OGH 6Ob692/85

OGH6Ob692/855.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich P***, Pensionist, derzeit Geriatrisches Krankenhaus der Stadt Graz, Albert-Schweitzer-Gasse 22, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Günther Forenbacher, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Waltraud P***, Angestellte, Carnerigasse 28, 8010 Graz, vertreten durch Dipl.Ing.Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8. Juli 1985, GZ 5 R 107/85-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 6. September 1984, GZ 18 Cg 7/84-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.637,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 308,85 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 26. Februar 1977 vor dem Standesamt der Landeshauptstadt Graz die Ehe geschlossen. Schon damals war der Kläger an multipler Sklerose erkrankt und an den Rollstuhl gefesselt. Die Beklagte ist diese Ehe eingegangen, obschon sie wußte, daß dieses Leiden unheilbar ist und sich im Laufe der Zeit nur verschlimmert.

Der Kläger begehrte die Scheidung der Ehe gemäß § 49 EheG und brachte vor, die Beklagte sei ihm mit Lieb- und Interesselosigkeit begegnet, habe seine Einweisung in die geschlossene Abteilung des Landeskrankenhauses Graz veranlaßt, sich nicht mehr weiter um ihn gekümmert und sich gegen die Überstellung in die Geriatrische Abteilung gestellt, in die er erst nach Intervention seiner Mutter habe verlegt werden können. Die Beklagte habe ihm von seiner Pension nur ein ungenügendes Taschengeld zur Verfügung gestellt und völlig ungerechtfertigt einen Entmündigungsantrag gestellt. Hilfsweise begehrte der Kläger die Scheidung gemäß § 55 EheG.

Die Beklagte beantragte zunächst unter Bestreitung der behaupteten Ehescheidungsgründe die Abweisung des Klagebegehrens, stellte für den Fall der Scheidung jedoch einen Mitschuldantrag, weil der Kläger durch sein liebloses und aggressives Verhalten und durch Verletzung seiner Unterhaltspflicht das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trage.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile. Es traf nachstehende Feststellungen:

Die Krankheit des Klägers verschlechterte sich um die Jahresmitte 1979. Bis dahin war er von der Beklagten zu Hause betreut worden und mußte nur zu therapeutischen Zwecken im Landeskrankenhaus Graz Aufenthalt nehmen. Am 5.Juni 1979 wurde er erstmals in das Landessonderkrankenhaus eingeliefert, weil die Nervenklinik des Landeskrankenhauses Graz seine Aufnahme wegen Pflegebedürftigkeit abgelehnt hatte. Nach weiterer Verschlechterung des Leidens wurde der Kläger in der Folge in immer kürzeren Zeitabständen zu neuerlichen Pflegeaufenthalten im Sonderkrankenhaus aufgenommen, bis er etwa 1980 derart pflegebedürftig geworden war, daß ihn die Beklagte zu Hause nicht mehr betreuen und pflegen konnte. Sie besuchte ihn zwar weiterhin regelmäßig an den Wochenenden im Sonderkrankenhaus und nahm ihn etwa alle 14 Tage auf Urlaub über das Wochenende mit nach Hause, war aber im übrigen außerstande, ihn selbst zu betreuen, weil sie mangels einer geeigneten Halbtagsbeschäftigung aus finanziellen Gründen eine Ganztagsbeschäftigung hatte annehmen müssen. Trotzdem zeigte sich der Kläger ihr gegenüber mürrisch, gereizt und streitsüchtig; immer wieder kam es zu Erregungszuständen mit Zornausbrüchen. Im Herbst 1981 drängte der Kläger auf Entlassung aus dem Sonderkrankenhaus und wollte unbedingt in ein anderes Krankenhaus oder Pflegeheim verlegt werden. Es warf der Beklagten immer wieder vor, sie kümmere sich nicht um ihn. Nach Beratung durch eine Fürsorgerin kam die Beklagte zur Überzeugung, daß der Kläger wegen seiner Pflegebedürftigkeit und seiner Aggressionstendenzen nicht, wie er das wünschte, in das Geriatrische Krankenhaus der Stadt Graz verlegt werden würde. Am 27.Oktober 1981 weigerte sich der Kläger, die eheliche Wohnung nach einem besuchsweisen Aufenthalt zu verlassen und in das Landessonderkrankenhaus zurückzukehren. Die Beklagte versuchte ihn darauf, so gut es ging, zu Hause zu betreuen, fürchtete aber, daß der Kläger seinen Platz im Sonderkrankenhaus verlieren werde, wenn er dorthin nicht zurückkehrte. Der Kläger begann in der Folge mit ihr zu streiten und wurde auch gegen sie und ihren Sohn aus erster Ehe tätlich, sodaß sich die Beklagte veranlaßt sah, den Polizeiarzt zu rufen. Dieser wies den Kläger neuerlich in das Landessonderkrankenhaus ein. In der Folge unterließ es die Beklagte, ihn auf Urlaub nach Hause zu nehmen.

Als sich im weiteren Verlauf die Aggressionstendenzen beim Kläger verstärkten und er sich schon Anfang 1983 mit Scheidungsgedanken trug, während die Beklagte zu ihrer eigenen psychischen Entlastung, aber auch um den Kläger zu erziehen, ihre wöchentlichen Besuche auf den Sonntag einschränkte, sah sich die Mutter des Klägers veranlaßt, seinem Wunsch nach Überstellung in das Geriatrische Krankenhaus zu entsprechen. Dies gelang ihr auch mit Hilfe des Vereines der multiplen Sklerotiker. Von diesem Zeitpunkt an war die Rivalität zwischen den beiden Frauen für das weitere Geschehen in der Ehe bestimmend. Der Kläger, dem das von der Beklagten zugestandene monatliche Taschengeld von 400 S bei einem Pensionseinkommen von insgesamt monatlich 10.300 S zu gering erschien, entzog seiner Gattin mit Wirkung vom 21. November 1983 über Betreiben seiner Mutter die Berechtigung zur Verfügung über sein Pensionskonto und übertrug diese Rechte an seine Mutter. Diese unterließ es, die für die Ehewohnung aufgelaufenen Unkosten zu bezahlen, sodaß die Beklagte genötigt war, für diesen Aufwand zwecks Abwendung drohender Stromabschaltung aus ihrem eigenen monatlichen Einkommen von rund 9.500 S (netto) als Bedienstete der Universität Graz aufzukommen. Wegen dieses Verhaltens beantragte die Beklagte am 9. Dezember 1983 die Entmündigung des Klägers. Der Antrag wurde abgewiesen, weil dem Kläger mit Ausnahme eines leichten Psychosyndroms im Rahmen seiner Grunderkrankung die geistige Fähigkeit zuerkannt wurde, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. In der Folge verzichtete der Kläger auf seine Mietrechte an der ihm zugewiesenen Behindertenwohnung in Graz, Hüttenbrennergasse 52, die den Streitteilen als Ehewohnung diente, so daß sich die Beklagte aus eigenen Mitteln eine andere Wohnung beschaffen mußte. Nachdem sie im Zuge einer Auseinandersetzung mit ihrer Schwiegermutter gelegentlich eines gemeinsamen Besuches beim Kläger am 31. Dezember 1983 von diesem aus dem Krankenhaus gewiesen worden war, stellte sie in der Folge nach mehrmaligen Besuchen und einer neuerlichen Auseinandersetzung mit der Mutter des Klägers am 4. März 1984 ihre Besuche beim Kläger ein.

In rechtlicher Hinsicht erblickte das Erstgericht in der Forderung des Klägers, die Beklagte solle ihn zu Hause betreuen, obwohl er habe wissen müssen, daß sie dazu nicht in der Lage sei, in der Entziehung der Berechtigung zur Verfügung über sein Einkommen und in der Aufgabe der Ehewohnung schwere Eheverfehlungen des Klägers und in der fehlenden Rücksichtnahme auf die psychische Ausnahmesituation des Klägers und der schwerwiegenden Lieblosigkeit und Einschränkung ihrer Besuche sowie den Entmündigungsantrag solche der Beklagten; diese stünden einander gleichwertig gegenüber. Das Berufungsgericht bestätigte - auch im zweiten

Rechtsgang - dieses Urteil. Es stellte ergänzend fest:

Der Kläger wurde am 4.November 1981 zum fünftenmal wegen Aggressivität der Beklagten und deren Sohn gegenüber in das Landessonderkrankenhaus Graz eingeliefert. Bei der gerichtsärztlichen Untersuchung am 3.Dezember 1981 war der Kläger zwar orientiert, aber verlangsamt, schwerfällig und antriebsvermindert, ließ Kritikfähigkeit vermissen und bestritt seine Aggressivität. Er litt an einem psychoorganischen Syndrom im Rahmen seiner Erkrankung (multiple Sklerose) mit zeitweiser Aggressivität. Bei weiteren Untersuchungen am 11. April, 9. September und 14. Dezember 1982 sowie am 14. Juni 1983 wurden keine Veränderungen seines Zustandsbildes festgestellt. Am 30. November 1983 wurde er in das Geriatrische Krankenhaus der Stadt Graz überstellt. Am 6. März 1984 wurde der Kläger im Rahmen des über Antrag der Beklagten eingeleiteten Entmündigungsverfahrens vom gerichtsärztlichen Sachverständigen Univ.Prof.Dr. Erwin OTT untersucht. Dabei war der Kläger voll orientiert; er wußte um seine Krankheit. Er zeigte allerdings eine gewisse Euphorie, die Kritikfähigkeit war beeinträchtigt. Der Sachverständige stellte ein leichtes organisches Psychosyndrom mit Merkfähigkeitsstörungen und einer geringfügigen Störung des Wissensbestandes fest, ohne daß der Kläger deshalb außerstande wäre, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Der Antrag der Beklagten auf Entmündigung des Klägers wurde vom Bezirksgericht für ZRS Graz mit Beschluß vom 14. Mai 1984 mit der Begründung abgewiesen, daß die Kontaktaufnahme mit dem bettlägerigen Kläger infolge seiner krankheitsbedingten Sprachstörung zwar erschwert, jedoch nicht unmöglich sei. Bei seiner Vernehmung am 25. April 1984 habe sich der Kläger informiert gezeigt und habe logische Antworten gegeben.

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz aus, die Beklagte habe in ihrer Parteiaussage selbst zugegeben, sie habe sich - neben der Verhaltensweise des Klägers - auch wegen des Entzugs ihrer Berechtigung zur Verfügung über sein Pensionskonto zum Entmündigungsantrag entschlossen. Bei entsprechender Würdigung seiner psychischen Ausnahmesituation hätte die Beklagte, die den Kläger in Kenntnis seines unheilbaren Leidens geheiratet habe, erkennen können, daß sein aggressives, streitsüchtiges Verhalten nicht auf eine Geisteskrankheit, sondern auf sein sich ständig verschlechterndes Leiden zurückzuführen sei. Der vor allem infolge Ärgers über den Entzug der Berechtigung zur Verfügung über das Pensionskonto veranlaßte Entmündigungsantrag könne auch nicht als durch die Wesensveränderung des Klägers berwirkte geringfügige Eheverfehlung abgetan werden. Das gelte auch für die Einschränkung ihrer Besuche beim Kläger im Krankenhaus, besücksichtige man seine Krankheit und psychische Belastung; diese Einschränkung der Besuche sei als Verletzung der ideellen Beistandspflicht gemäß den §§ 44 und 90 ABGB zu beurteilen. Eine solche sei eine schwere Eheverfehlung. Die ungerechtfertigte Einschränkung der Besuche beim Kläger, die fehlende Rücksichtnahme auf die psychische Ausnahmesituation und der ungerechtfertigte Entmündigungsantrag seien schwere Eheverfehlungen, die jenen des Klägers gleichwertig gegenüberstünden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß der hilfsweise gestellte Revisionsantrag, bei Scheidung der Ehe gemäß § 49 EheG das alleinige Verschulden des Klägers auszusprechen, verfehlt ist, weil die Beklagte keine Widerklage erhoben hat und das Scheidungsbegehren abzuweisen wäre, wenn die Beklagte kein Verschulden träfe. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Nach wie vor beharrt die Beklagte auf ihrem Standpunkt, ihr falle keine schwere Eheverfehlung zur Last. Bei der Prüfung dieser Behauptung ist davon auszugehen, daß der Kläger schon bei Eingehung der Ehe an multipler Sklerose erkrankt und deshalb an den Rollstuhl gefesselt war; die Beklagte hat sich dennoch zu dieser Ehe entschlossen, obschon sie wußte, daß dieses Leiden unheilbar ist, ja sich im Verlaufe der Zeit nur noch verschlechtert. Sie mußte sich auch im klaren sein, daß der Kläger nicht jederzeit sein ungemein schweres Los ohne weiteres erdulden und sich stets beherrschen werde und daß sich seine Aggressionen naturgemäß in erster Linie gegen sie richten würden. Sie durfte nur dann ein einigermaßen erträgliches Eheleben erwarten, wenn sie dem Kläger in seiner psychischen Ausnahmesituation besonderes Verständnis entgegenbrachte. Deutet man die schwere Eheverfehlung gemäß § 49 EheG richtigerweise als Verfehlung gegen die konkrete Ehe, den Partner und seine Wertvorstellungen (Schwind in Ehrenzweig 3 , Familienrecht 56), so ist das Verhalten der Ehepartner stets an diesen konkreten Verhältnissen zu messen. Auch das Verhalten der Beklagten ist an Hand dieser subjektiven Apskete zu prüfen. So mußte es der Beklagten klar sein, daß der Entmündigungsantrag, aber auch ihre "Erziehungsmaßregel" - in der Form, daß sie ihre Krankenhausbesuche auf ein Mindestausmaß reduzierte (AS 183) - den Kläger schwer treffen und gegen sie aufbringen mußten; es mag zwar zutreffen, daß die Beklagte die medizinischen Voraussetzungen für eine Entmündigung ihres Ehegatten auf Grund der gerichtsärztlichen Gutachten in den verschiedenen Anhalteverfahren als gegeben erachtete, Anlaß für sie, einen solchen Antrag zu stellen, war aber doch - wie das Erstgericht feststellte (AS 184) - der Umstand, daß der Kläger die Berechtigung zur Verfügung über sein Pensionskonto ihr entzogen und seiner Mutter übertragen hatte. Das ergibt sich im übrigen nicht bloß aus ihrer Parteiaussage, sondern auch aus ihrer Antragsbegründung im Verfahren 13 L 82/83 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz (dort AS 2). Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß die "Erziehungsmaßregel" der Beklagten einen - gerade bei der von ihr in Kauf genommenen psychischen Ausnahmesituation des Klägers - besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die ihr oblegene Pflicht zur psychischen Unterstützung ihres Ehegatten in seinem schweren Los darstellt (Schwind aaO 59). Die Beklagte kann ihr Verhalten angesichts der konkreten Verhältnisse nicht einfach damit rechtfertigen, daß es ihr der Kläger schwer gemacht habe, ihm weiterhin beizustehen. Das mangelnde Verständnis für die schwierige, für die Beklagte keineswegs überraschend eingetretene schwierige Lage des Klägers, der Entmündigungsantrag und ihre mangelnde Unterstützung - seinen sehnlichen Wunsch, in das Geriatrische Krankenhaus überstellt zu werden, hat nicht sie, sondern seine Mutter durchgesetzt - sind jedenfalls in ihrer Gesamtheit (Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 49 EheG mwN) als schwere Eheverfehlungen und auch - schon mit Rücksicht auf die schwerste psychische Belastung des Klägers - als unangemessene Reaktion auf sein Verhalten zu beurteilen; im übrigen fehlte es vor allem bei den "Erziehungsmaßregeln" auch an der hiebei gebotenen Unmittelbarkeit (Schwind aaO 58; Pichler aaO Rdz 5). Zutreffend haben die Vorinstanzen die Ehe in Stattgebung des Hauptbegehrens des Klägers aus dem Grunde des § 49 EheG geschieden.

In dem (an sich verfehlten) ersten Eventualantrag der Revision ist allerdings auch das Begehren enthalten, die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers zu scheiden. Bei der Beurteilung der Mitverschuldensanteile der Ehegatten am Scheitern der Ehe ist deren Gesamtverhalten während der Ehe zu berücksichtigen. Der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten setzt voraus, daß das Verschulden des einen Ehegatten erheblich schwerer wiegt als das des anderen; der Unterschied der Verschuldensanteile muß augenscheinlich hervortreten; es muß also ein sehr erheblicher gradueller Unterschied des beiderseitigen Verschuldens gegeben sein (EFSlg. 41.281 ff. u.v.a., Schwind, Komm.z.EheG 2 251). Dabei kommt es nicht nur auf das Maß der Verwerflichkeit der einzelnen Eheverfehlungen, sondern auch darauf an, wie weit sie einander bedingen und welchen ursächlichen Anteil sie am Scheitern der Ehe hatten (EFSlg. 43.676 u.a.). Es ist nicht nur darauf Bedacht zu nehmen, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe begonnen, sondern auch wer den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet hat (EFSlg. 43.679, 41.269 u. a.). Wägt man die von den Vorinstanzen zutreffend angenommenen beiderseitigen schweren Eheverfehlungen gegeneinander ab, kann jedenfalls bei Bedachtnahme auf die besondere psychische Belastung des Klägers nicht gesagt werden, daß die Eheverfehlungen der Beklagten geradezu in den Hintergrund träten. Gerade das aber wäre Voraussetzung für einen Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers (EFSlg. 41.294 u.a.).

Der Revision der Beklagten war deshalb ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte