OGH 10Os132/85

OGH10Os132/8529.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Oktober 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stupka als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28.Februar 1983, GZ 20 Vr 1456/78-102, nach Anhörung der Generalprokurator in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auch (B.) Teilfreisprüche enthaltenden - angefochtenen Urteil wurde Franz A (A.) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er sich in Salzburg ein ihm anvertrautes Gut im Gesamtwert von mehr als 100.000 S mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er es nicht an seinen Dienstgeber ablieferte, sondern für sich verbrauchte, und zwar

1. in der Zeit vom März 1976 bis zum 22.Dezember 1977 als Filialleiter der Firma B GesmbH Waren und/oder Bargeld im Wert von mindestens 248.017,23 S und

2. am 16.April 1982 als nicht inkassoberechtigter Einrichtungsberater der Firma C einen bei Maria D vereinnahmten Bargeldbetrag in der Höhe von 27.440 S.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z 5 und 9 lit a sowie der Sache nach auch auf Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Zum Faktum 1. nahm das Schöffengericht als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer im Jänner 1977 ohne Wissen der Geschäftsführung ein auf seinen Namen lautendes und ausschließlich für ihn verfügbares Girokonto eröffnete, welches er im folgenden Tatzeitraum mit lediglich 24.625 S aus Privatmitteln, im übrigen aber (gleichsam als Kassa-Depot) mit insgesamt 521.507,02 S aus Firmengeldern dotierte; von diesen Eingängen und einer Kontoüberziehung um 3.483,42 S, sohin von zusammen 549.615,44 S, führte er nur 238.794,80 S mit Sicherheit und weitere 34.994,99 S möglicherweise, zusammen also höchstens 273.789,79 S, einer betrieblichen Verwendung zu, wogegen er die übrigen 275.825,65 S für sich verbrauchte, und zwar teils nach Barabhebungen mit Scheck (167.532,77 S), teils durch die Begebung von Schecks an Dritte (57.066,39 S) und teils durch Überweisungen (51.226,49 S); davon stammten somit (nach Abzug des Eigenerlags und des Überziehungskredits) 247.717,23 S aus dem Gesellschaftsvermögen, doch bezifferte das Erstgericht die Gesamtschadenshöhe auf Grund eines - aus dem Sachverständigengutachten (S 113/III, 10/IV) übernommenen, in der Beschwerde nicht

gerügten - Substraktionsfehlers (US 15 f) mit 248.017,23 S (US 9 f, 14 bis 16).

Gegen die Ablehnung (S 14/IV) seines Antrags auf Einholung "eines weiteren betriebswirtschaftlichen Gutachtens eines Buchsachverständigen" darüber, welche Ein- und Ausgänge eindeutig dem Geschäftsbetrieb zuzuordnen seien und welche von ihnen privaten Zwecken dienten (S 12, 14/IV), remonstriert der Angeklagte (der Sache nach Z 4) mit der Behauptung, das Gutachten des Sachverständigen Dkfm. Dr.E könne sich "größtenteils nur auf Annahmen" gründen, weil der Genannte selbst ausgeführt habe, daß bei einer Nutzung des Kontos auch für private Zwecke eine Abgrenzung zwischen privaten Ausgaben und Betriebsausgaben nur auf Grund einer sehr genauen Buchführung möglich wäre; eine solche sei aber aus den in der Mängelrüge angeführten Gründen nicht durchführbar gewesen. Dieser Einwand geht aus mehreren Gründen fehl.

Eine unrichtige Zuordnung der Kontoeingänge wird nämlich damit (wie schon in erster Instanz) gar nicht geltend gemacht. In Ansehung der Kontoausgänge jedoch bezieht sich zunächst die relevierte Behauptung der seinerzeitigen Unmöglichkeit einer genauen Buchführung nicht auf die hier interessierende Nichtverbuchung von Betriebsausgaben, sondern lediglich auf die Nichterfassung von Warenbewegungen zwischen der Filiale und der Geschäftsführung: jene indessen hat mit der im gegebenen Zusammenhang allein maßgebenden Frage, ob der Beschwerdeführer die vom Girokonto entnommenen Firmengelder zur Bestreitung von Betriebsausgaben oder für private Zwecke verwendete, überhaupt nichts zu tun. Mit Bezug auf eben diese inkriminierten Entnahmen hinwieder ist der Verfahrensrüge nicht zu entnehmen, wie die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen trotz des ins Treffen geführten tatsächlichen Fehlens von Kassabucheintragungen darüber zu dem vom Angeklagten erwünschten Ergebnis hätte führen sollen, daß mit den betreffenden Geldern ohnehin Betriebsausgaben bestritten worden seien: geht es doch dabei nicht etwa um eine nach Maßgabe fachlicher Qualitäten allenfalls durch einen anderen Experten zu bewältigende Schwierigkeit der Begutachtung im Sinn des § 118 Abs. 2 StGB, sondern um das Fehlen von Begutachtungsprämissen überhaupt.

Darüber hinaus bezog sich der vom Verteidiger durch die in Rede stehende (nicht näher begründete) Antragstellung prozeßordnungsgemäß formulierte Wunsch des Beschwerdeführers nach einem "präziseren Gutachten" auch keineswegs auf die nunmehr hervorgehobene Erklärung des Sachverständigen über das Erfordernis einer exakten Buchführung als Voraussetzung für die Möglichkeit einer Abgrenzung zwischen betrieblichen und privaten Ausgaben (S 12/IV), sondern vielmehr darauf, daß jener "annahm", die von ihm ermittelten Empfänger der vom Angeklagten begebenen Schecks (über insgesamt 92.061,38 S) hätten keinen Bezug zum Geschäftsbetrieb und die betreffenden Zahlungen könnten daher nur für betriebsfremde Zwecke geleistet worden sein (S 12, 10/IV, 111/III): insoweit hat aber das Erstgericht der am Gutachten geübten Kritik ohnedies Rechnung getragen, indem es den Beschwerdeführer zu jedem einzelnen davon betroffenen Scheck speziell befragte (S 12 f/IV) und ihm nach dem Ergebnis dieser Vernehmung im Zweifel die Verwendung weiterer 34.994,99 S für betriebliche Zwecke zubilligte, dementsprechend also nur die Begebung von Schecks über (mindestens) 57.066,39 S als Privataufwand anlastete.

Auf die Unmöglichkeit einer buchhalterischen Ermittlung des Schicksals jener Bargeldbeträge in der Höhe von insgesamt 167.532,77 S schließlich, die der Angeklagte persönlich per Scheck vom Konto abhob, hat schon der Sachverständige Dr.E selbst hingewiesen (S 111/III, 10/IV); deren privaten Verbrauch durch den Beschwerdeführer konnte jedoch das Schöffengericht, einem in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) möglicherweise dagegen erhobenen Einwand zuwider, nichtsdestoweniger ohne einen Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen allgemeine Lebenserfahrung (Z 5) sehr wohl aus anderen Gründen als erwiesen annehmen, und zwar insbesondere im Hinblick darauf, daß das Kassabuch - entgegen seiner ursprünglichen Behauptung (S 66/III) sowie anders als bei Überweisungen zum Zweck des Wareneinkaufs und bei der Bezahlung der Miete für das Geschäftslokal im Gesamtbetrag von 238.464,80 S (S 123/III) - keine den Abhebungen entsprechenden Eintragungen enthält (US 23 bis 28); daß dem Angeklagten anderseits trotz des Fehlens derartiger Eintragungen bei der zuvor erörterten Begebung von Schecks über insgesamt 34.994,99 S (im Zweifel zu seinen Gunsten) eingeräumt wurde, es könnte sich allenfalls doch um Betriebsausgaben gehandelt haben, steht der Denkfolgerichtigkeit der hier aktuellen Überlegungen nicht entgegen.

Ebenso wie (nach dem Obengesagten) die buchhalterische Nichterfassung von Warenbewegungen zwischen der Filiale und der Geschäftsführung stehen auch das Ergebnis der mehreren Inventuren in der Filiale sowie die Art und die Begleitumstände ihrer Errichtung mit der inkriminierten Verwendung der dem Girokonto zugeführten Firmengelder in keinem aktuellen Zusammenhang; die insoweit reklamierten Begründungsmängel des Urteils (Z 5) betreffen daher von vornherein keine im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes entscheidenden Tatsachen. Zu einer Verfahrensrüge wegen des Unterbleibens einer auf die relevierten Warenbewegungen bezogenen Fragestellung (der Sache nach Z 4) ist der Beschwerdeführer außerdem mangels einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht legitimiert. Soweit er aber gegen jene Argumente remonstriert, mit denen das Erstgericht aus seinem Lebensaufwand ein mögliches Motiv für die ihm angelastete Veruntreuung ableitete (US 13 f, 16), ficht er, ohne formelle Begründungsmängel (Z 5) aufzuzeigen, nur im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigerweise nach Art einer Schuldberufung die erstinstanzliche Beweiswürdigung an. Gleiches gilt für die Mängelrüge (Z 5) zum Faktum 2., mit der er den Urteilsfeststellungen lediglich seine leugnende Verantwortung entgegenhält, für deren zum Teil erwiesene Unrichtigkeit eine ihn entlastende Erklärung anbietet und die ordnungsgemäße Ablieferung des Inkassobetrages glaubhaft zu machen versucht.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu beiden Fakten schließlich läßt eine gesetzmäßige Ausführung vermissen, weil sie - zum Faktum 1. mit Bezug auf das Gutachten und zum Faktum 2. überhaupt unsubstantiiert - auf die urteilsfremde Annahme abgestellt ist, das Schöffengericht habe keine Feststellungen treffen können, "die einen Bereicherungsvorsatz begründen würden"; materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können jedoch nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden. Dementsprechend war die Nichtigkeitsbeschwerde nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO). Da dem Angeklagten infolge seines unbekannten Aufenthaltes (S 87/IV) eine Vorladung zu einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über seine Berufung nicht zugestellt werden kann (§ 294 Abs. 5 StPO), liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung über jenes Rechtsmittel derzeit nicht vor. Nach einem Wegfall des bezeichneten Hindernisses wird das Erstgericht die Akten dem Oberlandesgericht Linz vorzulegen haben, weil nach der nunmehrigen Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde eine Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes hiezu (§ 296 Abs. 1 StPO) nicht mehr in Betracht kommt (§ 280 StPO).

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