OGH 7Ob568/85

OGH7Ob568/859.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elke A, Inhaberin einer Ballettschule, Salzburg, Am Rainberg 12, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Helmut B, technischer Direktor, Salzburg, Am Rainberg 12, vertreten durch Dr. Peter Zumtobel, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufkündigung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 6. Februar 1985, GZ. 32 R 420/84-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 2. Oktober 1984, GZ. 13 C 1121/84-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 2.815,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 96,-- Barauslagen und S 247,20

Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 331 Katastralgemeinde Stadt Salzburg mit dem Haus Am Rainberg Nr. 12. An der im ersten Stock dieses Hauses rechts vom Eingang gelegenen Wohnung hatte Wilma C ein Fruchtgenußrecht. Durch den Tod der Genannten am 10. Februar 1984 ist das Fruchtgenußrecht erloschen. Wilma C hatte die Wohnung, an der sie ein Fruchtgenußrecht besaß, dem Beklagten vermietet. Ferner wurde dem Beklagten vom Voreigentümer der Klägerin eine auf der Liegenschaft befindliche Garage für die Dauer des Mietverhältnisses an der Wohnung vermietet. Das Erstgericht hat die Aufkündigung des Mietverhältnisses bezüglich der Garage und der Wohnung für rechtswirksam erklärt, während das Berufungsgericht sie aufgehoben hat. Hiebei hat das Berufungsgericht ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und hat die Revision zugelassen. Beide Vorinstanzen gingen davon aus, daß der Eigentümer eines Mietgegenstandes in den vom Fruchtnießer als Vermieter abgeschlossenen Mietvertrag nach Beendigung des Fruchtgenußrechtes gemäß § 1120 ABGB eintrete. Ferner nahmen sie übereinstimmend die geltend gemachten Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z 1, 3 und 8 MRG nicht als gegeben an.

Während jedoch das Erstgericht den Standpunkt vertrat, nach Beendigung des Fruchtgenußrechtes könne der Eigentümer den vom Fruchtnießer abgeschlossenen Mietvertrag ohne Kündigungsgründe aufkündigen, führte das Berufungsgericht aus, auch in einem derartigen Fall sei bei Bestandverhältnissen, die, wie im vorliegenden Fall, dem Mietrechtsgesetz unterliegen, eine Kündigung nur aus wichtigen Gründen im Sinne des § 30 MRG möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Daß der Eigentümer eines Bestandgegenstandes, der vom Fruchtnießer vermietet worden ist, nach Beendigung des Fruchtgenußrechtes gemäß § 1120

ABGB in den Bestandvertrag eintritt, entspricht der Lehre (Würth in Rummel, Rdz 3 zu § 1120 ABGB) und Rechtsprechung (MietSlg. 30.235, 28.171 u.a.).

Dies wird auch von der Klägerin gar nicht bestritten. Es erübrigt sich daher eine Stellungnahme zu dem in der angefochtenen Entscheidung zitierten Artikel von Schellander (JBl. 1956, 487), dem weder die Lehre noch die Judikatur gefolgt ist.

Gemäß § 1120 ABGB erfährt das Bestandverhältnis durch den Wechsel des Vermieters nur insoferne eine inhaltliche Veränderung, als es kraft Gesetzes in ein Bestandverhältnis von unbestimmter Dauer mit gesetzlicher Kündigungsfrist übergeht. An alle sonstigen, nicht die Vertragsdauer oder die Kündigungsfrist betreffenden, mit dem Inhalt des Bestandvertrages zusammenhängenden Nebenabreden der bisherigen Vertragspartner bleibt der Erwerber ohne Rücksicht auf seine Kenntnis gebunden. Von der erwähnten Einschränkung abgesehen, hat also der Erwerber eines Bestandgegenstandes die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber dem Bestandnehmer wie sein Rechtsvorgänger (MietSlg. 30.232, 29.191, 23.195 u.a.). Das bestehende Schuldverhältnis geht, abgesehen von der Vertragsdauer bzw. einer Vereinbarung über zusätzliche Kündigungsmöglichkeiten, grundsätzlich mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten kraft Gesetzes vom Bestandgeber auf den Erwerber des Bestandgegenstandes über (MietSlg. 22.179, 21.238, 17.229 u.a.).

Schon nach der seinerzeitigen Rechtslage war also die Kündigung eines den Bestimmungen des damaligen Mietengesetzes unterliegenden Bestandverhältnisses durch den Erwerber des Bestandobjektes nur aus wichtigen Gründen möglich, weil die gesetzliche Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit zum Inhalt des bestehenden Schuldverhältnisses gehörte. Durch das Mietrechtsgesetz wurde die Rechtslage nunmehr eindeutig in diesem Sinne geklärt. § 2 Abs. 1 MRG setzt nämlich ausdrücklich die vom Fruchtnießer abgeschlossenen Mietverträge den vom Eigentümer abgeschlossenen gleich. Ferner ist dort festgesetzt, daß an wirksam geschlossene Hauptmietverträge ab der Übergabe des Mietgegenstandes an den Hauptmieter die Rechtsnachfolger im Eigentum auch dann gebunden sind, wenn der Vertrag nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist. Da ein vom Fruchtnießer abgeschlossener Mietvertrag einem vom Eigentümer abgeschlossenen gleichgesetzt wird, gilt diese Bestimmung auch für den übergang des Mietobjektes vom Fruchtnießer auf dessen Eigentümer. Die ausdrückliche Regelung im Mietrechtsgesetz läßt aber erkennen, daß auf derartige übergegangene Verträge auch die sonstigen Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes anwendbar sind. Demnach kann der Rechtsnachfolger des Vermieters nur aus wichtigen Gründen im Sinne des § 30 MRG kündigen. Im Bereich voller Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes tritt daher der Erwerber gemäß § 2 Abs. 1 MRG ohne Kündigungsmöglichkeit in das Mietverhältnis ein (Würth in Rummel, Rdz 1 zu § 1120). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist demnach zutreffend.

Die Tatsache, daß die Klägerin bezüglich der Garage bereits früher einmal eine Räumungsklage erfolglos eingebracht hat, besagt nichts über die Unanwendbarkeit des MRG bezüglich der Garage. Die festgestellten Umstände lassen keinerlei Ausnahme des Mietverhältnisses betreffend die Garage von den zwingenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes erkennen. Insbesondere zeigt die Revision keine derartigen Umstände auf.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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