OGH 8Ob25/85

OGH8Ob25/8519.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dipl. Ing. Hans K*, und 2.) T* Gesellschaft mbH, *, beide vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) Johann H*, 2.) Erich G*, und 3.) V*-Aktiengesellschaft, *, sämtliche vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wegen 201.100 S samt Anhang und Feststellung (erstklagende Partei) und 117.000 S samt Anhang (zweitklagende Partei) infolge Revision der erstklagenden Partei und außerordentlicher Revision der zweitklagenden Partei sowie Revision und außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 6. Dezember 1984, GZ 5 R 170/84‑(richtig)34, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. August 1984, GZ 13 Cg 183/83‑29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00025.85.0619.000

 

Spruch:

 

1.) Die außerordentlichen Revisionen der zweitklagenden Partei und der beklagten Parteien werden zurückgewiesen.

Insoweit wird der Antrag der jeweiligen Revisionsgegner auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 508a Abs. 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

2.) Der Revision der erstklagenden Partei und der in Ansehung der erstklagenden Partei erhobenen Revision der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von 3.045,48 S (darin 576,‑‑ S an Barauslagen und 133,10 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 11. 12. 1981 ereignete sich auf einem noch nicht eröffneten Teilstück der Südautobahn A 2 im Gemeindegebiet Ligist gegen 13,20 Uhr bei Nebel im Begegnungsverkehr ein Verkehrsunfall, an dem der Erstkläger mit dem bergab gelenkten PKW der Zweitklägerin Volvo 244 DL (G *) und der mit dem bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten LKW des Zweitbeklagten, Mercedes 1819 (G *) bergwärts fahrende Erstbeklagte beteiligt waren. Dabei wurde der Erstkläger schwer verletzt; beide Fahrzeuge wurden beschädigt. Dauerfolgen können beim Kläger nicht ausgeschlossen werden.

Mit der am 13. 6. 1983 erhobenen Klage begehrten der Erstkläger und die Zweitklägerin aus dem Titel des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall ‑ vom alleinigen Verschulden des Erstbeklagten an dem Unfall ausgehend ‑ die Verurteilung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von 201.100 S samt Anhang an den Erstkläger (190.000 S an Schmerzengeld und 11.100 S für Sachschäden) und von 117.000 S samt Anhang (Fahrzeugschaden) an die Zweitklägerin; der Erstkläger stellte außerdem ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Den Erstbeklagten treffe das alleinige Verschulden an dem Unfall, weil er mit dem LKW erst wenige Augenblicke vor dem Zusammenstoß über die Fahrbahnmitte direkt auf den vom Erstkläger auf seiner rechten Fahrbahnhälfte gelenkten PKW zugefahren sei.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil den Erstkläger das alleinige Verschulden an dem Unfall treffe. Der Erstkläger sei auf der linken, dem Erstbeklagten als Lenker des LKWs zustehenden Fahrbahnhälfte entgegengekommen. Der Erstbeklagte habe dies auf etwas mehr als 50 m erkannt, sofort Lichtsignale gegeben und versucht, zur Vermeidung der drohenden Kollision nach links auszuweichen. Der Erstkläger habe sich aber offenbar zur selben Zeit zur Korrektur seiner Fahrlinie entschlossen und nach rechts gelenkt, sodaß es knapp jenseits der Fahrbahnmitte zur Kollision gekommen sei. Hilfsweise wendeten die Beklagten „gegen die Klagsforderung“ Gegenforderungen von zusammen 186.899,45 S für Bergungs- und Reparaturkosten, Ladungsschäden und Verdienstentgang aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht wies die beiden Leistungsbegehren und das Feststellungsbegehren ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Parteien teilweise Folge. Es änderte das angefochtene Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es ‑ unter Berücksichtigung der bestätigten Teile ‑

1.) die Forderung des Erstklägers mit 100.550 S und die eingewendete Gegenforderung mit 93.449,72 S als zu Recht bestehend erkannte und dem Erstkläger einen Betrag von 7.100,28 S samt Anhang unter Abweisung dessen Leistungsmehrbegehrens von 193.999,72 S samt Anhang zusprach und feststellte, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand dem Erstkläger für dessen künftige Ersatzansprüche aus dem gegenständlichen Verkehrsunfall zur Hälfte, die Haftung der Drittbeklagten begrenzt mit den Haftungshöchstsummen des Haftpflichtversicherungsvertrages zwischen ihr und dem Zweitbeklagten (unter Abweisung des Feststellungsmehrbegehrens) haften; und

2.) die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der Zweitklägerin den Betrag von 58.500 S samt Anhang zu bezahlen und das Leistungsmehrbegehren in gleicher Höhe abwies.

Außerdem sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, hinsichtlich des Erstklägers zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil insgesamt 300.000 S übersteigt und dabei der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S und der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes 60.000 S übersteigen und hinsichtlich der abändernden Entscheidung über das Begehren der Zweitklägerin die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes in seinem Ausspruch über die Begehren des Erstklägers richten sich die (ordentlichen) Revisionen des Erstklägers und der Beklagten und hinsichtlich des Ausspruches über das Klagebegehren der Zweitklägerin die außerordentlichen Revisionen der Zweitklägerin und der beklagten Parteien.

Beide Teile beantragten in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision der Gegenseite keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Zweitklägerin und der Beklagten handelt es sich bei mehreren aus einem Unfallsereignis Geschädigten, die ihre Ansprüche in einer Klage gemeinsam geltend machen, um Streitgenossen iS des § 11 Z 2 ZPO (JBl 1958, 125; SZ 49/47; JBl 1985, 111 uva). Die von solchen Streitgenossen geltend gemachten Ansprüche sind aber für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zusammenzurechnen (Jud 56 neu). Die von der Zweitklägerin und den Beklagten in Ansehung des Ausspruches des Berufungsgerichtes über das Klagebegehren der Zweitklägerin erhobenen Rechtsmittel wären somit im Hinblick auf den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes tatsächlich nur als außerordentliche Revisionen zulässig; dies ist aber mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht der Fall, weshalb sie gemäß § 508a Abs. 2 ZPO zurückzuweisen waren (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Die ordentlichen Revisionen beider Teile hingegen sind im Hinblick auf die den Wert des Streitgegenstandes insgesamt und jenen der Abänderung und Bestätigung betreffenden Aussprüche des Berufungsgerichtes zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.

Die über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der Erstkläger fuhr auf der nördlichen, für ihn linken Fahrbahnhälfte in Richtung Osten bergab, wo ein ca. 4,5 m breiter Fahrstreifen im Unterschied zur übrigen ‑ insgesamt ca. 14 m breiten ‑ Fahrbahn nicht schneebedeckt war. Der nördliche Fahrbahnrand, an den ein Bankett und dann eine steil abfallende Böschung anschlossen, war vom schneefreien Fahrstreifen ca. 2 m entfernt. Als der auf diesem Streifen mit einer Geschwindigkeit von ca. 48 km/h bergwärts fahrende Erstbeklagte das ihm mit eingeschaltetem Scheinwerferlicht auf der nördlichen Fahrbahnhälfte entgegenkommende Kraftfahrzeug bemerkte - der Erstbeklagte befand sich dabei ca. 40 m und ca. 3,4 Sekunden vor der späteren Unfallstelle ‑ gab er zur Warnung ein Lichtzeichen und lenkte, da der Erstkläger seine Fahrlinie beibehielt, den LKW nach links in den schneebedeckten Fahrbahnteil, wobei der LKW die Fahrbahnmittellinie 22 m vor dem Kollisionspunkt überfuhr, nachdem er ca. 27 m vor dem Kollisionspunkt den südlichen Rand der schneefreien Spur mit den linken Rädern überfahren hatte. Ungefähr gleichzeitig reagierte auch der Erstkläger mit einem Auslenken seines Fahrzeuges nach rechts, ebenfalls in den südlichen Fahrbahnbereich, wobei dieser mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h den schneefreien nördlichen Fahrstreifen in einer Position von ca. 28 m vor der späteren Kollisionsstelle überfuhr und in einer Entfernung von ca. 23 m die Fahrbahnmittellinie überfuhr. Vom Verlassen der schneefreien Spur bis zum Kollisionspunkt verzögerte der Erstbeklagte die Geschwindigkeit seines Wagens durch eine Bremsung auf 35 km/h, was einer Verzögerung von ca. 1,4 m/Sek2 entspricht. Im Zeitpunkt des Zusammenstoßes hatte der LKW die Fahrbahnmitte in Richtung Süden um ca. 1,4 m überfahren, während sich der PKW zur Gänze im Bereich der südlichen Fahrbahnhälfte befand. Der Zusammenstoß erfolgte zwischen der linken vorderen Ecke des LKW und der linken Flanke des PKW, dessen rechte vordere Ecke ca. 3,6 m vom rechten Fahrbahnrand und dessen linke hintere Ecke ca. 0,8 m von der Fahrbahnmitte entfernt waren. Bei einer 30 bis 40 cm weiter südlich gelegenen Fahrlinie des PKWs wäre die Kollision vermieden worden.

Rechtlich lastete das Erstgericht dem Erstkläger das Alleinverschulden an dem Unfall an, weil es dem Erstbeklagten nicht zumutbar gewesen sei, mit seinem schwer beladenen LKW nach rechts auszuweichen; er habe gewußt, daß an den nördlichen Fahrbahnrand eine steil abfallende Böschung anschließe, und damit rechnen müssen, im Falle einer Kollision dort hinunterzustürzen. Wenn keine andere Möglichkeit bestehe, einen Unfall zu vermeiden, sei ein Ausweichen nach links zulässig.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legte sie seiner Entscheidung zugrunde. Den in der Berufung geltend gemachten, der Rechtsrüge zuzuordnenden Feststellungsmängeln trug es, insoweit es diese für wesentlich hielt, durch in der Berufungsverhandlung vorgenommene Außerstreitstellungen Rechnung.

Bei der rechtlichen Beurteilung der wiedergegebenen Feststellungen ging das Berufungsgericht vorerst davon aus, daß nach ständiger Rechtsprechung von einem entgegenkommenden Fahrzeug, selbst wenn es aus irgendeinem Grund nicht die ihm zustehende Fahrbahnhälfte benützt, zu erwarten sei, es werde auf seine rechte Fahrbahnhälfte zurückkehren, es wäre denn, daß sich aus besonderen Gründen das Gegenteil ergebe. Es sei daher grundsätzlich unzulässig, einem auf seiner „linken“ Fahrbahnhälfte entgegenkommenden Fahrzeug nach links auszuweichen. Ein solcher Ausweichversuch werde nur dann ausnahmsweise für entschuldbar erachtet, wenn es sich um einen äußersten Notfall handle, eine andere Möglichkeit, die drohende Kollision zu vermeiden, nicht gegeben sei und aus triftigen Gründen mit dem Gelingen eines solchen Versuches gerechnet werden könne. Für den Erstbeklagten sei das Ausweichen nach links aber nicht die ultima ratio gewesen. Dem Erstbeklagten sei auf der noch nicht zum Verkehr freigegebenen Autobahn der Lenker eines Fahrzeuges entgegengekommen, der aus Bequemlichkeit, wenn auch nicht entschuldbar, die apere nördliche Fahrbahnhälfte im Vertrauen darauf befahren habe, daß ohnehin praktisch kein Verkehr herrsche. Gerade von einem solchen Lenker habe er annehmen müssen, daß er bei Erkennen des Gegenverkehrs die Fahrbahnhälfte wieder freigeben werde, wie dies der Erstkläger ja auch getan habe. Der Erstbeklagte habe den Erstkläger zwar angeblinkt, sich vom Erfolg dieser Warnung aber kaum überzeugt, sondern fast gleichzeitig nach links ausgelenkt; das Rechtsfahrgebot sei aber eine derart fundamentale Grundregel der Straßenverkehrsordnung, daß auch der Erstbeklagte vom Erstkläger habe erwarten können, er werde auf die südliche Fahrbahnhälfte zurückkehren. Der Erstbeklagte hätte nur dann nach links ausweichen dürfen, wenn zur Vermeidung der drohenden Kollision keine andere Möglichkeit gegeben gewesen wäre; angesichts der gegenseitigen Entfernung bei erster Sicht hätte aber der Erstbeklagte nicht unter Beibehaltung seiner Fahrlinie bremsen, sondern vor allem nach rechts ausweichen können. Dazu habe bis zum Beginn des Banketts ein mindestens 2 m breiter Teil der Betonfahrbahn zur Verfügung gestanden; dieser hätte vom ortskundigen Erstbeklagten zum Ausweichen nur teilweise befahren werden müssen, wodurch der Gefahr, über den durch die Schneedecke nicht erkennbaren Fahrbahnrand aufs Bankett und in Absturzgefahr zu geraten, ausreichend begegnet worden wäre. Angesichts der Summenbreite der beteiligten Fahrzeuge von 4,2 m und der Breite des zwischen dem südlichen Rand des aperen Fahrstreifens und dem nördlichen Fahrbahnrand zur Verfügung stehenden Fahrbahnteiles von 6,5 m wäre der Erstbeklagte selbst dann zum wahrscheinlich unfallsverhütenden Rechtsausweichen verpflichtet gewesen, wenn er voll erkannt hätte, daß der Erstkläger seine Fahrlinie beibehalten und den aperen Streifen nicht verlassen wolle, und erst dann seine Abwehrreaktion gesetzt hätte; für das Gelingen dieser Maßnahme hätten triftige Gründe gesprochen, nicht aber für das des Linksausweichens. Es habe daher auch der Erstbeklagte schuldhaft gehandelt, indem er gegen die Bestimmung des § 10 StVO verstieß. Ein Überwiegen des Verschuldens eines der beteiligten Lenker sei nicht ersichtlich, weshalb der Schaden im Verhältnis 1 : 1 zu teilen gewesen sei; die höhere Betriebsgefahr komme nicht zum Tragen, und wenn die Berufungswerber sie für den LKW auf Grund des Befahrens der linken Fahrbahnhälfte zur außergewöhnlichen steigern wollten, übersähen sie, daß auch der Erstkläger zunächst die linke Fahrbahnhälfte befahren und dadurch den Unfall ausgelöst habe. Es sei daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen, wobei die von den Beklagten eingewendeten Gegenforderungen mangels eines Haftungsgrundes der Zweitklägerin (die sich nur auf die Kürzung ihrer eigenen Ansprüche auf Grund des Verschuldens ihres Lenkers gefallen lassen müsse) bloß gegenüber dem Erstkläger anteilig zu Recht bestünden.

Demgegenüber wenden sich die Beklagten in ihrer Revision gegen das vom Berufungsgericht angenommene Mitverschulden des Erstbeklagten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Berufungsgericht vom alleinigen Verschulden des Erstklägers jedenfalls aber von dessen überwiegendem Mitverschulden im Ausmaß von 3/4 ausgehen müssen. Der Kläger hingegen bestreitet nicht mehr jegliches Mitverschulden an dem Unfall, er bekämpft bloß die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung und hält eine solche im Verhältnis von 2 : 1 zu seinen Gunsten als angemessen.

Beiden Teilen kann nicht gefolgt werden.

Vorweg ist festzuhalten, daß die Vorinstanzen bei der Beurteilung des Fahrverhaltens der unfallsbeteiligten Fahrzeuglenker - von den Parteien unbekämpft - mit Recht von der Anwendbarkeit der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung ausgegangen sind. Ein noch nicht eröffnetes Autobahnteilstück ist zwar keine Straße mit öffentlichem Verkehr, für solche Straßen gilt aber die Straßenverkehrsordnung insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder der Straßenerhalter nichts anderes bestimmen (§ 1 Abs. 2 StVO). Daß für das vorliegende Straßenstück besondere Vorschriften in Geltung gesetzt worden wären, ist weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen.

Über das Ausweichen, also die Freigabe eines Teiles der Fahrbahn durch einen Fahrzeuglenker zugunsten eines anderen auf derselben Fahrbahn entgegenkommenden Fahrzeuges ordnet § 10 StVO an, daß einem solchen Fahrzeug rechtzeitig und ausreichend nach rechts auszuweichen ist (Abs. 1). Wenn nicht oder nicht ausreichend (nach rechts) ausgewichen werden kann, so sind die einander begegnenden Fahrzeuge anzuhalten (Abs. 2). Es entspricht dabei der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß das Bankett beim Ausweichen nicht befahren werden darf (ZVR 1979/154 ua). Es wird von den Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen, daß ein Ausweichen nach links grundsätzlich auch dann unzulässig ist, wenn ein Fahrzeug vorschriftswidrig links entgegenkommt und eine Ausnahme von dieser Regel nur dann gegeben ist, wenn der entgegenkommende Fahrzeuglenker auf seiner falschen Fahrweise beharrt und dem vorschriftsmäßig rechts fahrenden Lenker ein Ausweichen nach rechts unmöglich ist, weil hiezu kein Raum vorhanden ist und ein Zusammenstoß auch durch Anhalten nicht verhindert werden kann (Dittrich‑Veit‑Schuchlenz, StVO3 Anm. 8 zu § 10 StVO und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein Ausweichversuch nach links, gegen die Bewegungsrichtung dessen, dem ausgewichen werden soll, darf daher ‑ wie das Berufungsgericht auch zutreffend ausführte ‑ nur im äußersten Notfall und nur dann vorgenommen werden, wenn eine andere Möglichkeit, eine drohende Kollision zu vermeiden, nicht gegeben ist und aus triftigen Gründen mit dem Gelingen des Versuches gerechnet werden kann (ZVR 1962/138, 1963/161, 1979/174 ua). Ein solches Ausweichen nach links wurde allerdings auch dann als entschuldbar angesehen, wenn der Ausweichende von dem plötzlich in bedrohlicher Weise in seiner Fahrlinie entgegenkommenden Fahrzeug überrascht wird und infolgedessen eine an sich unrichtige Schreckreaktion setzt (ZVR 1962/138, 1966/144, 1971/115 ua). Entgegen der von den Beklagten in ihrer Revision vertretenen Ansicht, liegen solche Ausnahmsfälle hier nicht vor. Da zwischen dem schneefreien Teil der Fahrbahn und dem ‑ in Richtung des Erstbeklagten gesehen ‑ rechten Fahrbahnrand noch ein 2 m breiter Fahrbahnteil vorhanden war, und daran noch ein Bankett anschloß, sodaß bei der im Straßenverkehr anzuwendenden besonderen Sorgfalt des § 1299 ABGB kein Grund für die Annahme einer besonderen Absturzgefahr bestand, kann keine Rede davon sein, daß dem Erstbeklagten ein Ausweichen nach rechts unmöglich gewesen wäre, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die dort vorhanden gewesene festgefahrene, zum Teil auch glatte Schneeschicht ein Befahren dieses Fahrbahnteiles ausgeschlossen hätte. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Erstbeklagte bei Einhaltung einer Fahrgeschwindigkeit von nicht ganz 50 km/h etwa 3,4 Sekunden und ca. 40 m vor dem Unfall das auf seiner Fahrbahnhälfte entgegenkommende Fahrzeug wahrgenommen, hierauf zur Warnung Lichtzeichen gegeben und sein Kraftfahrzeug nach links gelenkt, wobei er 27 m vor dem Unfall den südlichen Rand der schneefreien Spur mit den linken Rädern und 22 m vor der Kollision ‑ also schon rund 1,5 Sekunden nach Wahrnehmung des entgegenkommenden Fahrzeuges ‑ die Fahrbahnmitte überfuhr. Unter diesen Umständen hat das Berufungsgericht mit Recht es abgelehnt, dem Erstbeklagten eine plötzliche Überraschung durch das entgegenkommende Fahrzeug und infolgedessen eine verständliche Schreckreaktion zugutezuhalten. Schließlich hat das Berufungsgericht auch mit Recht darauf hingewiesen, daß von einem entgegenkommenden Fahrzeug, selbst wenn es zunächst aus irgendeinem Grund nicht die ihm zukommende Fahrbahnhälfte benützt, die Rückkehr auf seine rechte Fahrbahnhälfte zu erwarten ist, es wäre denn, daß sich aus besonderen Gründen das Gegenteil ergibt (ZVR 1972/15, 1979/51 u.a.). Solche Gründe wurden von den Beklagten aber nicht dargetan. Dementsprechend hat auch tatsächlich der Erstkläger im Wesentlichen gleichzeitig mit der ‑ allerdings unrichtigen ‑ Reaktion des Erstbeklagten sein Fahrzeug nach rechts zurückgelenkt. Dem Erstbeklagten ist hier vor allem auch vorzuwerfen, daß er nach seinem Lichtzeichen gar nicht hinlänglich abgewartet hat, welche Reaktion der ihm entgegenkommende Fahrzeuglenker setzen werde; damit hat er sich aber der Beurteilungsmöglichkeit des voraussichtlichen Gelingens seines grundsätzlich unzulässigen Ausweichversuchs nach links begeben. In der Annahme eines Mitverschuldens des Erstbeklagten an dem Unfall durch das Berufungsgericht kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Da der Erstkläger in seiner Revision selbst von einem ihn treffenden Mitverschulden an dem Unfall ausgeht, ist nur mehr die vom Berufungsgericht vorgenommene, von beiden Teilen nun ‑ im Rahmen ihrer ordentlichen Revision auch zulässigerweise ‑ bekämpfte Verschuldensteilung auf ihre Richtigkeit zu prüfen.

Für die gegenseitige Ersatzpflicht der an einem Verkehrsunfall Beteiligten stellt § 11 Abs. 1 EKHG eine Rangordnung auf. Danach kommt es in erster Linie auf das Verschulden der Beteiligten an (ZVR 1976/274, 1979/274), und ist erst in Ermangelung eines Verschuldens eines der Beteiligten die auf der nächsten Rangstufe stehende außergewöhnliche Betriebsgefahr als Beurteilungsmaßstab heranzuziehen (ZVR 1983/203 ua). Insoweit der Erstkläger eine vom LKW seiner Meinung nach ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr zum Zwecke der Beeinflussung der Schadensteilung zu seinen Gunsten berücksichtigt wissen will, kann ihm schon - unabhängig von der Richtigkeit seiner diesbezüglichen Behauptung - im Hinblick auf diese im Gesetz normierte Rangordnung wegen des Vorliegens beiderseitigen Verschuldens kein Erfolg beschieden sein. Bei der Verschuldensabwägung selbst ist die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Verhalten beider Teile im allgemeinen und im konkreten Fall bewirkten Gefahr und die Wichtigkeit der verletzten Vorschriften für die Sicherheit des Verkehrs ausschlaggebend (ZVR 1978/314, 1979/10, 1981/106, 1985/1 uva). Bedenkt man, daß der Erstkläger durch seine gegen das eine fundamentale Regel des Straßenverkehrs darstellende Rechtsfahrgebot verstoßende Fahrweise das Unfallsgeschehen eingeleitet hat, aber auch der Erstbeklagte sich einer Verletzung derselben Verkehrsvorschrift schuldig gemacht hat und im Zeitpunkt des Unfalls schließlich er es war, der sich auf der dem Erstkläger zustehenden Fahrbahnhälfte befand, so kann nicht gesagt werden, daß das Verschulden einer der beiden Verkehrsteilnehmer deutlich überwiegt. Unter diesen Umständen ist das Berufungsgericht mit Recht zu einem gleichteiligen Verschulden der an dem Unfall beteiligten Fahrzeuglenker gelangt.

Es war daher beiden Revisionen der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die diesbezüglichen Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Kosten ihrer erfolglosen Revisionen haben beide Teile selbst zu tragen. Hingegen gebührt dem Erstkläger der Ersatz der Differenz der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Revisionsbeantwortungen.

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