OGH 1Ob700/85

OGH1Ob700/8527.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian A, Kaufmann, Weckaufstraße 5, 6330 Kufstein, vertreten durch Dr.Hansjörg Zink, Dr.Georg Petzer und Dr.Herbert Marschitz, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Helga B, Hausfrau, Weckaufstraße 5, 6330 Kufstein, vertreten durch Dr.Gerhard Maurer, Rechtsanwalt in Wörgl, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14.Mai 1985, GZ.1 a R 82/85-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 30.Oktober 1984, GZ.2 C 429/84-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 2.414,72 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 219,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger vermietete der Beklagten mit Mietvertrag vom 1. Mai 1982 eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Nutzfläche von mehr als 100 m 2 (laut Mietvertrag 115 m 2 ) um einen monatlichen Mietzins von S 4.166,67 zuzüglich 8 % Mehrwertsteuer, somit insgesamt S 4.500,--. Die Beklagte geriet schon von Beginn des Mietverhältnisses an mit der Bezahlung des vereinbarten Zinses in Verzug. Sie bezahlte im Jahre 1982 S 4.500,--, 1983 S 16.820,-- und 1984 bis einschließlich Oktober S 12.649,60, zusammen S 33.969,60. Der Kläger erklärte mit der Behauptung, es hafte für 1982 ein Zinsrückstand von S 31.500,--, für 1983 ein Zinsrückstand von S 35.955,52 und für 1984 der gesamte Mietzins aus, mit Klage vom 19. Juni 1984 wegen Nichtzahlung des Mietzinses die vorzeitige Aufhebung des Bestandverhältnisses und begehrte, die Beklagte zur Räumung der Wohnung zu verpflichten.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die vermietete Wohnung falle nicht, wie vereinbart, unter

Ausstattungskategorie A (§ 16 Abs.2 Z.1 MRG), sondern unter

Ausstattungskategorie C (§ 16 Abs.2 Z.3 MRG), so daß sich unter Berücksichtigung der Wohnfläche von 106 m 2 ein monatlicher Mietzins von S 1.166,-- ergebe. Dieser sei durch die tatsächlich geleisteten Zahlungen gedeckt. In der Folge brachte die Beklagte allerdings vor, ein allfälliger Mietzinsrückstand sei darauf zurückzuführen, daß ihr die Mietervereinigung die unrichtige Auskunft erteilt habe, daß pro m 2 lediglich ein Betrag von S 11,-- zu entrichten wäre, so daß sich einschließlich Umsatzsteuer ein Zins von S 1.258,80 monatlich ergebe.

Der Kläger erwiderte, auch nach Ausstattungskategorie C ergebe sich einschließlich Umsatzsteuer ein Zins von S 1.888,92 monatlich und daher für 30 Monate (Mai 1982 bis Oktober 1984) ein Rückstand von S 33.969,60.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In der Erhebung der Räumungsklage liege die Einmahnung des säumigen Zinses i.S. des § 1118 ABGB. Ob die Beklagte berechtigt wäre, eine Mietzinsherabsetzung auf den nach Ausstattungskategorie C zu entrichtenden Mietzins zu verlangen, könne dahingestellt bleiben, weil sie auch in diesem Fall im Zeitpunkte des Schlusses der mündlichen Verhandlung mit einem Betrag von S 1.020,40 zuzüglich 8 % Umsatzsteuer (aus S 34.980,--) in Rückstand geblieben sei. Die Beklagte treffe am Zahlungsrückstand auch ein grobes Verschulden. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Es bilde keinen Verfahrensmangel, daß das Erstgericht auf Grund des gemäß § 37 Abs.1 Z.8 MRG am 25. September 1984 von der Beklagten beim selben Gericht gestellten Antrages auf Herabsetzung des Hauptmietzinses das Räumungsverfahren nicht gemäß § 41 MRG unterbrochen habe, weil jenes Verfahren für den vorliegenden Rechtsstreit nicht präjudiziell sei. Selbst wenn die Beklagte eine Herabsetzung des Mietzinses auf S 11,-- pro m 2 erreichen könnte, sei sie mit der Zahlung des von ihr selbst als angemessen bezeichneten Mietzinses säumig geworden. Auch einer gesonderten Beschlußfassung über die Höhe des geschuldeten Betrages nach § 33 Abs.2 Satz 2 und Abs.3 MRG habe es nicht bedurft, weil ohnedies bereits klar sei, daß im maßgebenden Zeitpunkt ein Mietzinsrückstand vorgelegen sei, an dem die beklagte Partei ein grobes Verschulden treffe. Für dessen Nichtvorliegen sei der Mieter beweispflichtig. Die Beklagte habe Gründe für die Nichtzahlung des von ihr selbst als angemessen bezeichneten Mietzinses nicht einmal behauptet, so daß sich eine Beschlußfassung nach § 33 Abs.2 Satz 2 und Abs.3 MRG erübrige.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Mit dem Vorbringen, das Erstgericht hätte das Räumungsverfahren wegen des von der Beklagten am 25.September 1984 beim selben Gericht eingebrachten Antrages auf Herabsetzung des Hauptmietzinses (§ 37 Abs.1 Z.8 MRG) gemäß § 41 MRG unterbrechen und außerdem wegen Strittigkeit der Höhe des geschuldeten Betrages vor Schluß der Verhandlung darüber durch (gesondert anfechtbaren) Beschluß entscheiden müssen (§ 33 Abs.2 zweiter Satz und Abs.3 MRG), macht die Klägerin nicht unrichtige rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht, sondern Verfahrensmängel geltend. Die Bestimmung des § 33 Abs.2 Satz 2 MRG, die der früheren Bestimmung des § 21 Abs.2 Satz 2 MG entspricht, ist eine reine Verfahrensvorschrift (SZ 52/144; JBl.1954, 359 u.a.), deren Nichtbeachtung mit dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens zu rügen ist (MietSlg.32.421). Gleiches gilt für die Bestimmung des § 41 MRG, die - unter bestimmten Voraussetzungen - die amtswegige Unterbrechung eines Verfahrens über einen Rechtsstreit wegen Anhängigkeit eines Verfahrens nach § 37 MRG zwingend vorschreibt. Wird die Verfahrensunterbrechung abgelehnt, kann dies unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten werden (vgl.SZ 44/113). Die Beklagte rügte im Berufungsverfahren beide Mängel, doch hat das Berufungsgericht das Vorliegen dieser Mängel verneint. Die behaupteten Verfahrensverstöße können daher nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 27/4 u.v.a.) im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. insbesondere SZ 52/144).

Mit Rechtsrüge anfechtbar wäre allerdings, wenn diese Verfahrensverstöße Feststellungsmängel zur Folge gehabt hätten, insbesondere also nicht feststünde, ob ein qualifizierter Mietzinsrückstand i.S. des § 1118 ABGB besteht und die Beklagte, falls der Rückstand beglichen würde, daran ein grobes Verschulden trifft. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Die Ansicht der Revisionswerberin, bei einem Rückstand von (nur) S 1.020,40 könne man von keinem groben Verschulden sprechen, ist verfehlt, weil das Verschulden überhaupt erst bei voller Nachzahlung des Zinses zu prüfen ist. Im übrigen ist der (unstrittige) Zinsrückstand der Beklagten keineswegs gering. Auch wenn man zu ihren Gunsten von einem Mietzins von S 11,-- pro m 2 Wohnfläche (für 106 m 2 ) ausgeht, kommen zudem Zahlungsrückstand von S 1.020,40, noch 8 % (seit 1.Jänner 1983: 10 %) Umsatzsteuer (§ 15 Abs.2 MRG) aus dem gesamten, für 30 Monate aufgelaufenen Mietzins. Außerdem beträgt der Mietzins der Ausstattungskategorie C seit 1.Februar 1984 S 12,20 pro m 2 (Würth in Rummel, Rdz 22 zu § 16 MRG; Kundmachung vom 24. April 1984, BGBl.1984/167).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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