OGH 6Ob672/85

OGH6Ob672/8523.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl P***, Volksschullehrer, 8600 Bruck an der Mur, Martin Luther-Straße 8, vertreten durch Dr. Ferdinand Gross, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wider die beklagte Partei Hermann Z***, Bankangestellter, 8650 Kindberg, Hauptstraße 6, vertreten durch Dr. Georg Fidler, Rechtsanwalt in Kindberg, wegen S 90.000,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. Juni 1985, GZ. 2 R 95/85-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 20. März 1985, GZ. 9 Cg 432/84-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.843,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 385,80 Umsatzsteuer und S 600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist der uneheliche Vater der am 2. Mai 1976 geborenen Daniela R***, welcher der Kläger als Gatte der Mutter im September 1978 seinen Familiennamen gegeben hat. Die Mutter Ingrid R*** hatte am 22. April 1978 den Kläger geheiratet. Diese Ehe wurde am 20. November 1984 geschieden.

Mit der am 31. Dezember 1984 eingebrachten Klage begehrte der Kläger mit der Behauptung, er habe in der Zeit vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1984 für die mj. Daniela Unterhaltsleistungen von zumindest zusammen S 90.000 erbracht, vom Beklagten als Unterhaltspflichtigen gemäß § 1042 ABGB den Ersatz dieses Betrages samt 10 % Zinsen seit 26. September 1984.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, er habe den ihm auferlegten Unterhaltsbetrag von monatlich S 1.000 im Einvernehmen mit der Mutter und dem Amtsvormund auf ein Sparbuch zugunsten des Kindes eingezahlt und damit seine Unterhaltspflicht erfüllt. Überdies habe der Kläger keinen Ersatzanspruch, weil er einerseits für das Kind keine Eigenleistungen erbracht habe und selbst wenn dies teilweise der Fall gewesen sei, ihm der Wille, diese Auslagen zurückersetzt zu erhalten, gefehlt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden

wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Beklagte hat im Einvernehmen mit dem Amtsvormund und der Mutter monatlich S 1.000 an Unterhaltsgeld auf ein Sparkonto eingezahlt, das am 1. März 1985 einen Guthabenstand von S 89.902,70 aufwies. Die Mutter half nach der Geburt des Kindes im Gasthausbetrieb und im Haushalt ihrer Eltern mit. Dafür wurde nicht nur sie, sondern wurden auch die mj. Daniela und das eheliche Kind sowie zum Teil auch der Kläger kostenlos verpflegt. Die Auslagen für die Kleidung der mj. Daniela deckten größtenteils die mütterlichen und zum Teil auch die väterlichen Großeltern. Die eheliche Wohnung befand sich in dem Haus, in dem der Gasthausbetrieb geführt wird. Als Volksschullehrer hatte der Kläger samt Überstunden ein monatliches Einkommen von rund S 20.000. Als Discjockey verdiente er monatlich S 10.000 bis S 20.000. Der Kläger bezog für die mj. Daniela P*** die Familienbeihilfe von monatlich S 1.000. Er gab seiner Gattin anfänglich ein Wirtschaftsgeld von S 5.500 und später von S 6.500. Unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe für die beiden Kinder betrug seine Eigenleistung monatlich S 3.500 bis S 4.500. Neben dem Wirtschaftsgeld bezahlte der Kläger für die mj. Daniela die Auslagen für die Musikschule von wöchentlich S 50 und für den Kindergarten von monatlich S 450. Er nahm ferner das Kind bis zu zehnmal zum Schifahren und dreimal auf eine Urlaubsreise mit. In der Zeit vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1984 legte der Kläger seiner Gattin mehrfach nahe, vom Beklagten die Bezahlung des Unterhaltes zu verlangen. Der Kläger aß während der ehelichen Gemeinschaft nur etwa zweimal wöchentlich zu Hause. Das Mittagessen nahm er in der Schule ein, am Wochenende war er als Musiker größtenteils unterwegs. Ende Juli 1978 (richtig 1984) kam es zur Auflösung der häuslichen Gemeinschaft.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Beklagte habe mit den Einzahlungen auf das Sparkonto die mit dem Rechtsvertreter seines Kindes vereinbarte Unterhaltsleistung erbracht. Damit sei einem auf § 1042 ABGB gestützten Begehren die Grundlage entzogen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes "als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens" und vertrat gleichfalls die Auffassung, dem Klagebegehren fehle schon deshalb die Grundlage, weil der Beklagte die im Unterhaltsvergleich übernommene Verpflichtung erfüllt habe. In einem solchen Fall seien weitere Ansprüche gegen ihn auch nach § 1042 ABGB in der Regel ausgeschlossen. Darüber hinaus habe der Kläger für die Minderjährige nur Leistungen von monatlich zusammen S 650 (Musikschule und Kindergarten) erbracht. In einem Fall wie dem vorliegenden müsse die staatliche Familienbeihilfe Berücksichtigung finden, weil der Kläger nicht in den Genuß der Beihilfe gelangt wäre, wenn das Kind nicht in seinem Haushalt gelebt hätte und er tatsächlich weniger aufgewendet habe, als die Familienbeihilfe ausgemacht habe. Bei den Urlaubs- und Schifahrtskosten habe der animus obligandi wohl nicht vorgelegen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit der Kläger zunächst meint, durch die Einzahlung der Unterhaltsbeiträge auf ein Sparbuch habe der Beklagte seine titelmäßige Verpflichtung nicht erfüllt, von einer solchen könne überhaupt nicht gesprochen werden, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Der Beklagte hat sich in einem Vergleich vor der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag zur Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 1.000,-- verpflichtet. Mit Zustimmung der Mutter und des Amtsvormundes wurden in der Folge die Unterhaltsbeiträge monatlich auf ein Sparbuch eingezahlt. Einer Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes zu dem abgeschlossenen Vergleich bedurfte es gemäß § 18 Z 1 JWG nicht. Seiner Verpflichtung aus dem Unterhaltsvergleich ist daher der Beklagte nachgekommen. Auch soweit der Kläger meint, das seiner Gattin zur Verfügung gestellte Geld habe zur Gänze der Alimentation der Kinder gedient, weil die Verköstigung der Kinder und der Gattin sowie die Anschaffungen für die Kinder nur das Entgelt für die Leistungen seiner Gattin im Betrieb ihrer Eltern darstellten, kann ihm nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, daß die (geschiedene) Gattin des Klägers schon durch die Führung des Haushaltes ihren Beitrag gemäß § 94 ABGB geleistet hat, bezog der Kläger ein monatliches Einkommen zwischen S 30.000,-- und S 40.000,--, sodaß seine tatsächlichen Leistungen auch unter Berücksichtigung des Naturalentgeltes der Ehefrau nicht einmal den Unterhaltsanspruch letzterer und des ehelichen Kindes deckten. Aus dem der geschiedenen Gattin gegebenen Wirtschaftsgeld konnten daher keine Unterhaltsleistungen für die mj. Daniela erbracht werden. Daß der Kläger Investitionen im Ausmaß von mindestens S 500.000 in der ehelichen Wohnung vorgenommen habe, die auch der mj. Daniela zugute gekommen seien, stellt ein unzulässiges neues Vorbringen dar. Es ist daher davon auszugehen, daß der Kläger für diese Minderjährige nur monatlich S 650,-- aufgewendet hat und sie daneben noch dreimal auf eine Urlaubsreise und zehnmal zum Schilaufen mitgenommen hat.

Den Vorinstanzen kann allerings nicht beigepflichtet werden, wenn sie meinen, mit der Erfüllung der im Vergleich festgelegten Unterhaltsverpflichtung durch den Beklagten sei einem Anspruch nach § 1042 ABGB der Boden entzogen. Nach Lehre und Rechtsprechung (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1042; Stanzl im Klang-Komm. 2 IV/1, 932; SZ 42/169; EFSlg. 33.715 ua.) ist das Ausmaß der Unterhaltspflicht im Falle eines Verwendungsanspruches nach § 1042 ABGB neuerlich als Vorfrage zu prüfen, selbst wenn das Ausmaß der Unterhaltspflicht im Verhältnis zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Unterhaltsberechtigten bereits rechtskräftig durch Urteil, pflegschaftsgerichtlichen Beschluß oder Vergleich festgestellt ist. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der tatsächlich für die mj. Daniela aufgewendeten Beträge besteht jedoch auch dann nicht zu Recht, wenn man unterstellt, daß der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen gegenüber dem Beklagten höher als im Vergleich festgesetzt gewesen wäre. Es ist davon auszugehen, daß der Kläger für die Minderjährige die Familienbeihilfe bezogen hat und die von ihm für die Minderjährige getätigten Aufwendungen nur einen Teil des Betrages der Familienbeihilfe ausmachten. Es wurde nun zwar ausgesprochen, daß die Familienbeihilfe seit 1. Jänner 1978 den Charakter einer Betreuungshilfe hat und in diesem Sinne ein Einkommen derjenigen Person darstellt, die diese Betreuung tatsächlich leistet, ohne daß der Betrag der Familienbeihilfe unmittelbar dem Kind zuzuwenden wäre (EFSlg. 41.028 mwN). Daraus wurde geschlossen, daß die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe als ihr Einkommen anzusehen sei, von dem sie durchaus einen Aufwand für das Kind habe machen können, der nach dem Gesetz dem Vater oblegen sei (EFSlg. 41.028; ähnlich SZ 54/52). Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von den bisher entschiedenen dadurch, daß es sich beim Empfänger der Familienbeihilfe für die Minderjährige nicht um einen Unterhaltspflichtigen, sondern um den Stiefvater handelt. Mit Recht verweist Huber (Familienbeihilfe und Unterhaltsrecht, JBl. 1983, 225 ff., insbesondere 231) darauf, daß das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 typisierende Merkmale aufgestellt hat, die die Unterhaltsbeziehung zwischen Eltern und Kindern in einem vergröberten Schema abbilden und sich dabei Abweichungen mit dem genauer differenzierenden Unterhaltsrecht des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches ergeben, etwa darin, daß der nicht unterhaltspflichtige Stiefvater einen Anspruch auf Familienbeihilfe habe, die er dem Kind herauszugeben habe (aaO FN 78 und aaO 311). Dieser auch von der Rechtsprechung seinerzeit vertretene Grundsatz, daß der Stiefvater die Familienbeihilfe nicht für sich behalten, sondern an das Kind herauszugeben hat (EvBl 1960/63; EFSlg. 11.785/4), hat auch nach der Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz BGBl. Nr. 646/1977 weiterhin Gültigkeit. Dafür spricht etwa die Bestimmung des § 12 Abs. 1 leg. cit., wonach das Vormundschafts- und Pflegschaftsgericht eine geeignete Person zu ermächtigen hat, die Familienbeihilfe anstelle des Anspruchsberechtigten in Empfang zu nehmen, wenn dieser zum Unterhalt oder zur Pflege des mj. Kindes, für welches ihm die Familienbeihilfe gewährt wird, nicht angemessen beiträgt. Der Stiefvater hat daher gegenüber dem Unterhaltspflichtigen nur dann einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für das Kind, wenn diese Aufwendungen höher sind, als die von ihm für das Kind bezogene Familienbeihilfe. Daß die Familienbeihilfe nunmehr den Charakter einer Betreuungshilfe hat, ändert daran nichts, weil der Stiefvater zur Betreuung seines Stiefkindes nicht verpflichtet ist und im Verfahren auch nicht hervorgekommen ist, daß die Betreuung des Kindes durch ihn erfolgte. Bei jeder anderen Auslegung wäre der Stiefvater durch den Bezug der Familienbeihilfe grundlos bereichert. Da im hier zu entscheidenden Fall der Kläger zwar die Familienbeihilfe für das Kind bezogen, jedoch für das Kind nur Aufwendungen getätigt hat, welche niedriger als die Beihilfe waren, kann er den Ersatz seiner Aufwendungen nicht gemäß § 1042 ABGB vom unterhaltspflichtigen Vater verlangen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO

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