OGH 7Ob626/85

OGH7Ob626/8512.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A,

Wien 1., Schottengasse 6, vertreten durch Dr. Ernst Fasan, Dr. Wolfgang Weinwurm und Dr. Erwin Lorenz, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wider die beklagte Partei B

C M.B.H., Wien 1., Rabensteig 1, vertreten

durch Dr. Michael Stern und DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anfechtung eines Mietrechtes (Streitwert S 150.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 31. Mai 1985, GZ. 13 R 94/85-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 2. Jänner 1985, GZ. 3 Cg 516/84-15, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ 54 KG Gloggnitz mit dem Haus Nr. 56 in Gloggnitz steht nach wie vor im bücherlichen Eigentum des Hans D. Auf dieser Liegenschaft sind zugunsten der Klägerin mehrere Hypotheken einverleibt. Zugunsten der den Hypotheken zugrundeliegenden Forderungen hat die Klägerin Exekutionstitel erlangt und auch vergeblich Exekutionen gegen Hans D geführt. über das Vermögen des Hans D wurde am 26.5.1977 der Konkurs eröffnet. Im Zuge des Konkursverfahrens wurden die Räumlichkeiten, in denen Hans D ein Schuhhandelsgeschäft betrieb, geräumt. Sie stehen seither leer. Das Konkursverfahren wurde am 28.6.1983 nach Verteilung des Massevermögens aufgehoben, doch hat die Klägerin nicht die Befriedigung ihrer Forderung erlangt.

Die Beklagte wurde am 4.9.1979 gegründet, wobei Gründungsgesellschafterin und Geschäftsführerin die Ehefrau des Verpflichteten Ilse D war. Am 23.9.1982 übertrug Ilse D ihre Geschäftsanteile der Schwester des Gemeinschuldners Hildegard D und Wolfgang E, den derzeitigen Geschäftsführer der Beklagten. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 1.12.1982 wurde die Liegenschaft EZ 54 KG Gloggnitz dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen. Die Anmerkung des Konkursverfahrens blieb aber auch nach diesem Zeitpunkt aufrecht und wurde erst im Juli 1983 gelöscht. Am 9.6.1983 vermietete der Gemeinschuldner Hans D die oben erwähnte Liegenschaft an die Beklagte. Das Mietverhältnis wurde bis zum 30.6.2003 geschlossen. Das Vertragsverhältnis unterliegt zur Gänze den Bestimmungen des Mietengesetzes. Die Beklagte leistete an den Vermieter für den ganzen Zeitraum der Vermietung eine Mietzinsvorauszahlung von S 997.920,-. Das Mietverhältnis wurde verbüchert. Hans D forderte die Leistung einer Mietzinsvorauszahlung weil er befürchtete, daß die laufend gezahlten Mieten bei ihm gepfändet werden könnten. Die Mietzinsvorauszahlung hat er für sich verwendet.

Bei Abschluß des Mietvertrages war den beiden damaligen Geschäftsführern der Beklagten Hildegard D und Wolfgang E bekannt, daß über das Vermögen des Verpflichteten im Jahr 1977 der Konkurs eröffnet worden war. Der Mietvertrag wurde durch den öffentlichen Notar Dr. F beglaubigt. Bei der Amtshandlung waren sowohl Hans D als auch die beiden Geschäftsführer der Beklagten Hildegard D und Wolfgang E anwesend. Im Zuge der Besprechung informierte Hans D den Notar darüber, daß über sein Vermögen der Konkurs eröffnet und daß die ihm gehörige Liegenschaft durch ein Zwangsversteigerungs und ein Zwangsverwaltungsverfahren in Exekution gezogen worden sei. Er wies dem Notar jenen Beschluß vor, mit dem ihm die Liegenschaft zur freien Verfügung überlassen worden war. Ferner fragte er ihn in Gegenwart des Wolfgang E und der Hildegard D, ob er über die Liegenschaft in Gloggnitz frei verfügen könne. Der Notar antwortete, Hans D könne infolge überlassung der Liegenschaft über diese frei verfügen, doch könne dies möglicherweise den Eindruck der Gläubigerbenachteiligung hervorrufen, weshalb der Mietvertrag vielleicht angefochten werde. Nach Ansicht des Notars würde eine solche Anfechtung jedoch kaum zum Erfolg führen.

Das Erstgericht gab dem gesamten Anfechtungsbegehren der Klägerin statt.

Das Berufungsgericht faßte seinen Spruch in teilweiser Bestätigung der erstgerichtlichen Entscheidung dahin, daß es die Beklagte schuldig erkannte, alle Exekutionen der betreibenden A gegen den Verpflichteten Hans D

bezüglich der erwähnten Liegenschaft zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung ungeachtet des am 9.6.1983 zwischen ihr und Hans D abgeschlossenen Mietverhältnisses zu dulden. Ein Mehrbegehren dahin, daß die Beklagte eine Berufung auf das Mietverhältnis gegenüber einem Ersteher der Liegenschaft zu unterlassen habe, wurde abgewiesen.

Die Vorinstanzen führten aus, daß die Voraussetzungen des § 2 Z 2 der Anfechtungsordnung betreffend den Mietvertrag vorliegen. Das Objekt sei grundsätzlich befriedigungstauglich. Durch den abgeschlossenen Mietvertrag werde die Befriedigungsmöglichkeit beeinträchtigt. Die Benachteiligungsabsicht des Hans D sei schon auf Grund des Umstandes, daß dieser eine Verwertungsmöglichkeit unter Ausschaltung seiner Gläubiger gesucht habe, gegeben. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen müsse auch davon ausgegangen werden, daß die Beklagte die Benachteiligungsabsicht des Hans D erkennen hätte müssen. Die Tatsache, daß das Mietrecht im Range nach den Forderungen der Klägerin einverleibt sei, spiele keine Rolle, weil selbst im Falle der Löschung des Mietrechtes im Grundbuch der Kündigungsschutz nach dem Mietrechtsgesetz aufrecht bleibe. Dieser Kündigungsschutz beeinträchtige aber wesentlich die Verwertungsmöglichkeit des Pfandobjektes.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung auch unter Hinweis auf die ständige Judikatur begründet. Bezüglich der Fassung des Urteilsspruches führte es, ebenfalls unter Hinweis auf die Judikatur aus, daß ein Begehren nach § 12 AnfO ein Leistungsbegehren und kein Feststellungsbegehren sei. Dieses Begehren habe auf Duldung der Exekution zur Hereinbringung einer bestimmten vollstreckbaren Geldforderung zu lauten. Die Unwirksamkeit der anfechtbaren Rechtshandlung gegenüber dem anfechtenden Gläubiger habe nur so weit Bedeutung, als sie die Voraussetzung für eine Leistung an den anfechtenden Gläubiger und damit eine Rückgängigmachung der eingetretenen Befriedigungsverletzung bilde. Sie sei daher immer nur als Voraussetzung oder Vorfrage der Leistungspflicht des Anfechtungsgegners von Bedeutung und gehöre nicht in den Urteilsspruch, sondern nur in die Urteilsgründe. Diesen Erfordernissen entspreche der erste Teil des Klagebegehrens, weshalb der Klage in diesem Umfang stattzugeben war. Den übrigen beiden Klagebegehren mangle die entsprechende Bestimmtheit. Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteigt und die Revision für zulässig erklärt. Die Zulässigerklärung begründete es damit, daß bezüglich der Formulierung eines Anfechtungsbegehrens bei Bestandverträgen eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen den bestätigenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung wegen § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO erhobene Revision ist nicht zulässig.

Im Hinblick auf die oben dargelegten Ausführungen des Berufungsgerichtes ist eine Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtssicherheit, Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Das Berufungsgericht hat eine solche Rechtsfrage nur darin erblickt, wie der Spruch in Fällen wie dem vorliegenden zu formulieren sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies überhaupt eine Rechtsfrage ist, die die Zulassung einer Revision rechtfertigen würde, weil grundsätzlich keine gesetzliche Bestimmung eine bestimmte Formulierung eines Urteilsspruches vorschreibt und daher von grundsätzlicher Bedeutung nur sein kann, welche Entscheidung ein bestimmtes Begehren rechtfertigt. Diesbezüglich hat das Berufungsgericht in übereinstimmung mit der Judikatur richtig das Wesen und das Ziel einer Anfechtungsklage dargelegt. Da diesbezüglich eine gesicherte Judikatur vorliegt, bedurfte es in diesem Punkte nicht einer neuerlichen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Zu bemerken sei nur, daß schließlich zur Auslegung des Urteilsspruches auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 1523 ua). Unter diesem Gesichtspunkt kann die Entscheidung des Berufungsgerichtes keinerlei Unklarheit bieten.

Wesentlich ist im vorliegenden Fall jedoch, daß die Revision mit keinem Wort auf die einzige Rechtsfrage eingeht, die das Berufungsgericht zur Begründung seiner Zulassung angeführt hat. Die Revision nimmt ausschließlich zu anderen Rechtsfragen Stellungen, bezüglich derer aber, wie bereits ausgeführt wurde, eine einheitliche Judikatur im Sinne der Entscheidung des Berufungsgerichtes vorliegt. Diese Fragen rechtfertigen daher nicht eine Revision im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO, weshalb die Revision, ungeachtet des Ausspruches des Berufungsgerichtes, zurückzuweisen war.

Für die Revisionsbeantwortung waren keine Kosten zuzusprechen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht verwiesen worden ist.

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