985, GZ 17 Cg 74/85-42, teilweise zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin an den österreichischen Patenten Nr. 285.438, 293.184 und 296.039, welche bestimmte Ausgestaltungsformen eines Ladewagens zum Gegenstand haben.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte in Österreich Ladewagen vertreibe, die in diese Patente eingriffen, begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, Ladewagen in Verkehr zu bringen und/oder feilzuhalten, welche die in den einzelnen Patentansprüchen der drei Patente beschriebenen Merkmale aufweisen; außerdem stellte sie ein Rechnungslegungs-, ein Zahlungs- und ein Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Durch die von ihr vertriebenen Ladewagen würden die Patente der Klägerin nicht verletzt; alle drei Klagepatente seien im übrigen wegen neuheitsschädlicher Vorveröffentlichungen nichtig.

Nachdem das Erstgericht ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Patentanwalt Dipl.Ing. Johann K***-P*** eingeholt hatte und dieses Gutachten in der Verhandlungstagsatzung vom 17.9.1981 erörtert worden war, stellte die Klägerin in derselben Tagsatzung den Antrag auf eine ergänzende Befundaufnahme; die Beklagte beantragte eine Ergänzung des Gutachtens in bezug auf das Patent Nr. 293.184. Das Erstgericht beauftragte den Sachverständigen mit der Erstattung eines ergänzenden Gutachtens nach vorheriger Ergänzung des Befundes durch Besichtigung der beanstandeten Ladewagen. In der Folge wurde die der Klägerin zur Bekanntgabe einer entsprechenden Besichtigungsmöglichkeit gesetzte Frist mehrfach, zuletzt bis 30.9.1982, erstreckt.

Mit Schriftsatz vom 22.7.1982 (ON 24) verwies die Beklagte darauf, daß nach dem Gutachten des Sachverständigen an ihren Ladewagen nur die geschützten Merkmale des Patentes Nr. 293.184 verwirklicht seien. Obgleich sie einen solchen Patenteingriff auch weiterhin bestreite, habe sie am 19.7.1982 beim Österreichischen Patentamt einen Antrag auf Nichtigerklärung des angeführten Patents eingebracht. Die Klägerin beantragte daher,

1. die auf die Patente Nr. 285.438 und 296.039 gestützten Klageansprüche mit Teilurteil abzuweisen und

2. das Verfahren über die aus dem Patent Nr. 293.184 abgeleiteten Ansprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Nichtigkeitsantrag zu unterbrechen.

Die Klägerin sprach sich gegen diese Anträge aus. Vor der von ihr beantragten Ergänzung des Sachverständigengutachtens sei die Rechtssache hinsichtlich der Patente Nr. 285.438 und 296.039 noch nicht spruchreif. In Ansehung des Patentes Nr. 293.184 sei ein Unterbrechungsgrund derzeit nicht gegeben; im übrigen sei eine Teilunterbrechung des Verfahrens im Patentgesetz nicht vorgesehen und deshalb unzulässig.

Mit Beschluß vom 14.1.1983 (ON 30 S. 141 f.) unterbrach das Erstgericht das (gesamte) Verfahren gemäß § 156 Abs. 3 PatG und § 190 ZPO. Einem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 29.4.1983 (ON 33) nicht Folge.

Nachdem im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung und dem Obersten Patent- und Markensenat das Patent Nr. 293.184 im Umfang seines Anspruches 4 rechtskräftig für nichtig erklärt worden war, stellte die Klägerin am 11.9.1985 den Antrag auf Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens (ON 39).

Mit Schriftsatz vom 14.11.1985 (ON 40) beantragte die Beklagte abermals die Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen weiteren, von ihr beim Österreichischen Patentamt einzubringenden Antrag auf Nichtigerklärung des Patents Nr. 293.184. Sie habe erst nachträglich, nämlich im September 1985, erfahren, daß auf der Welser Messe im August 1964 und auf der Wiener Herbstmesse 1964 ein die Merkmale der Ansprüche 1 und 2 des angeführten Patents aufweisender Ladewagen ausgestellt gewesen war, dessen Ausführungsweise auch in den damals verteilten Werbeschriften beschrieben worden war. Tatsächlich legte die Klägerin in der Verhandlungstagsatzung vom 22.11.1985 den entsprechenden Nichtigkeitsantrag mit einer Eingangsstampiglie des Österreichischen Patentamtes vom 21.11.1985 samt Beilagen vor (ON 42 S. 182).

Schon am 18.11.1985 hatte sich die Klägerin gegen den neuerlichen Unterbrechungsantrag ausgesprochen. Eine nochmalige Unterbrechung des Verfahrens sei nach § 156 Abs. 3 PatG ausgeschlossen, das neue Sachvorbringen der Beklagten gemäß § 179 ZPO wegen offenkundiger Verschleppungsabsicht unstatthaft. In der darauffolgenden Verhandlungstagsatzung beantragte die Klägerin ihrerseits unter Hinweis darauf, daß eine allfällige Unterbrechung des Verfahrens zur Klärung der Nichtigkeit des Patentes Nr. 293.184 eine unerträgliche Verfahrensverzögerung zur Folge hätte, die getrennte Führung des Verfahrens hinsichtlich des Patents Nr. 293.184 einerseits und der Patente Nr. 285.438 und 296.039 andererseits.

Mit Beschluß vom 22.11.1985 (ON 42 S. 183) wies das Erstgericht diesen Antrag der Klägerin ab und verfügte zugleich die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 156 Abs. 3 PatG bzw. § 190 ZPO. Der beantragten Trennung stehe entgegen, daß die Eingriffsfrage zweckmäßigerweise nur gemeinsam behandelt und beurteilt werden könne. Die Unterbrechung des Verfahrens sei geboten, weil die Beklagte einen neuerlichen Nichtigkeitsantrag eingebracht und in diesem Zusammenhang nachgewiesen habe, daß der die Merkmale des Patentes Nr. 293.184 aufweisende Ladewagen schon vor dem Prioritätszeitpunkt dieses Patentes öffentlich ausgestellt worden war.

Den dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht, soweit er sich gegen die Ablehnung einer Trennung der Verhandlung über einzelne Ansprüche gerichtet hatte, als unzulässig zurück; im übrigen gab es dem Rechtsmittel nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteigt. Weder aus dem Patentgesetzt noch aus der von der Klägerin gleichfalls ins Treffen geführten Bestimmung des Art. 6 MRK sei abzuleiten, daß ein Patentverletzungsstreit nur ein einziges Mal unterbrochen werden könnte; die Aktenlage biete auch keinen Anhaltspunkt für eine Verschleppungsabsicht der Beklagten. Die Ablehnung einer Trennung der Verhandlung im Sinne des § 188 ZPO sei gemäß § 192 Abs. 2 ZPO nicht anfechtbar.

Gegen die teilweise Zurückweisung ihres Rekurses richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung die beantragte Verfahrenstrennung zu verfügen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Klägerin stützt ihren Antrag, das Verfahren über die aus dem Patent Nr. 293.184 abgeleiteten Ansprüche vom übrigen Verfahren abzutrennen und gesondert zu führen, ersichtlich auf § 188 Satz 1 ZPO, wonach das Gericht anordnen kann, daß über mehrere in derselben Klage erhobene Ansprüche getrennt verhandelt werde. Die nach dieser Gesetzesstelle erlassenen Anordnungen - also auch die Verweigerung einer Verhandlungstrennung - können aber gemäß § 192 Abs. 2 ZPO durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Daß die Ablehnung des Trennungsantrages im Ergebnis zur Unterbrechung des gesamten Rechtsstreites - und nicht bloß des Verfahrens über einzelne Teilansprüche - geführt hat, kann an dieser Unzulässigkeit des Rekurses der Klägerin nichts ändern. Der Unterbrechungsbeschluß selbst ist vom Rekursgericht bestätigt worden und damit in Rechtskraft erwachsen; auf die Ausführungen des Revisionsrekurses zu der - nach Ansicht der Klägerin unrichtigen - Auslegung des § 156 Abs. 3 PatG durch die Vorinstanzen ist daher ebensowenig einzugehen wie auf die Frage eines allfälligen Verstoßes gegen Art. 6 MRK. Das Rekursgericht hat vielmehr den Rekurs der Klägerin gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Verfahrenstrennung mit Recht als unzulässig zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50, 52 ZPO.

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