OGH 4Ob359/85

OGH4Ob359/8510.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A & B Gesellschaft m.b.H. & Co.KG, 1010 Wien, Spiegelgasse 2, vertreten durch Dr.Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Kurt C, Kaufmann,

2.) Julia (auch Julianne) C, Handelsfrau, beide 1010 Wien, Weihburggasse 7, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und einstweiliger Verfügung (Streitwert im Provisorialverfahren S 270.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 25. April 1985, GZ 2 R 76/85-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 13.Februar 1985, GZ 39 Cg 396/84-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 6.223,64 bestimmten Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses (darin enthalten S 565,79 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Gegenstand des Revisionsrekurses ist nur noch der zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches gestellte Antrag, den beklagten Parteien mit einstweiliger Verfügung ab sofort zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere beim Textilwareneinzelhandel unter der Etablissementbezeichnung 'Top-Shop' eine Saisonschlußverkaufsveranstaltung, insbesondere durch saisonschlußverkaufsähnliche Gestaltung ihrer Auslagen und ihres Geschäftes, außerhalb der von der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft festgesetzten Schlußverkaufsfrist anzukündigen. Ein weiterer Sicherungsantrag, es werde den beklagten Parteien verboten, Verkaufspreise in der Form der Gegenüberstellung eines höheren durchgestrichenen Preises mit einem niedrigeren eigenen Verkaufspreis anzukündigen, wenn nicht eindeutig erkennbar ist, welcher Preis mit dem durchgestrichenen höheren Preis gemeint ist, wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Klägerin brachte vor, im Dezember 1984 seien die Schaufenster bzw. Vitrinen der Boutique 'Top-Shop' so gestaltet gewesen, daß die dort ausgestellten Bekleidungsstücke mit auffallend großen Schildern versehen gewesen seien, die jeweils einen höheren durchgestrichenen Preis und darunter - in größeren Ziffern geschrieben - einen wesentlich niedrigeren Preis gezeigt hätten. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung (27.12.1984) sei die Situation insofern verändert gewesen, als die beschriebenen Preisschilder aus den Geschäftsauslagen entfernt gewesen seien. Im Geschäftslokal selbst befänden sich nach wie vor solche Preisgegenüberstellungen. Die Beschilderung der in den Schaufenstern ausgestellten Waren erwecke nach ihrem Gesamteindruck bei einem flüchtigen Durchschnittsinteressenten den Anschein, es finde im Geschäftslokal der Beklagten ein vorverlegter Winterschlußverkauf statt, zumal die Veranstaltung relativ kurz vor dem Beginn des von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft festgesetzten Zeitraumes für den Winterschlußverkauf (19.1.1985) stattgefunden habe. Die Beklagten verstießen daher gegen § 5 Abs 1 Ausverkaufsverordnung.

Die Beklagten beantragten, den Sicherungsantrag abzuweisen und wendeten ein, sie hätten lediglich Mitte Dezember 1984 für zwei bis drei Tage 6 Einzelstücke in einer Auslage mit etwas größeren Preisschildern und zwei Pullover in einer weiteren Auslage mit 'Statt-Preisen' beworben. Es sei für jedermann leicht erkennbar gewesen, daß es sich bei den mit Preisgegenüberstellungen versehenen Waren um Einzelstücke gehandelt habe. Auch seien alle anderen Auslagen völlig normal gestaltet gewesen und die Werbemaßnahme außerhalb der Sperrfrist des § 5 Abs 3 Ausverkaufsverordnung erfolgt.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Klägerin betreibt den Textilwareneinzelhandel in Wien mit den Standorten Spiegelgasse 2, Krugerstraße 4 und Shoping City Süd. Die Beklagten betreiben den Handel mit Damenmodenartikel unter der Etablissementbezeichnung Top-Shop in der Weihburggasse 2. Die Wiener Kammer der gewerblichen Wirtschaft setzte den Winterschlußverkauf 1985 für die Zeit vom 19.1.1985 bis 9.2.1985 fest. Das Verkaufslokal der beklagten Parteien besitzt drei Schaufenster und einen Auslagenpfeiler, wobei ein Schaufenster auf die Weihburggasse weist, die anderen auf die Liliengasse. Am 7.12.1984 versahen die Beklagten einige Waren, die in den Schaufenstern zur Liliengasse ausgestellt waren, mit etwas größeren Preisschildern. Darauf war ein sehr günstiger Kaufpreis vermerkt. In beiden Auslagen und dem Auslagenpfeiler befanden sich auch Preisschilder, auf denen ein höherer durchgestrichener Preis und ein niedrigerer größer geschriebener Preis standen. Mit solchen Schildern mit Preisgegenüberstellungen waren auch Strickwaren im Geschäft selbst versehen, und zwar solche, die im Wandregal gelagert und solche, die an einem runden Ständer aufgehängt waren. Die Schilder konnten von der Straße aus gesehen werden. Die Beklagten stellten jedenfalls bis zum 21.12.1984 Waren mit Preisgegenüberstellungsschildern im Auslagenpfeiler und im Geschäft aus. Die Preisschilder in den Auslagen zur Liliengasse wirkten größer und greller als diejenigen in der Auslage zur Weihburggasse. Bei einer Saisonschlußveranstaltung kleben die Beklagten üblicherweise Plakate mit der Aufschrift 'noch billiger' auf die Auslagenscheiben. Die Waren sind zum Teil mit Preisschildern, auf denen zwei Preise gegenübersgestellt sind (einer ist durchgestrichen), zum Teil auch nur mit Schildern, auf denen nur ein Preis angeschrieben ist, versehen. Es war nicht erkennbar, daß die Preisreduktionen nur Einzelstücke betrafen.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, durch die Anbringung größerer auffallenderer Preisschilder mit entweder besonders günstigem Kaufpreis oder Preisgegenüberstellungen mit durchgestrichenen Preisen bei einem Teil der Waren und in einem Teil der Auslagen und im Geschäft der Beklagten sei für einen flüchtigen Interessenten der Eindruck erweckt worden, es finde bei den Beklagten bereits im Dezember der Winterschlußverkauf statt, zumal keine Hinweise dafür gegeben worden seien, daß es sich hier nur um den Verkauf von Einzelstücken handle. Beachtung verdiene auch der Umstand, daß sich die Gestaltung der Verkaufsveranstaltung von der bei Ausverkäufen üblichen nur dadurch unterschieden habe, daß keine Plakate mit der Aufschrift 'noch billiger' angebracht worden seien, weil die Preisauszeichnung die gleiche gewesen sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge und wies auch diesen Teil des Sicherungsantrages ab. Es sprach ferner aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- übersteigt, der Gesamtwert des Streitgegenstandes S 300.000,-- nicht übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, abgesehen von jener betreffend Preisgegenüberstellungen im Geschäftsinneren bei an einem runden Ständer aufgehängten Waren, und vertrat rechtlich die Auffassung, auch wenn man davon ausgehe, durch die Ankündigungen der Beklagten sei bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Eindruck einer generellen Preisreduktion erweckt worden, könne damit noch nicht vom Anschein der Veranstaltung eines Winterschlußverkaufes gesprochen werden. Die Beklagten hätten zwar für den Verkauf eines Teiles ihrer Waren durch Preisgegenüberstellungen und Preisherabsetzungen in einem Teil ihrer Schaufenster bzw. ihres Geschäftslokales geworben, andere besondere Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit dieser Verkaufsaktion seien aber weder von der Klägerin geltend gemacht worden noch seien dafür irgend welche Anhaltspunkte im Bescheinigungsverfahren hervorgekommen. Die Klägerin habe gar nicht behauptet, daß Aufmachung und Gestaltung der Verkaufsveranstaltung winterschlußverkaufsähnlich gewesen wären oder daß die Ankündigung überhaupt typische Winterware betroffen hätte. Eine Werbemaßnahme, auch wenn sie auf eine generelle Herabsetzung der Preise hinweise, sei für sich allein keineswegs geeignet, den Eindruck einer Ankündigung eines Schlußverkaufes zu erwecken. Bei einer vor der vierwöchigen Sperrfrist des § 5 Abs 3 Ausverkaufsverordnung erfolgten Ankündigung genereller Preisherabsetzungen sei - vorbehaltlich besonderer Aufmachung und Gestaltung der Verkaufsveranstaltung oder entsprechender Hinweise in der Werbung - eine Vorwegnahme des Schlußverkaufes zu verneinen. Im vorliegenden Fall fehle es, abgesehen von den festgestellten Preisreduktionen, an derartigen Hinweisen. Da in der Zeit vor Weihnachten die Wintersaison im Textilhandel keineswegs bereits ihrem Ende zugehe, sondern vielmehr erfahrungsgemäß ihren Höhepunkt erreiche, sei auszuschließen, daß bei einem nicht unerheblichen Teil der in Frage kommenden Durchschnittsinteressenten die zeitliche Lagerung der Verkaufsveranstaltung den Eindruck eines Winterschlußverkaufes erweckt hätte.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Die Beklagten beantragten, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, allenfalls ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Rechtsfrage, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, auch dann vorliegen kann, wenn zu einem anzuwendenden unbestimmten Gesetzesbegriff bereits allgemeine, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles sich aber daraus noch nicht ohne weiteres ergibt, sondern mangels Vorliegens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichgelagerten Sachverhalten ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorzunehmen ist. Dies gilt insbesondere für das Wettbewerbsrecht (ÖBl.1984, 48 u.a.). Die Frage, ob generelle Preisherabsetzungen, welche länger als vier Wochen vor dem festgesetzten Zeitraum des Winterschlußverkaufes und ohne weitere Hinweise erfolgen, gegen § 1 Abs 1 Ausverkaufsverordnung (nunmehr gemäß Art.VII der Kdm. vom 25.1.1985, BGBl.1985/51 als 'Ausverkaufsgesetz 1985' wiederverlautbart) verstoßen, wurde bisher - soweit überblickbar - vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 5 Abs 1 Ausverkaufsverordnung dürfen Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe und dergleichen und im bezüglichen Geschäftszweige und zu bestimmten Jahreszeiten allgemein übliche Sonderverkäufe, falls die örtlich zuständige Kammer hiefür bestimmte Zeiträume festgesetzt hat, nur für diese Zeiträume angekündigt werden. Gemäß § 5 Abs 3 Ausverkaufsverordnung in der Fassung der Novelle BGBl.1982/642 sind Bekanntmachungen und Mitteilungen über Verkaufsveranstaltungen, die im Hinblick auf besondere Preisherabsetzungen, Preisgegenüberstellungen, Sonderaktionen oder dergleichen an bestimmte Zeiträume gebundene Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe oder dergleichen vorwegnehmen, für den Zeitraum von vier Wochen vor den gemäß Abs 1 festgesetzten Zeiträumen verboten.

Da die Werbemaßnahmen der Beklagten länger als vier Wochen vor dem Beginn des Winterschlußverkaufes beendet waren, lag jedenfalls kein Verstoß gegen § 5 Abs 3 Ausverkaufsverordnung vor. Ob eine Werbemaßnahme den Eindruck eines vorweggenommenen Saisonschlußverkaufes bewirkt, ist immer nach dem Gesamteindruck der Ankündigung auf den flüchtigen Durchschnittsinteressenten zu beurteilen. Der Beurteilung ist die Aufmachung und Gestaltung der Verkaufsveranstaltung in ihrer Gesamtheit zugrundezulegen (ÖBl.1984, 79; ÖBl.1983, 108 und 167; ÖBl.1982, 106 u.v.a.). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann kann nicht gesagt werden, die Maßnahmen der Beklagten seien geeignet gewesen, den Eindruck eines vorweggenommenen Saisonschlußverkaufes zu erwecken. Sie beschränkten sich darauf, daß in zwei der drei Schaufenster und einem Auslagenpfeiler einige Waren mit einem etwas größeren Preisschild versehen waren, auf dem ein günstiger Kaufpreis vermerkt war und sich auch Preisschilder mit Preisgegenüberstellungen vorfanden und daß im Inneren des Geschäftes an Strickwaren, die in einem Wandregal gelagert waren, ebenfalls Preisgegenüberstellungen vorkamen. Irgendwelche weiteren Hinweise, aus denen auf einen vorweggenommenen Saisonschlußverkauf geschlossen werden konnte, fehlten. Berücksichtigt man, daß die Beklagten ihre Maßnahmen in der Zeit zwischen 7.12.1984 und 21.12.1984, also in der Haupteinkaufszeit für Weihnachten setzten, dann ist auszuschließen, daß bei einem erheblichen Teil der Durchschnittsinteressenten der Eindruck entstehen konnte, es handle sich bereits um einen Winterschlußverkauf.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, 78, 402 Abs 2 EO.

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