OGH 7Ob630/85

OGH7Ob630/853.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragstellerin Gabriele A, Studentin, Velden, Teichweg 2-4, vertreten durch Dr. Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien, wegen Bewilligung einer Adoption, infolge Revisionsrekurses der Hertha B, Private, Wien 6., Gumpendorferstraße 22, vertreten durch Dr. Friedrich Grohs, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 4. Juli 1985, GZ 2 R 275/85-25, womit der Rekurs der Hertha B gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 29. August 1984, GZ 2 Nc 175/84-12, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Grund des schriftlichen Adoptionsvertrages vom 28. August 1984 bewilligte das Erstgericht die Annahme der Antragstellerin an Kindesstatt durch Friederike Agnes

C.

Gegen den Bewilligungsbeschluß des Erstgerichtes erhob die Schwester der Wahlmutter Hertha B Rekurs, in dem sie unter anderem die Geschäftsunfähigkeit der Wahlmutter geltend machte. Das Rekursgericht wies den Rekurs mangels Rekurslegitimation der Rechtsmittelwerberin zurück.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Hertha B ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin strebt eine Rechtsmittellegitimation im Wege einer Rechtsanalogie an. Sie verweist zunächst auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach dem leiblichen Kind des Annehmenden zur Wahrung seiner im § 180 a Abs. 2 ABGB anerkannten Interessen Beteiligtenstellung und Rechtsmittellegitimation im Adoptionsverfahren zuerkannt wurde (SZ 37/138; AmtsVmd 1984, 45). Die Bestimmung des letzten Halbsatzes des § 180 a Abs. 2 ABGB, wonach wirtschaftliche Belange nicht zu beachten sind, außer der Annehmende handelt in der ausschließlichen oder überwiegenden Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen, sei nur die Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgedankens, niemand durch gezielte Handlungen auch in nicht absolut geschützten Rechtsgütern zu schädigen, und stelle daher eine tragfähige Analogiebasis dar. Im vorliegenden Fall habe zwar nicht die Annehmende der Rekurswerberin ihre erbrechtliche Stellung entzogen oder entziehen wollen, weil diese nicht einmal geschäftsfähig sei, wohl aber die Angenommene. Wenn aber selbst der über die erbrechtliche Stellung weitgehend Verfügungsberechtigte durch den Abschluß eines Adoptionsvertrages nicht gezielt, d.h. ohne sonstige wesentliche Motive für die Adoption, seinem Kinde die erbrechtliche Stellung entziehen könne, so muß dies umso mehr für eine außerhalb der Familie stehende Person wie die Annehmende gelten, der es ausschließlich auf die Erlangung der erbrechtlichen Stellung ankomme. Die Zulässigkeit eines Analogieschlusses im Verfahrensrecht wird im neueren Schrifttum einhellig, wenn auch mit der Einschränkung der Bedachtnahme auf die Besonderheit des Sachgebietes bejaht (Bydlinski in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 6; derselbe in Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 601; Fasching, LB, Rdz 128; Böhm, Wiederaufnahme und Analogie im Außerstreitverfahren in JBl. 1973, 360). In der Rechtsprechung wird sie zumindest für das Außerstreitverfahren zum Teil verneint (vgl. JBl. 1972, 579; EvBl. 1971/168). Eine nähere Erörterung dieser Frage ist jedoch hier entbehrlich, weil ein Analogieschluß das Vorhandensein einer Lücke voraussetzt. Eine solche liegt jedoch keinesfalls vor. Auszugehen ist zunächst von der Bestimmung des § 257 AußStrG, die den Kreis derjenigen Personen umschreibt, denen im Adoptionsverfahren Beteiligtenstellung zukommt. Zu diesem Personenkreis gehört die Rechtsmittelwerberin nicht. Insoweit man einen Umkehrschluß aus § 257 AußStrG als nicht gerechtfertigt erachtet, was jedenfalls in Ansehung der Kinder des Annehmenden als zutreffend angesehen wird (Steininger, Kritische Studien zum Adoptionsrecht in JBl. 1963, 461; SZ 37/138), stellt auch der § 257 AußStrG keine den Anwendungsbereich des § 9 AußStrG einengende Sondernorm dar (SZ 37/138). Der § 9 AußStrG enthält aber eine abschließende Regelung der Rechtsmittelbefugnis im Außerstreitverfahren (vgl. 6 Ob 585/79), indem er jedem die Rechtsmittelbefugnis einräumt, der sich durch eine Verfügung über einen Gegenstand der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen beschwert erachtet. In ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wird diese Bestimmung dahin ausgelegt, daß ein Rekursrecht im Verfahren außer Streitsachen nur demjenigen zusteht, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den angefochtenen Beschluß beeinträchtigt worden sind (SZ 45/50; SZ 42/176; SZ 39/137; RZ 1967, 73 uva). Die Berührung bloß wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen genügt nicht (6 Ob 690/81). Die bloße Erbaussicht der Rechtsmittelwerberin im Falle des Eintrittes der gesetzlichen Erbfolge (vgl. Welser in Rummel ABGB Rdz 1 zu § 536) stellt aber keine geschützte Rechtssphäre dar und kann daher eine Rechtsmittellegitimation nach § 9 AußStrG nicht verschaffen.

Der im Rekurs (ON 21) enthaltene Antrag nach § 184 Abs. 1 Z 1 ABGB stellt sich schon nach seinem Inhalt als ein an das Erstgericht gerichteter Antrag dar.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Inwieweit das Erstgericht allenfalls von Amts wegen tätig zu werden hat, unterliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen. Grundsätzlich ist zu bemerken, daß die mangelnde Prozeßfähigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist. Die Prozeßfähigkeit des Beteiligten ist Voraussetzung einer wirksamen Zustellung an diesen (vgl. Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, 77; RZ 1935, 147). Infolge der Amtswegigkeit der Zustellung sind auch allfällige Mängel von Amts wegen zu erheben und zu beachten (vgl. RZ 1984/26; RZ 1977/26; RZ 1970, 221 ua).

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