OGH 4Ob331/86

OGH4Ob331/8613.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** M*** Handelsgesellschaft m.b.H., Wien 2., Ferdinandstraße 6, vertreten durch DDr. Walter Barfuß, DDr. Hellwig Torggler, Dr. Christian Hauer, Dr. Lothar Wiltschek und Dr. Guido Kucsko, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Walter M***, Kaufmann in Eugendorf 251, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 4. März 1986, GZ 3 R 53/86-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Jänner 1986, GZ 3 Cg 528/85-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig, die Klägerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte vertreibt Preisauszeichnungsgeräte. Er veröffentlichte in der Zeitschrift "Regal", Jahrgang 12, Nr. 12 (Dezember 1985), unter der Überschrift: "So günstig war Preisauszeichnung noch nie" ein Inserat, in welchem er unentgeltliche Zugaben, nämlich - je nach der Menge der abgenommenen Etikettiergeräte - steigende Stückzahlen von Obstbeuteln, Tragetaschen und Etiketten, ankündigte (Beilage B). Auf Grund dieses - auch vom Beklagten nicht

bestrittenen - Sachverhalts beantragte die klagende Mitbewerberin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, beim Vertrieb von Preisauszeichnungsgeräten unentgeltliche Zugaben, insbesondere Obstbeutel und/oder Tragetaschen, anzukündigen.

Der Beklagte sprach sich gegen den Sicherungsantrag aus. Der von ihm begangene Zugabenverstoß beruhe auf einer unrichtigen Rechtsauskunft der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg. Nach der Aufklärung des Irrtums durch die vorliegende Unterlassungsklage habe er sich von dem Gesetzesverstoß "in jeder Weise distanziert" und zugleich in einem weiteren Inserat in der Zeitschrift "Regal" die Verpflichtung übernommen, in Zukunft keine unentgeltlichen Zugaben mehr anzukündigen. Da er überdies bereit sei, einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich abzuschließen, fehle es an der erforderlichen Wiederholungsgefahr. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an:

Vor der Veröffentlichung des beanstandeten Inserates hatte sich der Beklagte bei der Rechtsabteilung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg erkundigt, ob eine solche Anzeige zulässig sei; nachdem dies bejaht worden war, gab er den Auftrag zur Einschaltung des Inserates. Erst nach der Zustellung der Klage und Beratung durch einen Rechtsanwalt erlangte der Beklagte davon Kenntnis, daß ein Inserat in dieser Form gegen das Zugabengesetz verstößt. Er beauftragte daraufhin sofort die Zeitschrift "Regal", in der nächsten Ausgabe ein gleich großes Inserat einzuschalten, in welchem er sich verpflichtete, in Hinkunft das Ankündigen unentgeltlicher Zugaben zu unterlassen. Diese in der Februar-Nummer 1986 der mehrfach genannten Zeitschrift veröffentlichte Anzeige begann mit folgender Erklärung:

"M*** Meidl teilt mit:

Wir haben in unseren Werbeeinschaltungen in den Heften 12/85 und 1/86 der Zeitschrift 'Regal' als Einführungsangebot für den Erwerb unserer Preisauszeichnungsgeräte unentgeltliche Zugaben, vor allem Obstbeutel und Tragtaschen, angekündigt.

Unser Mitkonkurrent, die Firma E*** M*** Handelsges.m.b.H., sieht darin einen Verstoß gegen das Zugabengesetz und hat uns auf Unterlassung der Ankündigung unentgeltlicher Zugaben beim Landesgericht Salzburg geklagt.

Wir verpflichten uns hiemit, es in Hinkunft zu unterlassen,

unentgeltliche Zugaben anzukündigen.

Im übrigen bleibt es dabei:

So günstig war Preisauszeichnung noch nie

......."

Im Anschluß daran wurde die Werbeeinschaltung vom Dezember 1985 - ohne die beanstandeten Zugabenankündigungen - wiederholt. Bei dieser Sachlage hielt das Erstgericht die Wiederholungsgefahr nicht für gegeben: Das vom Beklagten in Auftrag gegebene Inserat vom Februar 1986 lasse in Verbindung mit seiner Bereitschaft zum Abschluß eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches und der Tatsache, daß er den Rechtsstandpunkt der Klägerin ausdrücklich als richtig anerkannt habe, eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung ausgeschlossen erscheinen.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteigt. Der Beklagte habe zwar den Abschluß eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches, nicht aber auch die - zur Aufklärung des Publikums erforderliche - Veröffentlichung dieses Vergleiches auf seine Kosten angeboten. Da auch die Formulierung seiner Unterlassungsverpflichtung im Inserat vom Februar 1986 erhebliche Zweifel an der Ernstlichkeit des Willens des Beklagten aufkommen lasse, ähnliche Gesetzesverstöße in Hinkunft zu unterlassen, könne das Fortbestehen der Wiederholungsgefahr nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz.

Die Klägerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, muß Wiederholungsgefahr - als materiell-rechtliche Voraussetzung eines klagbaren Unterlassungsanspruches nach dem UWG - immer dann angenommen werden, wenn die ernstliche Besorgnis besteht, der Verletzer werde es bei seinen bisherigen Störungshandlungen nicht bewenden lassen, sondern weitere Gesetzesverstöße begehen. Eine solche Gefahr kann auch bei einer einmaligen Gesetzesverletzung nur dann verneint werden, wenn der Verletzer besondere Umstände dartut, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen. Dabei kommt es immer auf die Art des Eingriffes und auf die Willensrichtung des Störers an, für welch letztere insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung und während des Rechtsstreites wichtige Hinweise bieten können. Maßgebend ist, ob nach den Umständen des Falles dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit konkrete Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, daß er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen abzusehen. Nimmt daher der Beklagte von sich aus Handlungen vor, die eine solche Sinnesänderung nach außen klar erkennen lassen, dann kann die Wiederholungsgefahr im Einzelfall ausgeschlossen sein (ÖBl. 1978, 127 mit ausführlichen Judikaturnachweisen; im gleichen Sinn ÖBl. 1981, 122; ÖBl. 1982, 102 uva.).

Im vorliegenden Fall ist bescheinigt, daß sich der Beklagte noch

vor der Einschaltung des beanstandeten Inserates bei der

Rechtsabteilung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg

erkundigt und dort die - irrige - Auskunft erhalten hatte, daß eine

solche Werbeankündigung zulässig sei. Auch daraus ist aber für den

Rechtsstandpunkt des Beklagten nichts zu gewinnen: Zwar hat der

Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen, daß die

Wiederholungsgefahr auch dann verneint werden kann, wenn der

Wettbewerbsverstoß nur auf einem Irrtum beruht; entscheidend ist

dann aber, daß sich der Beklagte von dem Gesetzesverstoß klar und

deutlich distanziert und Maßnahmen zur Berichtigung des

unterlaufenen Fehlers und zu dessen Verhinderung in der Zukunft

ergreift (ÖBl. 1973, 135; ÖBl. 1977, 108; ÖBl. 1980, 128; ÖBl. 1984,

135 = RdW 1984, 372 uva.). Ein solches Verhalten des Beklagten ist

aber diesmal nicht glaubhaft gemacht: Wie schon das Rekursgericht

zutreffend ausgeführt hat, dient auch das angeblich "aufklärende"

Inserat vom Februar 1986 weit mehr der Werbung für die Produkte des

Beklagten als der Information des Publikums über den vom Beklagten

begangenen Zugabenverstoß, wird doch die Aufmerksamkeit des

flüchtigen Lesers dieser Anzeige vor allem auf die blickfangartig

hervorgehobene Ankündigung "So günstig war Preisauszeichnung noch

nie" und nicht auf die diesem Slogan vorangestellte, die

Unterlassungsverpflichtung des Beklagten enthaltende "Mitteilung"

gelenkt. Die vom Beklagten gewählte Formulierung: "Unser

Mitkonkurrent .... sieht darin einen Verstoß gegen das Zugabengesetz

und hat uns auf Unterlassung .... geklagt" läßt keine deutliche

Distanzierung von diesem Zugabenverstoß erkennen; sie vermeidet jede Stellungnahme zur Berechtigung des von der Klägerin erhobenen Vorwurfs und erweckt schon deshalb nicht den Eindruck einer ernstlichen Sinnesänderung des Beklagten. Unter diesen Umständen kann aber entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers auch nicht davon gesprochen werden, daß die zuletzt erwähnte Werbeankündigung die von der Klägerin verlangte - und nach den Umständen des Falles zur Aufklärung des Publikums gebotene - Urteilsveröffentlichung entbehrlich gemacht hätte. Da jedoch der Beklagte der Klägerin nur einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich und nicht auch dessen Veröffentlichung angeboten hat, muß auch unter diesem Gesichtspunkt die Wiederholungsgefahr als weiterhin fortbestehend angesehen werden (SZ 52/94 = ÖBl. 1980, 7; ÖBl. 1980, 47; ÖBl. 1985, 16 ua.). Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Die Kostenentscheidung beruht in Ansehung des Beklagten auf §§ 40, 50, 52 ZPO in Verbindung mit §§ 78, 402 Abs. 2 EO, in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs. 1 EO.

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