OGH 3Ob546/85

OGH3Ob546/8530.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Käthe (Katharina) A, Hausfrau, 9580 Drobollach, Rehweg 10, vertreten durch Dr. Josef Pollan, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagten Parteien 1. Franz B, Pensionist, 9500 Villach, Dr. Semmelweis-Straße 20/37,

2. Josef B, Gemeindebediensteter, 1030 Wien,

Weinlechnergasse 1, beide vertreten durch Dr. Anton und Dr. Peter Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, wegen Eigentumsübertragung infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. Jänner 1985, GZ 7 R 210/84-77, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. August 1984, GZ 17 Cg 268/83-72, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht verurteilte die Beklagten, in die übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ 351 KG Saak mit den Grundstücken 804 und 805 je Acker zugunsten der Klägerin einzuwilligen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteige. Es begründete den Bewertungsausspruch damit, daß die streitverfangene Liegenschaft im Verlassenschaftsverfahren A 116/77 des Bezirksgerichtes Villach im Frühjahr 1977 auf S 266.200,-- geschätzt worden sei. Unter Berücksichtigung der seither gestiegenen Grundstückspreise übersteige der Verkehrswert der Liegenschaft nunmehr S 300.000,--.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist unzulässig.

Besteht der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entscheidet, - wie im vorliegenden Fall - nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so hat es nach § 500 Abs 2 ZPO im Urteil auszusprechen, 2. wenn es das Urteil erster Instanz ganz ... bestätigt, ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstands S 60.000,-- übersteigt, 3. wenn sich nicht schon aus einem anderen Ausspruch ergibt, daß dies nicht der Fall ist, ob der Wert des Streitgegenstands ... den Betrag von S 300.000,-- übersteigt. Auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstands sind die §§ 54 bis 60 JN sinngemäß anzuwenden, jedoch ist das Gericht nicht an die Geldsumme gebunden, zu deren Annahme an Stelle der angesprochenen Sache sich der Kläger erboten oder die er als Wert des Streitgegenstands angegeben hat (hier S 38.000,--). Nach § 60 Abs 2 JN ist als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache jener Betrag anzusehen, welcher als Steuerwert für die Gebührenbemessung in Betracht kommt. Das ist nach § 12 Grundsteuergesetz der Einheitswert, der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 für den Steuergegenstand festgestellt worden ist.

Nach ständiger Rechtsprechung vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 war ein Ausspruch des Berufungsgerichtes über den Wert des Streitgegenstandes ua. dann unbeachtlich, wenn das Berufungsgericht von der Anwendung der §§ 54 bis 60 JN offensichtlich abgewichen war (Arb. 8035; EvBl 1973/55; RZ 1981, 230; JBl 1982, 157 - mit Besprechung von Mayr) bzw. die sich in sinngemäßer Anwendung der §§ 54 bis 60 JN ergebenden Ermessens- bzw. Bewertungsrichtlinien nicht beachtet

hatte (JBl 1976, 497 = ZAS 1976, 222 - mit Besprechung von König

= öRdA 1976, 164 - mit Besprechung von Hagen).

Die von der bisherigen Rechtsprechung für die ausnahmsweise Anfechtbarkeit des Bewertungsausspruchs bzw. amtswegige Prüfung durch den Obersten Gerichtshof erarbeiteten Grundsätzen wurden von Lehre (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs)Recht, ÖJZ 1983, 201; derselbe, Die Zivilverfahrens-Novell 1983 in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, ÖJZ 1985, 294) und Rechtsprechung (JBl 1985, 113 ua.) auch für die Rechtslage seit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 ausdrücklich für weiterhin anwendbar erklärt.

Die Bewertungsstelle des Finanzamtes Villach hat dem Obersten Gerichtshof auf dessen Anfrage am 24. Oktober 1985 schriftlich bekanntgegeben, daß der Einheitswert für den Grundbesitz des Franz B EZ 351 KG Saak mit den Grundstücken 804 und 805 zum 1.1.1979 (unverändert) S 2.000,-- beträgt.

Im Hinblick auf diesen (geringen) Einheitswert der streitgegenständlichen Liegenschaft übersteigt der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstands bei der gebotenen Anwendung der gesetzlichen Bewertungsrichtlinie des § 60 Abs 2 JN - mag diese Anwendung auch im Einzelfall zur (unbilligen) Abschneidung eines weiteren Rechtszuges führen - hier weder S 60.000,-- noch S 300.000,--. Der Oberste Gerichtshof war an den von dieser gesetzlichen Bewertungsrichtlinie offensichtlich abweichenden, an einem angenommenen Verkehrswert der Liegenschaft orientierten Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden und hatte zufolge §§ 502 Abs 2 ZPO, 60 Abs 2 JN von einem S 60.000,-- nicht übersteigenden Wert auszugehen.

Die nach § 502 Abs 3 ZPO unzulässige Revision ist daher zurückzuweisen.

Da die Revisionsgegnerin auf diese Unzulässigkeit in der Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen hat, sind deren Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig und daher von den Beklagten nicht zu ersetzen (§§ 40, 41 und 50 ZPO).

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