Spruch:
Der mit 31. Mai 1985 datierte, als 'Revision' gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß vom 29. Januar 1985 bezeichnete Schriftsatz wird zurückgewiesen.
Dem Rekurs gegen den genannten rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß wird stattgegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben; dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den gegen die einstweilige Verfügung vom 9. November 1984, ON 18, erhobenen Rekurs (ON 19) aufgetragen.
Die Kosten des Rekurses sind weitere Kosten des Sicherungsverfahrens.
Text
Begründung
Die gefährdete Partei und ihr Gegner waren am 9. Mai 1950 die Ehe eingegangen; diese Ehe wurde durch das im März 1984 in Rechtskraft erwachsene Scheidungsurteil aufgelöst. Im Mai 1984
stellte die Frau einen Antrag auf nacheheliche Aufteilung gemäß den §§ 81 ff. EheG. Nach diesem Antrag ist unter anderem das Tonibauerngut (EZ 62) neben einer weiteren Liegenschaft (EZ 258) Gegenstand des gerichtlichen Aufteilungsverfahrens. Die Bauerngutsliegenschaft hatte nach dem Grundbuchstand zur Zeit der Einleitung des Aufteilungsverfahrens außer einer Bauparzelle (mit Althaus) und anschließender Gartenparzelle sowie eines Ackergrundstückes (in der Natur Bauparzelle mit neuem Wohnhaus und anschließenden Garten) vor allem Wiesen- und Ackergrundstücke sowie Waldgrundstücke zum Gutsbestand. Auf Grund eines übergabsvertrages vom 2. Mai 1950, der Ehepakte vom 11. August 1950
und eines Schenkungsvertrages vom 19. Juli 1967 ist das Alleineigentum der Frau an der Liegenschaft einverleibt, auf Grund eines Nachtrages zum Schenkungsvertrag aus dem Jahre 1967 das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Mannes. Die Frau strebte im Aufteilungsverfahren den Abverkauf eines Großteiles der Wiesen- und Ackergrundstücke an, um mit dem Verkaufserlös Schulden tilgen zu können.
Sie hat bereits im März 1984 mit einem Ehepaar einen Kaufvertrag über Grundflächen im Ausmaß von rund 2,5 ha zum Preis von 800.000 S und mit einem zweiten Ehepaar einen Kaufvertrag über Grundstücke im Ausmaß von rund 46,5 a zum Preis von 117.000 S geschlossen. Beide Kaufverträge waren durch die Zustimmungserklärung des verbotsberechtigten Mannes aufschiebend bedingt. Die Frau verpflichtete sich als Verkäuferin gegenüber den jeweiligen Käufern dafür zu sorgen, daß unter anderem auch die Zustimmungserklärung des verbotsberechtigten Mannes bis Jahresende 1984 vorliege. Der Mann erachtete andere Verwertungsmöglichkeiten als günstiger und verweigerte als Verbotsberechtigter seine Zustimmung zu den von der Frau vorgesehenen Veräußerungen.
Die Frau beantragte daraufhin am 11. Oktober 1984, sie durch einstweilige Verfügung zum Verkauf der den Gegenstand der zwei Kaufverträge bildenden Grundstücke ungeachtet des zugunsten des Mannes einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu ermächtigen, 'sodaß durch diese einstweilige Verfügung die fehlende Zustimmung des Antragsgegners...zu diesen Kaufverträgen...ersetzt wird'.
Der Mann sprach sich als Antragsgegner gegen diesen Sicherungsantrag aus.
Das Erstgericht erließ die beantragte Verfügung. Es unterstellte offensichtlich als selbstverständlich, daß das Bauerngut der nachehelichen Aufteilung unterliege, erblickte in einer Vereitelung des Kaufvertrages einen unwiederbringlichen Schaden und erachtete seine der Aufteilungsentscheidung teilweise vorgreifende Anordnung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO als zulässig und gerechtfertigt.
Auf Grund der Kaufverträge und der einstweiligen Verfügung wurde das Eigentum der Käufer an den abverkauften Grundstücken (im Wege der Zuschreibung) einverleibt. Die entsprechenden Grundbuchsbeschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.
Mit Rücksicht darauf wies das Rekursgericht den vom Antragsgegner gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs wegen angenommenen Wegfalles des Rechtsschutzinteresses zurück. Dazu sprach das Rekursgericht (mit Ergänzungsbeschluß vom 7. Mai 1985) aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt. Der vom Antragsgegner gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhobene Rekurs (ON 26) ist zulässig, die als 'Revision' bezeichnete, nach der Ergänzung der Rekursentscheidung eingebrachte weitere Rechtsmittelschrift (mit einem auf eine konkrete Sachentscheidung gerichteten Rechtsmittelantrag) ist als unzulässig zurückzuweisen. Der Rechtsmittelwerber hat sich in seinem, die Ergänzung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses auslösenden Rechtsmittel nicht auf die Ausführungen eines außerordentlichen Rekurses an den Obersten Gerichtshof beschränkt, sondern seinen Rekurs als ordentliches Rechtsmittel ausgeführt. Durch die Ergänzung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des nach § 526 Abs 3 in Verbindung mit § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebotenen Ausspruches wurde die vom Rechtsmittelwerber bereits in Anspruch genommene Anfechtungsmöglichkeit nicht erweitert. Durch die Ergänzung der Entscheidung wurde daher keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt. Die nach Ablauf der (ursprünglichen) Rechtsmittelfrist eingebrachte weitere Rechtsmittelschrift war daher zurückzuweisen. Da das Rekursgericht das gegen die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung erhobene Rechtsmittel ohne sachliche Prüfung wegen angenommenen Wegfalles einer Entscheidungsvoraussetzung zurückgewiesen hat, liegt kein Erkenntnis über die Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 402 Abs 1 EO vor. Der Rechtsmittelgegner wäre daher am Rekursverfahren nicht zu beteiligen gewesen. Seine dennoch eingebrachte Rekursbeantwortung ist nicht zu beachten.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß ist berechtigt.
Mit der vom Erstgericht zur Sicherung des Anspruches der Frau auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse erlassenen einstweiligen Verfügung ersetzte das Gericht die Einwilligung des im Sinne des grundbücherlich einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes untersagungsberechtigten Mannes; dabei wurde die Wirksamkeit dieser einstweiligen Verfügung ausdrücklich mit der Beendigung des anhängigen Aufteilungsverfahrens begrenzt.
Den Grundstückskäufern ist nach dem Grundbuchstand nicht nur die Kenntnis vom Verbotsrecht des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers, sondern für den Zeitpunkt ihres Eigentumserwerbes auch das Bewußtsein zuzurechnen, daß die gekauften Grundstücke den Gegenstand eines anhängigen Aufteilungsverfahrens bilden und die Zustimmung des Verbotsberechtigten nur im Wege einer - befristend wirkenden - einstweiligen Verfügung ersetzt wurde.
Die Käufer haben also im Wege der Einzelrechtsnachfolge das Eigentum an Grundstücken erworben, in Ansehung derer die Verfügungsberechtigung der Verkäuferin von der ausstehenden gerichtlichen Entscheidung in einem zur Zeit des Erwerbes bereits anhängigen außerstreitigen Verfahren abhing. Sie haben in diesem Sinne 'streitverfangene' Sachen erworben.
über die Wirkung einer im außerstreitigen Aufteilungsverfahren nach den §§ 229 ff. AußStrG ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen gerichtlichen Entscheidung für und gegen Rechtsnachfolger der Beteiligten fehlen positiv-rechtliche Anordnungen allgemeiner wie besonderer Art. Im besonderen ist aber zu erwägen:
Soweit der Aufteilungsanspruch (als solcher) geltend gemacht worden ist, kann er materiellrechtlich nach der Regel des § 96 EheG Gegenstand des rechtsgeschäftlichen Verkehrs sein. Welche verfahrensrechtlichen Wirkungen eine rechtsgeschäftliche übertragung eines gerichtlich geltend gemachten Aufteilungsanspruches ausübt, ist nicht ausdrücklich geregelt. Hielte man den Eintritt eines Einzelrechtsnachfolgers in die Beteiligtenstellung des Veräußerers im anhängigen Aufteilungsverfahren für untunlich, träte eine dem § 234 ZPO vergleichbare Lage ein, die mangels abweichender Gesichtspunkte auch für das außerstreitige Aufteilungsverfahren kraft Analogie im Sinne der zitierten Regelung zu beurteilen wäre. Dies befriedigte aber nur, wenn auch die Erstreckung der Rechtskraftwirkung der gerichtlichen Entscheidung im Aufteilungsverfahren wie im Rechtsstreit (vgl. die Gründe des Jud. 63 neu = SZ 28/265) auf den Einzelrechtsnachfolger des verfahrensbeteiligten vormaligen Ehegatten anerkannt würde. Eine derartige Erstreckung der Rechtskraftwirkung einer Aufteilungsentscheidung ist jedenfalls dann zu fordern, wenn nicht der Aufteilungsanspruch als solcher, sondern nur einzelne dem Aufteilungsanspruch unterworfene Vermögensbestandteile Rechtsgeschäftsgegenstand sind, weil in solchen Fällen ein Eintritt in die verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung ausgeschlossen erscheint.
Aus diesen Erwägungen ist davon auszugehen, daß analog zum Rechtsstreit über einen vermögenswerten Prozeßgegenstand die Rechtskraft der im außerstreitigen Aufteilungsverfahren nach den §§ 229 ff. AußStrG ergangenen Gerichtsentscheidung auch für und gegen den Einzelrechtsnachfolger der verfahrensbeteiligten vormaligen Ehegatten wirkt, soweit einer solchen Rechtskrafterstreckung nicht die materiellrechtlichen Wirkungen eines Gutglaubenserwerbes entgegenstehen.
Ein solcher Gutglaubenserwerb kann den Grundstückskäufern im vorliegenden Fall nach dem Grundbuchstand keinesfalls zustatten kommen.
Die Grundstückskäufer mußten vielmehr damit rechnen, daß die von ihnen gekauften Grundstücke im anhängigen Aufteilungsverfahren nicht der Verkäuferin, sondern ihrem geschiedenen Ehemann zugesprochen werden könnten und sie eine solche Entscheidung auch gegen sich gelten lassen müßten.
Die Grundstückskäufer haben das Einspruchsrecht des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers als des Verbotsberechtigten durch eine nach ihrem Inhalt bloß vorübergehend wirksame einstweilige Verfügung ausgeschaltet. Im Falle der Aufhebung der einstweiligen Verfügung ist der Bestand ihres Eigentumsrechtes an den gekauften Grundstücken davon abhängig, daß das Verbotsrecht des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers aufgehoben und das Verfügungsrecht über die Grundstücke nicht ihm zugewiesen wird. Daran ändert weder die Vollziehung der auf Grund der einstweiligen Verfügung bewilligten Eigentumseinverleibung zugunsten der Käufer noch die Rechtskraft der Grundbuchsbeschlüsse etwas. Im Verhältnis zwischen den Käufern und dem nunmehrigen Rechtsmittelwerber kommt es auch nicht auf eine Streitanmerkung an.
Entgegen der im rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß vertretenen Ansicht kommt einer Erledigung des Rekurses gegen die einstweilige Verfügung nicht bloß theoretische Bedeutung zu. Das Rechtsmittelinteresse des Gegners der gefährdeten Partei kann ungeachtet der auf Grund der einstweiligen Verfügung erfolgten Grundbuchsvorgänge nach der derzeitigen Aktenlage nicht verneint werden.
Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben.
Das Rekursgericht wird über das zurückgewiesene Rechtsmittel unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden haben.
Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO und den §§ 78, 402 Abs 2 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)