Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit S 3.111,12 (darin S 120,- Barauslagen und S 271,92 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der gerichtlichen Aufkündigung vom 23.3.1983 kündigten die Kläger dem Beklagten die im Parterre des Hauses Gumppstraße 64 in Innsbruck gelegene Wohnung mit der Begründung auf, der Beklagte sei seiner Zahlungsverpflichtung aus dem Bestandverhältnis nur äußerst schleppend nachgekommen und es sei derzeit ein Betrag von S 580,76 offen. Der Beklagte lege außerdem ein rücksichtsloses und grob ungehöriges Verhalten gegenüber den Hauseigentümern und Mitbewohnern an den Tag, insbesonders habe er am 26.2.1983 den Erstkläger tätlich angegriffen und durch einen Schlag in das Gesicht leicht verletzt. Der Beklagte beantragte Aufhebung der Aufkündigung und Abweisung des Klagebegehrens und bestritt in seinen Einwendungen das Vorliegen der beiden geltend gemachten Kündigungsgründe.
Das Erstgericht erklärte die gerichtliche Aufkündigung vom 23.3.1983 für rechtswirksam und verpflichtete den Beklagten, binnen 14 Tagen die von ihm gemietete, im Parterre des Hauses Gumppstraße 64 in Innsbruck gelegene und aus drei Zimmern, Küche, Bad/WC, Vorraum und Terrasse sowie Kellerabteil und Gartenanteil in der Südwestecke des Grundstückes bestehende Wohnung zu räumen und den Klägern geräumt zu übergeben, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:
Die Kläger sind grundbücherliche Eigentümer des Hauses Gumppstraße 64 in Innsbruck. Der Beklagte hat in diesem Hause die im Parterre gelegene und aus 3 Zimmern, Küche, Bad/WC, Vorraum und Terrasse sowie einem Kellerabteil bestehende Wohnung und einem Gartenanteil im Ausmaße von ca.90 m 2 ab 16.12.1973 gemietet. Die Kläger sind Rechtsnachfolger in dem zwischen den Voreigentümern und dem Beklagten am 3.1.1974 abgeschlossenen Mietvertrag. In diesem Vertrag wurde vereinbart, daß beiden Teilen die Kündigung unter Einhaltung einer vierteljährlichen Kündigungsfrist auf das Ende eines jeden Kalendermonates vorbehalten bleibt. Die Vermieter sind jedoch berechtigt, eine fristlose Kündigung auszusprechen, wenn
a) der Mieter mit dem Mietzins, den Betriebskostenerhöhungen oder der Umsatzsteuer mehr als 20 Tage im Verzug ist und trotz schriftlicher eingeschriebener Mahnung und Setzung einer achttägigen Nachfrist der übernommenen Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt;
b) der Mieter eine in diesem Vertrag eingegangene Verpflichtung trotz eingeschriebener Mahnung und trotz einer 20-tägigen Nachfrist weiterhin nicht erfüllen sollte; c) der Mieter vom Objekt einen grobschädigenden Gebrauch macht oder er rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten gegen die Mitbewohner des Hauses an den Tag legt. Als monatlicher Mietzins inklusive Betriebskosten wurde ein Betrag von S 2.000,-- nebst der gesetzlichen Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 8 % vereinbart. Zukünftige Erhöhungen der Betriebskosten und öffentliche Abgaben waren vom Mieter anteilsmäßig nach dem Betriebskostenschlüssel (44,34 %) zusätzlich zu dem Betrag der monatlichen Miete zu tragen. Der Gesamtbetrag war jeweils bis zum 5. eines jeden Monats im vorhinein auf ein noch namhaft zu machendes Konto der Vermieter einzuzahlen. Weiters vereinbarten beide Teile, daß der Nettomietzins wertbeständig zu entrichten ist, und zwar gilt als Wertmesser der vom Statistischen Zentralamt in Wien verlautbarte Index der Verbraucherpreise 1966 oder ein an seine Stelle tretender Index. Ändert sich also der Verbraucherpreisindex gegenüber dem Stand vom November 1973, so ändert sich auch der Nettomietzins im gleichen Verhältnis. Dieser Verbraucherpreisindex betrug im November 1973 142,3. In der Nichtgeltendmachung des Zahlungsanspruches seitens der Vermieter liegt so lange kein Verzicht auf denselben vor, als der Verzicht nicht ausdrücklich und schriftlich erklärt worden ist. Der Mieter verpflichtete sich, das Mietobjekt im Inneren während der ganzen Mietdauer ordnungsgemäß instandzuhalten und alle während der Mietdauer im Inneren des Bestandobjektes notwendigen Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten jeweils unverzüglich auf seine Kosten vornehmen zu lassen. Bauliche Veränderungen bedurften der ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung der Vermieter. Sämtliche Investitionen gingen zu Lasten des Mieters. Weiters war es dem Mieter gestattet, im Nordteil des Grundstückes einen PKW abzustellen. Die Kläger haben im Jahre 1982 das Haus von den Voreigentümern Linde und Toni C gekauft, die es zufolge Schwierigkeiten mit dem Beklagten abgegeben haben. Der Beklagte kommt seiner Verbindlichkeit, den Mietzins einschließlich Betriebskosten bis zum
5. eines jeden Monats zu zahlen, nur schleppend nach. Nachdem ihm mit 15.6.1982 der auf Grund der Wertsicherungsvereinbarung, der Erhöhung der Betriebskosten und der Mehrwertsteuer im Sinne des Mietvertrages erhöhte Mietzinsbetrag schriftlich bekanntgegeben worden war, zahlt der Beklagte seit September 1982 den Mietzins nunmehr in zwei Raten, wobei eine Rate, die er pünktlich entrichtet, dem ursprünglichen Mietzins entspricht. Der Erhöhungsbeitrag wird aber teilweise verspätet, teilweise auf ein anderes Konto überwiesen. So hat der Beklagte den Erhöhungsbeitrag für November 1982 von S 580,76 (incl. S 32,54 Mahnspesen) erst im Juli 1984 beglichen. Am 15.5.1984 war ein Gesamtbetrag von
S 5.104,59 (Teilmiete November 1982 und Mai 1984, Betriebskostennachzahlung 1983 und erhöhte Akontozahlung Jänner bis Mai 1984) zu Lasten des Beklagten ausständig. Da der Beklagte aber im Juli 1984 zwei Zahlungen in Höhe von S 3.252,54 und S 3.980,77 leistete, ergab sich unter Berücksichtigung der weiter bis dahin aufgelaufenen Zahlungen sowie des ausständigen Betrages ein Guthaben des Beklagten von S 2.671,78 zu diesem Zeitpunkt. Seither bezahlt der Beklagte den ihm vorgeschriebenen Betrag pünktlich und in einem. Bereits zu einem Zeitpunkt, als das Haus noch von den Voreigentümern C bewohnt wurde, gab es zahlreiche Schwierigkeiten mit dem Beklagten, welche auch andere Mieter des Hauses berührten. So errichtete Toni C zwecks Kennzeichnung seiner Grundstücksfläche eine 'Zwischensäule' und brachte zudem eine Kette zwischen Haus und Grundstückszaun an. Diese Kette wurde vom Beklagten umgerissen und der Zaun beschädigt, der dadurch später umgefallen ist. Aufgrund dieses, aber auch wegen anderer Vorfälle, bei denen auch Mitbewohner vom Beklagten in Mitleidenschaft gezogen wurden, verkauften die Eheleute C das Haus an die Kläger, da der Beklagte trotz mündlicher und schriftlicher Aufforderung sein Verhalten nicht geändert hatte. Auch nach übernahme des Hauses durch die Kläger trat keine Änderung im Verhalten des Beklagten ein. So gab es zunächst wegen des Autoabstellplatzes Schwierigkeiten, da der Beklagte sein Fahrzeug nicht, wie im Mietvertrag vereinbart, auf der Nordseite, sondern auf der Westseite abstellt. Den mehrfachen Aufforderungen des Erstklägers, das Fahrzeug wegzustellen, kam der Beklagte nicht nach. So befand sich der PKW des Beklagten des öfteren, unter anderem am 6.9.1982, 27.3., 29.5. und 25.9.1983 an besagter Stelle. Noch zu Zeiten, als das Haus den Eheleuten C gehörte, parkte der Beklagte trotz gegenteiliger Anweisung seitens der Eigentümer bereits damals sein Auto auf dem Rasen der Westseite und nicht auf dem diesbezüglichen Parkplatz der Nordseite. Daß die ursprüngliche Vertragspartnerin Frau D dem Beklagten das Recht eingeräumt hat, sein Fahrzeug auf der Westseite abzustellen, konnte nicht festgestellt werden.
Am 26.2.1983 befand sich der Erstkläger im Keller des Hauses Gumppstraße 64, um das Schloß an der Kellertüre zu reparieren. Bald erschien der Beklagte, um sich zu beschweren. Es entstand in der Folge eine wörtliche Auseinandersetzung, da sich der Beklagte darüber aufregte, daß seiner Meinung nach der Erstkläger den Strom für den Betrieb der Bohrmaschine 'aus seiner Steckdose' bezogen hatte. Im Zuge dieser Auseinandersetzung versetzte der Beklagte dem Erstkläger einen heftigen Stoß gegen dessen linke Gesichtshälfte. Dadurch erlitt der Erstkläger eine Kontusion am linken Jochbeinbogen und in diesem Bereich Schmerzen sowie Kopfschmerzen in der Dauer von 2 Tagen. Deshalb wurde der Beklagte mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23.6.1983, rechtskräftig seit 25.10.1983, 8 U 530/83, wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von S 7.200 (60 Tagessätze zu je S 120,--) sowie zur Zahlung von S 100,-- an den Erstkläger als Privatbeteiligten verurteilt. Der Erstkläger, der die Steckdose eines allgemein zugänglichen Kellerraumes benützt hatte und selbst, wie auch die Zweitklägerin, nicht im gegenständlichen Haus wohnt, hatte nicht gewußt, daß es sich dabei um 'Energie des Beklagten' gehandelt hat. Ein vom Beklagten angestrengtes Strafverfahren gegen den Erstkläger wegen Entziehung von Energie wurde vom Bezirksgericht mit dem Bemerken, daß gemäß § 90 StPO kein Grund zur Verfolgung vorliegt, mit Beschluß vom 8.4.1983 eingestellt.
Im Verlaufe des Mietverhältnisses stand der im Keller gelegene Heizraum für die Wohnung im I.Stock unter Wasser, da in der Wohnung des Beklagten etwas undicht war. Dem Erstkläger, der dies reparieren und hiezu die Wohnung des Beklagten betreten wollte, wurde von diesem der Eintritt verwehrt. Da eine Reparatur vom Keller aus nicht möglich ist, kommt es immer noch vor, daß das Wasser im besagten Raum eindringt, weshalb von den Klägern Kübel untergestellt wurden. Auch andere Mitbewohner des Hauses Gumppstraße 64, so etwa Maria-Luise E und ihr Verlobter wurden durch das Verhalten des Beklagten (derbes Ansprechen, Beleidigungen) in Mitleidenschaft gezogen. Nicht festgestellt werden konnte, daß der Beklagte Unkrautvertilgungsmittel auf dem Rasen verstreut hat. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe zwar im Laufe des Verfahrens sämtliche Rückstände abgedeckt, es treffe ihn jedoch am seinerzeitigen Zahlungsrückstand ein grobes Verschulden, es handle sich hiebei nicht um einen einmaligen Vorfall, sondern der Beklagte habe auch schon früher Teilzahlungen zum Teil erheblich verspätet geleistet. Auch der zweite geltend gemachte Kündigungsgrund sei zu bejahen, da allein die Tätlichkeit des Beklagten gegenüber dem Erstkläger nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden könne.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos; das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Beklagte führt in seinem Rechtsmittel aus, er sei mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23.6.1983, GZ. 8 U 530/83, schuldig erkannt worden, am 26.2.1983 im Keller des Hauses Gumppstraße 64 in Innsbruck Hubert A durch einen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig dessen Verletzung, eine Weichteilcontusion am linken Jochbogen bewirkt zu haben. Bei der Strafbemessung sei mildernd die geringe Folge der Tat und seine Erregung zum Tatzeitpunkt gewertet worden. Die Kläger hätten diesen Vorfall zum Anlaß genommen, ihm die Wohnung aufzukündigen. Zweifellos habe der Erstkläger diesen Vorfall 'hochgespielt', um den Beklagten unter Umgehung der Zehnjahresfrist als Mieter loszuwerden. Jedenfalls sei der Vorfall vom Erstkläger durch sein rechtswidriges Verhalten ausgelöst worden und nicht schwerwiegend genug, um den Kündigungstatbestand zu bilden. Aber auch die von der Gegenseite namhaft gemachten Zeugen hätten nur geringfügige Vorfälle angeben können, die größtenteils schon lange zurückreichen und auch von den Klägern 'hochgespielt' worden seien. Auch der weiters geltend gemachte Kündigungsgrund liege nicht vor, weil ihn an der teilweise nicht pünktlichen Zahlung der Erhöhungsbeiträge kein grobes Verschulden treffe. Seit Juli 1984 bestehe überhaupt kein Rückstand mehr.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 30 Abs 2 Z 3 MRG ist es als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen, wenn der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt, oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind.
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, setzt eine Kündigung wegen unleidlichen Verhaltens nach ständiger Rechtsprechung eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus, die durch längere Zeit fortgesetzt wird oder sich in häufigen Wiederholungen äußert und überdies nach ihrer Art das bei den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falles erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteigt. Einmalige Vorfälle bilden den Kündigungsgrund daher nur, wenn sie schwerwiegend sind, jedoch können mehrere, an sich geringfügige Vorfälle den Kündigungstatbestand bilden.
Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist dem Berufungsgericht vor allem darin beizupflichten, daß der nach den Feststellungen ohne Provokation seitens des Erstklägers erfolgte tätliche Angriff auf diesen durch den Beklagten, der eine strafgerichtliche Verurteilung des Beklagten wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB zur Folge hatte, als so schwerwiegend anzusehen ist, daß er schon für sich allein den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG herstellt. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht aber auch das weitere festgestellte Verhalten des Beklagten, wie etwa die Beschimpfungen und Beleidigungen anderer Mieter bzw. die Weigerung des Beklagten, den Erstkläger zur Vornahme dringender Reparaturen das Bestandobjekt betreten zu lassen, als unleidliches Verhalten im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 MRG gewertet.
Da die Aufkündigung somit schon aus dem Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG gerechtfertigt ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Revisionsausführungen zum weiter geltend gemachten Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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