Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird teilweise bestätigt, sodaß es als weiteres Teilurteil zu lauten hat:
'Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger S 143.114,20 samt 10 % Zinsen seit 10. November 1980 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung wird dem Endurteil vorbehalten.' In seinem übrigen Umfang (Abweisung von S 133.711,40 sA an Abfertigung, Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung) einschließlich der Kostenentscheidung wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der beklagten Partei vom 2. November 1976 bis 18. November 1980 als Autoverkäufer (Platzvertreter mit Provision und Fixum in der Beschäftigungsgruppe 3 des Kollektivvertrages der Handelsangestellten Österreichs) beschäftigt. Am 18. November 1980 erklärte der Kläger den vorzeitigen Austritt, weil ihm die beklagte Partei kollektivvertraglich gebührende Gehaltsansprüche, überstundenentschädigungen etc. durch Jahre vorenthalten und innerhalb der gesetzten Nachfrist von acht Tagen nicht bezahlt habe. Der Kläger erhob zuletzt - nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteiles über S 47.642,-- an kollektivvertraglichem Fixum, S 14.563,-- Feiertagsentgelt und S 12.117,-
Urlaubsentschädigung - für die letzten drei Jahre vor der Anbringung der Klage folgende Ansprüche:
1.) Nachzahlung des Kollektivvertragslohnes restlich
S 27.135,50
2.) überstundenentgelt (für Samstagarbeit
S 85.978,70
3.) Provisionsnachzahlung (infolge Erhöhungen der Pkw-
Verkaufspreise) S 30.000,--
4.) Ansprüche aus dem vorzeitigen Austritt a) Abfertigung in Höhe
von zwei Monatsgehältern S 37.437,60
b) Kündigungsentschädigung S 80.490,80
c) Urlaubsentschädigung S 15.783,--
zusammen S 133.711,40
insgesamt S 276.825,60 s.A.
Die beklagte Partei beantragte Abweisung des über das Teilanerkenntnis hinausgehenden Klagebegehrens und wendete eine zuletzt mit S 44.546,90 der Höhe nach außer Streit gestellte Sachadenersatzforderung aufrechnungsweise ein. Der vorzeitige Austritt des Klägers sei nicht berechtigt gewesen. Der Kläger habe seine angebliche Forderung erstmals mit Schreiben vom 6. November 1980 in Höhe von S 316.423,-- geltend gemacht und Zahlung innerhalb von acht Tagen verlangt. Die beklagte Partei habe unverzüglich zugesichert, berechtigte Ansprüche des Klägers zu befriedigen. Die Frist von acht Tagen sei zu kurz bemessen gewesen, um die dem Kläger tatsächlich gebührenden Beträge zu berechnen. Der Kläger habe die Annahme des anerkannten Betrages von S 74.322,73
brutto abgelehnt. Für die freiwillige Samstagsarbeit, die der Verbesserung des Provisionseinkommens des Klägers dienen sollte, habe er keine Ansprüche auf überstundenentgelt. Die Provision für die verkauften Pkw's sei nach Stückzahlen bemessen gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es war der Ansicht, daß dem Kläger auf Grund der Bestimmungen des Kollektivvertrages der Handelsangestellten Österreichs über die 'Aufrechterhaltung der überzahlungen' (Abschnitt G der Gehaltsordnung) ein höheres als das vereinbarte Fixum gebührt hätte. Die dadurch entstandene Differenz sei aber durch die von der beklagten Partei anerkannten Beträge abgegolten worden. Eine ungebührliche Schmälerung des Entgeltes des Klägers, die ihn zum Austritt berechtigt hätte, liege nicht vor. Die beklagte Partei habe bis zum Jahre 1980 nicht gewußt, wie die Bestimmung über die 'Aufrechterhaltung der überzahlungen' in der Praxis zu handhaben sei. Da nach den Verfahrensergebnissen selbst fachkundige Personen nicht in der Lage gewesen seien, eine richtige, dem einschlägigen Kollektivvertrag entsprechende Berechnung vorzunehmen, sei die der beklagten Partei vom Kläger gewährte Nachfrist von acht Tagen zu kurz gewesen. Mangels Berechtigung des vorzeitigen Austrittes des Klägers stünden ihm Abfertigung, Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung nicht zu. Nach den getroffenen Vereinbarungen gebühre dem Kläger aber auch kein überstundenentgelt. Die Forderung auf Provisionsnachzahlung habe der Kläger nicht präzisiert. Das Berufungsgericht verwarf die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung des Klägers und gab ihr im übrigen keine Folge.
Die zweite Instanz verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG von neuem und gelangte zu folgenden wesentlichen (teils ergänzenden) Feststellungen:
Zwischen den Streitteilen wurde im Anstellungsvertrag vom 14. Dezember 1976 vereinbart, daß der Kläger ein monatliches Fixum von S 3.000 und für den Verkauf von Neuwagen der Typen Vauxhall und Peugeot eine Provision von S 1.000 pro Stück erhalten sollte. Für die bei Inzahlungnahme von Gebrauchtwagen gebührende Provision wurden besondere Vereinbarungen getroffen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers unterliegt dem Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs (im folgenden kurz: Kollektivvertrag). Der Kläger wurde bei seiner Anstellung (im Hinblick auf Vordienstzeiten zu Recht) als Angestellter im fünften Berufsjahr eingestuft.
Im Jänner 1977 fragte der Kläger den Geschäftsführer der beklagten Partei Gottfried B, ob er an Samstagen arbeiten könne. Gottfried B war damit einverstanden, doch wurde zwischen den Parteien vereinbart, daß der Kläger für diese Arbeitsleistung kein überstundenentgelt, sondern nur Provision aus den vermittelten Verkaufsabschlüssen erhalte.
Der Kläger erhielt für die Zeit ab 1. Jänner 1977 folgendes Entgelt:
1977
Fixum Provision S 53.583,--
S 131.500,-
(hievon im November und Dezember je S 3.000,- Fixum und S 3.000,-
Weihnachtsremuneration) 1978
S 58.810,-- S 121.259
(Fixum 12 x S 3.000 plus S 13.210 Urlaubsbeihilfe plus S 9.600
Weihnachtsremuneration) 1979
S 60.400,-- S 220.200,--
(12 x S 3.000 Fixum plus S 15.400,-- Urlaubsbeihilfe plus S 9.000
Weihnachtsremuneration 1980
(Jänner bis April) S 12.000,-- S
45.000,--
Mit Schreiben vom 9. April 1980 forderte ein anderer Angestellter
der beklagten Partei, Hans-Peter C - unter anderem aus dem Titel
'Aufrechterhaltung der überzahlungen' laut Kollektivvertrag eine Nachzahlung von S 220.416,--, die er in der Folge zum Teil gerichtlich geltend machte.
Ende Mai 1980 änderten die Streitteile den Dienstvertrag, des Klägers mit Wirkung ab 1. Mai 1980 dahin ab, daß der Kläger infolge seiner Einstufung in die Beschäfigungsgruppe 3, 9. Berufsjahr, ein kollektivvertragliches Fixum von S 7.350,-- erhalte. Gleichzeitig wurde die Stückprovision für verkaufte Neu- und Gebrauchtwagen auf S 500,-- (ab 6 verkauften Fahrzeugen S 600,-- und ab 12 verkauften Fahrzeugen auf S 700,-- je Fahrzeug) herabgesetzt. Es ist nicht feststellbar, daß die beklagte Partei diese neue Gehaltsvereinbarung mit dem Kläger deshalb traf, um ihn um 'berechtigte Ansprüche' zu bringen. Der Kläger erhielt ab Mai 1980 noch folgende Beträge:
Fixum: Provision:
S 71.400,-- S 42.670,--
(7 x 7.350 und 19.950 an Sonderzahlungen) Mit Schreiben vom 6. November 1980, das bei der beklagten Partei am 10. November 1980 einlangte, forderte der Kläger an kollektivvertraglichem Fixum, Feiertagsentgelt und überstunden S 253.423,--, wobei er infolge eines Rechenfehlers auf den Betrag von S 316.428,-- kam und setzte eine Zahlungsfrist von acht Tagen.
Gottfried B setzte sich nach Erhalt des Schreibens mit dem Kläger in Verbindung und gab zu, daß dieser Anspruch auf kollektivvertragliche Nachzahlung habe. Der Anspruch auf Feiertagsentgelt müsse noch geprüft werden. Am 12. November 1980
suchte Gottfried B die Kanzlei des Beklagtenvertreters auf. Die Rechtsanwaltsanwärterin Dr. Elisabeth D nahm noch am selben Tag mit dem Klagevertreter telefonisch Kontakt auf. Sie gab bekannt, daß nicht der gesamte geforderte Betrag bezahlt werde, und ersuchte, die gesetzte achttägige Nachfrist zur Nachzahlung zu verlängern, da innerhalb dieser kurzen Frist der dem Kläger gebührende Betrag nicht berechnet werden könne. Der Klagevertreter lehnte aber eine Fristverlängerung sowohl bei diesem Telefonat als auch am 18. November 1980 ab.
Der der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen zugrundegelegte Kollektivvertrag enthält (in allen Fassungen ab 1. Juli 1977) folgende wesentliche Bestimmungen:
'Anhang Gehaltsordnung A. Allgemeiner
Teil .........
d) Bei Platzvertretern mit Provision gelten die in den Gehaltstafeln
angeführten Mindestgehälter der Beschäftigungsgruppe 3
und bei Reisenden mit Provision die Mindestgehälter der
Beschäftigungsgruppe 4 als Durchschnittseinkommen der letzten 12
Monate.
..........
D. Sonderzahlungen für Platzvertreter mit Provision und Reisende
mit Provision a) Platzvertreter mit Provision und Reisende mit
Provision, die neben der Provision ein Fixum beziehen, erhalten als
Sonderzahlungen eine Weihnachtsremuneration in Höhe des
Novemberfixums und eine Urlaubsbeihilfe in Höhe des zum Zeitpunkt
des Urlaubsantrittes bzw. am 30. September zustehenden Fixums.
.........
G. Aufrechterhaltung der überzahlungen 1.) Die am 31. Dezember
1976 (in den folgenden Fassungen: am 31. Dezember 1977, am 31.
Dezember 1978, am 31. Dezember 1979) bestehenden überzahlungen der
kollektivvertraglichen Mindestgehälter sind in ihrer
schillingmäßigen Höhe gegenüber den ab 1. Jänner 1977
(1978, 1979, 1980) erhöhten kollektivvertraglichen Mindestgehältern
aufrecht zu erhalten.
.........
Für Platzvertreter mit Provision und Reisende mit Provision gemäß
Beschäftigungsgruppe 3 bis. 4 gilt Punkt 1. nur hinsichtlich jener
Fälle, in denen ein Fixum vereinbart wurde.
.........
Liegt der Betrag dieses Fixums niedriger als der jeweils zustehende kollektivvertragliche Durchschnittssatz gemäß Beschäftigungsgruppe 3 oder 4, ist das Fixum so zu erhöhen, daß die bestehende Differenz zwischen Fixum und kollektivvertraglichem Durchschnittssatz gemäß Beschäftigungsgruppe 3 oder 4 unverändert aufrecht bleibt.' Auf Grund dieser Bestimmungen und der für die Jahre 1977 bis 1980 in den vorgelegten Kollektivverträgen enthaltenen Gehaltstafeln berechnete das Berufungsgericht die dem Kläger gebührende Gehaltsnachzahlung. Da der Betrag des dem Kläger gebührenden Fixums niedriger war als der jeweils zustehende kollektivvertragliche Durchschnittssatz, ermittelte die zweite Instanz den jeweiligen Betrag, um den dieses Fixum wegen der jährlichen Erhöhung des Kollektivvertragsgehaltes zu erhöhen gewesen wäre, berechnete die dem Kläger danach jeweils gebührende Weihnachtsremuneration und Urlaubsbeihilfe sowie das mit dem Inkrafttreten des § 6 UrlG am 1. Jänner 1978 außerdem gebührende Urlaubsentgelt und gelangte hiebei zum Ergebnis, daß dem Kläger für die letzten drei Jahre vor der Klage ein weiteres Entgelt von S 44.672,99 gebührt hätte, das durch das Teilanerkenntnisurteil (und die Bezahlung des Betrages von S 47.642,--) getilgt worden sei. Ein Anspruch auf überstundenentgelt bestehe nicht, weil zwischen den Parteien vereinbart worden sei, daß der Kläger für die Arbeit an Samstagen keine zusätzliche überstundenentlohnung erhalte. Da der von der beklagten Partei tatsächlich ausbezahlte Betrag an Fixum und Provision den jeweiligen kollektivvertraglichen Durchschnittssatz und die kollektivvertragliche überstundenabgeltung überschreite, habe der Kläger auf das überstundenentgelt rechtswirksam verzichten können.
Da eine Stückprovision vereinbart worden sei, könne der Kläger aus einer Erhöhung der PKW-Preise Provisionserhöhungsansprüche nicht ableiten.
Die beklagte Partei habe das dem Kläger zukommende Entgelt auch nicht ungebührlich geschmälert. Der beklagten Partei habe zwar (wegen der von Hans-Peter C erhobenen Ansprüche) spätestens ab April 1980 bekannt sein müssen, daß das Fixum des Klägers entsprechend dem Kollektivvertrag zu erhöhen gewesen wäre, da aber der Kläger längere Zeit hindurch keine Entgeltansprüche geltend gemacht habe, wäre er nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, der beklagten Partei für die Nachzahlung des Entgeltrückstandes eine angemessene Frist zu gewähren. Die beklagte Partei habe sich bereit erklärt, die berechtigten Ansprüche zu bezahlen, und habe den Kläger auf die Schwierigkeiten der Berechnung aufmerksam gemacht. Im Hinblick auf diese Berechnungsschwierigkeiten sei die vom Kläger gesetzte Frist zu kurz gewesen, zumal die Berechnung des Urlaubsentgelts einen nicht unerheblichen Zeitaufwand erfordert habe. Dem Kläger sei das Abwarten einer angemessenen Frist zumutbar gewesen. Sein Austritt aus dem Dienstverhältnis sei daher zu Unrecht erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.
Die vom Revisionswerber behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Beurteilung des erkennenden Senates nicht vor. Trotz Fehlens einer Begründungspflicht (§ 510 Abs. 3 ZPO) sei darauf verwiesen, daß das gesetzmäßig errichtete Protokoll über den Verlauf und den Inhalt der Verhandlung vollen Beweis liefert, soweit nicht ein ausdrücklicher Widerspruch der Partei vorliegt (§ 215 Abs. 1 ZPO). Sache des Revisionswerbers wäre es daher gewesen, eine allenfalls unterbliebene Verlesung der Beweisaufnahmeprotokolle zu rügen (§ 196 Abs. 1 ZPO) und gegen einen nicht dem tatsächlichen Verlauf der Verhandlung entsprechenden Protokollinhalt Widerspruch zu erheben (§ 212 Abs. 1 ZPO). Die vom Revisionswerber in Abschnitt b, d, h, l, m und n der Berufung erhobenen Rügen wurden, soweit sie rechtserhebliche Fragen betrafen, von der zweiten Instanz dadurch erledigt, daß diese dazu eigene Feststellungen traf.
Mit der Rüge, diverse in den Jahren 1978 bis 1980 an den Kläger
ausgezahlte Beträge seien nicht dem gebührenden Fixum, sondern den
Provisionsbezügen zuzurechnen (Punkt 2 lit. c der Revision),
bekämpft der Kläger lediglich die tatsächliche Zuordnung dieser
Beträge in den vom Berufungsgericht als unbedenkliches Beweismittel
beurteilten Lohnkonten und damit die Beweiswürdigung, was auch im
arbeitsgerichtlichen Revisionsverfahren unzulässig ist (EvBl.
1955/154; RdA 1985, 45 uva.). Daß die zweite Instanz bei der
Berechnung des kollektivvertraglichen Fixums des Klägers für das Jahr 1978 unter Hinweis auf Beilage 16 (Lohnkonto 1978, das einen am 30. Juni ausbezahlten Urlaubszuschuß ausweist) von einem Urlaubsantritt im Juni 1977 spricht, beruht auf einem offenkundigen Schreibfehler, der nicht rechtserheblich ist. Unrichtig ist schließlich die Behauptung der Revision, für das Jahr 1979 sei das Urlaubsentgelt nicht berechnet worden. Das Berufungsgericht ermittelte vielmehr ein Urlaubsentgelt von S 15.459,58 und legte es seinen weiteren Berechnungen zugrunde. Die rechtliche Richtigkeit dieser Berechnungen, mit denen das Berufungsgericht die Höhe des dem Kläger für die Zeit von November 1977 bis November 1980 zustehenden Fixums (einschließlich Urlaubszuschuß, Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration) ermittelte, bekämpft der Revisionswerber nicht, sodaß eine Überprüfung dieser Berechnung nicht zu erfolgen hat.
Der Rechtsmittelantrag des Klägers ist zwar auf Abänderung der Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne der vollen Klagsstattgebung gerichtet, doch nimmt der Rechtsmittelwerber in der Rechtsrüge nur mehr zur Berechtigung seines vorzeitigen Austrittes und zum Anspruch auf überstundenabgeltung, nicht aber zum Anspruch auf Provisionsnachzahlung wegen Erhöhung der PKW-Verkaufspreise Stellung, sodaß auf diesen Anspruchsteil nicht mehr einzugehen ist. Da das Berufungsgericht eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien feststellte, daß der Kläger für seine Arbeitsleistungen an Samstagen nur die Provision aus den (an diesem Tag) abgeschlossenen Geschäften, nicht aber überstundenentgelt erhalten sollte, bleibt für die Anwendung von Beweislastregeln, die nur dann einzugreifen haben, wenn zu klären ist, zu wessen Lasten es geht, daß eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache nicht beweisbar ist, kein Raum. Die Frage, wie die Höhe der überstunden zu ermitteln gewesen wäre und welcher Vertragsteil das Unterbleiben von Aufzeichnungen über die geleisteten überstunden zu vertreten hätte, stellt sich bei dieser Rechtslage nicht.
Gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge des Klägers nur, soweit er sich gegen die Ansicht der Vorinstanzen wendet, die dem Dienstgeber gewährte Nachfrist sei zu kurz gewesen, sodaß der nach ihrem Ablauf erklärte vorzeitige Austritt nicht berechtigt gewesen sei. In diesem Punkt ist der Revision zu folgen. Gemäß § 26 Z 2 AngG ist es als wichtiger Grund anzusehen, der den Angestellten zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn der Dienstgeber das dem Angestellten zukommende Entgelt ungebührlich schmälert oder vorenthält. Unter 'Schmälerung' versteht man die einseitige rechtswidrige Herabsetzung des dem Angestellen zukommenden Entgelts, wobei es gleichgültig ist, ob dies durch Verletzung eines Gesetzes, eines Kollektivvertrages oder einer Einzelvereinbarung geschieht (Martinek-Schwarz, AngG 6 562f; Arb. 6193). Es ist auch gleichgültig, ob das Entgelt in Benachteiligungsabsicht, aus Nachlässigkeit oder aus Unvermögen des Arbeitgebers geschmälert oder zurückgehalten wird (Martinek-Schwarz aaO 563; Arb. 8.297, 9.956, 10.147). Der Tatbestand ist jedenfalls erfüllt, wenn der Arbeitgeber wußte oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, daß seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist (Martinek-Schwarz aaO; Arb. 9.082, RdA 1979, 224). Durch eine bloß objektive Rechtswidrigkeit, die insbesondere dann vorliegt, wenn über das Bestehen eines Anspruches verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines hierüber zu führenden Rechtsstreites nicht abzusehen ist, wird der Tatbestand des § 26 Z 2 AngG nicht erfüllt (Martinek-Schwarz aaO; Arb. 9.082, 10.147).
Im vorliegenden Fall konnte die beklagte Partei den jeweils
geltenden Fassungen des Kollektivvertrages zumindest klar entnehmen,
daß der Kläger Anspruch auf Erhöhung des vereinbarten Fixums im
Umfang der Steigerungsbeträge des jeweils anzuwendenden
kollektivvertraglichen Durchschnittssatzes und auf Urlaubsbeihilfe
und Weihnachtsremuneration in der Höhe des gebührenden Fixums hatte
(Abschnitt D und G der Gehaltsordnung des Kollektivvertrages). Der
beklagten Partei mußte spätestens seit der Erhebung der
Nachzahlungsansprüche durch Hans Peter C und der Änderung des
Dienstvertrages des Klägers durch Erhöhung des Fixums für die
Zukunft bekannt geworden sein, daß er auch Nachzahlungsansprüche für
die Vergangenheit habe. Jedenfalls von da an war die - objektiv
rechtswidrige - Schmälerung der Bezüge des Klägers auch
ungebührlich. Dadurch wurde ein rechtswidriger Dauerzustand
geschaffen (vgl. dazu Martinek-Schwarz aaO 570) und der
Austrittsgrund des § 26 Z 2 AngG immer von neuem verwirklicht. In einem solchen Fall muß der Arbeitgeber grundsätzlich jederzeit mit der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechnen, ohne daß es dazu einer besonderen Ankündigung oder einer formellen Nachfristsetzung bedarf (4 Ob 21/80; Arb. 10.218).
Da auch der Kläger bis zur Nachzahlungsaufforderung am 6. November 1980 geschwiegen hatte, obwohl auch er seit der Änderung seines Vertrages von der Schmälerung seiner Bezüge in der Vergangenheit Kenntnis haben mußte, durfte er allerdings den eingetretenen Zahlungsrückstand nicht mehr zum Anlaß eines plötzlichen Austritts nehmen, ohne dies dem Arbeitgeber vorher anzukündigen und ihm unter Setzung einer Nachfrist zur Zahlung des Rückstandes aufzufordern; die Nachfrist braucht aber in derartigen Fällen nur kurz sein (Arb.
10.218). Dieser Verpflichtung trug der Kläger durch Setzung einer
Nachfrist von acht Tagen ausreichend Rechnung. Dem von den
Vorinstanzen gebilligten Standpunkt der beklagten Partei, der Kläger
wäre wegen Schwierigkeiten der Berechnung seiner restlichen
Ansprüche verpflichtet gewesen, der erbetenen Verlängerung der
Nachfrist zuzustimmen, ist nicht zu folgen. Soweit solche
Schwierigkeiten überhaupt bestanden, muß sich die beklagte Partei
entgegenhalten lassen, daß sie vom Bestehen der
Nachforderungsansprüche des Klägers bei Erhalt der Aufforderung vom
6. November 1980 längst Kenntnis haben mußte, sodaß sie sich auf die
eheste Liquidierung dieser Ansprüche hätte einstellen können. Zudem
war die Ermittlung der dem Kläger gebührenden Ansprüche nur zum
geringen Teil mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Die Berechnung
der kollektivvertraglichen Nachzahlung innerhalb der gesetzten
Nachfrist war der beklagten Partei durchaus zumutbar. Sie hatte die
dem Kläger jeweils gebührenden Steigerungsbeträge bei Berechnung des
Fixums, des Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremuneration zu
berücksichtigen und hiebei auf das bereits ausgezahlte niedrigere
Fixum Bedacht zu nehmen. Dies war weder besonders schwierig noch
sehr zeitraubend. Mit größeren Schwierigkeiten mag die Berechnung
des Urlaubsentgeltes verbunden gewesen sein, doch hätte es genügt,
wenn die beklagte Partei die aus diesem Titel gebührenden Beträge
nach bestem Wissen ermittelt und bezahlt hätte; auch wenn ihr dabei
ein Fehler unterlaufen wäre, hätte sie der Vorwurf ungebührlicher
Schmälerung nicht getroffen, wenn der Fehlbetrag auf einer
vertretbaren Rechtsauffassung beruht hätte. Da die beklagte Partei
selbst vorbrachte, sie habe den nachzuzahlenden
Kollektivvertragslohn mit S 47.642,-, die Nachzahlung für
Feiertagsarbeit mit S 14.563,- und die nachzuzahlende
Urlaubsentschädigung mit S 12.117,- ermittelt und dem Kläger diesen
Betrag bereits am 20. November 1980 bezahlen wollen, doch habe er
die Annahme verweigert, kann nicht davon ausgegangen werden, daß es
der beklagten Partei nicht möglich gewesen wäre, die vom Kläger
gewährte, nur um zwei Tage kürzere Nachfrist einzuhalten, zumal die
beklagte Partei keine besonderen Umstände vorbrachte, die sie daran
gehindert hätten. Die beklagte Partei kann sich auch nicht darauf
berufen, daß die vom Kläger erhobenen Nachforderungen nur zu einem
Bruchteil berechtigt waren. Gerade zu jenen Ansprüchen
(überstundenentgelt; Provisionsnachzahlung), die dem Kläger nach
Auffassung der beklagten Partei auch nicht teilweise gebührten,
konnte sie unschwer in kürzester Frist Stellung nehmen (und hat dies
- zumindest in allgemeiner Form - auch dadurch getan, daß Dr.
Elisabeth D dem Klagevertreter schon am 12. November 1980
bekanntgab, es werde nicht der gesamte geforderte Betrag bezahlt
werden). Auch wegen der (erst im Berufungsverfahren bereinigten)
Auffassungsdifferenzen der Streitteile darüber, ob der Kläger in die
Beschäftigungsgruppe 4 einzustufen war und ihm demgemäß eine höhere
Nachzahlung gebührte), war eine weitere Fristerstreckung nicht
berechtigt. Bei vertretbarer Rechtsansicht über die Richtigkeit der
Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 3 durfte die beklagte Partei
den vom Kläger wegen höherer Einstufung geforderten Betrag ohne
weiteres zurückhalten, ohne sich der Gefahr ungebührlicher Schmälerung des Entgelts auszusetzen. Der ab 12. November 1980 anwaltlich vertretenen beklagten Partei war es daher zumutbar, die vom Kläger gesetzte Nachfrist einzuhalten. Da die beklagte Partei das dem Kläger noch zukommende Entgelt über die gesetzte angemessene Nachfrist hinaus ungebührlich vorenthielt (schmälerte), war sein vorzeitiger Austritt berechtigt. Es gebührt ihm daher Abfertigung, Kündigungs- und Urlaubsentschädigung. Ein Zuspruch der dem Kläger danach zukommenden Beträge ist noch nicht möglich, weil die dafür erforderlichen Feststellungen vom Berufungsgericht nur zum Teil getroffen wurden und infolge Zurechtbestehens eines Teiles der Klagsforderung nunmehr auch über das Bestehen der von der beklagten Partei eingewendeten (nur der Höhe nach außer Streit gestellten) Gegenforderung zu erkennen ist. Das Urteil des Berufungsgerichtes war daher, soweit es über die Kündigungs- und Urlaubsentschädigung, sowie über die Abfertigung abweisend entschied, aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an die zweite Instanz zurückzuverweisen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
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