OGH 2Ob54/85

OGH2Ob54/8526.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter A, Kaufmann, 1030 Wien, Barichgasse 32, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Maria B, Hausfrau, 1030 Wien, Hinzergasse 9/17,

2) ZÜC D E AG, 1010 Wien, Schwarzenbergplatz

15, beide vertreten durch Dr. Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 28.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Juli 1985, GZ 16 R 122/85-25, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Jänner 1985, GZ 24 Cg 758/83-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat den beklagten Parteien die mit S 3.352,73 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 282,98 Umsatzsteuer und S 240,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte stieß am 26. April 1983 mit ihrem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW in der Arenberg-Garage in Wien gegen die Front des dort abgestellten PKW des Klägers, wodurch dieses Fahrzeug der Type Morgan Plus 8 mit dem Heck gegen ein Hindernis gestoßen und insgesamt schwer beschädigt wurde. Das Alleinverschulden der Erstbeklagten am Schadensereignis ist unbestritten.

In der Klage wird vorgebracht, der erstmals am 3. Dezember 1975 zum Verkehr zugelassene PKW des Klägers weise einen Totalschaden auf, da nicht nur schwere Front- und Heckschäden vorlägen, sondern die "gesamte Struktur so schwer in Mitleidenschaft gezogen" worden sei, daß "eine ordnungsgemäße Reparatur nur in Form eines kompletten Neuaufbaues erfolgten könnte". Der Chassisrahmen sei geknickt und der Eschenholz-Rahmen des Cockpit-Aufbaues an einigen Teilen gebrochen. Das Aufsetzen neuer Kotflügel und Neuanfertigen eines Cockpit-Rahmens sowie das Ausrichten des Chassis würde einen enormen Aufwand an Arbeitszeit beanspruchen. Die nur in England durchzuführende Reparatur würde einen Betrag von S 254.000 zuzüglich Mehrwertsteuer erfordern. Eine solche sei jedoch aus technischen Gründen überhaupt nicht mehr möglich, weil die Sicherheit bei einem reparierten Rahmen nicht mehr gewährleistet sei, sobald mit diesem PKW die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h erreicht würde. Der Verkehrswert des PKW Morgan Plus 8 habe am Unfallstag S 260,000, betragen, von diesem sei jedoch der Wrackwert von S 15.000 abzuziehen, sodaß sich der Klagsbetrag von S 245.000 ergebe. Da der Kläger ständig Bankkredit in Anspruch nehme, sei auch das 12 %-ige Zinsenbegehren von dem durch das Forderungsschreiben des Klagsvertreters vom 31. Mai 1983 fällig gestellten Schadenersatzanspruch gerechtfertigt.

Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung mit der Begründung, daß weder der vom Kläger behauptete Reparaturaufwand erforderlich sei noch daß der von ihm angegebene Verkehrswert und Wert des Wracks zutreffe. Tatsächlich belaufe sich der gesamte Reparaturaufwand auf S 78.547, sodaß ein Betrag von S 80.000 samt 4 % Zinsen anerkannt würde. Auch das darüber hinausgehende Zinsenbegehren sei abzuweisen, weil der Kläger es unterlassen habe, die beklagten Parteien zur Akontozahlung aufzufordern oder ihr die Kreditaufnahme anzudrohen. Im übrigen könnten lediglich 4 % Zinsen begehrt werden, weil die Reparatur tatsächlich nicht durchgeführt und auch kein Ersatzfahrzeug in Anspruch genommen worden sei. Nach Zahlung des Betrages von S 80.000 durch die beklagten Parteien schränkte der Kläger das Klagebegehren auf S 165.000 samt gestaffelten 12 % bzw. 8 % Zinsen zuzüglich 18 % Umsatzsteuer ein. Er erklärte das Zinsenbegehren darauf zu stützen, daß er den zugrundeliegenden Kredit zur Anschaffung des Fahrzeuges aufgenommen gehabt habe und es unmittelbar danach zum Unfall gekommen sei. Eine Reparatur sei nicht möglich gewesen, weil die beklagten Parteien keinen ausreichenden Betrag zur Vornahme der Reparatur zur Verfügung gestellt hätten.

Die beklagten Parteien verwiesen vor Schluß der Verhandlung darauf, daß am Fahrzeug des Klägers ein Totalschaden in der Höhe von S 155.000 eingetreten sei. Nach der Teilzahlung von S 80.000 werde nunmehr der Restbetrag von S 75.000 samt 4 % Zinsen seit 22. Juni 1983 anerkannt.

Das Erstgericht sprach dem Kläger einen Betrag von

S 103.000 s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 62.000 s.A. ab. Das Berufungsgericht gab der lediglich von den beklagten Parteien erhobenen Berufung Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Kläger einen Betrag von S 75.000 samt 4 % Zinsen seit 22. Juni 1983 zuerkannte und das Mehrbegehren von

S 90.000 s.A. abwies. Es erklärte die Revision für zulässig. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt der Kläger eine auf § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht stellte fest, daß durch den von der Erstbeklagten verschuldeten Anstoß am Fahrzeug des Klägers ein erheblicher Front- und Heckschaden mit Stauchung und einem Vorbauverzug entstanden ist. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich bei diesem PKW um ein Liebhaberfahrzeug handelt- von dieser Marke und Type laufen in Österreich derzeit nur ca. 35 Stück - und unter Bedachtnahme auf einen schweren, nur mangelhaft behobenen Vorschaden am Fahrzeug betrug dessen Zeitwert im Unfallszeitpunkt S 170.000, der Restwert nach der Beschädigung S 15.000. Eine sach- und fachgerechte Instandsetzung kostet ca. S 183.000.

In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, nach ständiger Rechtsprechung sei ein entstandener Schaden in erster Linie durch Wiederherstellung gutzumachen, eine Abgeltung der Differenz zwischen Zeitwert und Restwert käme nur in Betracht, wenn die Wiederherstellung unwirtschaftlich erscheine. Vorliegendenfalls überstiegen die Reparaturkosten den Zeitwert zwar um 7,6 %, doch sei dies geringfügig, sodaß eine Reparatur insbesondere im Hinblick auf die Seltenheit und damit erschwerte Beschaffbarkeit der Fahrzeugtype noch nicht als unwirtschaftlich angesehen werden könne. Somit stehe dem Kläger der Ersatz der Reparaturkosten von S 183.000 und unter Berücksichtigung der geleisteten Teilzahlung von S 80.000 noch ein Betrag von S 103.000 s.A. zu.

Das Berufungsgericht verwies darauf, daß der Kläger in erster Instanz unter ausdrücklichem Vorbringen der Unmöglichkeit und Untunlichkeit der Reparatur Schadenersatz auf der Basis eines Totalschadens begehrt hatte und auch nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens, in welchem die Möglichkeit einer fachgerechten und verkehrssicheren Reparatur dargetan worden war, dabei geblieben sei. Im Hinblick auf dieses ausdrückliche Klagebegehren stelle sich gar nicht die Frage, ob der Kläger bei der gegebenen Sachlage auch die Wiederherstellungskosten hätte verlangen können. Er habe als Geschädigter die Wahlmöglichkeit gehabt, vom Schädiger entweder den Ersatz der Aufwendungen zur Naturalrestitution, also der Reparaturkosten, oder Geldersatz, also den Ersatz des gemeinen Wertes der Sache gemäß § 1332 ABGB zu verlangen. Vorliegendenfalls habe er den Wertersatzanspruch auf "Totalschadensbasis" erhoben, sodaß ihm die Differenz zwischen Zeitwert des Fahrzeuges von S 170.000 und Restwert desselben von S 15.000, somit der Betrag von S 155.000 abzüglich der erhaltenen Teilzahlung von S 80.000, demnach ein Betrag von S 75.000, zustehe. Auch der erstgerichtliche Zinsenzuspruch von 12 % sei aus mehrfachen Gründen nicht gerechtfertigt. Der Kläger habe den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nämlich nicht, wie von der Judikatur gefordert, zur Leistung eines Vorschusses aufgefordert und ihm somit nicht die Möglichkeit zur Vermeidung von derartigen Kreditkosten gegeben. Darüberhinaus habe er nach seiner ausdrücklichen Erklärung in AS 63 und 71 die Kreditzinsen nicht für einen zur Schadensbehebung aufgenommenen, sondern für den dem seinerzeitigen Kauf des Fahrzeuges dienenden Kredit bezahlen müssen. Somit handle es sich dabei um frustrierte Aufwendungen für die Anschaffung des Autos, welche nicht ersetzt werden könnten, weil grundsätzlich nur auf die Minderung des Wertes der beschädigten Sache oder auf deren Wert abzustellen sei. Im weiteren legte das Berufungsgericht dar, warum für einzelne Zinsenzeiträume geringere Zinsenbeträge und darüber hinaus keine Umsatzsteuerbeträge aus den Zinsen zuzuerkennen seien.

In der Rechtsrüge der Revision wird ausgeführt, das Klagsvorbringen über die mangelnde Reparaturwürdigkeit des Fahrzeuges habe dem damaligen Wissensstand des Klägers entsprochen, er habe aber weder Naturalrestitution noch Geldersatz, sondern die Zahlung eines Geldbetrages von S 245.000 begehrt. Zwar sei die Abrechnung auf Totalschadensbasis erfolgt, das Klagebegehren aber nicht allein darauf gestützt, sondern seien "sehr wohl auch die Reparaturkosten angezogen" worden. Rechtsgrund des geltend gemachten Anspruches sei Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der zu einer Beschädigung am PKW des Klägers geführt habe. Die formalistische Betrachtungsweise des Berufungsgerichtes sei abzulehnen. Dies gelte auch für das abgewiesene Zinsenbegehren. Da nach der Ansicht des Berufungsgerichtes frustrierte Aufwendungen für Kraftfahrzeugsteuer und Haftpflichtversicherung begehrt werden könnten, habe dies auch für den sinnlos gewordenen Aufwand für Zinsen zu gelten. In der Mängelrüge bringt der Revisionswerber vor, in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung sei fast ausschließlich über den Reparaturaufwand verhandelt worden. Wenn nur der Totalschaden maßgeblich, der Reparaturaufwand dagegen rechtlich unerheblich erscheine, dann sei der Kläger, der in der Klage sowohl den Totalschaden als auch die Reparaturkosten genannt habe, mit einer Rechtsansicht überrascht und dadurch gehindert worden, das erforderliche Vorbringen zu erstatten.

Den Ausführungen des Revisionswerbers kann insgesamt nicht gefolgt werden.

Zunächst trifft die sowohl in der Verfahrens- als auch in der Rechtsrüge aufgestellte Behauptung, der Kläger habe in der Klage auch den Anspruch auf Reparaturkosten erhoben, nicht zu. Er hat vielmehr unter Hinweis auf das Vorliegen eines Totalschadens ausschließlich den Ersatz des von ihm ziffernmäßig angeführten Zeitwertes seines Fahrzeuges abzüglich des Wrackwertes begehrt und dies ausdrücklich damit begründet, daß "eine Reparatur überhaupt nicht mögliich" sei. Auch während des Verfahrens wurde von ihm ein Reparaturkostenersatz nicht erwähnt. Unter diesen Umständen stünde der Zuspruch fiktiver, also noch gar nicht aufgewendeter Reparaturkosten daher in vollem Gegensatz zu seinem ausdrücklichen Begehren nach Ersatz des Zeitwertes des Fahrzeuges. Mit diesem hat er selbst den gemäß § 1323 ABGB beanspruchten Schätzungswert beziffert. Ein über die hierin zum Ausdruck kommende objektive Wertminderung hinausgehender, durch die Höheren Reparaturkosten entstehender Folgeschaden kann somit mangels Geltendmachung nicht zuerkannt werden. Im übrigen sei darauf verwiesen, daß der vom Revisionswerber begehrte Zuspruch bloß fiktiver Reparaturkosten im Sinne der Entscheidungen SZ 55/28 und JBl 1984, 41 jedenfalls am Zeitwert des Fahrzeuges seine Grenze fände.

Hinsichtlich der bekämpften Abweisung des Zinsenmehrbegehrens genügt es, auf die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zu verweisen, wonach schon mangels an die beklagten Parteien gerichteter Aufforderung nach Vorschußzahlung keine über die gesetzlichen Zinsen hinausgehenden Verzugszinsen mit Erfolg begehrt werden können (SZ 41/166; ZVR 1977/77 u.v.a.). Schließlich ist auch die Abweisung des die Verzugszinsen betreffenden Umsatzsteuerbegehrens aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zu Recht erfolgt.

Da sich weder die Verfahrensrüge (§ 510 Abs 3 ZPO) noch die Rechtsrüge als gerechtfertigt erweisen, war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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