OGH 1Ob577/85

OGH1Ob577/8522.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gertrude A, Hausfrau, Kainach, Oswaldgraben 58, vertreten durch Dr. Heinz Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider den Antragsgegner Johann A, Versicherungsvertreter, Kainach, Oswaldgraben 58, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 11.Februar 1985, GZ 1 R 442/84-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 8. Oktober 1984, GZ F 2/83-19, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs, dessen Kosten der Revisionsrekurswerber selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 8.Februar 1969 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 31. August 1982 aus dem überwiegenden Verschulden der Antragstellerin geschieden. Die elterlichen Rechte stehen in Ansehung der durch die Eheschließung legitimierten Tochter Roswitha dem Antragsgegner, dem Sohn Gerald gegenüber der Mutter zu. Der Antragsgegner ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 54 Katastralgemeinde Oswaldgraben mit den Grundstücken 140 (Baufläche mit dem Wohnhaus Nr.58), 586/3, 599/4 und 599/2 im Gesamtausmaß von 6.047 m 2 . Derzeit bewohnt die Antragstellerin die im Erdgeschoß dieses Hauses gelegenen Räume, der Antragsgegner benützt das Obergeschoß und außerdem einen Raum im Erdgeschoß. Die Antragstellerin hat noch drei uneheliche Kinder, deren jüngstes erst während des Aufteilungsverfahrens geboren wurde. Die Antragstellerin begehrte unter anderem für die Räumung der Ehewohnung eine Ausgleichszahlung von S 600.000,--, während sich der Antragsgegner bloß zur Zahlung einer solchen von S 200.000,-- bereit erklärte.

Das Erstgericht wies dem Antragsgegner die Ehewohnung zur alleinigen Benützung zu, trug der Antragstellerin deren Räumung binnen Monatsfrist auf und verpflichtete den Antragsgegner zu einer Ausgleichszahlung von S 200.000,-- an die Antragstellerin Zug um Zug gegen Räumung der Ehewohnung. Es stellte fest, die Antragstellerin sei während der Ehe nicht berufstätig gewesen, sondern habe den Haushalt versorgt und die Kinder betreut. Sie sei schon 1967 zum Antragsgegner gezogen; damals habe die Liegenschaft noch seinen Eltern gehört. 1968 sei mit deren Zustimmung der Bau des Wohnhauses begonnen worden, dessen Erdgeschoß die Parteien schon 1970 bezogen hätten. Einige Jahre später seien die Eltern des Antragsgegners in die Räume im Obergeschoß übersiedelt. Nach dem Tod seines Vaters habe ihm seine Mutter auf Grund des übergabsvertrags vom 13. September 1978 ihre Liegenschaftshälfte gegen Zusicherung eines Ausgedinges ins Eigentum übergeben. Vom Erbteil nach ihrer Mutter und an Hochzeitsgeschenken ihres Vaters habe die Antragstellerin zur Finanzierung des Hausbaues einen Barbetrag von S 36.000,-- zur Verfügung gestellt. Ein weiterer dem Antragsgegner von ihrem Vater übergebener Betrag von S 50.000,-- sei teils für den Ausbau eines Zimmers, zum Teil für die Anschaffung eines PKWs verwendet worden, dem im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ein Zeitwert von etwa S 30.000,-- beizumessen gewesen sei. Die Antragstellerin habe beim Hausbau und bei der Herstellung eines Garagenzubaues mitgeholfen und insbesondere für die Arbeiter gekocht. Nachdem das Haus bereits fertiggestellt gewesen sei, hätten wegen eines Hangrutsches Stützmauern aufgeführt werden müssen. Der Wert des Hauses (ohne Grund und Zubau) sei für Ende 1979 mit S 713.185,-- anzunehmen, der Zubau mit S 40.656,-- zu bewerten. Das bei der Sparkasse Voitsberg-Köflach aufgenommene Darlehen habe gegen Ende 1979 mit etwa S 50.000,-- ausgehaftet; das auf fünf Jahre berechnete Ausgedinge der Mutter des Antragsgegners sei mit S 96.000,-- zu bewerten. Der Antragsgegner sei zunächst als Schlosser tätig gewesen und habe seit 1974 oder 1975 als Versicherungsvertreter gearbeitet und dabei ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von etwa S 11.000,-- (abzüglich Kilometergeld und der Kreditraten für den PKW) erzielt. Die Tochter Roswitha verdiene als Lehrling monatlich etwa S 2.000,--. Daraus schloß das Erstgericht, dem Antragsgegner verbleibe unter Bedachtnahme auf die Kredit- und Ausgedingsbelastung unter Hinzurechnung des Werts des PKW ein Vermögenswert von rund S 600.000,--. Da der Beitrag der Antragstellerin bloß mit einem Drittel anzusetzen sei, sei die vom Antragsgegner angebotene Ausgleichszahlung angemessen.

Das Rekursgericht verpflichtete in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Antragsgegner binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses zu einer Ausgleichszahlung von S 300.000,-- und die Antragstellerin zur Räumung der Ehewohnung binnen 14 Tagen ab Erhalt dieser Ausgleichszahlung; den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Gericht zweiter Instanz zu. Der Bemessung der Ausgleichszahlung sei der Wert des Wohnhauses im Aufteilungszeitpunkt zugrunde zu legen. Nur von einem Ehegatten bewirkte Werterhöhungen nach der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft seien nicht zu berücksichtigen. Das Ausgedinge dürfe angesichts des Ablebens der Berechtigten nur anteilsmäßig in Anschlag gebracht werden. Gehe man vom geschätzten Verkehrswert von S 850.000,-- für das Haus, S 40.000,-- für den Zubau und S 30.000,-- für den PKW aus und berücksichtige man weiters die Verbesserung der Liegenschaft durch die während der Ehe aufgeführten Stützmauern, sei das aufzuteilende Gebrauchsvermögen mit S 950.000,-- in Anschlag zu bringen. Nach Abzug des offenen Kreditrests von S 50.000,--, auf dessen Abdeckung die Antragstellerin ab Ende 1979 keinen Beitrag mehr geleistet habe, und der tatsächlich erbrachten Ausgedingsleistungen verbleibe ein Wert von S 870.000,--. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes seien die Beiträge der Parteien zur Anschaffung des Gebrauchsvermögens etwa gleich groß gewesen. Da jedoch die Ehe infolge der ehebrecherischen Beziehungen der Antragstellerin aus ihrem überwiegenden Verschulden geschieden worden sei und der Antragsgegner die Ausgedingsleistungen für seine Mutter allein erbracht sowie auch für die Unterbringung der nicht von ihm stammenden Kinder der Antragstellerin aufgekommen sei, entspreche eine Ausgleichszahlung von S 300.000,-- der Billigkeit, zumal dem Antragsgegner angesichts seines monatlichen Einkommens auch eine höhere Kreditbelastung nicht zugemutet werden dürfe. Da die Antragstellerin erst mit der Ausgleichszahlung in die Lage versetzt werde, sich eine Ersatzwohnung zu beschaffen, erscheine es angemessen, sie zur Räumung der Ehewohnung erst binnen 14 Tagen ab Erhalt der Ausgleichszahlung zu verpflichten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Strittig sind nur mehr die Höhe der Ausgleichszahlung und ihre Fälligkeit. Der Antragsgegner strebt die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung im wesentlichen mit der Begründung an, das Rekursgericht habe nicht gebührend berücksichtigt, daß das Scheitern der Ehe ausschließlich von der Antragstellerin verschuldet worden sei. Im übrigen sei auch nicht entsprechend in Rechnung gestellt worden, daß die Antragstellerin weiterhin mit ihrem Lebensgefährten und deren Kindern in seinem Haus lebe und die dem Antragsteller auferlegte Zahlungsverpflichtung seine finanzielle Leistungsfähigkeit übersteige. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Rekursgericht zu Recht die Beiträge der Parteien zur Anschaffung des der Aufteilung unterliegenden Gebrauchsvermögens als gleichwertig angesehen hat (JBl 1983, 648 u.v.a.; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu §§ 83, 84 EheG). Daß dem Antragsgegner die elterlichen Rechte seiner Tochter gegenüber zugewiesen wurden, was er allein gegen diese Beurteilung ins Treffen führte, kann nichts daran ändern, daß die Antragstellerin bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft den Haushalt und die Kinder betreute, darüber hinaus am Hausbau mitwirkte und ihre gesamten finanziellen Mittel für die Bauführung zur Verfügung gestellt hat.

Zutreffend hat das Rekursgericht den Verkehrswert des Hauses im Zeitpunkt des Schlusses der Beweisaufnahme erster Instanz der Bewertung zugrunde gelegt (JBl 1983, 316 und 648;

Pichler a.a.O. Rdz 9); dem vermag der Antragsgegner nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Auf den Verschuldensausspruch im Scheidungsurteil hat das Rekursgericht Bedacht genommen (vgl. AS 142). Auch bei Berücksichtigung des überwiegenden Verschuldens der Antragstellerin an der Scheidung kann sich der Antragsgegner nicht dadurch beschwert erachten, daß das Rekursgericht die Ausgleichszahlung in der Höhe etwa eines Drittels des Wertes des der Aufteilung zugrundeliegenden Gebrauchsvermögens festgesetzt hat. Da als Ausgleichszahlung nicht bloß der Betrag aufzuerlegen ist, den der Zahlungspflichtige bequem aufbringen kann, sondern dieser, da er die übernahme der Vermögenswerte anstrebt, seine Kräfte entsprechend anspannen muß (6 Ob 686/84; 1 Ob 776/83 u.v.a.), tritt eine überforderung des Antragsgegners nicht ein. Da er selbst von der Notwendigkeit einer Kreditaufnahme ausgeht, hat das Rekursgericht auch zutreffend die Fälligkeit der Ausgleichszahlung durch Bestimmung einer angemessenen Frist ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (4 Ob 517/81). Es trifft nach den Verfahrensergebnissen auch zu, daß die Antragstellerin bei der Beschaffung einer Ersatzwohnung auf die Mittel der Ausgleichszahlung angewiesen sein wird; die vom Rekursgericht vorgenommene Verknüpfung der Räumungsverpflichtung mit dem Erhalt der Ausgleichszahlung erscheint demnach billig.

Da die Revisionsrekursbeantwortung erst am 28. Tag und somit gemäß § 231 Abs2 AußStrG verspätet zur Post gegeben wurde, ist sie zurückzuweisen (5 Ob 14/84 u.v.a.). Der Antragsgegner hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

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