Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit S 14.123,31 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.283,94 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Auf Grund einer zwischen den Streitteilen am 3.April 1979 getroffenen Vereinbarung hat die beklagte und widerklagende Partei (im folgenden kurz beklagte Partei genannt) für nach Großbritannien führende Transporte, die insbesondere von der Firma D Österreich AG in Auftrag gegeben worden waren, die Waren mit LKWs vom Ladeort nach Antwerpen zu bringen, die klagende und widerbeklagte Partei (im folgenden kurz klagende Partei genannt) die Entladung, Verschiffung und Verzollung und Zustellung der Güter in Großbritannien durchzuführen. Die gegenseitige Abrechnung erfolgte kontokorrentmäßig. Der Erlös sollte im Verhältnis 1:1 geteilt werden. Zwischen der beklagten Partei und der Firma D Österreich AG war vereinbart, daß die beklagte Partei die Güter bis zum Empfänger in Großbritannien transportzuversichern habe. Ende April 1979 traten an Gütern der Firma D Österreich AG dadurch Schäden auf, daß die Güter zum Teil auf dem Schiff nicht richtig gestaut und zum Teil nach der Ankunft in London nicht sogleich auf LKWs verladen, sondern im Freien gelagert worden waren. Am 25.Juni 1979 kam es in Antwerpen zu einer Vereinbarung der Streitteile dahin, daß der durch Versicherungen nicht gedeckte Rest des Schadens zwischen ihnen im gleichen Verhältnis aufzuteilen ist. Bei den von der beklagten Partei geführten Verhandlungen mit den Versicherungen stellte sich heraus, daß einerseits von der klagenden Partei eine Transportversicherung nur bis London, nicht aber bis zu den Empfängern der Fracht abgeschlossen worden war und andererseits die SVS-Versicherung der beklagten Partei volle Deckung mit der Begründung ablehnte, die beklagte Partei habe in der mittels Fernschreiben an die Firma D Österreich AG übermittelten Auftragsbestätigung nicht ausdrücklich eine Transportversicherung ab Salzburg bis zum Kunden, sondern ohne nähere Bezeichnung bloß eine Versicherung angeführt. Mit Rechnung vom 29.Juli 1980 belastete die beklagte Partei die klagende Partei mit dem Betrag von S 631.050, das ist unter Berücksichtigung ihr entstandener Rechtsanwaltskosten von S 200.000 die Hälfte des Betrages, den sie in Anrechnung erhaltener Versicherungsleistungen der Firma D Österreich AG zu leisten hatte.
Die klagende Partei begehrte mit der Behauptung, sie sei zum Ersatz dieses Betrages nicht verpflichtet, den sich aus dem Kontokorrentverhältnis zu ihren Gunsten ergebenden Saldo von S 332.682,37 samt Anhang, die beklagte Partei, die auf dem Standpunkt steht, die klagende Partei habe im Innenverhältnis den gesamten Schaden von S 1,262.100 zu tragen, mit Widerklage den Zuspruch des Betrages von S 929.417,63 samt Anhang.
Zur Gültigkeit der von den Parteien am 25.Juni 1979 getroffenen Vereinbarung führte der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.Mai 1982, 1 Ob 562,563/82 = SZ 55/76, auf deren nähere Begründung verwiesen wird, aus, daß bei Abschluß der Vereinbarung vom 25.Juni 1979 es mangels gegenteiliger Vereinbarung als Geschäftsgrundlage, als geschäftstypische Voraussetzung, die jeder mit einer solchen Vereinbarung verbinde, angesehen werden müsse, daß die beklagte Partei nicht nur deshalb der Firma D Österreich AG einen Schaden ersetzen müsse, weil sie in auftragswidriger Weise die vom Versender angeordnete Versicherung nicht abgeschlossen hatte. Nur wenn Lothar E, der die Verhandlungen für die klagende Partei führte, bei Abschluß der Vereinbarung in Antwerpen schon gewußt hätte, daß die beklagte Partei vom Versender angeordnete Transportversicherungen nicht abgeschlossen hatte und aus diesem Grunde ein dem Versender zu ersetzender Schaden eintrat und demnach mit der gleichteiligen Tragung auch dieses Schadens einverstanden gewesen wäre, könnte angenommen werden, die Vereinbarung hätte auch die Teilung eines solchen Schadens gedeckt.
Die beklagte Partei brachte im zweiten Rechtsgang ergänzend vor, zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, daß jede verpflichtet sei, eine Transportversicherung für jenen Teil der Lieferstrecke abzuschließen, für den sie den Transport übernommen gehabt habe, die beklagte Partei also für die Strecke von Salzburg nach Antwerpen, die klagende Partei von Antwerpen bis zum jeweiligen Kunden in Großbritannien. Die klagende Partei habe aber die Transportversicherung nur bis zum Hafen London, nicht aber bis zum Kunden abgeschlossen. Die Schäden seien auf dem Weg von Antwerpen in den Hafen London oder dort eingetreten. Die Transportversicherung der klagenden Partei habe aber die Schäden deshalb nicht ersetzt, weil die klagende Partei die Schäden weder rechtzeitig gemeldet habe noch die beschädigten Güter besichtigen habe lassen. Vom Versicherer habe daher nur eine Kulanzzahlung von ß 10.000
erreicht werden können. Ihr eigener Fehler habe nur darin bestanden, daß zwischen ihr und der Firma D Österreich AG die Art der Versicherung nicht genau beschrieben worden sei. Dieser Fehler habe dazu geführt, daß sie von ihrer SVS-Versicherung eine Entschädigung erhalten habe, die ihr andernfalls nicht zugestanden wäre. Da der aus den Versicherungsleistungen nicht gedeckte Schaden an Gütern der Firma D Österreich AG allein durch das Verschulden der klagenden Partei entstanden sei, werde nun der Ersatz des gesamten, nicht durch Versicherung gedeckten Schadens gefordert.
Die klagende Partei wendete ein, die beklagte Partei selbst sei von der Firma D Österreich AG beauftragt gewesen, eine Transportversicherung bis zum Kunden in Großbritannien abzuschließen.
Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Begehren der Klage ab, der Widerklage gab es mit einem Betrag von S 298.367,63 samt Anhang statt, das Mehrbegehren von S 631.050 samt Anhang wies es ab. Es stellte ergänzend zum ersten Rechtsgang fest, zwischen den Streitteilen sei auch vereinbart worden, daß bei Durchführung der Transporte nach Großbritannien jeder Teil für seinen Aufgabenbereich eine Transportversicherung abzuschließen gehabt hätte. Die beklagte Partei sei ihrer gegenüber der Firma D Österreich AG eingegangenen Verpflichtung, eine Transportversicherung abzuschließen, dadurch nachgekommen, daß sie mit der klagenden Partei vereinbart habe, daß diese die Transportversicherung für den Transport von der übernahme in Antwerpen bis zur Ablieferung beim Kunden in Großbritannien abzuschließen habe.
Soweit das Mehrbegehren der Widerklage von S 631.050 samt Anhang abgewiesen wurde, wurde das dieses Urteil bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 14. März 1984, 1 Ob 523,524/84, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Der Oberste Gerichtshof führte aus, es fehle an Feststellungen darüber, von welcher Geschäftsgrundlage die Streitteile bei Abschluß der Vereinbarung vom 25.Juni 1979 ausgingen. Das Erstgericht habe zwar festgestellt, die Vereinbarung sei 'in Kenntnis des Sachverhalts' erfolgt, aber nicht, um welche Kenntnis - nur des eingetretenen Schadens oder auch die seiner Ursachen - es sich gehandelt habe. Es bedürfe noch der Klärung, von welcher denkbaren Schadensursache die Streitteile bei Abschluß der Vereinbarung vom 25. Juni 1979
ausgingen und ob sie etwa ihre Absicht dahin erklärten, nicht nur von der Grundvereinbarung, daß jeder Teil für seinen Verantwortungsbereich verantwortlich sein sollte, abzugehen, sondern auch unabhängig davon, ob einen der Vertragsteile ein Verschulden am Deckungsausfall träfe, einen der Firma D Österreich AG zu ersetzenden Schaden zu teilen. Im Zweifel werde, zumal bereites festgestellt wurde, daß die beklagte Partei vom vereinbarungswidrigen Verhalten der klagenden Partei bei Abschluß der Vereinbarung vom 25.Juni 1979 keine Kenntnis hatte, es als Geschäftsgrundlage angesehen werden müssen, daß auch die beklagte Partei nicht einen Schaden mittragen wollte, der dadurch entstanden war, daß die klagende Partei vereinbarungswidrig für den Abschluß einer ausreichenden Transportversicherung nicht Sorge getragen hatte. An welche Schadensursache die Streitteile bzw. ihre Repräsentanten dann aber bei der Vereinbarung vom 25.Juni 1979 gedacht haben oder zumindest nach dem, wie es der andere Teil verstehen mußte, gedacht haben müssen, sei ungeklärt. Das Berufungsgericht gab nunmehr der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es der beklagten Partei einen weiteren Betrag von S 631.050 samt Anhang zusprach. Nach teilweiser Beweiswiederholung und -ergänzung stellte es fest, die Schätzung des Schadensumfanges mit S 3 bis 4 Millionen habe nur eine vorläufige Annahme gebildet, zumal eine übernahme der Güter durch die Empfänger noch nicht im einzelnen bekannt gewesen und insbesonders wegen des möglichen Selbstbehaltes noch nicht festgestanden sei, in welchem Umfang mit Versicherungsleistungen zu rechnen sein werde. In rein technischer Hinsicht sei festgestanden, daß die Papierlieferungen der Firma D Österreich AG durch die Verstauung im Schiff bzw. durch die Lagerung im Freien Schaden erlitten hätten. Dr.Georg Michael C und Dr.Alfred F hätten vor allem von den Vertretern der klagenden Partei bei der mündlichen Absprache und schon vorher im Korrespondenzweg die Verständigung der Versicherung verlangt, womit auch eine Schadensinspektion verbunden gewesen wäre. Daß jedoch die lange Lagerung im Freien auf einen Zahlungsverzug der klagenden Partei gegenüber der Firma G zurückzuführen sein könnte und durch die Unterlassung der Schadensinspektion eine Obliegenheitsverletzung gegenüber der Versicherung begangen worden sei oder in Zukunft mit einer solchen zu rechnen wäre und die Versicherung daher keine volle Leistung erbringen werde, sei erst durch die nach dem 25.Juni 1979 von Dr.Georg Michael C insbesondere mit dem Versicherungsmakler H und I geführte Korrespondenz bekanntgeworden. Mit einer Verletzung der Diligenzpflicht der klagenden Partei in einem Maße und mit einem Gewicht, welche auch nur annähernd dem Nichtabschluß einer ausreichenden Transportversicherung entsprechen würden, habe damals Dr.Georg Michael C nicht gerechnet; er hätte sich bei Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, also daß ganz oder nur zum Teil bis zum Hafen und nicht bis zum Empfänger versichert gewesen sei, zu einer Schadensteilung nicht bereit gefunden, zumal nach dem Kooperationsvertrag der Abschluß einer ausreichenden Versicherung in den Verantwortungsbereich der klagenden Partei gefallen sei und die klagende Partei sich gegenüber der beklagten Partei auch dazu verpflichtet hatte, für die Strecke von Antwerpen bis zu den Empfängern in England eine solche Transportversicherung abzuschließen. Daß sich Dr.Georg Michael C im Interesse seines Auftraggebers, der Firma D Österreich AG, zu einer möglichst effizienten Lösung bereit gefunden habe, bedeute noch nicht, daß er dazu auch dann bereit gewesen wäre, wenn er gewußt hätte, daß die klagende Partei entgegen der ihr obliegenden vertraglichen Verpflichtung nicht für den Abschluß einer Transportversicherung bis zum Empfänger Sorge getragen hatte.
Wenn man auch allenfalls Schwierigkeiten dahin erwartet habe, nicht unbedingt vollen Schadenersatz von der Versicherung zu erhalten, hätte die beklagte Partei doch keinesfalls damit gerechnet, daß die klagende Partei das Gut gar nicht bis zum Empfänger versichert hatte. Dr.Georg Michael C hätte sich zur Schadensteilung in Antwerpen demnach nicht bereit gefunden, wenn er von dem Fehler der klagenden Partei, das Gut nicht bis zum Empfänger transportzuversichern, Kenntnis gehabt hätte.
Rechtlich führte das Berufungsgericht unter Hinweis auf die bindende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.März 1984, 1 Ob 523,524/84, aus, daß wegen einer Änderung der ursprünglich angenommenen Geschäftsgrundlage die beklagte Partei an die in Antwerpen vereinbarte Schadensteilung nicht mehr gebunden sei. Es komme der ursprüngliche Kooperationsvertrag zur Anwendung, wonach die klagende Partei für die in ihrem Verantwortungsbereich aufgetretenen Schäden allein verantwortlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machende Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
In ihr wird die Feststellung des Berufungsgerichtes, Dr.Georg Michael C hätte sich zur Schadensteilung in Antwerpen nicht bereit gefunden, hätte er von dem von der klagenden Partei zu vertretenden Fehler Kenntnis gehabt, als mit den Gesetzen der Logik und der Erfahrung nicht vereinbar bekämpft. Ein den Revisionsgrund nach § 503 Z.4 ZPO bildender Verstoß gegen Denkgesetze wird aber damit nicht dargetan. Mit einem derart groben, noch dazu im Rahmen in Vergleichsgesprächen nicht aufgeklärten vertragswidrigen Verhalten muß der Vertragspartner einer Kooperationsvereinbarung keineswegs rechnen. Die Revisionswerberin bekämpft daher ebenso wie mit dem Hinweis auf das Verhalten der beklagten Partei nach Vergleichsabschluß in Wahrheit die irrevisible Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes und bringt mit der Unterstellung einer anderen als der festgestellten Vergleichsgrundlage den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Der Hinweis auf eine angeblich vorliegende überholende Kausalität ist nicht verständlich, weil nach den getroffenen Feststellungen es Sache der klagenden Partei war, für eine ausreichende Versicherungsschutz gewährende Transportversicherung für ihren Frachtbereich, in dem der Schaden letztlich eintrat, Sorge zu tragen.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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