OGH 2Ob625/85

OGH2Ob625/8512.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C D Gesellschaft m.b.H., Linzerstraße 23, 5020 Salzburg, vertreten durch DDr. Berthold Moser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Franziska E, Private, Franz-Xaver-Traber-Straße 5, 5020 Salzburg, 2.) Rosa F, Private, Franz-HuemerStraße 16, 5020 Salzburg, beide vertreten durch Dr. Othmar Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 91.596,68 s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 29.Mai 1985, GZ 32 R 46/85-17, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10.Dezember 1984, GZ 17 C 668/83-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben zur ungeteilten Hand der Klägerin die mit S 4.668,18 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 424,38 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin mietete mit Mietvertrag vom 11.9.1980 in dem im Eigentum der Beklagten stehenden Haus, Salzburg, Linzer Straße 23, verschiedene Räumlichkeiten zum Betrieb eines Cabaretts. Zum Mietobjekt gehört die Heizanlage mit Entlüftung. Im Mietvertrag wurde vereinbart, daß die Instandhaltung der Mieträumlichkeiten im Inneren durch die Mieterin auf ihre Kosten zu erfolgen habe, soweit es sich nicht um ernste Schäden des Hauses handelt. Ernste Schäden des Hauses sind hingegen von den Vermieterinnen auf ihre Kosten zu beheben (Punkt V). Hinsichtlich der Heizungs- und Entlüftungsanlagen wurde im Punkt VI des Mietvertrages festgehalten, daß deren Wartung und laufende normale Instandhaltung, soweit diese die Mieträumlichkeiten betreffen und es sich nicht um bauliche Maßnahmen handelt, durch die Klägerin auf ihre Kosten zu erfolgen hat. Im Oktober 1982 sperrte das städtische Gaswerk die Heizanlage, weil bei einem Betrieb Brandgefahr bestanden hätte. Eine Reparatur war nicht möglich, weshalb die Installation einer neuen Anlage empfohlen wurde. Aufgrund der Anordnung des städtischen Gaswerks durfte die neue Heizanlage nicht mehr vom vorhandenen Heizraum aus bedient werden, sondern es mußte ein neuer Heizraum im ersten Stock geschaffen werden. Der Klagevertreter veständigte hievon den Hausverwalter als Vertreter der Beklagten und ersuchte, die Zustimmung der Liegenschaftseigentümer zur Errichtung einer neuen Anlage einzuholen, wobei er darauf hinwies, daß es sich um einen ernsten Schaden des Hauses handle, der von den Beklagten zu tragen sei; gleichzeitig gab er die Kosten für die Errichtung einer neuen Heizanlage mit S 80.000,-- bis S 100.000,-- an. Die Beklagten unterfertigten die für den Magistrat der Stadt Salzburg bestimmte Zustimmungserklärung, fügten aber bei, daß die Kosten von der Klägerin zu tragen seien. Die Klägerin suchte um eine Baubewilligung an. Sie wollte nicht mehr zuwarten, weil bei einem Kälteeinbruch die Fortführung des Betriebes nicht mehr möglich gewesen wäre. Mit Bescheid vom 20.12.1982 wurde die Baubewilligung erteilt; die Anlage wurde noch im selben Monat errichtet.

Die Klägerin begehrt einen der Höhe nach nicht bestrittenen Betrag von S 91.596,68 samt Zinsen mit der Begründung, die Beklagten seien aufgrund des Mietvertrages aber auch aufgrund des Gesetzes verpflichtet, den Aufwand für die Herstellung der neuen Heizanlage zu ersetzen.

Die Beklagten wendeten ein, es hätte vorerst die Schlichtungsstelle gemäß § 39 Abs 1 MRG angerufen werden müssen. Für Ersatzforderungen bezüglich Aufwendungen in Mietobjekten sei das Außerstreitverfahren anzuwenden. Überdies habe die Klägerin aufgrund der Vereinbarungen für die Kosten selbst aufzukommen. Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es führte aus, der Mieter werde nur hinsichtlich Entschädigungsansprüchen nach § 8 Abs 3 MRG und bezüglich der Rückforderungen von Erhaltungsbeiträgen nach Ablauf der Fünfjahresfrist in das Außerstreitverfahren verwiesen. Im übrigen werde der allgemeine Grundsatz, daß Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch wenigstens schlüssig in das Außerstreitverfahren verwiesen seien, auf den streitigen Rechtsweg gehörten, durch die §§ 37 ff MRG nicht berührt. Nur jene Angelegenheiten, die im § 37 Abs 1 MRG angeführt sind, müßten vor der Antragstellung an das Gericht bei einer Schlichtungsstelle anhängig gemacht werden. Darüberhinaus habe die klagende Partei mit dem Einbau der neuen Anlage wegen des bevorstehenden Winters nicht mehr länger warten können. Gemäß § 3 Abs 1 MRG habe der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten dafür zu sorgen, daß das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten würden. Diese Erhaltung im Sinne des Absatzes 1 umfasse gemäß Abs 2 Z 3 die Arbeiten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden, der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienenden Anlagen erforderlich seien. Sei die Erhaltung einer bestehenden Anlage wirtschaftlich nicht vertretbar, sei eine vergleichbare neue Anlage zu errichten. Durch die defekte alte Heizanlage habe die Gefahr eines ernsten Schadens für das Mietobjekt bestanden, zu dessen Behebung die Beklagten verpflichtet seien. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es führte aus, ob ein Rechtsschutzantrag im streitigen oder außerstreitigen Verfahren abzuhandeln sei, sei nach dem Begehren und den Sachverhaltsbehauptungen zu beurteilen. Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig in das Verfahren Außerstreitsachen verwiesen seien, gehörten auf den streitigen Rechtsweg. § 37 Abs 4 MRG, wonach im Verfahren über einen Feststellungsantrag als Annex ein Leistungsbefehl auf Rückzahlung ergehen könne, habe auf die Zulässigkeit des Rechtsweges keinen Einfluß. Überdies seien Ansprüche, die auf eine Vereinbarung gestützt würden, auch dann im Rechtsweg zu verfolgen, wenn der Mieter gleichartige aus dem Gesetz ableiten könnte. Die Klägerin stütze ihre Ansprüche in erster Linie auf die Bestimmungen des Mietvertrages. Der Anspruch der Klägerin bestehe aufgrund der Vereinbarung auch zu Recht. Nach dem Mietvertrag seien ernste Schäden des Hauses auf Kosten der Vermieter zu beheben. Ein ernster Schaden sei immer dann gegeben, wenn das Bestandobjekt durch die Unbenützbarkeit von Anlagen des Hauses zum bedungenen Gebrauch nicht mehr verwendet werden könne. Ein ernster Schaden in diesem Sinne liege vor, wenn die Gasheizung von der Behörde gesperrt werde, eine Reparatur der Anlage nicht möglich sei und aufgrund der Anordnung des Gaswerkes die neue Anlage in einem anderen Raum in einem anderen Stockwerk installiert werden müsse. Überdies sei zu beachten, daß aufgrund der Sonderbestimmung des Punktes VI der Mieter die Kosten der Wartung und der laufenden normalen Instandhaltung hinsichtlich der Heizungs- und Lüftungsanlage zu tragen habe. Sei eine neue Heizung erforderlich, liege keine Wartungs- und Instandhaltungsarbeit in diesem Sinne vor. Da die vom Mieter zu tragenden Arbeiten angeführt seien, könne diese Bestimmung nur so ausgelegt werden, daß die nicht darunter fallenden Arbeiten vom Vermieter zu tragen seien. Bei der Behauptung, die neue Heizung stelle eine Verbesserung dar, handle es sich um eine unzulässige Neuerung. Der Auffassung der Berufungswerber, die Bestimmung des § 1097 ABGB sei nicht anzuwenden, könne nicht gefolgt werden. Gebühre dem Mieter schon unter den im § 1097 ABGB angeführten Voraussetzungen der Ersatz der Aufwendungen für Ausbesserungen, müsse dies umsomehr für die Behebung von Mängeln an der Bestandsache gelten. Die Beklagten hätten der Durchführung der Arbeiten zugestimmt. Im übrigen wäre der Rückforderungsanspruch auch nach § 1042 ABGB begründet, da diese Bestimmung auch bei Erfüllung fremder Vertragspflichten anzuwenden sei. Für die Beklagten habe die unabweisliche Notwendigkeit bestanden, die Heizungsanlage unverzüglich herstellen zu lassen, da sonst voraussichtlich ein beträchtlicher Schaden entstanden wäre. Darauf, ob der Anspruch auch in der Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 2 MRG seine Begründung finde, brauche nicht eingegangen zu werden.

Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß es sich bei der Frage der Zuständigkeit um eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes handle, der erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie machen die Revisionsgründe der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragen, 1. die Verfassungsmäßigkeit der in § 3 Abs 1 MRG enthaltenen Verweisung auf § 1096 ABGB durch Antrag an den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen, 2. das angefochtene Urteil gemäß § 477 Abs 1 Z 6 ZPO als nichtig aufzuheben und die Klage als unzulässig zurückzuweisen, 3. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen und

4. allenfalls das Urteil aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurück- bzw. abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Die Beklagten wendeten in erster Instanz ein, die Sache sei im Verfahren außer Streitsachen zu behandeln. Die Vorinstanzen vertraten übereinstimmend die Ansicht, über die Forderung sei im Streitverfahren zu entscheiden. Obschon dies nur in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebracht wurde, liegen doch konforme Entscheidungen über die Einwendung der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges vor. Die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges kann daher in dritter Instanz nicht mehr überprüft werden (vgl. SZ 28/265; SZ 52/151; SZ 54/190). Die Frage, wegen der das Berufungsgericht die Revision zuließ, kann daher vom Obersten Gerichtshof nicht entschieden werden. Daher ist auch auf die Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO nicht weiter einzugehen.

Die Revisionswerberinnen behaupten weiters Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO. Sie zitieren hiebei mehrere einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Sätze aus der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes, die sie für unrichtig halten, und vertreten die Ansicht, die zitierten Teile aus der rechtlichen Beurteilung seien unüberprüfbar. Die geltend gemachte Nichtigkeit ist aber schon deshalb nicht gegeben, weil eine unrichtige rechtliche Beurteilung grundsätzlich Nichtigkeit im Sinne des § 477 ZPO nicht darzustellen vermag.

Die Revisionswerberinnen versuchen ferner mit weitwendigen Ausführungen zu § 3 MRG darzutun, daß der Gesetzgeber mit dieser Gesetzesstelle jene des § 1096 ABGB in den Hintergrund gedrängt habe, sodaß nicht mehr mit Sicherheit erkennbar sei, was davon übrigbleibe. Sie beantragen deshalb eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof.

Auf die Frage der Auslegung des § 3 MRG und dessen behauptete Verfassungswidrigkeit braucht indes nicht eingegangen zu werden, wenn die Klagsforderung - wie hier - aus dem Mietvertrag abgeleitet werden kann. Die Zulässigkeit von Vereinbarungen, die die Erhaltungspflicht des Vermieters gegenüber der gesetzlichen Regelung ausdehnen, ist weder nach dem MG noch nach dem MRG zweifelhaft. Wenn daher die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Grund des Mietvertrages berechtigt sind, dann ist es ohne jede Bedeutung, ob sie auch aus der gesetzlichen Erhaltungspflicht des Vermieters abgeleitet werden könnten. Entscheidend ist somit, ob die Beklagten aufgrund des Mietvertrages zur Bezahlung der Kosten der neuen Heizungsanlage verpflichtet sind. Ist diese Frage zu bejahen, dann ist das Klagebegehren berechtigt und weitere Ausführungen über die Rechtslage, die ohne vertragliche Regelung gegeben wäre, sind entbehrlich.

Das Berufungsgericht zog daraus, daß nach dem Mietvertrag die Bestandgeber ernste Schäden des Hauses zu beheben haben, der Bestandnehmer aber für die Kosten der Wartung und der laufenden normalen Instandhaltung der Heizungsanlage aufkommen muß, den rechtlichen Schluß, daß die Kosten einer neuen Heizungsanlage, die notwendigerweise aufgelaufen sind, weil die alte Heizung nicht mehr repariert werden konnte, von den Bestandgebern zu tragen seien. Diese Vertragsauslegung betrifft also bloß den gegenständlichen Einzelfall. Da es sich bei den hier wesentlichen Bestimmungen des Mietvertrages nicht um solche handelt, die allgemein gebräuchlich sind, und ihre Auslegung somit nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam ist, vermag darauf eine Revision im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO nicht gestützt zu werden. Daß der Mieter, der dem Vermieter obliegende Erhaltungsarbeiten bezahlt, Ersatz nach der durch das MRG nicht berührten Vorschrift des § 1097 ABGB (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 1097) fordern kann, ist ebenfalls nicht zweifelhaft.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die Frage der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges, die das Berufungsgericht dazu bewog, die Revision für zulässig zu erklären, an den Obersten Gerichtshof nicht herangetragen werden kann und daß die Entscheidung im übrigen nicht von der Lösung bedeutsamer Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhängt. Die Revision ist daher nicht zulässig, zumal der Oberste Gerichtshof gemäß § 508 a ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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