OGH 1Ob504/86

OGH1Ob504/8628.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingrid NAHLIK, Angestellte, Wien 12., Lichtensterngasse 5/10/12, vertreten durch Dr. Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Albert TRUBACEK, Transportunternehmer, Wien 12., Ruckergasse 29, vertreten durch Dr. Karl Dieter Zessin, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 483.361,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. Oktober 1985, GZ 11 R 165/85-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. März 1985, GZ 40 Cg 56/83-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Auf die Kosten des Revisionsverfahrens wird gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung

Die Streitteile nahmen im April 1980 eine Lebensgemeinschaft auf, die Anfang Mai 1983 aufgelöst wurde. Am 17.10.1980 eröffnete die Klägerin bei der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien ein Sparkonto, auf das sie in der Folge insgesamt S 525.000,-- zur Einzahlung brachte. Am 15.12.1980 verpfändete sie dieses Sparguthaben zu Gunsten einer Forderung der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien gegen den Beklagten, am 11.12.1981 überwies sie den Betrag von S 525.000,-- und am 21.12.1981 den weiteren Betrag von S 10.000,-- auf das Girokonto des Beklagten. Von diesen Beträgen hat der Beklagte der Klägerin S 10.000,-- zurückbezahlt. Die Klägerin begehrte den Betrag von S 535.000,-- s.A. und brachte vor, sie habe diesen Betrag dem Beklagten als Kaufpreis für eine Eigentumswohnung zur Verfügung gestellt, der Erwerb der Wohnung sei daran gescheitert, daß die Finanzierung des Restkaufpreises nicht möglich gewesen sei. Der Beklagte habe ihr die Rückzahlung des Betrages versprochen, bestreite nunmehr aber, das Geld erhalten zu haben. Sie sei daher zur Klage genötigt. Das Klagebegehren werde auf "jeden erdenklichen Rechtsgrund" gestützt.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte zunächst vor, von der Klägerin kein Geld erhalten zu haben; in der Folge machte er geltend, daß erhaltene Beträge aus seinem Vermögen stammten.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin den Betrag von S 483.361,-- s.A. zu bezahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren auf Zuspruch von S 41.639,-- s.A. wies es ab. Das Erstgericht stellte fest:

Von den dem Beklagten überwiesenen Beträgen von insgesamt S 535.000,-- stammten S 41.639,-- aus dem Vermögen des Beklagten, der Rest aus dem Vermögen der Klägerin. Die Beziehungen der Streitteile seien bis Ende 1982 mit einer gut funktionierenden Ehe vergleichbar gewesen. Die Klägerin habe sich eine Zukunft ohne den Beklagten nicht vorstellen können, sie sei für den Beklagten zu jedem auch finanziellem Opfer bereit gewesen. Nicht erwiesen sei, daß die geleisteten Geldbeträge als Anzahlung für den Kaufpreis einer Eigentumswohnung gegeben worden seien, vielmehr hätten sie dazu gedient, dem Beklagten die Bewältigung seiner finanziellen Schwierigkeiten zu ermöglichen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Leistungen der Klägerin seien auf der Grundlage der Lebensgemeinschaft in Erwartung einer gemeinsamen Zukunft und eines gemeinsamen Erwerbes getätigt worden. Grundlage der finanziellen Leistungen der Klägerin sei der Fortbestand der Lebensgemeinschaft gewesen. Mit Auflösung der Lebensgemeinschaft sei der Rechtsgrund nachträglich in Wegfall gekommen, so daß der Beklagte jenen Betrag, um den er bereichert erscheine, also den nicht aus seinem Vermögen stammende Betrag von S 483.361,--, zurückzuzahlen habe. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Das Erstgericht sei, wenn es auch an einer ausdrücklichen Feststellung fehle, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, daß Rechtsgrund der von der Klägerin erbrachten Leistungen der Fortbestand der Lebensgemeinschaft gewesen sei. Mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft durch den Beklagten sei dieser Rechtsgrund in Wegfall gekommen, so daß das Klagebegehren gerechtfertigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung zu.

Nach Rechtsprechung und Lehre bildet die Bestimmung des § 1435 ABGB über ihren Inhalt hinaus die Grundlage für die Anerkennung einer Kondiktion wegen Wegfalls des Grundes (causa finita) oder wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolges (causa data causa non secuta). Für einen solchen Rückforderungsanspruch ist es nicht nötig, daß die Leistung auf Grund einer bestehenden Verpflichtung erbracht wurde; der Rückforderungsanspruch besteht auch dann, wenn jemand dem anderen ohne Abschluß eines Vertrages etwas in der Erwartung eines weiteren Erfolges, der dann nicht eintrat, leistete (SZ 53/71; SZ 53/20; JBl. 1976, 648; EvBl. 1975/246; EvBl. 1973/278; SZ 44/192; SZ 41/76; Wilburg in Klang 2 VI 466; Koziol-Welser, Grundriß 7 I 375). Erforderlich und ausreichend ist es, wenn diese Erwartung vom Leistenden, dem Empfänger erkennbar, der Leistung zugrundegelegt wurde (SZ 53/71; EvBl. 1980/37; SZ 48/59; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1435). Dies gilt auch für Leistungen, die in Erwartung des Fortbestandes einer Lebensgemeinschaft getätigt wurden (SZ 53/20; RZ 1966, 100; MietSlg. 35.269). Bei der Lebensgemeinschaft kann aber nicht, wie bei der Ehe, von der selbstverständlichen Erwartung ihrer Fortdauer ausgegangen werden, so daß der Kondiktionsanspruch dann nicht gerechtfertigt ist, wenn ein bloß einseitiger Vorbehalt des Leistenden oder die dem anderen Lebensgefährten nicht erkennbare Erwartung des Fortbestandes der Lebensgemeinschaft Leistungsgrundlage ist (EFSlg. 43.579, 43.576, 36.270). Die Beweislast für die Berechtigung ihres Anspruches trifft die Klägerin.

Die Vorinstanzen haben das Klagsvorbringen nicht als erwiesen erachtet, daß die Klägerin dem Beklagten die Geldbeträge zum Zwecke der Anschaffung einer Eigentumswohnung, deren Erwerb dann unterblieben sei, geleistet habe. Festgestellt wurde, daß die Leistungen der Klägerin der Bewältigung finanzieller Schwierigkeiten des Beklagten dienen sollten (S 93 d.A.), daß sich die Klägerin eine Zukunft ohne den Beklagten nicht habe vorstellen können und für ihn zu jedem auch finanziellem Opfer bereit gewesen sei. Eine ausdrückliche Behauptung der Klägerin, die Leistung sei unter der Voraussetzung des Fortbestandes der Lebensgemeinschaft getätigt worden, fehlt überhaupt, sie kann aber dem Klagsvorbringen zugrunde gelegt werden, zumal auch der Beklagte das Klagsvorbringen offenbar in dieser Richtung versteht. Über die Rüge des Beklagten, der festgestellte Sachverhalt rechtfertige den Kondiktionsanspruch deshalb nicht, weil nicht feststehe, daß die Klägerin in der dem Beklagten erkennbaren Erwartung des Fortbestandes der Lebensgemeinschaft geleistet habe, ist das Berufungsgericht mit dem Hinweis hinweggegangen, die getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes ließen eindeutig erkennen, daß die Klägerin auf dieser Grundlage geleistet habe. Tatsächlich trifft dies aber nicht zu. Die getroffenen Feststellungen könnten eher zum gegenteiligen Schluß führen, daß die Klägerin bei Leistung der Geldbeträge keinen dem Beklagten erkennbaren Vorbehalt des aufrechten Fortbestandes der Lebensgemeinschaft gemacht hat, sondern sich nur für sich eine Zukunft ohne den Beklagten nicht habe vorstellen können und deshalb zu jedem auch finanziellem "Opfer" bereit gewesen sei. Es werden daher im fortgesetzten Verfahren eindeutige Feststellungen zu treffen sein. Da die Verfahrensergänzung voraussichtlich ohne größeren Verfahrensaufwand möglich sein wird, ist die Rechtssache dem Berufungsgericht zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung zurückzuverweisen (§ 496 Abs. 3 ZPO).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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