OGH 9Os107/85

OGH9Os107/854.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gitschthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Hans Walter A wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 8.März 1985, GZ 30 Vr 2388/84-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 44-jährige Hans Walter A (zu I/) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, (zu II/1) des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach § 15, (146), 147 Abs 3 StGB und (zu II/2) des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er

I/ am 2.August 1982 in Gurtschitschach, Gemeinde Völkermarkt, eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt für Wolfgang B

ausgestellten Führerschein, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde; II/ am 23.August 1982 in Klagenfurt

1. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht, Angestellte des EXPRESS-Kreditbüros C durch die Vorgabe, er sei Wolfgang

B und lebe in geordneten finanziellen Verhältnissen, wobei er zum Nachweis seiner Identität den zu I/ angeführten Führerschein vorwies, zur Gewährung eines Darlehens von 120.000 S, somit zu einer Handlung zu verleiten, welche die Inhaber des Kreditbüros C an ihrem Vermögen in einem Betrag von mehr als 100.000 S schädigen sollte;

2. durch die zu II/1 beschriebene Verwendung des für Wolfgang

B ausgestellten Führerscheins einen amtlichen Ausweis, der für einen anderen ausgestellt wurde, im Rechtsverkehr gebraucht als wäre er für ihn ausgestellt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und '9' (gemeint ersichtlich: lit b) des § 281 Abs 1 StPO gestützten (als 'Berufung wegen Nichtigkeit' bezeichneten) Nichtigkeitsbeschwerde, die indes zur Gänze der prozeßordnungsgemäßen Ausführung entbehrt.

Soweit der Angeklagte nämlich aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund die Abweisung seines Antrags auf Beiziehung eines weiteren graphologischen Sachverständigen als Verfahrensmangel rügt, übersieht er, daß er den betreffenden Antrag lediglich in der Hauptverhandlung am 30.November 1984 (S. 213) gestellt hat (in welcher auch das abweisliche Zwischenerkenntnis erging; vgl. S. 214), es jedoch unterlassen hat, diesen Antrag in der gemäß § 276 a StPO infolge Zeitablaufs neu durchgeführten Hauptverhandlung am 8.März 1985 zu wiederholen bzw. neu zu stellen (vgl. ON 58). Damit fehlt es aber an den formellen Voraussetzungen für eine Rüge nach der Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO, weil im Falle einer Neudurchführung der Hauptverhandlung aus einem der im § 276 a StPO genannten Gründe die in einer früheren Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge in der neuen Hauptverhandlung wiederholt werden müssen, um rechtswirksam zu bleiben (Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 31 zu § 281 Z. 4); die bloße Verlesung des Protokolls über eine frühere Hauptverhandlung in der neu durchgeführten Hauptverhandlung vermag die erforderliche Wiederholung eines schon in der früheren Verhandlung gestellten Beweisantrags nicht zu ersetzen (Mayerhofer-Rieder a.a.O. ENr. 32, 33 zu § 281 Z. 4).

Was hingegen die Ausführungen in der Mängelrüge (Z. 5) betrifft, mit welchen der Sache nach offensichtlich eine unvollständige nzw. unzureichende Begründung dargetan werden soll, so werden damit formale Begründungsmängel in Wahrheit nicht aufgezeigt; das Beschwerdevorbringen läuft vielmehr im Ergebnis auf eine unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, indem der Beschwerdeführer - unter übergehung wesentlicher Passagen in den Urteilsgründen - versucht, seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen und die Beweiskraft der vom Schöffensenat zur Begründung des Schuldspruchs herangezogenen Beweismittel in Zweifel zu ziehen. Wenn die Beschwerde meint, die Zeugin Sieglinde D habe die Darstellung des Angeklagten, das Kreditbüro C nie betreten zu haben, bestätigt, was das Erstgericht mit Stillschweigen übergehe, so übergeht sie geflissentlich die diesbezüglichen Urteilsausführungen, in denen die Bekundungen der Zeugin ausführlich erörtert werden und dargelegt wird, daß Sieglinde D zwar bei ihrer gerichtlichen Vernehmung und Gegenüberstellung mit dem Angeklagtem diesen nicht mit Sicherheit als jenen Mann identifizierte, der den Kreditantrag bei ihr gestellt hat, jedoch bei ihrer polizeilichen Einvernahme (am 20. September 1982, somit rund ein Monat nach der Antragstellung; vgl. S. 17, 18) eine Personsbeschreibung des Täters gab, die auf den Beschwerdeführer paßte, und überdies diesen auf einem Lichtbild als dem Täter sehr ähnlich bezeichnete (S. 244). Der Einwand, die Zeugin hätte, da sie die Unterlagen genau prüfte, bemerkt, daß das Foto auf dem ihr vorgewiesenen Führerschein nicht den Angeklagten darstellt, übergeht die gegenteilige Urteilsannahme, wonach D die Identität des Angeklagten anläßlich der Kreditantragstellung nicht sehr genau überprüft hat (S. 245) und geht somit (abermals) nicht vom Urteilsinhalt, sondern von einer urteilsfremden Annahme aus. Die Divergenz in den Aussagen der Zeugen Wolfgang B und Stanislaus E wurde im Urteil - entgegen den Beschwerfeausführungen - keineswegs stillschweigend übergangen, sondern - was die Beschwerde verschweigt - sehr wohl erörtert (S. 247); daß das Gericht daraus andere Schlüsse gezogen hat als sie die Beschwerde gezogen wissen will, kann - als unbekämpfbarer Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung - nicht aus der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO bekämpft werden. Das gilt schließlich auch für die Behauptung, es gäbe außer dem Sachverständigengutachten keinen einzigen Beweis für die Schuld des Angeklagten; hat doch das Erstgericht in den Urteilsgründen ausführlich dargelegt, durch welche Indizien nach überzeugung der Tatrichter die Richtigkeit des graphologischen Gutachtens erhärtet und die insgesamt leugnende Verantwortung des Angeklagten widerlegt ist (S. 241 ff.). Die Rechtsrüge letztlich, mit welcher in Ansehung des versuchten Betruges strafaufhebender Rücktritt vom Versuch moniert wird, übergeht jene Urteilskonstatierungen, aus denen sich ergibt, daß der Angeklagte keineswegs freiwillig sein Vorhaben, den angestrebten Kredit zu erhalten, aufgegeben hat (S. 246 ff.). Sie hält somit nicht am Urteilssachverhalt fest, sodaß (auch) der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht wird.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach insgesamt als nicht den Prozeßgesetzen gemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Verhandlung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß die Akten zur Entscheidung über die (Straf-)Berufung in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO dem hiefür zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzuleiten sind. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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