OGH 3Ob628/85

OGH3Ob628/8518.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Wolfgang A, Rechtsanwalt,

2620 Neunkirchen, Triesterstraße 8, vertreten durch Dr.Ernst Fasan, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wider die beklagte Partei Johann B, Kaufmann, 3580 Horn, Thurnhofgasse 7, vertreten durch Dr.Engelbert Reis, Rechtsanwalt in Horn, wegen Feststellung (Streitwert 318.606,80 S s.A.) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30. September 1985, GZ.13 R 86/85-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 10.Dezember 1984, GZ.3 Cg 92/84-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 11.726,25 S (darin 1.938,75 S Auslagen einschließlich 978,75 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der am 8.Mai 1984 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, daß ihm der Beklagte am 31.12.1984 318.606,80 S zu zahlen habe. Dabei handle es sich um den spätestens zum Jahresende 1984 fälligen, dem Kläger zedierten restlichen Kaufpreis aus einem Ende Juli/Anfang August 1983 zwischen Anton C und dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über Juwelierwaren. Sein Interesse an der begehrten gerichtlichen Feststellung begründete der Kläger damit, daß sich der Beklagte durch seinen Rechtsanwalt auf den Standpunkt gstellt habe, daß die mit Anton C

getroffene Vereinbarung nachträglich abgeändert worden sei, so daß er am 31.12.1984 nicht 318.606,80 S zahlen müsse. Er halte sich nur für verpflichtet, den Kaufpreis für die allenfalls bis Ende 1984 von ihm verkauften Waren zu zahlen und für berechtigt, die Zahlung des restlichen Kaufpreises zu verweigern und die restlichen Waren dem Kläger zurückzugeben.

Der Beklagte beantragte die Abweisung dieses Begehrens. Er wendete ein, zwischen ihm und Anton C sei von Anfang an vereinbart gewesen, daß er nur den Kaufpreis für die von ihm veräußerten Waren entrichten müsse, die nicht veräußerbaren Waren jedoch von Anton C zurückgenommen würden. Am 31.12.1984 sollten bei einer vereinbarten Zusammenkunft mit Anton C die bis dahin nicht verkauften Waren zurückgenommen und ein Termin für die Fälligkeit des Kaufpreises für die bis dahin verkauften Waren festgesetzt werden. Der Beklagte habe dem Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 30.März 1984 die Möglichkeit einer vorzeitigen Abrechnung in Aussicht gestellt, doch habe der Kläger darauf nicht reagiert, so daß ihm das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung mangle.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Es stellte im wesentlichen fest, daß Anton C dem Beklagten im August 1983 Juwelen und Uhren um insgesamt 798.606,80 S auf Kredit verkaufte, daß aber zwischen den Vertragspartnern nie vereinbart wurde, daß der Beklagte damals gekaufte Waren rückverkaufen dürfe. Die vom Beklagten bis Ende 1983 weiterverkauften Waren sollten bis dahin bezahlt werden, der Rest neun Monate später. Der Beklagte leistete Anton C zwei Akontozahlungen von 80.000 und 100.000 S, die letztere am 24. Jänner 1984. Am 28.Februar 1984 akzeptierte der Beklagte dem Anton C einen von diesem dem Kläger weitergegebenen, am 31. Dezember 1984 fälligen Wechsel über 300.000 S. Dabei wurde das hinsichtlich des restlichen Kaufpreises ursprünglich vereinbarte Zahlungsziel (neun Monate nach Jahresende 1983) bezüglich dieser Wechselsumme um drei Monate hinausgeschoben. Bezüglich des Differenzbetrages von 318.606,80 S besprach Anton C mit dem Beklagten, daß dieser den Restbetrag im Laufe des Jahres 1984 oder nach dem Weihnachtsgeschäft 1984 zahlen werde, wobei kein fixer Termin genannt wurde. Anton C quittierte die Übernahme des Wechsels auf der seinerzeitigen Rechnung und schrieb dazu: "Rest nach Absprache am 31.12.1984". Das verstand er so, daß der Beklagte den Rest spätestens am 31.12.1984 zu zahlen habe. Die damaligen Gesprächspartner vereinbarten jedoch nicht, daß sie am genannten Tag erst ein neues Zahlungsziel hinsichtlich des dann noch offenen Kaufpreisrestes ausmachen würden. Anton C ließ damals jedoch durchblicken, daß er sich zum Jahresende 1984 noch zu einer weiteren Verlängerung des Zahlungszieles bereitfinden könnte, wobei er sich - ohne dies auszusprechen - vorstellte, der Beklagte könnte ihm zum Jahresende 1984 einen in drei Monaten fälligen Wechsel über den Restbetrag ausstellen. Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 1.März 1984 mit, daß ihm Anton C die Forderung von 618.606,80 S abgetreten habe und ersuchte ihn um Überweisung des Kaufpreises der bis Ende Dezember 1983 verkauften Waren und um Überweisung des Restbetrages bis 30.September 1984. Bald danach rief der Beklagte den Kläger an und hielt ihm vor, daß Anton C auf eine Abrechnung verzichtet habe; außerdem sei die Fälligkeit auf den 31.Dezember 1984 hinausgeschoben worden. Der Kläger verlangte vom Beklagten, daß wenigstens der Differenzbetrag von 318.606,80 S bis Ende September 1984 gezahlt werde. Der Beklagte erklärte, er brauche noch das Weihnachtsgeschäft, um zahlen zu können.

Mit Schreiben vom 5.3.1984 teilte der Beklagtenvertreter dem Kläger unter anderem mit, daß die Ehegatten B mit Anton C am 22.2.1984 vereinbart hätten, daß der noch offene Restbetrag vorerst weiter offen bleibe und mit Fälligkeitstag des Wechsels, also am 31.Dezember 1984, eine neue Vereinbarung über die Zahlungsmodalitäten getroffen werden solle. Mit Schreiben vom 8.3.1984 teilte der Beklagtenvertreter dem Kläger weiters mit, daß ihm die Ehegatten B nunmehr mitgeteilt hätten, daß zwischen ihnen und Anton C über den offenen Restbetrag vereinbart worden sei, daß zum 31.12.1984 über die Zahlungsmodalitäten weiterverhandelt werden solle. Allenfalls bis dahin nicht verkäufliche Ware sollte Anton C zurückgegeben werden. Unabhängig davon wären seine Mandanten bereit, entweder die noch vorhandene Ware sofort herauszugeben, wobei jedoch ihre Spesen für die Mehrarbeit abgedeckt werden müßten, oder im September 1984 etwas zu zahlen bzw. die Ware herauszugeben. In diesem Fall müßten ebenfalls Zwischenzinsen und Spesen abgezogen werden. Hinsichtlich der Rückgabe der Ware zum Dezember 1984 sei ausdrücklich vereinbart, daß Lagerkosten und Spesen zu Lasten des Verkäufers gehen sollten. In einem weiteren Schreiben vom 30.3.1984 erklärte der Beklagtenvertreter, die Ehegatten B seien selbstverständlich bereit, zum 31.Dezember 1984 abzurechnen und die nicht verkaufte Ware entsprechend der seinerzeit getroffenen Vereinbarung zurückzugeben und über die Fälligkeit des Differenzbetrages zum 31. Dezember 1984 zu verhandeln. Der Beklagtenvertreter könne sich unpräjudiziell für den Sach- und Rechtsstandpunkt seiner Mandantschaft vorstellen, daß die Abrechnung vorzeitig vorgenommen werde, falls ein entsprechender Abschlag gewährt werde. Rechtlich führte das Erstgericht unter anderem aus, das Feststellungsinteresse ergebe sich schon daraus, daß der Beklagte im Rechtsstreit bestritten habe, dem Kläger am 31.Dezember 1984 318.606,80 S zahlen zu müssen.

Dieses Urteil bekämpfte der Beklagte wegen unrichtiger Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung, die er darin erblickte, daß die Feststellungsklage unzulässig sei, weil der Kläger die Feststellung einer Tatsache begehre. Ein Feststellungsbegehren könne nur das Bestehen oder Nichtbestehen der Forderung umfassen, wobei der Beklagte das Bestehen der Forderung nicht bestritten habe. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und bejahte auch das Interesse des Klägers an der begehrten gerichtlichen Feststellung. Der Beklagte habe schon mit dem in den Schreiben seines Vertreters an den Kläger erhobenen Einwand des Rückverkaufs- bzw.Rückgaberechtes hinsichtlich von ihm nicht verkaufter Waren das Bestehen der vom Kläger geltendgemachten Kaufpreisrestforderung überhaupt bestritten. Es gehe daher nicht bloß um den Zeitpunkt der Fälligkeit, sondern um das Bestehen dieser Restforderung in der angeführten Höhe, so daß nicht die Feststellung einer Tatsache, sondern des Rechtes des Klägers auf die Kaufpreisrestforderung in der angeführten Höhe begehrt werde. Auf die Feststellung des Bestehens befristeter Rechte oder Vertragsverhältnisse könne schon während der Frist geklagt werden. Eine Feststellungsklage sei auch möglich, wenn das Recht auf erst künftig fällig werdende, ihrem Rechtsgrund, Umfang und ihrer Art nach schon bestimmte Leistungen festgestellt werden solle; einem Begehren auf künftige, noch nicht fällige Leistungen könne daher beim Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung durch ein Feststellungsurteil Folge gegeben werden. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich, daß dem Kläger eine bei Einbringung der Klage und bei Schluß der mündlichen Streitverhandlung in erster Instanz noch nicht fällige Kaufpreisrestforderung in der geltend gemachten Höhe gegenüber dem Beklagten zugestanden habe, die mit 31.Dezember 1984 fällig geworden sei. Das Feststellungsinteresse des Klägers sei zu bejahen, weil der Beklagte in den Schreiben seines Vertreters vom 8. und 30.März 1984 durch die Behauptung eines Rückgaberechtes unverkaufter Waren die geltend gemachte Kaufpreisforderung an sich bestritten habe, so daß eine Klärung des Bestehens dieser bestrittenen, damals noch nicht fälligen Forderung nur durch eine Feststellungsklage möglich gewesen sein.

In seiner Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt der Beklagte die Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen durch Klageabweisung, allenfalls die Aufhebung des angefochtenen Urteils zwecks neuerlicher Verhandlung und Entscheidung.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zwar zulässig, weil der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 300.000 S übersteigt (§ 502 Abs4 Z 2 ZPO; SZ 55/74), aber unbegründet.

Nach § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes oder auf Anerkennung der Echtheit einer Urkunde oder Feststellung der Unechtheit derselben Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß jenes Rechtsverhältnis oder Recht oder die Urkundenechtheit oder eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

Wegen der einem rechtskräftigen Feststellungsurteil zukommenden Bindungswirkung ist eine solche gerichtliche Entscheidung geeignet, insbesondere aus einem akutellen Anlaß zu befürchtenden künftigen Rechtsverletzungen vorzubeugen (vgl. Fasching, ZPR Rz 1057, 1072 f., 1096).

Diese Voraussetzungen sind z.B. dann gegeben, wenn ein Vertragspartner einen vom anderen behaupteten, noch nicht fälligen Anspruch bzw. das Rechtsverhältnis - wie hier

zunächst - außerprozessual bestreitet (Fasching, Komm. III 67 f., Wieczorek, ZPO 2 II C V zu § 256), weil ein den bestrittenen Anspruch feststellendes Urteil den Schuldner regelmäßig zur Leistung bei Fälligkeit bewegen und damit eine Leistungsklage erübrigen wird (vgl. auch Fasching, Komm.III 70).

In diesem Sinn ist das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung der vom Beklagten schon vor der Feststellungsklage, aber auch während des Feststellungsprozesses bestritenen Verpflichtung, dem Kläger am 31.Dezember 1984 den restlichen Kaufpreis zu zahlen, zu bejahen.

Entgegen der Meinung des Revisionswerbers wurde vom Kläger nicht die Feststellung einer Tatsache, sondern die Feststellung seines Rechtes auf Zahlung eines an einen bestimmten Tag fälligen Kaufpreisrestes in bestimmter Höhe durch den Beklagten bzw. der diesbezüglichen Pflicht des Beklagten begehrt. Dabei handelt es sich um die zulässige Feststellung einer einzelnen rechtlichen Folge, nämlich der dem Kläger zedierten restlichen Forderung aus einem zwischen dem Zedenten und dem Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag (Rechtsverhältnisses) (Fasching am letztangeführten Ort 60). Die Meinung des Revisionswerbers, wenn das Feststellungsbegehren gerechtfertigt wäre, bestünde weder Möglichkeit noch Anlaß zur Leistungsklage, verkennt, daß ein Feststellungsbegehren zu keinem Leistungsurteil führen kann; der im Feststellungsstreit obsiegende Kläger hat vielmehr zur Durchsetzung seiner Forderung ein Leistungsbegehren zu stellen, falls der Beklagte den festgestellten Anspruch trotz Fälligkeit nicht erfüllen sollte.

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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