Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 14.046,45 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 1.276,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagte A GmbH betreibt in Wien das Optikergewerbe. Sie veröffentlichte in der Verbraucherzeitung 'DER EINKAUF', Nr. 5/1984 (Beilage A), unter der überschrift: 'Wichtige Informationen für alle Brillenträger!' eine doppelseitige Anzeige, in welcher sie u.a. folgende Behauptungen aufstellte:
'Eine modische Fassung, die richtigen Gläser rissen oft ein großes Loch in die Geldbörse des Konsumenten, doch sie haben dem Optiker die exorbitanten Preise widerspruchslos bezahlt, wenn sie nicht mit dem Kassenmodell vorliebnehmen wollten. Diesem für Brillenträger äußerst unerfreulichen Zustand haben nun die B der A Abhilfe geschaffen. - Aufzahlen statt draufzahlen!' Mit der Behauptung, daß diese Werbeankündigung wahrheitswidrig, irreführend und zur Herabsetzung der übrigen Optiker geeignet sei (§§ 1, 7 UWG), beantragte der klagende Mitbewerber, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr bei Ausübung des Optikergewerbes in ihrer Werbung zu behaupten, die übrigen Optiker forderten von ihren Kunden für die von ihnen angebotenen Brillen und Brillengläser überhöhte Preise, wodurch der Kunde 'draufzahle'.
Die Beklagte hat sich gegen diesen Antrag ausgesprochen. Sie habe sich keiner Gesetzesverletzung schuldig gemacht, sondern nur wahrheitsgemäß darauf verwiesen, daß ihre Mitbewerber vielfach für Brillen gleicher Art und Qualität weit höhere Preise verlangten als sie selbst. Im übrigen fehle es auch an der notwendigen Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte dem Klagevertreter mit Schreiben vom 12.September 1984 den Abschluß eines umfassenden gerichtlichen Unterlassungsvergleiches angeboten habe. Dazu ist bescheinigt, daß der Beklagtenvertreter mit Fernschreiben vom 12.September 1984 (Beilage 7) dem Klagevertreter folgenden Vergleichsvorschlag gemacht hat:
'Wir halten nochmals ausdrücklich und verbindlich fest, daß unsere Mandantin die beanstandete Werbung nicht wiederholen wird. Unsere Mandantin ist sogar - selbstverständlich ohne Präjudiz insbesondere hinsichtlich des Kostenersatzanspruchs und ohne damit die Richtigkeit des Klagevorbringens oder die Berechtigung des Klagebegehrens anzuerkennen - bereit, sich in einem gerichtlichen Vergleich dazu zu verpflichten.
1) bei Ausbübung des Optikergewerbes in ihrer Werbung die wahrheitswidrige Behauptung zu unterlassen, die übrigen Optiker forderten von ihren Kunden für die von ihnen angebotenen Brillenfassungen und Brillengläser überhöhte Preise, wodurch der Kunde 'draufzahle', 2) die Kosten einer Veröffentlichung des Vergleichs in der von Ihnen im Verfahren 19 Cg 39/84 beantragten Form in einer Ausgabe der Zeitschrift 'DER EINKAUF' zu tragen, wobei es Ihnen überlassen bleibt, ob die Veröffentlichung von Ihren Klienten oder von unserer Mandantin in Auftrag gegeben werden soll, 3) für den Fall, daß unsere Mandantin im Verfahren 19 Cg 39/84 zum Kostenersatz verurteilt wird, auch die Vergleichsgebühr zur Gänze zu tragen.
Ich bitte um eheste Stellungnahme zu diesem Vergleichsangebot.' Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es sei der Beklagten nicht gelungen, die Wahrheit ihrer herabsetzenden Tatsachenbehauptungen zu beweisen. Auch die Wiederholungsgefahr müsse bejaht werden, weil die Beklagte keinen bedingungslosen Unterlassungsvergleich angeboten, sondern sich ausdrücklich vorbehalten habe, 'um die Prozeßkosten weiter zu streiten' und die Vergleichskosten nur im Fall ihres Unterliegens im Prozeß zu zahlen. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Beschwerdegegenstand 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Bei Annahme des Vergleichsangebotes der Beklagten vom 12.September 1984 hätte der Kläger nicht nur einen vollstreckbaren Unterlassungstitel im Sinne seines Begehrens, sondern auch eine - nach Ansicht des Rekursgerichtes zur Aufklärung der Öffentlichkeit über den Wettbewerbsverstoß der Beklagten ausreichende - Veröffentlichung des Vergleiches in der Zeitschrift 'DER EINKAUF' auf Kosten der Beklagten, somit alles das erreicht, was er auch im Verfahren selbst hätte erreichen können. Auch kostenrechtliche Nachteile wären dem Kläger nicht entstanden, weil er im Fall seines Obsiegens - nach Einschränkung des Klagebegehrens auf Kostenersatz - seine gesamten Prozeßkosten und damit auch die gerichtliche Vergleichsgebühr ersetzt erhalten hätte. Das Sicherungsbegehren des Klägers sei deshalb wegen Wegfalles der Wiederholungsgefahr abzuweisen gewesen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. In der ihr vom Obersten Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 2, § 528 Abs 2
ZPO freigestellten Beantwortung dieses Rechtsmittels beantragt die Beklagte, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, allenfalls ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die von der Beklagten angeführten Vorentscheidungen, in welchen der Oberste Gerichtshof den Wegfall der Wiederholungsgefahr durch das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches bejaht hat, durchwegs solche Fälle zum Gegenstand hatten, in denen der Kläger neben dem vom Vergleichsangebot betroffenen Unterlassungs- (und gegebenenfalls auch Veröffentlichungs-)Anspruch noch ein weiteres Begehren auf
Unterlassung (so in JBl 1985, 44 = ÖBl. 1984, 123) oder
Schadenersatz (so in SZ 51/87 = EvBl 1978/205 = ÖBl. 1978, 127 und
in ÖBl. 1985, 16) erhoben hatte, über welches das Verfahren in jedem Fall fortgesetzt werden mußte. Mit der Frage, ob die dort entwickelten Grundsätze auch dann gelten, wenn das Vergleichsangebot des Beklagten - wie hier - den gesamten, auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung gerichteten Urteilsantrag des Klägers umfaßt, hatte sich der Oberste Gerichtshof bisher nicht zu befassen. Die Entscheidung über das Rechtsmittel des Klägers hängt daher von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts ab, der im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Der bereits erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. Mai 1984, 4 Ob 329/84 - Linzer Tort - ÖBl. 1985, 16, lag insofern ein völlig gleichartiger Sachverhalt zugrunde, als auch damals die Beklagte dem Kläger - 'ohne Anerkennung seines Rechtsstandpunktes und ohne Präjudiz für den Kostenersatzanspruch' - einen gerichtlichen Unterlassungsvergleich sowie eine gegenüber dem Urteilsantrag eingeschränkte Veröffentlichung dieses Vergleiches angeboten und sich für den Fall ihrer rechtskräftigen Verurteilung zum Kostenersatz dazu verpflichtet hatte, die Vergleichsgebühr zur Gänze zu tragen. Auch damals war der Kläger im Revisionsrekurs der Annahme eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr mit der Begründung entgegengetreten, daß die Beklagte seinen Rechtsanspruch nicht bedingungslos anerkannt, vielmehr weder dem Begehren auf eine noch weitergehende Veröffentlichung entsprochen noch sich zum unbedingten Kostenersatz verpflichtet habe. Beide Einwände wurden jedoch vom Obersten Gerichtshof als nicht stichhältig erkannt. Was in der Begründung dieser Entscheidung - auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - ausgeführt wurde, gilt uneingeschränkt auch für den vorliegenden Fall:
Der Kläger hält zunächst auch weiterhin daran fest, daß eine 'sichere Aufklärung des Publikums' nicht allein durch die Veröffentlichung des Vergleiches in der Zeitschrift 'DER EINKAUF', sondern nur durch die - in der Klage gleichfalls verlangte - Publikation der Unterlassungsverpflichtung auch im 'KURIER' und in der 'NEUEN KRONEN-ZEITUNG' zu erreichen gewesen wäre.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden: Nach dem von den Vorinstanzen als glaubhaft gemacht angenommenen Sachverhalt sind die hier beanstandeten Werbebehauptungen ausschließlich in der Kundenzeitschrift 'DER EINKAUF', Nr. 5/1984 (Beilage A), veröffentlicht worden. Daß die Beklagte gleichartige Behauptungen auch noch in anderen Druckschriften aufgestellt hätte, ist vom Kläger in erster Instanz weder konkret vorgebracht noch in irgendeiner Weise bescheinigt worden; der in diesem Zusammenhang jetzt gerügte Verfahrensmangel liegt schon aus diesem Grund nicht vor. Inwiefern aber der Umstand, daß die öußerung der Beklagten (ON 4) dem Kläger zugleich mit der einstweiligen Verfügung ON 6 zugestellt wurde, eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO begründen könnte, ist nicht zu erkennen. Geht man jedoch davon aus, daß die in Rede stehende Ankündigung der Beklagten nur im 'EINKAUF' - und auch hier nur ein einziges Mal - erschienen ist, dann hätte die von der Beklagten angebotene Veröffentlichung des Unterlassungsvergleiches in derselben Verbraucherzeitschrift dem berechtigten Interesse des Klägers nach Aufklärung der von der gesetzwidrigen Handlung angesprochenen Verkehrskreise in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Soweit der Kläger sein Begehren nach einer darüber hinausgehenden Publikation in einer oder mehreren Tageszeitungen damit begründet, daß eine durch Postwurf zugestellte Zeitschrift, wie es 'DER EINKAUF' ist, in den einzelnen Haushalten nur 'überaus unregelmäßig gelesen' werde, ist er darauf zu verweisen, daß diese an sich zutreffende überlegung naturgemäß auch für die Lektüre der das beanstandete Inserat enthaltende Nr. 5/1984 gelten muß. Eine vollständige Gewähr dafür, daß jeder, der von einem Gesetzesverstoß Kenntnis erlangt hat, auch von der nachfolgenden Urteils- (oder Vergleichs-)Veröffentlichung erreicht wird, ist aber praktisch niemals zu erreichen (ÖBl. 1977, 109; ÖBl. 1985, 16 u.a.).
Auch die vom Kläger für den Fall einer Annahme des Vergleichsangebotes der Beklagten befürchteten kostenrechtlichen Nachteile liegen in Wahrheit nicht vor. Die Beklagte hat dem Kläger einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich angeboten, ohne daß nach den Umständen des Falles irgendwelche Bedenken gegen die Ernstlichkeit ihres Willens bestünden, von gleichartigen Handlungen künftig tatsächlich Abstand zu nehmen. Durch die Annahme dieses Vergleichsangebotes hätte der Kläger alles das erhalten, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil hätte erreichen können, nämlich einen Exekutionstitel, der ihn bei jedem weiteren Zuwiderhandeln der Beklagten zur Exekutionsführung nach § 355 Abs 1 EO berechtigt hätte. Daß die Beklagte diesen Vergleich 'ohne Präjudiz für ihren Kostenersatzanspruch' abschließen, das Verfahren also in diesem Umfang fortsetzen und eine gerichtliche Entscheidung über die Kostenersatzpflicht herbeiführen wollte, kann ihr auch im vorliegenden Fall, in welchem das Vergleichsangebot den gesamten Urteilsantrag des Klägers umfaßte, also - anders als in den bisher behandelten Verfahren - über kein weiteres, auf Unterlassung oder Schadenersatz gerichtetes Klagebegehren zu entscheiden gewesen wäre, nicht zum Nachteil gereichen. Auch hier hätte der Kläger infolge der Klaglosstellung in der Hauptsache sein Klagebegehren auf Kostenersatz einschränken müssen, worauf im fortgesetzten Verfahren nur noch über die Frage der Kostenersatzpflicht abzusprechen und dabei die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens als Vorfrage zu beurteilen gewesen wäre. Hätte das Gericht sodann den Kostenersatzanspruch des Klägers bejaht, dann wäre die Beklagte auf Grund ihres Vergleichsvorschlages verpflichtet gewesen, auch die Vergleichsgebühr zur Gänze zu tragen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf seine dem Gericht gegenüber bestehende (Mit-)Haftung für die Vergleichsgebühr (§ 6 Abs 1 Z 6 des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes) verweist, ist ihm mit der Beklagten zu erwidern, daß er auch bei Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder eines allfälligen Versäumungsurteiles die Entscheidungsgebühr vorerst selbst zu tragen hätte (§ 19 Abs 1 Z 2 und 3 des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes) und daher die von ihm als notwendig bezeichnete 'Bonitätsprüfung' seines Prozeßgegners tatsächlich schon vor der Einleitung des Rechtsstreites vornehmen müßte.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf §§ 41, 50 ZPO in Verbindung mit §§ 78, 402 Abs 2 EO.
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