OGH 7Ob683/84

OGH7Ob683/8430.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elmar A*****, vertreten durch Dr. Christian Dorda, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Herwig K*****, als eingeantworteter Erbe nach Dr. Max K*****, zuletzt wohnhaft in *****, vertreten durch Dr. Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Eidesleistung und Zahlung (Streitwert 420.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 5. Juli 1984, GZ 4 R 87, 88/84‑69, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. Februar 1984, GZ 22 Cg 82/79‑65, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00683.840.0730.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.745,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 1.075,05 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte von seinem während des Rechtsstreits verstorbenen ehemaligen Rechtsfreund zunächst Rechnungslegung und Urkundenherausgabe und modifizierte dieses Klagebegehren mehrmals. Schließlich schränkte er um das ursprüngliche Begehren ein und begehrt nun nach einer zugelassenen Klagsänderung die Leistung eines Eides darüber, dass die Angaben des Beklagten in dem vorgelegten Rechnungswerk und über zwei Bankguthaben richtig und vollständig sind, sowie die Verurteilung zur Zahlung jener Beträge, welche der Beklagte laut seiner noch zu beeidenden Rechnungslegung dem Kläger schulde, und deren Berechnung vorbehalten werde.

Der Erstrichter wies diese restlichen Klagebegehren mit der Begründung ab, dass ein Anspruch auf Herausgabe dessen, was aufgrund der Rechnungslegung geschuldet werde, nach dem Fallenlassen des Rechnungslegungsbegehrens nicht mehr bestehe und ein Offenbarungseid über eine erfolgte Rechnungslegung nicht verlangt werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass ein Begehren auf Beeidigung einer gelegten Rechnung nur dann zulässig wäre, wenn die gelegte Rechnung vermutlich unrichtig oder unvollständig sei. Ein solcher Nachweis sei dem Kläger nicht gelungen, der vielmehr die gelegte Rechnung als Erfüllung angenommen habe. Infolge der Unzulässigkeit des Eidesleistungsbegehrens sei auch eine Stufenklage nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Vor der Erhebung des nun strittigen Begehrens hat der Revisionswerber in der Tagsatzung vom 4. 5. 1983 vor dem Erstgericht das Klagebegehren um die ursprünglichen Punkte 1.) und 2.) mit der ausdrücklichen Begründung eingeschränkt, dass der Beklagte diesen Ansprüchen durch ergänzende Erfüllungshandlungen entsprochen habe. Er hat sein neues Begehren damit begründet, dass einerseits die Treuhandkonten des Beklagten für den Kläger nach dem Stichtag des Rechenwerks (31. 12. 1979) Veränderungen erfahren haben müssten und dass andererseits dieses Rechenwerk vermutlich materiell unvollständig sei, weil einige nachzuweisende Eingänge sowie die vermutlichen Kontenansprüche des Beklagten darin nicht berücksichtigt seien.

Nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Anspruch auf Rechnungslegung mangels besonderer Verpflichtungen erfüllt, wenn eine formell vollständige Rechnung gelegt wurde. Der darüber hinaus bestehende Anspruch, dass die Rechnung vollständig und wahrheitsgemäß sei, berechtigt im Allgemeinen nur zur Erhebung von Schadenersatzansprüchen. Auf Beeidigung einer erfolgten, formell vollständigen Abrechnung kann nach Art XLII EGZPO nur dann geklagt werden, wenn der Kläger dartun kann, dass der Rechnungsleger vermutlich von der Verschweigung einzelner Rechnungsposten Kenntnis hat (SZ 25/99, EvBl 1977/151 ua).

Dem Klagebegehren steht entgegen der Meinung des Revisionsgegners auch nicht der Umstand entgegen, dass der ursprünglich Beklagte inzwischen verstorben ist. In diesem Fall trifft die Verlassenschaft und sodann die eingeantworteten Erben die vermögensrechtliche Verpflichtung des Erblassers, wobei im Exekutionsantrag gegebenenfalls die Person zu benennen ist, die den Eid tatsächlich ablegen soll (SZ 48/19). Derjenige, der eine Verlassenschaft darstellt oder übernimmt, ist nach Maßgabe der hinterlassenen Informationen imstande, die fehlenden Auskünfte zu erteilen, und dazu als Universalsukzessor auch nach seinen Kräften verpflichtet. Dem Revisionswerber ist weiters darin beizupflichten, dass die Frage, ob er hinreichende Gründe für die Vermutung einer materiell unrichtigen Rechnungslegung hat, nicht schon damit zu seinem Nachteil beantwortet werden kann, dass er die gelegte (formelle) Rechnung als Erfüllung angenommen hat. Der Kläger hat ja, worauf die Revision zutreffend verweist, zum Nachweis einer solchen Vermutung Beweise angeboten, die nicht aufgenommen wurden. Es bedarf der Prüfung, ob insofern Feststellungsmängel vorliegen.

Der erste Einwand des Klägers gegen die erfolgte Rechnungslegung dahin, die Treuhandkonten des Beklagten hätten seit dem Stichtag der Rechnungslegung weitere Veränderungen erfahren, vermag jedoch das Eidesleistungsbegehren nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass naturgemäß jede Rechnung (über ein wie hier noch nicht abgeschlossenes Rechtsverhältnis) eine weitere Entwicklung nach dem Stichtag offen lässt, betrifft dieser Einwand nicht bloß die materielle, sondern schon die formelle Richtigkeit der gelegten Rechnung. Der Revisionswerber hätte sein Rechnungslegungsbegehren nicht fallen lassen dürfen, wenn er der Meinung war, dass die Rechnung nicht den vollen abzurechnenden Zeitraum umfasse. Überdies kann zum Offenbarungseid wegen Verschweigung oder Verheimlichung eine Vermögens nur verurteilt werden, wer das Vermögen absichtlich verschwiegen oder verheimlicht hat ( Fasching , Komm II 95). Auch davon kann in diesem Punkt schon nach dem Vorbringen des Klägers keine Rede sein.

Die weiteren Einwendungen des Klägers gegen die materielle Richtigkeit des Rechenwerks des Beklagten bezogen sich nach seinem Vorbringen in der Tagsatzung vom 4. 5. 1983 darauf, dass in der vorgelegten Abrechnung die Entgegennahme eines Sparbuchs und von Barbeträgen von 80.000 und 20.000 S sowie schließlich auch über die vermutlich erhobenen Honoraransprüche des Beklagten gegen den Kläger nichts aufscheine. Der letztgenannte Punkt bedarf schon deshalb keiner Rechtfertigung, weil ein Honorarprozess mit umgekehrten Parteirollen anhängig ist. Von einer absichtlichen Verschweigung dieses Umstands kann offensichtlich keine Rede sein.

Hingegen hat der Revisionswerber durch die Urkunden Beilagen X und W dargetan, dass der Beklagte am 23. 6. 1975 ein Sparbuch über 16.139,20 S der Raiffeisenkasse S***** mit Losungswort „*****“ und weiters am 29. 9. 1977 und 11. 10. 1977 Geldbeträge von 80.000 und 20.000 S übernommen hat. Da der Beklagte nicht einmal behauptet hat, dass diese Eingänge und ihre Weiterverwendung in der gelegten Rechnung aufscheinen, ist eine Verschweigung dieser Rechnungsposten im obigen Sinn hinreichend glaubhaft gemacht, die aus den angeführten Gründen eine Eidesleistung rechtfertigen könnte.

Das zuletzt gestellte Klagebegehren entspricht aber nicht dem Gesetz. Da der Kläger nur den Rechtsgrund des zweiten Falls des Art XLII EGZPO in Anspruch nehmen kann, beschränkt sich die Verpflichtung des Beklagten auf die Angabe, was ihm von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, und auf eine Eidesleistung dahin, dass diese Angaben richtig und vollständig sind. Daraus folgt, dass auch der Beweis, dass jemand von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, das Verlangen auf Beeidigung der gesamten Rechnungslegung nicht rechtfertigt. Der Rechnungsleger kann nur dazu gezwungen werden, das bekanntzugeben, was er vermutlich verschweigen will (SZ 25/99). Die Eidesleistung kann nur zu den konkreten einzelnen Rechnungsposten, die vermutlich unrichtig oder vollständig angegeben wurden, begehrt werden, weil sich die Klage nur auf einen statischen Zustand und nicht auf eine Vermögensentwicklung beziehen kann ( Strasser in Rummel , ABGB, Rz 20 zu § 1012; SZ 24/114, SZ 25/99, SZ 42/122). Allerdings kann ein allgemein gefasstes Klagebegehren auf Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Eidesleistung auch das Begehren umfassen bekanntzugeben, was der beklagten Partei von der Verschweigung oder Verheimlichung eines bestimmten Vermögens bekannt ist (SZ 24/114). Im vorliegenden Fall ist aber nach den zuletzt von beiden Parteien eingenommenen Standpunkten klar, dass der Kläger die Nichtaufnahme der drei strittigen Posten in die gelegte Rechnung kennt. Insoweit wäre ein Begehren auf (eidliche) Angabe des verheimlichten Vermögens zwecklos (SZ 25/99). Ein solches Begehren hat der Kläger aber auch gar nicht mehr gestellt, sondern nur noch ein solches auf Eidesleistung, die sich allerdings auf das gesamte Rechenwerk beziehen soll. Letzteres ist wie gesagt unstatthaft, die Eidesleistung über die drei Rechenposten allein aber ebenfalls, weil das Eidesleistungsbegehren nur mit dem auf Angabe des vermutlich veschwiegenen Vermögens verbunden werden kann. Im vorliegenden Fall umfasst also das neue Klagebegehren auch nicht teilweise den möglicherweise berechtigten Anspruch, über die drei strittigen Rechnungsposten weitere Auskünfte zu erhalten, und die erst daraus folgende Verpflichtung des Beklagten, diese Auskünfte zu beeiden.

Im Ergebnis hat es daher bei der Abweisung des Klagebegehrens zu bleiben, zumal das im Wege der Stufenklage erhobene, noch nicht bezifferte Leistungsbegehren nach der zutreffenden und unbekämpften Rechtsansicht des Berufungsgerichts davon abhängig ist, ob das Eidesleistungsbegehren zu Recht besteht.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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