OGH 2Ob644/85

OGH2Ob644/8518.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marie Jeanne H***, Hauseigentümerin, 8010 Graz, Kirschengasse 7, vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) August G***, Angestellter, 8010 Graz, Glacisstraße 7 und 2.) Sieglinde G***-K***, Angestellte, 8010 Graz, Glacisstraße 7, beide vertreten durch Dr. Josef List, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 120.842,72 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 13. Juni 1985, GZ 3 R 178/85-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 11. März 1985, GZ 6 C 517/84-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die beiden Beklagten haben mit Mietvertrag vom 4. November 1976 von der Klägerin die im Hause Graz, Glacisstraße 7, im zweiten Stock links vom Stiegenaufgang gelegene Wohnung, bestehend aus 5 Zimmern, Küche, Vorzimmer, 2 Badezimmern, zwei WCs, "Speis", Balkon und Kellerabteil gemietet und vereinbart, daß der monatliche Hauptmietzins S 4.000,-- zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer betrage. Die Wohnung hat eine Nutzfläche von 215,80 m 2 . Mit der am 12. Dezember 1984 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von den Beklagten die Zahlung rückständigen Mietzinses für die Zeit von 1982 bis 30. September 1984 in der Höhe von S 120.842,72 samt Anhang. Eine Vereinbarung über die Mietzinshöhe sei zulässig gewesen, da das Mietobjekt eine Fläche von 215,80 m 2 habe. Es habe sich zum Zeitpunkt der Anmietung durch die Beklagten in ordentlichem Zustand befunden und sei mit einem dem damaligen Standard entsprechenden Badezimmer ausgestattet gewesen. Eine Kompensation der angeblich zuviel bezahlten Mietzinsbeträge mit den seither fälligen sei laut Mietvertrag ausgeschlossen worden und bis Jänner 1984 unzulässig gewesen.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, daß die Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages der nunmehrigen Ausstattungskategorie D des MRG entsprochen und mit eigenen Mitteln in den derzeitigen Zustand versetzt worden sei. Mit Schreiben vom 16. April 1982 hätten die Beklagten ein Ermäßigungsbegehren gestellt und in der Folge von April 1983 bis Jänner 1984 den Mietzinsüberschuß durch Nichtzahlung von Mietzinsen kompensiert. Seit Feber 1984 bezahlten die Beklagten den Mietzins der Kategorie D zuzüglich des 50 %-igen Zuschlages.

Außer Streit gestellt wurde, daß die Beklagten ab dem ihrem Herabsetzungsbegehren folgenden Monat nur mehr den Grundmietzins auf der Basis von 150 % der Kategorie D, sowie die vorgeschriebenen Betriebskosten bezahlt haben, sodaß der Klagsbetrag auf der Differenz von 150 % des Mietzinses für die Kategorie D zum frei vereinbarten Mietzins laut Mietvertrag vom 4. November 1976 beruht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es folgende Feststellungen traf:

Vor Anmietung durch die Beklagten war die Wohnung zweigeteilt. Den kleineren Teil, bestehend aus zwei Zimmern, einer Diele, Behelfsküche und Bad sowie WC hatte vom 1. November 1973 bis 31. Mai 1975 der Magistratsbeamte Dr. S*** in Untermiete. Den zweiten, größeren Teil der Wohnung hatte Frau D*** gemietet, die sich aber nur selten darin aufhielt, weil sie die meiste Zeit des Jahres in Italien weilte. Der letztgenannte Teil der Wohnung befand sich in einem wesentlich schlechteren Zustand als der von Dr. S*** bewohnte. Bis zur Anmietung der gesamten Wohnung durch die Beklagten stand diese nach dem Auszug von Dr. S*** und dem Tod von Frau D*** einige Zeit leer. Am 11. Oktober 1976 wurde die Wohnung gemeinsam vom Erstbeklagten und dem Ehegatten der Klägerin, Dr. H***, besichtigt. Bei dieser oberflächlichen Besichtigung zeigte sich, daß die Wohnung "ästhetische Mängel" aufwies, was den Erstbeklagten jedoch nicht störte. Bei der Frage der technischen Ordnungsmäßigkeit verließ er sich auf Dr. H***. Dieser verfaßte auch unmittelbar nach der Begehung in seinem Büro ein von den Beklagten an die Vermieterin gerichtetes Schreiben mit folgendem Inhalt:

"Wir übernehmen die von Ihnen angebotene 5 1/2-Zimmerwohnung im Ausmaß von 229 m 2 in Ihrem Haus Glacisstraße 7, 2. Stock links (Ecke Attemsgasse), in Hauptmiete zur ungeteilten Hand. Wir sind also beide Hauptmieter. Es wurde als Hauptmietzins ein Nettobetrag von S 4.000,-- monatlich, wertgesichert mit 1. November 1976, vereinbart. Die Betriebskosten und die Mehrwertsteuer tragen wir. Wir haben die Wohnung besichtigt und die vorhandenen Mängel festgestellt. Sollten wider Erwarten bauliche Schäden vorhanden sein (Mauerwerk, Decken), so werden die Kosten für deren Instandsetzung von Ihnen getragen."

Unterzeichnet wurde dieses Schreiben, auf dessen Abfassung Dr. H*** gedrungen hatte, von den beiden Beklagten. Mit diesem Schreiben sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß sich die Vermieterseite mit der Vornahme von Arbeiten zur Bewohnbarmachung durch die Mieter einverstanden erklärte. Am selben Tag erfolgte die Schlüsselübergabe.

Die Beklagten begannen nun sukzessive, die Wohnung bewohnbar zu machen, insbesondere zu putzen usw. Sie veranlaßten auch die Neuanschließung der elektrischen Anlagen durch die Grazer Stadtwerke AG am 19. November 1976. Wie sich im Zuge der Bewohnbarmachung herausstellte, waren die Mängel der Wohnung durchaus nicht nur "ästhetischer Art". In dem ehemals von Dr. S*** bewohnten Teil der Wohnung waren die elektrischen Leitungen unter Putz gelegt, allerdings wiesen sie in einem der Zimmer an drei Stellen Unterbrechungen durch Drahtrisse auf. Die elektrischen Leitungen im anderen Wohnungsteil waren als Schnurleitungen auf Glasisolatoren ausgeführt und somit weder betriebssicher noch zugelassen. Aus diesem Grund war von den Grazer Stadtwerken AG die Zähleranlage abgebaut und die Anspeisung der Wohnung vom Hauptsicherungskasten her unterbrochen worden. Dadurch war im Zeitpunkt der Anmietung auch keine Versorgung mit Warmwasser gegeben. Zwei der Zimmer verfügten nur über unzulässige Kaminanschlüsse und waren demnach ebensowenig beheizbar wie zwei weitere Räume mit desolaten Kachelöfen; nur für eines der ehemals von Dr. S*** bewohnten Zimmer bestand eine funktionierende Heizmöglichkeit. Der Küchentrakt (mit Bademöglichkeit) und das Bad waren unbenützbar, da jeweils die Gefahr bestand, daß Abwässer in die darunterliegende Wohnung eindringen könnten. Das Badezimmer machte einen verwahrlosten Eindruck, der über einem Holzboden verlegte Holzzementboden war gesprungen und wasserdurchlässig. Der Holzboden in der Küche war ebenfalls durchgemorscht. Der Erstbeklagte fertigte eine Zustandsbeschreibung der Wohnung im Zeitpunkt der Anmietung an, um diese Mängel zu dokumentieren. Diese Zustandsbeschreibung wurde sodann vom Baumeister und gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. Helmut M*** und Ernst S***, Hermann H*** sowie Werner und Karin P*** auf die Übereinstimmung mit den eigenen Wahrnehmungen überprüft und unterfertigt. Nach Inkrafttreten des MRG hat der Erstbeklagte sodann mit eingeschriebenem Brief vom 16. April 1982 von der Hausverwaltung Z*** die Herabsetzung des Mietzinses auf 150 % des Kategoriemietzinses der Kategorie D verlangt. Mit Schreiben vom 4. Juni 1982 teilte die Gebäudeverwaltung Z*** den Beklagten, die inzwischen vorbehaltlich der Rechtmäßigkeit weiterhin den vereinbarten Mietzins bezahlten, mit, daß eine Herabsetzung des Mietzinses deswegen nicht erfolgen könne, weil zum Zeitpunkt der Anmietung ein brauchbares Bad mit elektrischem Boiler vorhanden gewesen sei, was einem Zustand entsprochen habe, wie er im MRG als Kategorie B definiert werde. Die sich in der Folge entwickelnde Korrespondenz ergab keine Veränderung der Standpunkte, sodaß der Rechtsfreund der Beklagten schließlich mit Schreiben vom 29. März 1983 der Hausverwaltung Z*** mitteilte, daß seine Mandanten bis zur Abdeckung des aufgelaufenen Zahlungsüberhanges keine Zahlungen mehr leisten würden, was im Zeitraum von April 1983 bis Jänner 1984 auch tatsächlich geschah. Seither entrichten die Beklagten den Mietzins auf der Basis von 150 % der Kategorie D. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß die Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe auf Grund der Mangelhaftigkeit und Schadhaftigkeit der elektrischen Anlagen, der Unmöglichkeit der Beheizung im Großteil der Wohnung und der Gefahr, daß Abwässer aus Küche oder Bad in die darunterliegende Wohnung dringen könnten, praktisch unbenützbar gewesen sei. Sie habe erst durch die Arbeit der Beklagten in einen brauchbaren, d.h. bewohnbaren Zustand versetzt werden müssen. Das Fehlen des brauchbaren Zustandes der Wohnung, wie immer sie ausgestattet sei, berechtige den Vermieter nur zur Einhebung des Hauptmietzinses der Kategorie D. Das Herabsetzungsbegehren der Mieter gemäß § 44 Abs 2 MRG wäre im Vergleich zum höchstzulässigen Hauptmietzins von S 1.780,35 zulässig gewesen und die Beklagten hätten mit Mai 1982 die Zahlungen auf den höchstzulässigen Hauptmietzins samt Umsatzsteuer und Betriebskosten einschränken dürfen. Das Klagebegehren sei somit abzuweisen gewesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erklärte die Revision im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Entscheidend sei, ob eine freie Vereinbarung hinsichtlich des Mietzinses gemäß § 16 Abs 1 MRG vorliege und ob unter welche Mietzinskategorie die Wohnung einzureihen sei. Gemäß § 44 Abs 2 MRG könne der Hauptmieter einer vor dem Inkrafttreten des MRG gemieteten Wohnung die Ermäßigung des vorher vereinbarten Hauptmietzinses begehren, wenn für die Wohnung im Zeitpunkt der Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses die im § 16 Abs 1 Z 2 bis 6 MRG genannten Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten (Z 1). Nach § 16 Abs 1 Z 4 MRG seien solche Vereinbarungen unter anderem für "Großwohnungen" der Ausstattungskategorie B zulässig, deren Nutzfläche 130 m 2 übersteigt, sofern der Vermieter eine solche Wohnung innerhalb von 6 Monaten nach der Räumung der Wohnung durch den früheren Mieter oder Inhaber .... vermietet habe. Die Brauchbarkeit der Wohnung sei tatbestandliche Voraussetzung für die Kategorieneinstufung nach § 16 Abs 2 Z 1 bis 3 MRG. Fehlt es an ihr, so könne der entsprechende Mietzinsbildungstatbestand nicht nur Anwendung kommen. Durch das Zitat der Ausstattungskategorie B in § 16 Abs 1 Z 4 MRG werde somit implicite auf das Erfordernis der Brauchbarkeit hingewiesen. Aus dem normierten Erfordernis des ordnungsgemäßen Zustandes im § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG (und auch nach der RV 625 BlgNR 15. GP zu § 13 Abs 1 Z 4) ließen sich die von der Berufungswerberin auf das Erfordernis der Brauchbarkeit gezogenen Schlüsse schon deshalb nicht ziehen, weil der Begriff des ordnungsgemäßen Zustandes weiterreiche als jener der bloßen Brauchbarkeit. Hinzu komme noch, daß Vereinbarungen im Sinne des § 16 Abs 1 Z 4 MRG nur dann wirksam geschlossen werden könnten, sofern die in dieser Bestimmung genannte Frist eingehalten werde, wofür die Klägerin, da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handle, behauptungs- und beweispflichtig sei. Indes habe sich die Klägerin in erster Instanz auf den Tatbestand des § 16 Abs 1 Z 4 MRG überhaupt nicht ausdrücklich berufen und sich mit dem Vorbringen über die Wohnungsgröße begnügt, hinsichtlich der Frist aber kein Vorbringen erstattet. Eine Vermutung für die Zulässigkeit einer Vereinbarung nach § 16 Abs 1 MRG bestehe nicht. Die Voraussetzungen des Ausschlusses eines Herabsetzungsbegehrens gemäß § 44 Abs 2 Z 1 MRG lägen daher nicht vor. Der Klägerin sei zuzugeben, daß für die Beurteilung der Brauchbarkeit dann nicht zwingend vom Zustand der Wohnung im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses auszugehen sei, wenn die Herstellung der Brauchbarkeit bedungen worden sei. Diese Voraussetzung sei aber hier nicht gegeben, weil die vom Vermieter übernommene Verpflichtung zur Vornahme von Instandsetzungsarbeiten sich nur auf die Behebung "baulicher Schäden ... (Mauerwerk, Decken)" bezogen habe, zu denen die vom Erstgericht festgestellten, der Annahme der Unbrauchbarkeit zugrundegelegten Mängel jedenfalls nicht gehörten. Auf eine vom Mieter auf eigene Kosten vorgenommene Herstellung der Brauchbarkeit könne sich der Vermieter aber nicht berufen. Eines Verbesserungsbegehrens der Mieter etwa im Sinne des § 16 Abs 2 Z 4 MRG habe es nicht bedurft, soferne vorhandene Mängel - und somit auch die vom Erstgericht festgestellten - schon bei Abschluß des Mietvertrages bekannt gewesen und eine Kostentragung durch die Vermieterin nur für den Instandsetzungsaufwand in Bezug auf geheime Schäden ("wider Erwarten vorhandene") übernommen worden sei. Das Erstgericht sei zutreffend von der Unbrauchbarkeit der Wohnung ausgegangen. Entgegen der Meinung der Berufungswerberin sei nicht zwischen "Funktionsfähigkeit" und "Zustand der Wohnung" zu unterscheiden. In brauchbarem Zustand befinde sich eine Wohnung dann, wenn sie zum sofortigen Bewohnen geeignet sei, also keine gröberen, die Benützung hindernden Mängel aufweise, insbesondere auch die vorgesehenen bzw. ortsüblichen Energieanschlüsse gefahrfrei verwendet oder wenigstens ohne größere Aufwendungen jederzeit (wieder) hergestellt werden könnten. Eine solche Unbrauchbarkeit der Wohnung im maßgeblichen Zeitpunkt liege hier deshalb vor, weil die schadhaften und zum Großteil nicht betriebssicheren elektrischen Anlagen mit einem Aufwand von S 2.808,-- erst betriebssicher gemacht werden mußten, vier von fünf Räumen nicht beheizbar und die zwei Badezimmer unbenützbar gewesen seien, weil die Gefahr bestanden habe, daß Abwässer in die darunterliegende Wohnung eindringen könnten. Das Fehlen des brauchbaren Zustandes sanktioniere das MRG nur durch den geringeren Mietzins. Übergebe der Vermieter eine Wohnung in einem für den Gebrauch ungeeigneten Zustand und überlasse er es dem Mieter, hieraus eine Wohnung "in brauchbarem Zustand" zu schaffen, so gebühre dem Vermieter hiefür nur der nach Abs 2 Z 4 bemessene Hauptmietzins. Daher könne, gehe man von der fehlenden Brauchbarkeit der Wohnung aus, dies entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht, nicht zu einer Rückstufung in die, selbst Brauchbarkeit voraussetzende, Kategorie C, sondern nur in Kategorie D führen. Die Ausführungen der Klägerin hinsichtlich des vertraglich vereinbarten Kompensationsverbotes gehen auf Grund der Außerstreitstellung, daß der Klagsbetrag auf der Differenz von 150 % Mietzins für die Kategorie B zur freien Vereinbarung laut Mietvertrag vom 4. November 1976 beruhe, ins Leere. Sei Klagsgegenstand dieser Differenzbetrag und hätten die Beklagten den 150 % der Kategorie D entsprechenden Betrag bezahlt, bleibe für Aufrechnungsfragen kein Raum. Auch dem Standpunkt der Klägerin, wonach für die Zeit ab 1. Februar 1984 eine Mietzinsforderung der Klägerin bestehe, sei nicht zu folgen, da unbestritten sei, daß die Beklagten ab diesem Zeitpunkt den Grundmietzins und die Betriebskosten bezahlt hätten. Zusammenfassend ergebe sich somit, daß das Ermäßigungsbegehren der Beklagten gemäß § 44 Abs 2 Z 2 und Abs 3 MRG berechtigt sei, weil die Beklagten nur verpflichtet gewesen seien, ab Mai 1982 für die Wohnung einen Kategoriemietzins D nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG im Hinblick auf die Unbrauchbarkeit zu bezahlen. Die Beklagten seien dieser Verpflichtung nachgekommen, sodaß für den Klagszeitraum die geltend gemachte Forderung der Klägerin nicht zu Recht bestehe. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO) und im Sinne ihres Aufhebungsantrages auch berechtigt.

In der Rechtsrüge weist die Klägerin unter anderem darauf hin, daß es in allen Fällen des § 16 Abs 2 MRG und nicht nur in jenem des § 16 Abs 2 Z 4 MRG einer erfolglosen Aufforderung des Mieters an den Vermieter bedürfe, vorhandene Mängel zu beheben, bevor eine Einstufung in eine niedrigere Kategorie wegen Unbrauchbarkeit der Wohnung oder einzelner Ausstattungsmerkmale erfolgen dürfe.

Hiezu ist folgendes auszuführen: Wie der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat (vgl. MietSlg. 36.332, ImmZ 1985, 32), kann der Auffassung, § 16 Abs 2 Z 4 MRG sei insoweit, als er die Einstufung einer Wohnung mit zwar im Innern vorhandener, aber nicht brauchbarer Wasserentnahmestelle (oder einem solchen Klosett) in die Kategorie D davon abhängig mache, daß diese Wasserentnahmestelle auch nicht innerhalb angemessener Frist nach Anzeige durch den Mieter vom Vermieter brauchbar gemacht wird, auf Herabsetzungsbegehren nach § 44 Abs 2 und 3 MRG nicht anwendbar, nicht gefolgt werden. Aus § 43 Abs 1 MRG, wonach das erste Hauptstück des Mietrechtsgesetzes, insoweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, auch für Mietverträge gilt, die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen worden sind, und § 44 Abs 2 und 3 MRG, der fingiert, das Mietrechtsgesetz habe bereits im Zeitpunkt der Mietzinsvereinbarung gegolten (vgl. Würth-Zingher, MRG 2 , 200, Anm. 10 zu § 44), und eine diesbezügliche Ausnahme nicht erkennen läßt, folgt das Gegenteil. Es ginge schon im Hinblick auf das Gebot der verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen nicht an, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe die im § 44 Abs 2 und 3 MRG enthaltene Fiktion der Geltung des § 16 MRG bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der vor dessen Inkrafttreten zustandegekommenen Hauptmietzinsvereinbarungen auf jene Bestimmungen beschränken wollen, deren Anwendung den Mietern zum Vorteil gereicht. Zweck der im § 16 Abs 2 Z 4 MRG normierten Anzeigepflicht des Mieters ist es, den Vermieter in die Lage zu versetzen, die ihm drohende dauernde Einstufung der vermieteten Wohnung in die Ausstattungskategorie D durch die nachträgliche Instandsetzung der unbrauchbaren Wasserentnahmestelle oder des unbrauchbaren Klosetts innerhalb einer dafür angemessenen Frist zu verhindern. Diese dem Vermieter gesetzlich gewährte Frist wird erst durch die Anzeige des Mieters, daß er die Unbrauchbarkeit der Wasserentnahmestelle oder des Klosetts bemängle, in Lauf gesetzt; die bloße Kenntnis des Vermieters vom Vorhandensein dieser Mängel reicht zur gesetzlich festgelegten Folge der Einstufung der Wohnung in die Ausstattungskategorie D nicht hin, wenn ihm nicht durch die Beanstandungsanzeige der Wille des Mieters zur Kenntnis gebracht wurde, im Falle des Verzuges mit der Mängelbehebung die daraus entspringende Dauerrechtsfolge in Anspruch zu nehmen. Wenn der Mieter, anstatt dem Vermieter eine Bemängelungsanzeige zukommen zu lassen, die Unbrauchbarkeit der Wasserentnahmestelle oder des Klosetts selbst behebt und dadurch die nachträgliche Verbesserung dieser Mängel der Wohnungsausstattung durch den Vermieter vereitelt, kommt eine Einstufung der Wohnung in die Ausstattungskategorie D wegen Unbrauchbarkeit der Wasserentnahmestelle oder des Klosetts nicht mehr in Betracht (vgl. dazu auch Würth-Zingher, MRG 2 , 78 f., Anm. 33 bis 35 zu § 16). Dieser Gesetzeszweck ist ungeachtet des Umstandes, daß er in § 16 Abs 2 Z 4 MRG nur im Zusammenhang mit Wohnungen der Ausstattungskategorie D zum Ausdruck gebracht wird, derart grundsätzlicher und allgemeiner Natur, daß er auch für alle anderen Wohnungskategorien Geltung hat (5 Ob 19/85 ua.). Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist davon auszugehen, daß nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes am 11. Oktober 1976 die gegenständliche Wohnung gemeinsam vom Erstbeklagten und dem Ehegatten der Klägerin, Dr. H***, besichtigt wurde. Bei dieser oberflächlichen Besichtigung zeigte sich, daß die Wohnung "ästhetische Mängel" aufwies, was den Erstbeklagen jedoch nicht störte. Bei der Frage der "technischen Ordnungsmäßigkeit" verließ er sich auf Dr. H***. Im Anschluß an die Besichtigung verfaßte Dr. H*** ein von den Beklagten an die Klägerin zu richtendes und von diesen unterfertigtes Schreiben, in welchem die Übernahme der 229 m 2 großen 5 1/2-Zimmerwohnung in Hauptmiete durch die beiden Beklagten gegen Bezahlung eines Hauptmietzinses von S 4.000,-- monatlich, wertgesichert, ab 1. November 1976 festgelegt wurde.

Weiters enthielt das Schreiben folgenden Satz: "Wir haben die Wohnung besichtigt und die vorhandenen Mängel festgestellt. Sollten wider Erwarten bauliche Schäden vorhanden sein (Mauerwerk, Decken), so werden die Kosten für deren Instandsetzung von Ihnen getragen."

Bei den sodann von den Beklagten in der Wohnung vorgenommenen Adaptierungsarbeiten stellte sich jedoch heraus, daß die Mängel der Wohnung durchaus nicht nur "ästhetischer Art" waren. Außer Mängeln in den elektrischen Leitungen und nicht funktionsfähiger Beheizung in einigen Räumen, waren auch die Badegelegenheiten unbenützbar, da jeweils die Gefahr bestand, daß Abwässer in die darunterliegende Wohnung eindringen könnten. Das Badezimmer machte einen verwahrlosten Eindruck, der über einen Holzboden verlegte Holzzementboden war gesprungen und wasserdurchlässig. Von diesen keineswegs nur geringfügigen Mängeln machten die Beklagten der Klägerin keine Mitteilung und forderten sie insbesondere nicht auf, die Mängel innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben. Vielmehr nahmen sie die Behebung der Mängel selbst vor. Gerade in Fällen wie dem gegenständlichen, in denen der Mieter mit Zustimmung des Vermieters Renovierungsarbeiten in der Wohnung plant und durchführt, bedarf es einer Mängelanzeige und Mängelbehebungsaufforderung des Mieters, um klarzustellen, daß dieser die gemäß § 16 Abs 2 Z 4 MRG aus dem Verzug mit der Mängelbehebung entspringenden Dauerrechtsfolge in Anspruch nehmen will (5 Ob 63/85 ua.). Damit haben die Beklagten aber dem Vermieter die Möglichkeit genommen, die ihm drohende dauernde Einstufung der vermieteten Wohnung in eine niedrigere Ausstattungskategorie durch die nachträgliche Behebung der Mängel, insbesondere an kategoriebestimmenden Ausstattungsmerkmalen - hier vor allem die Badegelegenheit -, zu vermeiden. Wie oben dargelegt, können sie daher entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes eine Einstufung in die Ausstattungskategorie D nicht erreichen.

Dennoch kann über das Klagebegehren noch nicht abschließend entschieden werden. Die Feststellungen des Erstgerichtes reichen nämlich nicht aus, um zweifelsfrei beurteilen zu können, ob die von der Klägerin nach ihrem Vorbringen als Voraussetzung des Klagebegehrens angestrebte Einstufung der Wohnung in die Ausstattungskategorie B im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages unter der Annahme, es hätten sich auch die vorhandenen Badegelegenheiten oder zumindest eine solche in brauchbarem Zustand befunden, gerechtfertigt ist. Es fehlen nämlich insbesondere nähere Feststellungen darüber, ob in der Wohnung, wie die Klägerin behauptet, eine dem zeitgemäßen Standard entsprechende Badegelegenheit vorhanden war (§ 16 Abs 2 MRG, vgl. hiezu etwa MietSlg. 36.321, 36.326 ua.). Nur wenn sich auf Grund der im fortgesetzten Verfahren zu treffenden ergänzenden Feststellungen ergeben sollte, daß die Voraussetzungen für eine Einstufung der Wohnung in die Ausstattungskategorie B zum maßgebenden Zeitpunkt vorlagen, wird überdies zu prüfen sein, ob auch die weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses nach § 16 Abs 1 Z 4 MRG, nämlich die Vermietung der Wohnung innerhalb von 6 Monaten nach der Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber an einen nicht zum Eintritt in die Mietrechte des früheren Mieters Berechtigten, gegeben ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 4 MRG wäre dem von den Beklagten dem Klagebegehren entgegengehaltenen Begehren auf Ermäßigung des Hauptmietzinses die Grundlage entzogen (§ 44 Abs 2 Z 1 MRG).

Zur Vornahme der ergänzenden Feststellungen bedurfte es daher der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht.

Ein Eingehen auf die Mängelrüge der Revision konnte unter diesen Umständen unterbleiben.

Der Anregung der Klägerin auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 44 Abs 2 MRG durch den Verfassungsgerichtshof zu folgen, sieht sich das Revisionsgericht im Hinblick auf die in den Entscheidungen MietSlg. 36.543 (25) = EvBl 1985/124 und ImmZ 1985, 174 dargelegten Erwägungen, wonach gegen die Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung keine Bedenken bestehen, nicht veranlaßt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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