European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00015.850.0523.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 13.772,25 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen 960 S, die Umsatzsteuer 1.164,75 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Am 10. April 1978 ereignete sich in Nestelberg, Bezirk Leibnitz ein Verkehrsunfall, bei welchem F***** S***** aus dem Verschulden des Lenkers des bei der Beklagten haftpflichtversicherten LKWs Steyr Fiat 1490 mit dem behördlichen Kennzeichen *****, schwer verletzt wurde.
Mit der am 23. Juli 1980 eingebrachten Klage, welche vor dem Erstgericht zu 21 Cg 751/80 gerichtshängig gemacht wurde, begehrte der Kläger als damaliger Erstkläger die Zahlung eines Schmerzengeldes „vorbehaltlich weiterer Ausdehnung“ von 61.000 S samt Anhang und der verletzte F***** S***** als Zweitkläger die Feststellung der Haftung der Beklagten für die ihm aufgrund des Verkehrsunfalls vom 10. April 1978 in Hinkunft entstehenden Schäden. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt; der Berufung und der Revision der Beklagten wurde keine Folge gegeben. In diesem Urteil wurde festgestellt, dass der verletzte Zweitkläger dem Erstkläger die bereits fälligen Forderungen aus diesem Schadensereignis am 9. Mai 1980 schriftlich zum Inkasso abgetreten habe.
Mit der vorliegenden, am 17. November 1982 gerichtshängig gemachten Klage begehrte der Kläger als Zessionar die Zahlung eines weiteren Schadenersatzbetrags von 455.900 S samt Anhang und zwar 300.000 S an weiterem Schmerzengeld, 30.000 S an Verunstaltungsentschädigung, 40.000 S an Kosten einer kosmetischen Operation, 30.000 S für Aushilfskräfte zur Bewirtschaftung der vom Verletzten betriebenen kleinen Landwirtschaft, 17.200 S für Besuchsfahren der Kinder des Verletzten samt Aufsichtspersonen, 11.040 S für Besuchsfahren weiterer Angehöriger, 4.300 S für Auslagen dieser Personen für Mittagessen, 3.500 S für vermehrte Aufwendungen während der stationären und langen ambulanten Behandlung des Verletzten und 19.860 S an Verdienstendgang. Im Verfahren 21 Cg 751/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien sei lediglich ein Teilschmerzengeld aus prozessökonomischen und Vorsichtsgründen geltend gemacht worden, weil die Frage des Haftungsausschlusses nach § 333 ASVG ungeklärt gewesen sei. Vor Schluss der mündlichen Verhandlung brachte der Kläger vor, dass der Umfang der erlittenen Schmerzen frühestens Ende 1979 beurteilt hätte werden können.
Die Beklagte wendete ein, sie habe sich bereits im Verfahren 21 Cg 751/80 des Erstgerichts auf den Standpunkt gestellt, es liege ein Haftungsausschluss nach § 333 Abs 4 ASVG vor; dieses Verfahren befinde sich im Revisionsstadium; es werde daher die Unterbrechung des vorliegenden Rechtsstreits wegen Präjudizialität beantragt. Darüberhinaus seien die nunmehr geltend gemachten Ansprüche verjährt, weil F***** S***** seine Ersatzansprüche aus dem Schadensereignis vom 10. April 1978 mit Ausnahme des Feststellungsanspruchs dem Kläger zediert habe. Dieser hätte demnach als Zessionar vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist entweder die weiteren Ansprüche geltend machen oder ein Feststellungsbegehren im eigenen Namen stellen müssen. Das zugunsten F***** S*****s für künftige Ansprüche ergangene Feststellungsurteil könnte dem Kläger nicht zugute kommen. Darüberhinaus seien bereits im Zeitpunkt der Anhängigmachung des Vorprozesses die Unfallsfolgen soweit überblickbar gewesen, dass die irreversible Verkürzung des linken Beines, die allfällige Notwendigkeit einer kosmetischen Operation, der Umfang des Schmerzengeldanspruchs, der Verdienstentgang, die Fahrtkosten und sonstigen Aufwendungen sowie eine allfällige Verunstaltung festgestanden seien.
Das Erstgericht schränkte nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens 21 Cg 751/80 das Verfahren über die neuen vom Kläger erhobenen Ansprüche auf die Frage der Verjährung ein und wies das Klagebegehren ab. Das Erstgericht führte nach Darstellung des vorliegenden Verfahrensgangs sowie des Parteienvorbringens und des Ergebnisses des Verfahrens 21 Cg 751/80 aus, dass die nunmehr geltend gemachten Ansprüche des Klägers verjährt seien. Die neuen Klageforderungen hätten bereits vor der am 23. Juli 1980 erhobenen Feststellungsklage geltend gemacht werden können, weil die Unfallsfolgen im vorliegend begehrten Umfang eindeutig überschaubar gewesen seien. Das von F***** S***** für künftige Ansprüche aus dem Schadensereignis des 10. April 1978 erwirkte Feststellungsurteil könne nicht zugunsten des Zessionars wirken.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Das Gericht zweiter Instanz vertrat folgende Auffassung:
Da F***** S***** dem Kläger seine Schadenersatzansprüche mit Ausnahme des Feststellungsbegehrens vor Gerichtshängigkeit des Vorprozesses zediert hatte, habe der Kläger als Zessionar die in der Person des F***** S***** eingetretene Anspruchsberechtigung gegenüber der Beklagten in dem Umfang geltend machen können und müssen, als sie von der Abtretung erfasst wurde. Das Inkassomandat habe im vorliegenden Fall alle Ansprüche des F***** S*****, soweit sie bereits entstanden waren und nicht erst in Zukunft entstehen würden, umfasst. Dementsprechend habe sich der von F***** S***** im Vorprozess geltend gemachte Feststellungsanspruch nur auf künftige Schäden bezogen. Das hierüber ergangene Feststellungsurteil habe unabhängig davon, dass die bereits entstandene Schäden betreffende Forderung in seinem Vermögen verblieb, nicht die Verjährung der Leistungsansprüche hindern können, weil es nur Schadenersatzansprüche mit einem anderen Entstehungszeitpunkt, wenn auch aus demselben Schadensereignis erfasste. Dem Berufungswerber sei darin zuzustimmen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens nach Ablauf der Verjährungszeit möglich ist, wenn der Geschädigte innerhalb der Verjährungszeit die Klage auf Feststellung der Haftung gegen den Schädiger oder den für ihn eintretenden Versicherer anhängig gemacht hat. Im vorliegenden Fall habe aber der Geschädigte seine Ansprüche mit Ausnahme seiner künftigen Forderungen, für welche er ein Feststellungserkenntnis erwirkte, zum Inkasso an den Kläger abgetretenen. Er habe daher für die bereits entstandenen Schäden überhaupt keine Feststellungsurteil erwirken können, es sei denn, die Forderung wäre rückzediert worden, was nicht behauptet wurde. Dass der Kläger im Vorprozess lediglich ein Teilschmerzengeld einklagte und sich aus Zweckmäßigkeitsgründen dessen Ausdehnung vorbehielt, sei rechtlich ohne Bedeutung. Nur ein im Rahmen des Vorprozesses von dem Kläger selbst gestelltes Feststellungsbegehren, dem auch stattgegeben worden wäre, wäre geeignet gewesen, die Verjährung zu unterbrechen (SZ 47/68, ZVR 22/1979). Dass nicht vorhersehbare neue Wirkungen des Schadensfalls eingetreten wären, habe der Kläger weder im Vorprozess noch im vorliegenden Verfahren erster Instanz behauptet.
Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das anfechtogene Urteil auszuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die zweite bzw erste Instanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger sucht dahin zu argumentieren, dass die erfolgreiche Feststellungsklage des Geschädigten auch ihm als dessen Zessionar zugute kommen müsse. Ihm ist zwar beizupflichten, dass nach ständiger Rechtsprechung die Einbringung einer mit einer Leistungsklage verbundenen und in der Folge erfolgreichen Feststellungsklage bewirkt, dass einzelne Schadenersatzansprüche, selbst wenn sie bereits zum selben Zeitpunkt mit Leistungsklage hätten begehrt werden können, auch nach Ablauf der dreijährigen Verjährungszeit im anhängigen Prozess durch Ausdehnung geltend gemacht werden können (ZVR 1962/196; ZVR 1966/57; EvBl 1974/110; ZVR 1977/217; ZVR 1979/133; 1 Ob 586/80; 2 Ob 275/82; 8 Ob 51/84 ua). Damit ist für den Kläger aber nichts gewonnen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, erstreckte sich die Wirkung der vom Geschädigten selbst erhobener Feststellungsklage nur auf zukünftige Ansprüche, also nur auf solche, deren Geltendmachung beim Geschädigten verblieben waren. Hingegen lag hinsichtlich der vom Kläger im Verfahren 21 Cg 751/80 und in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche eine Inkassozession dahin vor, dass der Kläger diese gegenüber der Beklagten in seinem eigenen Namen, wenn auch für Rechnung des Geschädigten geltend zu machen hatte. Der Kläger machte also gegenüber der Beklagten formell eine eigene, materiell gesehen eine fremde Forderung geltend (SZ 12/295; SZ 34/114; SZ 44/108). Die Inkassozession ist somit zwar ein Fall der abgeschwächten Abtretung, aber nichtsdestoweniger eine echte Abtretung, die dem Zessionar die Stellung des Gläubigers verschafft (SZ 42/105; SZ 45/82 ua).
Demgemäß war es an dem Kläger gelegen, die ihm übertragenen Leistungsansprüche entweder innerhalb der Verjährungsfrist in voller Höhe geltend zu machen oder sich durch ein diese Ansprüche betreffendes Feststellungsurteil vor der späteren Einwendung der Verjährung abzusichern. Ihm allein kam für die vorliegenden Ansprüche die prozessuale Verfügungsfähigkeit zu ( Rummel Kommentar 2.623; 7 Ob 146/75 ua). Darauf folgt, dass es für die Beurteilung der Verjährungsfrage unmaßgeblich ist, welche Rechte bei dem Geschädigten verblieben, weil jedenfalls jene Ansprüche, die dieser dem Kläger zum Inkasso zedierte, der prozessualen Verfügungsfähigkeit des Geschädigten entrückt wurden und in jene des Klägers gelangten. Ohne Rückzession – die hier nicht behauptet wurde – wäre es dem Geschädigten nicht möglich gewesen, über diese Ansprüche der Beklagten gegenüber prozessual zu verfügen.
Dies hat aber zur Folge, dass das Feststellungsurteil über jene Ansprüche, deren Geltendmachung beim Geschädigten verblieben waren, keine die Verjährung unterbrechende Wirkung für die dem Kläger zum Inkasso zedierten Forderungen haben kann. Dieser vom Obersten Gerichtshof bereits für die Legalzession ausgesprochene Grundsatz (vgl SZ 47/68; ZVR 1979/22; 2 Ob 61/81 uza) kommt daher auch hier zum Tragen.
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)