Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien sind folgende Gesellschaften eingetragen:
1. "A.H*** & Co K.G." (HRA 19.175) mit dem
persönlich haftenden Gesellschafter: Firma Alfred
Franz H*** Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1040 Wien, Favoritenstraße 70, dem Einzelprokuristen Alfred H*** jun. und der Bezeichnung des Gegenstandes mit "Großhandel mit
Musikinstrumenten und Zubehör"
2. "Alfred Franz H*** Gesellschaft mit beschränkter Haftung" (HRB 12.507) mit dem Geschäftsführer
Alfred Franz H***, dem Einzelprokuristen Alfred H*** jun., der Anschrift 1040 Wien,
Favoritenstraße 70, und dem Unternehmensgegenstand
"Beteiligung an Handelsgesellschaften"
3. "Alfred Franz H*** Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co K.G. Musikhaus" (HRA 11.212a) mit
dem persönlich haftenden Gesellschafter Alfred Franz H*** Gesellschaft mit beschränkter Haftung, dem Einzelprokuristen Alfred H*** jun. und der Anschrift, 1040 Wien, Favoritenstraße 70.
(entnommen aus Handelsregister Österreich Jupiterverlag Band 38). Die klagende Partei hatte offenbar laut ihrer Faktura Nr.62.565 der zu 1 genannten KG mehrere Musikinstrumente geliefert und wollte den offenen Rechnungsbetrag von dieser KG als (ursprünglich) erstbeklagter Partei und der zu 2 genannten Gesellschaft mbH als ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin als (ursprünglich) zweitbeklagter Partei einklagen. Tatsächlich bezeichnete die klagende Partei aber die erstbeklagte Partei mit dem Firmenwortlaut (bei Abkürzung der Worte Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit GmbH) der eingangs zu 3 genannten Kommanditgesellschaft, ohne daß in der Klage schon auf die Faktura hingewiesen worden wäre, welche eindeutig auf die zu 1 genannte KG lautete.
Erst als die beklagten Parteien jede Warenlieferung betritten, legte die klagende Partei die auf die zu 1 genannte KG lautende Faktura Nr.62.565 vor, ohne aber bei dieser Gelegenheit die Bezeichnung der erstbeklagten Partei zu ändern.
Nachdem die beklagten Parteien in der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung darauf hinwiesen, daß die genannte Rechnung nicht auf die zu 3 genannte KG, sondern auf die zu 1 genannte KG laute, zog die klagende Partei die Konsequenz aus ihrem Irrtum und zog in der Folge die Klage gegen die erstbeklagte Partei zurück und brachte vor, daß die zweitbeklagte Partei jetzt als persönlich haftende Gesellschafterin auch der zu 1 genannten KG, welche mit einer neuen gesonderten Klage belangt worden sei, hafte. Die ursprünglich zweitbeklagte und jetzt allein verbliebene beklagte Partei sprach sich sofort gegen diese Klagsänderung aus. Die klagende Partei vertrat die Auffassung, es liege gar keine Klagsänderung vor. Falls es sich um eine solche handle, sei diese zuzulassen.
Das Erstgericht ließ die Klagsänderung nicht zu.
Es vertrat die Auffassung, wegen der Einbringung der neuen Klage gegen die richtige KG sei es nicht zweckmäßig, davon abgesondert den vorliegenden Rechtsstreit mit dem geänderten Klagsgrund fortzusetzen. Es sei nicht der Sinn des Rechtsinstituts der Klagsänderung, den Fehler der klagenden Partei zu sanieren. Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die Klagsänderung zugelassen wurde. Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß zwar eine echte Klagsänderung vorliege, weil es ein Unterschied sei, ob eine Partei als persönlich haftender Gesellschafter der einen Kommanditgesellschaft oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Kommanditgesellschaft belangt werde. Klagsänderungen seien aber tunlichst zuzulassen, vor allem wenn dadurch ein weiterer Prozeß zwischen den Parteien erspart werde, ohne daß dadurch der bisherige Rechtsstreit erschwert oder verzögert werde. Die Anhängigkeit eines gesonderten Prozesses gegen die jetzt geklagte KG könne daran nichts ändern.
Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern. Die beklagte Partei führt ins Treffen, die Möglichkeit des § 235 ZPO könne nicht als Heilmittel für eine unrichtige Prozeßführung dienen. Wenn man den vorliegenden Rechtsstreit mit dem Rechtsstreit 11 Cg 80/85 verbinden wollte, würde die beklagte Partei zu Unrecht mit doppelten Kostenfolgen belastet. Die Zulassung der Klagsänderung verwirre die Situation mehr, als sie einer Straffung des Prozesses diene, dies könne nicht Sinn des Gesetzes sein.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu.
Zutreffend ging das Gericht zweiter Instanz davon aus, daß Klagsänderungen nach allgemeiner Auffassung der Lehre und ständiger Rechtsprechung tunlichst zuzulassen sind (Fasching Handbuch, Rz.1240, Entscheidungen wie SZ 47/49, MietSlg.32.680, 32.681 u.a.). Dies gilt insbesondere für Klagsänderungen, die am Beginn eines Rechtsstreites, also noch vor Durchführung eines Beweisverfahrens, vorgenommen werden (SZ 43/35, JBl.1973,43, Arb.10.192). Dem Standpunkt des Erstgerichtes und der Revisionsrekurswerberin, das Institut der Klagsänderung sei nicht zur Korrektur von Fehlern der klagenden Partei in der Bezeichnung der beklagten Partei bestimmt, kann nicht beigepflichtet werden. Besonders durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 (Novellierung von § 235 ZPO) wurde wiederum deutlich gemacht, daß es unter anderem zu den Grundprinzipien des österreichischen Zivilprozesses gehört, selbst Parteifehler tunlichst auf möglichst rasche und ökonomische Art zu sanieren, weil nichts volkswirtschaftlich sinnloser ist, als ein Verfahren durchzuführen, von dem man schon weiß, daß es zur Klärung eines wirklich zwischen bestimmten Parteien offenen Streitfalles nicht beitragen kann. Wenn irgend möglich müßte daher in einem Fall wie dem vorliegenden sogar die Berichtigung der Parteibezeichnung zugelassen werden. Wenn sich etwa die klagende Partei schon in der Klage auf die Rechnung Nr.62.565 berufen hätte, von der die beiden ursprünglich in Anspruch genommenen beklagten Parteien wegen der innigen Verflechtung der drei eingangs beschriebenen Gesellschaften wissen mußten, wen sie wirklich betraf, oder wenn diese Rechnung gar schon mit der Klage vorgelegt worden wäre, sodaß man daraus ersehen hätte, welche der beiden Kommanditgesellschaften die Waren geliefert erhielt und daher als beklagte Partei gemeint ist, wäre es gemäß § 235 Abs.5 ZPO keine Klagsänderung gewesen, wenn die klagende Partei den Namen der erstbeklagten Partei von der zu 3 genannten KG auf die zu 1 genannten KG berichtigt hätte. Auf späteres Vorbringen konnte in diesem Zusammenhang freilich nicht mehr Rücksicht genommen werden (vgl. Konecny JBl.1984,13 dort 20 ff), weil die Subjekte des Rechtsstreites schon zu dessen Beginn individualisiert sein müssen. Im vorliegenden Fall paßten daher die von der klagenden Partei in der Klage beigesteuerten Individualisierungsmerkmale, auch wenn sie in Wirklichkeit von Haus aus nur die zu 1 genannte KG klagen wollte, nur auf die zu 3 genannte sachlich nicht legitimierte KG. Es war daher hier zutreffend, die Klage gegen die ursprünglich erstbeklagte Partei (Kommanditgesellschaft zu 3) zurückzuziehen und die Kommanditgesellschaft zu 1 neu zu klagen. Keinesfalls war es aber erforderlich, dasselbe auch hinsichtlich der ursprünglich zweitbeklagten Partei zu tun, die (zufälligerweise) bei beiden in Frage kommenden Kommanditgesellschaften persönlich haftende Komplementärin ist, sondern wenn schon die Richtigstellung der Parteibezeichnung nicht tunlich war, war die Zulassung der Klagsänderung das nächst ökonomischste Mittel.
Wenn sich die beklagte Partei über die Mehrkosten beklagt, die aus der Führung von zwei Prozessen entstehen, so ist sie darauf zu verweisen, daß es ihr jederzeit offengestanden hätte, selbst von Anfang an der Berichtigung der Bezeichnung der ursprünglich erstbeklagten Partei auf die richtige Kommanditgesellschaft zuzustimmen oder allenfalls auch mit Zustimmung aller beteiligter Parteien einen Parteiwechsel herbeizuführen, anstatt zunächst nur einfach den Erhalt von Waren zu bestreiten, ohne den Irrtum der klagenden Partei sofort aufzudecken. Die Einwendung der beiden ursprünglich beklagten Parteien in der Klagebeantwortung war in diesem Sinne rein formal natürlich "richtig", aber sie war höchst unvollständig und trug keineswegs zur Klärung des strittigen Legitimationsproblemes bei.
Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz war daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 40 ZPO.
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