Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 5.674,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 428,55 Umsatzsteuer und S 960,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile heirateten am 23.3.1979, nachdem sie bereits sieben Jahre in Lebensgemeinschaft gelebt hatten. Der Beklagte und Widerkläger (im folgenden Beklagter) ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, die Klägerin und Widerbeklagte (im folgenden Klägerin) ist österreichische Staatsbürgerin. Der letzte gemeinsame Wohnsitz war in Walchsee. Aus der Ehe entstammt ein Kind. Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 8.8.1983, F 9/82-8, wurde gemäß § 92 Abs 3 ABGB festgestellt, daß die von der Klägerin vorgenommene gesonderte Wohnungsnahme in Walchsee, Öd Nr. 30, rechtmäßig ist. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 2.8.1983, U 678/83-9, wurde der Beklagte des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 25.4.1983 die Klägerin aus Zorn ins Gesicht geschlagen hatte, wodurch sie zahlreiche Hautabschürfungen und Hämatome im Gesicht erlitt.
Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten. Dieser sei lieblos, beschimpfe sie, zertrümmere Hausrat, mache ihr unbegründete Eifersuchtsszenen; er habe grundlose Anzeigen gegen die Klägerin wegen Nötigung und gegen ihren Vater wegen Sachbeschädigung erstattet und sie auch am 25.4.1983 mißhandelt und verletzt.
Der Beklagte erhob Widerklage und stellte einen Mitschuldantrag. Die Widerklage stützte er auf fortlaufenden Ehebruch der Klägerin mit Richard B, den Mitschuldantrag auf Vernachlässigung des Haushaltes, Lieblosigkeit und anstößiges Benehmen. Es sei auch immer wieder zu Geschlechtsverkehr gekommen, insbesondere anläßlich eines Urlaubsaufenthaltes in Sizilien im Mai 1982.
Das Erstgericht, das die Verhandlung am 14.2.1985 schloß, schied die Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Es stellte fest, daß der Beklagte bereits in den Flitterwochen aus nichtigem Grund wütend und aggressiv geworden sei. In der Folge sei der Beklagte immer herrschsüchtiger und unleidlicher geworden. Er habe die Klägerin wiederholt beschimpft, Hausrat, Wohnungstüren, Fenster und Kosmetikartikel der Klägerin beschädigt sowie Blumentöpfe auf die gebügelte Wäsche geleert. Die KLägerin habe zunächst an der Ehe festhalten wollen, am 13.12.1981 habe sie aber, als der Beklagte in einem Wutanfall sämtliche Knöpfe der Bettwäsche herausgerissen und die Klägerin mißhandelt habe, zu ihren Eltern flüchten müssen. Bei einem gemeinsamen Urlaub im Mai 1982 hätten die Streitteile versucht, noch einmal zueinander zu finden. In dieser Ulaubswoche sei es auch zu Geschlechtsverkehr gekommen. Da jedoch der Beklagte sein Verhalten nicht geändert habe, sei dieser Versöhnungsversuch gescheitert. Der Beklagte habe am 15.4.1983 gegen die Klägerin wegen eines Vorfalles vom 5.4.1983, den er selbst inszeniert habe, völlig unbegründet Strafanzeige wegen Nötigung erstattet. Der Beklagte habe damals die Klägerin gemeinsam mit Richard B angetroffen, habe zu schreien begonnen, obszöne Ausdrücke gebraucht und sie am Wegfahren mit dem PKW gehindert. Anläßlich des Vorfalles vom 25.4.1983 sei auch der gemeinsame Sohn vom Beklagten verletzt worden. Richard B habe die Klägerin im Herbst 1982 oder 1983 kennengelernt. Zu einem näheren Kontakt oder gar zu einem Geschlechtsverkehr Richard BS mit der Klägerin sei es jedoch nicht gekommen. Es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin die vom Beklagten behaupteten Eheverfehlungen begangen habe.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß der Beklagte die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die vom Erstgericht auf Grund eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen. Aus der gemeinsam verbrachten Urlaubswoche in Sizilien lasse sich nicht zwingend ableiten, daß eine Verzeihung im Sinne des § 56 EheG vorliege. Der Beklagte habe aber selbst nach diesem Zeitpunkt schwere Eheverfehlungen gesetzt, so daß auch frühere Eheverfehlungen gemäß § 59 Abs 2 EheG zur Unterstützung hätten herangezogen werden können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten mit dem Hauptantrag auf Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und dem Eventualantrag auf Abänderung dahin, daß ein gleichteiliges Verschulden ausgesprochen werde, ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.
Die Rechtsrüge läßt sich mit dem subsidiär gestellten Abänderungsantrag nicht vereinbaren, weil bei Verzeihung die Klägerin gemäß § 56 EheG kein Scheidungsrecht hätte, so daß, da ein Verschulden der Klägerin nicht feststeht, beide Klagebegehren abzuweisen wären. Eine Verzeihung liegt auch nicht vor. In der Vollziehung eines Geschlechtsverkehrs ist eine Verzeihung nur dann zu erblicken, wenn aus dem Gesamtverhalten des gekränkten Ehegatten hervorgeht, daß er dadurch unzweideutig zum Ausdruck bringen wollte, die Eheverfehlungen des anderen Teiles nicht mehr als solche zu empfinden (EFSlg. 38.763, 36.376, 29.601; RZ 1978/51 uva; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 56 EheG); der dem Beklagten obliegende Beweis hiefür (EFSlg. 34.022) wurde nicht erbracht. Im übrigen übersieht der Beklagte, daß er auch nach der von ihm behaupteten Verzeihung schwere Eheverfehlungen setzte, so daß gemäß § 59 Abs 2 EheG auch verziehene Eheverfehlungen zur Unterstützung des Scheidungsbegehrens herangezogen werden könnten. Zu diesen Eheverfehlungen zählt auch die unbegründete Anzeigenerstattung gegen die Klägerin vom 15.4.1983 wegen des Verdachtes der Nötigung, weil feststeht, daß der Vorfall vom Beklagten inszeniert worden war und er es war, der die Klägerin am Wegfahren mit ihrem PKW gehindert hatte.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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