Spruch:
Aus Anlaß des Revisionsrekurses wird die Entscheidung des Rekursgerichtes als nichtig aufgehoben und der Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluß ON 30 vom 20.9.1983 wurden der mj. Doris E*** gemäß §§ 3 und 4 Z 1 UVG für die Zeit vom 1.9.1983 bis 31.8.1986 monatliche Unterhaltsvorschüsse von S 1.000,-- bewilligt und das Jugendamt des Magistrates der Stadt St. Pölten gemäß § 9 Abs.2 UVG zum besonderen Sachwalter des Kindes zwecks Durchsetzung der Unterhaltsansprüche bestellt. Am 27.11.1985 stellte der besondere Sachwalter den Antrag, 1.) die Zahlung der Unterhaltsvorschüsse mit 1.12.1985 einzustellen und 2.) ihn von seiner Funktion zu entbinden. Das Erstgericht gab dem Antrag in beiden Punkten statt. Infolge Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen die Enthebung des besonderen Sachwalters änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß teilweise dahin ab, daß der diesbezügliche Antrag abgewiesen wurde. Es verwies darauf, daß die Bezirksverwaltungsbehörde die vom Unterhaltsschuldner hereingebrachten Beträge, soweit sie nicht dem Kinde zur Abdeckung von bevorschußten Unterhaltsbeiträgen vorrangig zuflössen, gemäß § 27 Abs.2 UVG dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien zu überweisen habe und eine Einstellung der Vorschüsse allein gemäß § 9 Abs.3 UVG keinen Grund für die Beendigung der im Sinne des § 9 Abs.2 UVG bestehenden Sachwalterschaft darstelle. Vorliegendenfalls seien Unterhaltsvorschüsse überwiegend und zuletzt bis zum 30.11.1985 nach den §§ 3 und 4 Z 1 UVG gewährt worden, weshalb die Enthebung des besonderen Sachwalters zu Unrecht erfolgt sei.
Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt der Magistrat der Stadt St.Pölten das Rechtsmittel des Revisionsrekurses mit dem Antrage auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Zur Begründung wird vorgebracht, seine Enthebung von der Funktion des besonderen Sachwalters sei nicht wegen der Einstellung der Vorschüsse begehrt worden, sondern deswegen, weil die Mutter und gesetzliche Vertreterin des Kindes nicht mehr länger durch dieses Amt vertreten sein wolle, den ihr gebührenden aushaftenden Unterhaltsrückstand von S 37.700,-- selbst einbringlich gemacht habe und sich offensichtlich auch hinsichtlich der laufenden Unterhaltszahlungen keine Schwierigkeiten ergäben.
Aus Anlaß des gemäß § 14 AußStrG zulässigen Rechtsmittels ist die von der Revisionsrekurswerberin nicht geltend gemachte Frage der Zulässigkeit des Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien an die zweite Instanz zu prüfen, zumal bei Verneinung derselben vom Rekursgericht über ein unzulässiges Rechtsmittel entschieden und damit die Rechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses verletzt wurde, sodaß ein von Amts wegen zu beachtender Nichtigkeitsgrund vorliegt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 1 Ob 793/80 = RZ 1981/58, 207 = ÖAmtsVmd 1982, 42 = EFSlg.38.989 (1), (zitiert auch bei Edlbacher, Das Außerstreitverfahren MGA 2 , letzte E zu 7.) auf S 747), darauf hingewiesen, daß das in § 15 Abs.1 UVG dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes zugestandene Rekursrecht ua. die Hintanhaltung der unrechtmäßigen Gewährung von Vorschüssen bezweckt und die Frage, wie weit der durch ihn vertretene Bund in anderen Fällen des Unterhaltsvorschußrechtes rekursberechtigt ist, davon abhängt, ob durch die angefochtene Verfügung in seine Rechte eingegriffen wurde. Durch die Beendigung der gesetzlichen Vertretung des Kindes durch die Bezirksverwaltungsbehörde endet auch die ihr übertragene, im Sinne des § 27 Abs.1 UVG durchzuführende Wahrnehmung auch der fiskalischen Interessen des Bundes. Gemäß § 30 UVG gehen mit dieser Beendigung die noch nicht eingebrachten Unterhaltsforderungen des Kindes für die Zeit, für die Vorschüsse bewilligt worden waren, und im Ausmaße der noch nicht zurückgezahlten Vorschüsse, auf den Bund über. Diese Legalzession bedeutet, daß sich die Rechtsstellung des Bundes durch die Beendigung der Tätigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde nicht verschlechtert. Der Präsident des Oberlandesgerichtes kann alle jene dem Bund zustehenden Beträge, für deren Hereinbringung die Bezirksverwaltungsbehörde als gesetzlicher Sachwalter zu sorgen hatte, vom Zeitpunkt der Beendigung der gesetzlichen Vertretung dieser Behörde an gemäß § 31 Abs.1 UVG selbst - im Wege der Einbringungsstelle des Oberlandesgerichtes - eintreiben; er tritt auch gemäß Abs.2 leg.cit. in anhängige Exekutionsverfahren usw. ein. Auch im Befriedigungsrange tritt gemäß den §§ 27 Abs.1, 31 Abs.3 UVG keine Verschlechterung der Rechtslage des Bundes ein. Der Bund könnte somit bei Einbringung der Unterhaltsrückstände durch die Bezirksverwaltungsbehörde nicht mehr erhalten, als er selbst als Legalzessionar zwangsweise hereinbringen kann. Demgemäß berührt aber ein erstgerichtlicher Enthebungsbeschluß die vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes allein zu wahrenden fiskalischen Interessen des Bundes nicht. Dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes kommt daher insoweit - mangels Eingriffes in die von ihm zu wahrenden Rechte des Bundes - keine Rechtsmittellegitimation zu.
In diesem Sinne ist vorliegendenfalls der Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den erstgerichtlichen Enthebungsbeschluß somit unzulässig. Die sachliche Entscheidung des Rekursgerichtes verstößt demgemäß gegen die Rechtskraft des genannten Beschlusses. Sie war daher als nichtig aufzuheben und das Rechtsmittel an die zweite Instanz als unzulässig zurückzuweisen.
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