Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahingehend Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 46-jährige Kaufmann Hermann A (zu A) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2, 2. Fall, StGB und (zu B) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Graz
(A) sich Güter, die ihm anvertraut worden sind, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:
1.) zwischen Dezember 1983 und spätestens Anfang September 1984 den teilweisen Erlös für eine ihm von Albert C zum kommissionsweisen Verkauf übergebene Herrenarmbanduhr Rolex (Wert ca. 100.000 S) und einen Herrenbrillantring (Wert ca. 100.000 S) im Restbetrag von 80.000 S,
2.) nach dem 14. Dezember 1984 den teilweisen Erlös für seinen von der STEIERMÄRKISCHEN D (richtig: Sparkasse) zur Veräußerung zwecks Verringerung des Kreditsaldos ihm ausgefolgten, seinerzeit von ihm verpfändeten Teppich "Nain" im Wert von mindestens 160.000 S, im Restbetrag von ca. 40.931 S,
3.) Anfang Jänner 1985 den Erlös für die von Elisabeth E zum kommissionsweisen Verkauf übergebenen fünf Perlenketten im Wert von 43.760 S und drei Brillanten im Gesamtgewicht von 1,93 Karat im Wert von 64.040 S (Schaden 107.800 S),
4.) nach dem 18. Jänner 1985 den Erlös aus dem kommissionsweisen Verkauf eines ihm von Helga F anvertrauten Weißgoldringes mit Saphier und Brillanten im Wert von 200.000 S;
B)am 21. November 1984 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Erika G durch die Vorgabe, den Geldbetrag zwecks Auslösung verpfändeter Schmuckstücke bei einem Geldinstitut nur kurzfristig zu benötigen sowie ein zahlungswilliger Darlehensnehmer zu sein, zur darlehensweisen Überlassung eines Betrages von 100.000 S, somit durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung verleitet, die sie in der angeführten Höhe am Vermögen schädigte.
Die vom Angeklagten allein aus der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene, lediglich gegen die Schuldspruchsfakten A 2 und B gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet. Nach den zum erstangeführten Punkt (A 2) getroffenen erstinstanzlichen Konstatierungen hatte der Angeklagte seit dem Jahre 1979 bei der STEIERMÄRKISCHEN H in Graz ein Kontokorrentkreditkonto unterhalten. Ende Dezember 1984 haftete darauf ein Kredit von 1,242.680 S aus, dessen bereits oer 30. September 1983 fällig gewesene Rückzahlung gestundet worden war. Zur Sicherung des Kredites verpfändete der Angeklagte dem Kreditgeber Schmuckstücke und Teppiche, wobei er einerseits berechtigt war, Pfandgegenstände aus dem Depot der Sparkasse mit deren Zustimmung zwecks allfälliger Veräußerung zu entnehmen, andererseits aber verpflichtet war, binnen 2 bis 3 Wochen gleichwertige andere Pfandgegenstände einzubringen oder den Wert des entnommenen Pfandes in bar zu erlegen. Unter den verpfändeten Sachen befand sich seit 1982 auch ein Teppich (Nain" 170 x 165 cm) im Schätzwert von mindestens 160.000 S. Der Angeklagte hatte diesen Teppich bis November 1984 schon mehrmals zum Zweck des Verkaufes ausgefolgt erhalten, aber immer wieder zurückgebracht, da er letztlich keinen Käufer finden konnte. Dieser Teppich sowie ein Brillantring wurden dem Angeklagten, der sich seit 1983 in großen finanziellen Schwierigkeiten befand, am 14. Dezember 1984 (abermals) mit der Auflage ausgefolgt, im Falle eines Verkaufes 200.000 S für den Teppich und 40.000 S für den Brillantring (als Limitbeträge) zur teilweisen Abdeckung seines Debetsaldos "in den nächsten Tagen" bei der STEIERMÄRKISCHEN H einzuzahlen. Der Angeklagte verkaufte beide Pfandgegenstände und überwies am 4. Jänner 1985 dem genannten Kreditinstitut einen Betrag von 50.000 S, unterließ aber die weitere Einzahlung des restlichen vereinbarten Verkaufserlöses. Der Schätzwert der bei der Sparkasse verbleibenden Pfandgegenstände betrug per 14. Dezember 1984 1,201.749 S.
Indem das Erstgericht diesem Schätzwert den zum selben Stichtag bestehenden Debetsaldo von 1,242.680 S entgegenstellte, gelangte es zu dem rechtlichen Schluß, daß der Angeklagte nur um den Differenzbetrag von 40.931 S bereichert sein könne. Aufbauend auf dieser Differenzschadensthese vermeint nun die Beschwerde, daß angesichts der konstatierten Überweisung von 50.000 S am 4. Jänner 1985 mit diesem Stichtag sogar eine geringfügige Überdeckung des Schuldsaldos gegeben gewesen sei, von einer unrechtmäßigen Bereicherung des Angeklagten daher keine Rede sein könne. Darüberhinaus komme eine Veruntreuungshandlung auch deshalb nicht in Betracht, weil ständig ein ausreichender Deckungsfond vorhanden gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Dieser, im wesentlichen auch von der Generalprokuratur geteilten Rechtsansicht kann nicht beigetreten werden.
Ausgehend nämlich davon, daß im Pfandrecht der Grundsatz der ungeteilten Pfandhaftung gilt, daß also, mit anderen Worten gesagt, das Pfandobjekt bis zur vollständigen Befriedigung haftet und der Schuldner demnach nicht berechtigt ist, einzelne Pfandgegenstände oder einen Teil des Pfandes zurückzuverlangen, wenn er den Gläubiger nur teilweise befriedigt hat (vgl. JBl. 1985, 103), ferner davon, daß sich der Angeklagte am 14.Dezember 1984 in der mit dem Kreditinstitut getroffenen Kommissionsvereinbarung verpflichtet hatte, entweder die ihm ausgefolgten Pfandsachen zurückzustellen oder zur teilweisen Abdeckung seines Debetsaldos 200.000 S für den Teppich und 40.000 S für den Brillantring einzuzahlen und daß schließlich zur Erfüllung des Tatbestandes nach § 133 StGB sogar schon eine auch nur vorübergehende Bereicherung genügt (vgl. Mayerhofer/Rieder, StGB 2 § 133 Nr. 81, 82), umfaßte vorliegend die durch die Zueignung des Kommissionserlöses bewirkte objektive Bereicherung - die auch bei dieser rechtlichen Betrachtungsweise von einem entsprechenden Vorsatz des Angeklagten getragen war, der in seiner vom Erstgericht für glaubhaft befundenen sicherheitsbehördlichen Verantwortung zugestanden hatte, den Teppich veräußert und den Erlös entgegen der mit der Sparkasse getroffenen Vereinbarung zur Abdeckung (anderer) alter Schulden verwendet zu haben (vgl. S 67, 259) - entgegen der vom Erstgericht zum Ausdruck gebrachten Rechtsmeinung den restlichen Verkaufserlös, bei dessen Unbekanntheit aber jedenfalls den gesamten Mindestschätzwert des Teppichs in der Höhe von 160.000 S (abzüglich des den Verkaufspreis des Ringes übersteigenden Betrages), und zwar unabhängig von dem vorliegend sohin irrelevanten Schätzwert aller Pfandsachen bzw. von der Differenz dieses Wertes zum Debetsaldo.
Unter diesem Aspekt ist die am 4. Jänner 1985 erfolgte Überweisung von 50.000 S an das Kreditinstitut - der Beschwerde und der Ansicht der Generalprokuratur zuwider - rechtlich belanglos, weil dadurch keineswegs der gesamte Schaden gutgemacht wurde. Der Meinung der Generalprokuratur (vgl. S 6 oben), es müsse von der Rechtsansicht des Erstgerichtes ausgegangen werden, daß nur ein Betrag in der Höhe des zeitweiligen Deckungsmankos von 40.931 S von strafrechtlicher Bedeutung sei, weil die Staatsanwaltschaft das Urteil unbekämpft ließ, kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil bei der gegebenen Fallkonstellation - Qualifikation des Gesamtverhaltens nach § 133 Abs. 2 StGB und Schuldspruch im fraglichen Faktum mit einem 5.000 S übersteigenden Veruntreuungsbetrag - der Anklagebehörde die Anfechtung des unterlaufenen Bewertungsirrtums verwehrt war (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO 2 § 281 Z 5 Nr. 20) und im übrigen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes - anders als dessen Tatsachenkonstatierungen - den Obersten Gerichtshof nicht bindet. Einen zur Tatzeit vorhandenen präsenten Deckungsfonds für den aus dem Pfandverkauf aushaftenden Restbetrag hat das Erstgericht nicht als gegeben erachtet. Feststellungen in diese Richtung waren im übrigen nach den Verfahrensergebnissen nicht indiziert. Gleichermaßen bot das Resultat der Beweisaufnahme auch keinen Anlaß zu der vom Beschwerdeführer reklamierten Konstatierung, er sei nach der mit der Sparkasse getroffenen Vereinbarung im allgemeinen zur Einbringung gleichwertiger Pfandgegenstände nur dann verpflichtet gewesen, wenn durch die Entnahme eines Pfandgegenstandes aus dem Depot eine ausreichende Besicherung des offenen Kreditbetrages nicht mehr gegeben war. Ein Feststellungsmangel in dieser Richtung liegt daher ebenfalls nicht vor. Dazu kommt, daß eine derartige Absprache - die allerdings ein Abgehen von dem Grundsatz der ungeteilten Pfandhaftung bedeuten würde - vorliegend mit Rücksicht auf die am 14.Dezember 1984 bezüglich der in Rede stehenden Pfänder getroffene spezielle Kommissionsvereinbarung, wonach ausschließlich deren Rückgabe oder die Bezahlung bestimmter Beträge vorgesehen war, rechtlich überdies nicht relevant wäre.
Nicht stichhältig sind auch die Beschwerdeausführungen des Angeklagten mit Bezug auf das Betrugsfaktum (Punkt B des Urteilssatzes).
Nach den diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes (S 250 ff.) erwarb der Angeklagte mit Kaufvertrag vom 9. November 1984 von Erika G die Liegenschaft EZ 1956 des Grundbuches der KG Wetzelsdorf um 100.000 S, nachdem er sich schon seit Sommer 1984 für das Grundstück interessiert und damals sogar 200.000 S als Kaufpreis angeboten hatte; doch konnte sich die Liegenschaftseigentümerin zu dieser Zeit noch nicht zum Verkauf entschließen. Erst nachdem ihr der Angeklagte versichert hatte, daß sie das Grundstück weiterhin benützen könne, stimmte sie einem Verkauf - und zwar nunmehr um 100.000 S - zu. Der Angeklagte übergab am 21. November 1984 der Erika G den vereinbarten Kaufpreis, schilderte dieser aber gleichzeitig seine derzeitige schlechte finanzielle Lage und überredete sie, die eben von ihm bezahlten 100.000 S ihm sogleich als Darlehen wieder auszuhändigen, was auch geschah. Der Angeklagte sicherte hiebei die Rückzahlung des Darlehens bis Februar bzw. April 1985 zu, leistete aber in der Folge keinerlei Rückzahlungen (S 250 bis 252). Das Erstgericht gelangte zur Tatsachenannahme, daß der Angeklagte nur vorgab, das Geld zur Auslösung verpfändeter Schmuckstücke zu benötigen, seine Zahlungswilligkeit bei Darlehensaufnahme nur vorspiegelte und mit Betrugsvorsatz handelte (S 263).
Soweit der Beschwerdeführer dagegen einwendet, er habe im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung Erika G als wertmäßig anzurechnende Gegenleistung zugesichert, daß sie das Grundstück bis zur Dalehensrückzahlung weiter benützen dürfe und solcherart ein Handeln mit Schädigungsvorsatz zu bestreiten sucht, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da er mit Stillschweigen jene Feststellungen des Erstgerichtes übergeht, denen zufolge die Zusicherung der Weiterbenützung der Liegenschaft durch die Verkäuferin schon früher erfolgt war und nicht die Gegenleistung für die Darlehensgewährung, sondern für die Senkung des Verkaufspreises von 200.000 S auf 100.000 S darstellte (S 250 im Sinne der Aussage der Zeugin Erika G vor dem Untersuchungsrichter, S 123 unten, Verlesung in der Hauptverhandlung S 226, sowie deren Angaben in der Hauptverhandlung S 227, 228).
Analoges gilt für die Beschwerdeausführungen, in denen der Angeklagte seinen Täuschungsvorsatz mit der Behauptung zu bestreiten versucht, ein solcher sei mit der erstgerichtlichen Konstatierung, er habe Frau G anläßlich der Darlehensaufnahme seine schlechte finanzielle Lage geschildert, nicht zu vereinbaren. Denn dabei läßt er zum einen die tatrichterliche Konstatierung außer Betracht, wonach er Erika G lediglich über seine "derzeitige" (S 251) schlechte finanzielle Lage informierte, kurzfristige Rückzahlung versprach und vorgab, das Geld zur Auslösung verpfändeter Schmuckstücke zu benötigen (S 263) und das Erstgericht zum anderen aus den gegebenen Prämissen schlüssig zur Tatsachenkonklusion gelangt war, dem Angeklagten habe im Tatzeitpunkt der Zahlungswille gemangelt (S 241, 263). Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde insgesamt zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die mehrfache Begehung der Veruntreuungshandlungen und den bereits als relativ hoch anzusehenden Gesamtschaden von rund 528.000 S. Als mildernd zog es demgegenüber keinen Umstand in Betracht und verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28 Abs. 1, 133 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinviertel Jahren. Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung und Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, ist im erstangeführten Punkt berechtigt.
Zwar kann angesichts der gerichtlichen Vorverurteilung des Angeklagten und der Sorglosigkeit, mit der er bereits im Sommer 1983 mit fremdem Vermögen umging (vgl. den Akt 11 Vr 3229/83 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) von einem bisherigen ordentlichen Lebenswandel im Sinne des § 34 Z 2 StGB nicht gesprochen werden. Desgleichen bieten die Akten keine Anhaltspunkte dafür, er sei durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zu seinen Taten bestimmt worden, zumal er im Jahre 1985 über genügend Barmittel verfügte, um 31 Casinobesuche zu finanzieren (vgl. ON 30). Was hingegen die in der Berufungsschrift wiederholte Behauptung betrifft, der italienische Geschäftsmann I habe ihm überlassene Wertgegenstände dem Angeklagten nicht zurückgestellt bzw. den Verkaufserlös nicht abgeführt, wurde dies vom Erstgericht ausdrücklich als unglaubwürdig erachtet (vgl. S 259 f). Endlich kann angesichts dessen, daß sich der Angeklagte noch in der Hauptverhandlung insgesamt nicht schuldig bekannte (vgl. S 197) und seine Aussage auch nicht wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug, auch der Milderungsgrund nach § 34 Z 17 StGB nicht angenommen werden.
In erheblichem Maße zusätzlich als mildernd zu werten war aber die in der Berufungsverhandlung bescheinigte weitgehende Schadensgutmachung (§ 34 Z 14 StGB), die den Obersten Gerichtshof bewog, die vom Erstgericht geschöpfte Unrechtsfolge auf das aus dem Spruch ersichtliche, tatschuldadäquate Maß zu reduzieren. Die vom Angeklagten begehrte bedingte Nachsicht dieser Strafe kam allerdings mangels der im § 43 Abs. 2 StGB normierten qualifiziert günstigen Zukunftsprognose - die allein schon an der mangelnden Schuldeinsicht und der Wiederholung der Straftaten, die ersichtlich im Zusammenhang mit der erwähnten (ON 30) Besuchsfrequenz in Spiel-Casinos zu beurteilen ist, scheitert - nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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