OGH 1Ob617/85

OGH1Ob617/8513.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Theresia A, Kauffrau, Graz, Oberer Plattenweg 17, vertreten durch Dr. Gerda Gerersdorfer-Reisch, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Ferdinand A, Kaufmann, Graz, Herrgottwiesgasse 128, vertreten durch Dr. Manfred Schnurer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Festsetzung eines Benützungsentgelts infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 29. Mai 1985, GZ 3 R 109/85-45, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Februar 1985, GZ 13 Nc 203/83-39, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. März 1981, 18 Cg 12/80, aus dem Verschulden beider Ehegatten geschieden; die Rechtskraft der Entscheidung ist am 16.4.1981 eingetreten. Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaften EZ 2440 und EZ 922 KG Gries, Herrgottwiesgasse 126, 128 und 128 b. Zum Zwecke der Einrichtung eines Geschäftsbetriebes wurden die auf den Liegenschaften vorhandenen Gebäude zum Teil neu adaptiert, zum Teil abgetragen und durch neue Gebäude ersetzt. Zwischen den Streitteilen besteht Einigkeit darüber, daß die vorerwähnten Liegenschaften vom Antragsgegner für Betriebszwecke benützt werden.

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung eines Benützungsentgelts für ihre vom Antragsgegner benützte Hälfte der Liegenschaften im Betrag von S 23.000,-- monatlich. Sie führt zur Begründung ihres Begehrens aus, für die auf den Liegenschaften errichteten Gebäude einschließlich der Wohnung im Hause Herrgottwiesgasse 128 wäre ein Mietzins von S 86.000,-- monatlich zu erzielen. Unter Bedachtnahme darauf, daß der Antragsgegner den Erhaltungsaufwand allein bestreite, erachte sie für ihren Hälfteanteil an den gemeinsamen Liegenschaften ein Benützungsentgelt von S 23.000,-- monatlich als angemessen.

Der Antragsgegner sprach sich gegen diesen Antrag aus und brachte vor, die auf den Liegenschaften vorhandenen Gebäude seien von ihm im Einverständnis mit der Antragstellerin zu seinem unentgeltlichen Gebrauch errichtet worden. Ein Benützungsentgelt stehe der Antragstellerin, wenn überhaupt, nur für ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft, nicht auch für die von ihm auf den gemeinsamen Liegenschaften aus eigenen Mitteln errichteten Gebäude zu. Das geforderte Benützungsentgelt sei überhöht.

Der Erstrichter verpflichtete den Antragsgegner zur Bezahlung eines monatlichen Benützungsentgelts von S 16.000,--. Nach ständiger Rechtsprechung sei das Benützungsentgelt so zu berechnen, als ob der Miteigentümer Bestandnehmer des seinen Anteil übersteigenden Teiles der Sache wäre. Das Erstgericht stellte fest, für die Liegenschaften samt Betriebsgebäuden sei unter Bedachtnahme auf ihre Lage und ihren Bauzustand ein Bestandzins von S 35.000,-- monatlich, für die im ersten Stock des Hauses Herrgottwiesgasse 128 befindliche Wohnung ein Bestandzins von S 5.700,-- monatlich angemessen. Unter Bedachtnahme darauf, daß der Antragsgegner den Erhaltungsaufwand für die Betriebsgebäude, der mit ca. 25 % des Bestandzinses anzunehmen sei, zur Gänze bestreite, entfalle auf den Hälfteanteil der Antragstellerin ein Nutzungsentgelt von (rund) S 13.000,-- für die betrieblich genutzten Liegenschaften und von (rund) S 3.000,-- für die Wohnung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Voraussetzung für den Anspruch eines Miteigentümers auf Leistung eines Benützungsentgeltes als Gegenleistung für eine den Miteigentumsanteil des anderen übersteigende Nutzung sei eine Einigung der Miteigentümer über die Benützung oder deren Regelung durch das Gericht. Bestehe eine solche Einigung nicht, komme ohne gleichzeitige Benützungsregelung die Festsetzung des Benützungsentgelts im Verfahren außer Streitsachen nicht in Betracht. Die Vereinbarung unentgeltlicher Benützung schließe die spätere Forderung eines Benützungsentgelts aus. Der Antragsgegner habe eingewendet, es sei zwischen den Streitteilen eine Vereinbarung dahin getroffen worden, daß er die gesamte Liegenschaft zum Betrieb seines Unternehmens unentgeltlich nützen dürfe. Es sei daher zu klären, ob eine solche Vereinbarung zustandegekommen sei. Von Bedeutung sei auch, ob dem Antragsgegner von der Antragstellerin das Recht eingeräumt worden sei, auf der Liegenschaft Gebäude zu errichten; in diesem Falle müsse dies bei der Bemessung des Benützungsentgelts Berücksichtigung finden.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobenen Revisionsrekurs der Antragstellerin kommt Berechtigung nicht zu. Die Rechtsmittelwerberin rügt als Aktenwidrigkeit, das Rekursgericht habe unbeachtet gelassen, daß der Antragsgegner den Beschluß des Erstrichters, soweit das Benützungsentgelt mit S 15.000,-- festgesetzt wurde, unbekämpft gelassen habe. Damit wird dem Sinn nach geltend gemacht, daß das Rechtsmittelgericht die zufolge nur teilweiser Anfechtung eingetretene Teilrechtskraft unbeachtet gelassen habe und seine Entscheidung demnach insoweit mit Nichtigkeit behaftet sei. Der gerügte Mangel liegt aber nicht vor. Die Ausführungen des Antragsgegners in seinem Rekurs können insgesamt nur dahin verstanden werden, daß der Antragstellerin kein Benützungsentgelt gebührt, weil eine Vereinbarung über die unentgeltliche Benützung zustandegekommen sei. Die Antragstellerin, die der Errichtung von Betriebsgebäuden auf Kosten des Antragsgegners auf der gemeinsamen Liegenschaft zugestimmt habe, dürfe nicht einen zweifachen Nutzen in der Weise ziehen, daß sie einen Vermögenszuwachs und darüber hinaus noch ein Benützungsentgelt erhalte. Nur für den Fall, daß der Rechtsauffassung des Erstrichters zu folgen wäre, hielt der Antragsgegner die Bemessung des Benützungsentgelts nur in der Höhe von S 15.000,-- monatlich angemessen. Die Entscheidung des Erstrichters ist daher auch nicht teilweise in Rechtskraft erwachsen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Benützungsentgelt vom Außerstreitrichter auch dann festzusetzen, wenn sich die Miteigentümer zwar über die Benützung des gemeinsamen Grundstücks, nicht aber über das hiefür zu leistende Entgelt einig sind (MietSlg. 33.077, 27.096, 25.059/21 u.a., Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 835). Die Antragstellerin räumt auch im Revisionsrekurs ein, daß dem Antragsgegner die Benützung der Liegenschaft zum Zwecke des Betriebes seines Unternehmens gestattet worden sei. Demnach sind die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Benützungsentgelts durch das Gericht grundsätzlich gegeben. Die Antragstellerin ist der Behauptung des Antragsgegners, es sei unentgeltliche Benützung vereinbart worden, schon im Verfahren vor dem Erstrichter entgegengetreten. Dieser Frage kommt, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, entscheidende Bedeutung zu. Die unentgeltliche Überlassung schließt - auch zwischen Miteigentümern - die spätere Forderung eines Benützungsentgelts aus (MietSlg. 30.151, 23.095 u. a.). Etwas anderes gälte nur, wenn die Unentgeltlichkeit nur für eine bestimmte Zeit oder unter bestimmten Voraussetzungen vereinbart wäre. Das Rekursgericht trug dem Erstrichter zu Recht eine Ergänzung des Verfahrens dahin auf, ob eine Vereinbarung über die unentgeltliche Benützung durch den Antragsgegner zustandegekommen ist.

Bei Beurteilung der Frage, ob Aufwendungen eines Miteigentümers auf die gemeinsame Sache die Minderung des Benützungsentgelts rechtfertigen, ist davon auszugehen, daß es Zweck des Benützungsentgelts ist, den verhältnismäßig größeren Nutzen eines Miteigentümers an der durch die Benützung eines seinen Miteigentumsanteil übersteigenden Teils der gemeinsamen Sache durch eine entsprechende Gegenleistung auszugleichen (MietSlg. 35.841, 30.151, 25.059/21, 24.066; Gamerith a.a.O. Rdz 7 zu § 835). Im Zweifel ist die Gestattung der Bauführung auf einem gemeinsamen Grundstück durch den anderen Miteigentümer dahin zu verstehen, daß für den Wertzuwachs, den nur dieser geschaffen hat, kein Benützungsentgelt zu bezahlen ist. Falls eine Vereinbarung der Streitteile dahin, daß der Antragsgegner zur unentgeltlichen Benützung des Miteigentumsanteils der Antragsgegnerin berechtigt sein soll, nicht erweislich wäre, wäre das Benützungsentgelt ohne Bedachtnahme auf die vom Antragsgegner unter Heranziehung eigener Mittel getätigten Investitionen festzusetzen.

Da die Rechtssache, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, noch nicht spruchreif ist, ist dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.

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